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Archiv "Solidarität mit den Studenten im Praktischen Jahr" (02.06.1977)

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„Der Deutsche Ärztetag stellt fest, daß die Bemühungen um eine Reform des Medizinstu- diums mit der Approbationsord- nung vom Oktober 1970 nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt haben ." (Kernsatz einer vom 80. Deutschen Ärztetag einstim- mig gebilligten Entschließung)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Ärztliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Solidarität mit den

Studenten im

Praktischen Jahr

Was in der Theorie von den meisten als Fortschritt gegenüber dem alten Medizinalassistentenjahr angesehen wird — nämlich das neue Praktische Jahr als letzter Abschnitt des Medizinstudiums mit dem

„bed side teaching", dem Unterricht in kleinen Gruppen am Kranken- bett —, erweist sich praktisch unter den heutigen Bedingungen als kaum durchführbar. Anfang Mai traten an vielen Orten der Bundesre- publik Medizinstudenten aus Protest in einen „Streik", wobei sie einige „falsche", aber auch eine ganze Reihe „richtige" Bundesge- nossen fanden (gleichzeitig gab es nämlich Protestmaßnahmen anderer Studenten gegen das Hochschulrahmengesetz des Bundes und die entsprechenden Ländergesetze sowie gegen die unzurei- chende finanzielle Förderung der Studenten). Die Mediziner jedoch sahen ihre speziellen Anliegen unterstützt von vielen ihrer Hoch- schullehrer; und auch der gleichzeitig in Saarbrücken stattfindende 80. Deutsche Ärztetag erklärte seine Kollegialität und Solidarität mit den Medizinstudenten (siehe Seite 1455 ff. dieses Heftes).

Die neue Approbationsordnung war Ende 1970 in Kraft getreten; die Einführung des Praktischen Jahres war Ende 1975 fällig. Schon bald hörte man die ersten Warnungen wegen der mangelnden Vorberei- tung des Praktischen Jahres. Diese Warnungen haben sich vor eineinhalb Jahren bewahrheitet: Der Beginn des ersten Praktischen Jahres mußte um 12 Monate auf Oktober 1976 verschoben werden. Je nach Semesteranfang in den einzelnen Bundesländern begann im April/Mai dieses Jahres der zweite Durchlauf. Und schon wird voraus-

gesagt, daß im dritten Durchlauf ab Oktober 1977 das Praktische Jahr praktisch zusammenbrechen muß, nachdem die Zahl der Teilnehmer am Praktischen Jahr („PJ-Studenten") immer größer geworden ist und noch immer größer wird!

Wie es so oft üblich ist, wird die Verantwortung als Schwarzer Peter hin und her geschoben: Die Hochschullehrer versuchen, der Gefahr vorzubeugen, daß die Studenten die Universitäten verantwortlich machen (hier wirkte die Äußerung eines Studentensprechers vor dem Plenum des Deutschen Ärztetages in Saarbrücken wohltuend, der die

Heft 22 vom 2. Juni 1977 1449

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Die Information:

Bericht und Meinung

Solidarität mit den PJ-Studenten

Ärzteschaft aufrief, die Übereinstim- mung der Interessen von Patienten, Studenten und Dozenten an einer guten, praxisnahen Ausbildung der Medizinstudenten nicht zu überse- hen). Das Bundesgesundheitsmini- sterium ließ erklären, es sei Aufgabe der Länder gewesen, in den zurück- liegenden Jahren die notwendigen Voraussetzungen für die Durchfüh- rung des Praktischen Jahres zu schaffen, insbesondere genügend Ausbildungsplätze in Lehrkranksn- häusern bereitzustellen. Die Landes- regierungen wiederum haben zum Teil diese Voraussetzungen geschaf- fen (oder sie behaupten es wenig- stens), können aber auch darauf hin- weisen, daß es schwierig ist, außer- universitäre Krankenhäuser für die Lehraufgabe zu gewinnen, zu mal die rechtliche und die finanzielle Verant- wortung oft nicht genügend geklärt ist. Dies wiederum kann dem Bund zur Last gelegt werden, der es ver- säumt hat, diese einzelnen Bedin- gungen in Rahmenrichtlinien für die Durchführung des Praktischen Jah- res festzulegen.

Wenn man zu alldem bedenkt, wie viele Medizinstudenten sich zur Zeit auf gerichtlichem Wege gegen die Kapazitätsberechnungen der Univer- sitäten den Hochschulzugang er- kämpfen, so ist die Gefahr nicht zu verkennen, daß die Unzufriedenheit der Studenten mit den mehr oder weniger praktischen Aspekten des Praktischen Jahres umschlägt in die Behauptung, "die Ärzte" versuchten angesichts der Studentenschwem- me, durch den Engpaß am Ende des Medizinstudiums die Konkurrenz durch den Nachwuchs möglichst ge- ring zu halten. So unsinnig eine solche agitatorische Unterstellung dem Kenner der wahren Ursachen des Dilemmas erscheinen mag: Hier liegt potentieller politischer Zünd- stoff.

Es kommt noch hinzu, daß die Forde- rungen der Fachschaftsvertretung Medizin in den Vereinigten Deut- schen Studentenschaften und die Forderungen des Marburger Bundes für das Praktische Jahr voneinander abweichen. Die VDS wollen sich of- fenbar darüber hinwegsetzen, daß

die PJ-Ier nach wie vor Studenten sind. Entsprechend verlangen die VDS für diese den Status von Auszu- bildenden (mit Tarif- und Ausbil- dungsvertrag), dann "politische und gewerkschaftliche Rechtefür die Ab- solventen des Praktischen Jahres"

(das heißt eine eigene Vertretung in Personalvertretungen), quasi also die Gleichstellung mit anderen Be- schäftigten am Krankenhaus.

Studenten mit

"Tarifvertrag"?

Der Marburger Bund dagegen bleibt beim Studentenstatus (wenn auch verbunden mit einem "Tarifver- trag"). Seine Forderungen -wie sie dann auch vom 80. Deutschen Ärzte- tag in eine Entschließung übernom- men wurden- lauten:

~ Festlegung von Rahmenrichtli- nien zur Durchführung des Prakti- schen Jahres, um eine bundesein- heitliche Qualität der Ausbildung zu gewährleisten;

~ Vertragsabschlüsse mit mehr Lehrkrankenhäusern und Anpas- sung der Stellenpläne;

~ Finanzielle und soziale Absiche- rung der Studenten im Praktischen Jahr.

Die Frage eines Tarif- oder Ausbil- dungsvertrages wurde auf dem Ärz- tetag eingehend diskutiert. Man kam und kommt aber nicht um die Schwierigkeit herum, daß für Stu- denten ein Tarifvertrag rechtlich ei- gentlich nicht möglich ist. Einzige rechtliche Grundlage könnten Ver- träge zwischen dem jeweiligen Bun- desland und dem Träger des akade- mischen Lehrkrankenhauses sein über die Verpflichtung des Kranken- hausträgers, den PJ-Iern eine kli- nisch-praktische Ausbildung nach den Studienplänen zu gewähren, welche die zuständige medizinische Fakultät aufstellt- eine vielleicht un- glückliche Dreieckskonstellation, für die eben die Rahmenrichtlinien feh- len und bei der die Studenten selbst kein institutionalisiertes Mitsprache- recht haben können.

1450 Heft 22 vom 2. Juni 1977 DEUTSCHES ARZTEBLATT

Hauptursache aberfür die bestehen- den Schwierigkeiten - von Ärzte- tagsdelegierten wiederholt als

"Skandal" und "Schlamperei" be- zeichnet- ist und bleibt die Zahl der Studienanfänger in der Medizin, die bei der Erarbeitung der jetzigen Ap- probationsordnung Ende der sechzi- ger Jahre großzügig noch mit etwa 3000 im Jahr angenommen wurde;

zur Zeit beträgt sie jedoch vermutlich 11 500 (vgl. DEUTSCHES ÄRZTE- BLATI Heft 16/1977, Seite 1049)!

Nun darf man das Praktische Jahr nicht isoliertvon den anderen Neure- gelungen betrachten, die seit dem lnkrafttreten der Approbationsord- nung für die ärztliche Ausbildung eingeführt worden sind. Dem Ver-

such, durch das PraktischeJahreine

besonders praxisnahe Ausbildung in kleinen Gruppen direkt am Kranken- bett zu gewährleisten, steht anderer- seits eine größere Betonung der Theorie gegenüber, wie sie sich durch die Einführung derbundesein- heitlichen schriftlichen Prüfungen mit ihren Multiple choice-Fragen und insbesondere durch die soge- nannte "Bestehensregelung" aus- drückt. Diese Theorie-Betonung reicht zurück bis zu der unbefriedi- genden Handhabung des Numerus clausus nach Abiturnoten zur "Aus- wahl" der Bewerber zum Medizinstu- dium.

Selbst wenn es gelingen sollte, in kurzer Frist dafür zu sorgen, daß das Praktische Jahr trotz der kommen- den noch größeren Teilnehmerzah- len durchführbar wird, ohne daß nicht zuletzt die Patienten über Ge- bühr darunter leiden müssen, wie es zur Zeit schon in vielen Universitäts- kliniken der Fall sein muß - selbst wenn dies also wider Erwarten ge- lingen sollte, wird man auf lange Sicht nicht darum herumkommen, das gesamte Medizinstudium von Anfang bis Ende neu zu über- denken.

Wobei es sich nur fragt, ob die Bil- dungspolitiker sich praktikable Lö- sungen für Probleme einfallen lassen können, die sie vor Jahren durch das Auslösen großer Hoffnungen selbst geschaffen haben. .. gb

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