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Archiv "Soziale Sicherung im „Praktischen Jahr“: Der sozial- und arbeitslosenversicherungsrechtliche Schutz des Medizinstudenten während der praktischen Ausbildung" (13.12.1979)

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Die Approbationsordnung für Ärzte (ÄAppO) vom 28. Oktober 1970) (1), zuletzt modifiziert durch die zweite Änderungsverordnung vom 24. Fe- bruar 1978 (2) bestimmt in § 1 Abs. 1, daß das letzte Jahr des Medizinstu- diums auf eine zwölfmonatige prak- tische Ausbildung in Krankenanstal- ten entfällt. Der kurz als „prakti- sches Jahr" bezeichnete Ausbil- dungsabschnitt bedeutet für den Studenten einen mehr oder weniger intensiven Einschnitt in seinem Aus- bildungsgang. Darüber hinaus bietet er, wie überhaupt die ganze Neu- konzeption der Medizinerausbil- dung, reichlichen Diskussionsstoff für die interessierte Fachwelt. Das praktische Jahr war aber auch von vornherein Gegenstand rechtlicher Erörterungen. Hervorzuheben, weil für den PJ-Studenten von besonde- rem Gewicht, ist vor allem die Frage seines arbeitsrechtlichen Status (3) sowie seiner Haftungssituation (4).

Neuerdings ist nun die Frage seines Sozial- (5) und Arbeitslosenversi- cherungsschutzes aktuell gewor- den. Soweit ersichtlich, wurde dazu in der Literatur bisher noch nicht eingehend Stellung genommen, was hiermit nachgeholt werden soll. Die folgenden Ausführungen sind zu- gleich als weiterer Beitrag zum rechtlichen Status des Medizinstu- denten im „praktischen Jahr", also des PJ-Studenten, gedacht.

I. Krankenversicherung

Die gesetzliche Krankenversiche- rung gewährt durch Sach-, Dienst- und Geldleistungen dem Versicher- ten und seinen anspruchsberechtig-

ten Familienangehörigen Schutz vor den sozialen Folgen der Versiche- rungsfälle Krankheit, Mutterschaft und Tod. Seit dem Wintersemester 1975/76 gehört ihr jeder einge- schriebene Student der staatlichen und der staatlich anerkannten Hoch- schulen als Pflichtversicherter an (§ 165 Abs. 1 Nr. 5 der Reichsversi- cherungsordnung — RVO —) (6), so- fern er nicht von der ihm eingeräum- ten Befreiungsmöglichkeit gemäß § 173 d RVO Gebrauch gemacht hat.

Andererseits sind auch solche Per- sonen pflichtversichert, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit verrichten (§ 165 Abs. 1 Nr.

6 RVO), sofern auch insoweit nicht der erwähnte Befreiungstatbestand vorliegt. Der in der praktischen Aus- bildung stehende Medizinstudent (PJ-Student) gehört danach auf je- den Fall zur erstgenannten Gruppe, da er auch während dieser Zeit an einer Hochschule immatrikuliert ist.

Dies gilt selbst dann, wenn der PJ- Student die praktische Ausbildung an einem außeruniversitären Kran- kenhaus im Sinne des § 3 Abs. 2, § 4 ÄAppO, also an einem „Lehrkran- kenhaus" absolviert. Ob er darüber hinaus auch der zweitgenannten Gruppe zuzuordnen ist, kann dahin- stehen, da der allgemeinen studenti- schen Krankenversicherung im Ver- hältnis dazu der Vorrang zukommt (§ 165 Abs. 6 Satz 3 RVO). Als Ergeb- nis ist daher festzustellen, daß die Aufnahme der praktischen Ausbil- dung keine Auswirkungen auf den Krankenversicherungsschutz des PJ-Studenten hat: Er ist weiterhin im Rahmen der studentischen Kran- kenversicherung pflichtversichert ( 7).

II. Unfallversicherung

Auch in der gesetzlichen Unfallversi- cherung, die die aus Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten erwachsen- den Risiken abdeckt, bereitet die versicherungsrechtliche Beurtei- lung des PJ-Studenten für das Er- gebnis keinerlei Schwierigkeiten.

Nach § 539 Abs. 1 Nr. 14 lit. d) RVO sind in diesem Versicherungszweig u. a. „Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen (versichert), soweit sie nicht bereits zu den nach § 539 Abs. 1) Nummern 1 bis 3 und 5 bis 8 Versicherten ge- hören". Der PJ-Student könnte da- nach allenfalls noch dem Personen- kreis zuzurechnen sein, der gemäß

§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO aufgrund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehrver- hältnisses (8) pflichtversichert ist.

Letztlich kann dies hier ebenfalls dahinstehen, denn aufgrund der Auffangfunktion der studentischen Unfallversicherung nimmt der PJ- Student in jedem Fall am Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung teil.

III. Renten- und

Arbeitslosenversicherung

Hier stellt sich das Problem der ver- sicherungsrechtlichen Beurteilung des PJ-Studenten in aller Schärfe, denn weder die Renten- noch die Arbeitslosenversicherung kennen eine Versicherungspflicht des Stu- denten als solchem. In der Literatur (9) wurde die Problematik bisher nur am Rande erörtert, so daß die gege- benen Antworten letztlich nicht überzeugend wirken können.

1. Was die Rentenversicherung be- trifft, ist zunächst festzuhalten, daß Zeiten einer Hochschulausbildung bis zur Höchstdauer von fünf Jahren als sog. „Ausfallzeit" auf dem Ren- tenkonto des Berechtigten zu Buche schlagen (§ 1259 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) RVO; § 36 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) des Angestel ltenversicheru ngsgesetzes

— AVG —). Im Ergebnis wirkt sich jede Ausfallzeit über die Berechnungs- faktoren „persönliche Bemessungs- grundlage" (§ 1255 a RVO; § 32 a AVG) und „Anzahl der anrech- nungsfähigen Versicherungsjahre"

Soziale Sicherung

im „Praktischen Jahr"

Der sozial- und arbeitslosenversicherungsrechtliche Schutz des Medizinstudenten während der praktischen Ausbildung

Friedrich Dünisch

(2)

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Soziale Sicherung im „Praktischen Jahr"

(§ 1258 RVO, § 35 AVG) als renten- steigernd sowohl bei Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten als auch beim Altersruhegeld und bei Hinter- bliebenenrenten aus. Vorausset- zung ist freilich in jedem Fall, daß die sog. „Halbdeckung" erfüllt ist (§ 1259 Abs 3 RVO; § 36 Abs. 3 AVG) (10), was aber hier nicht weiter ver- tieft werden kann. Bei der derzeiti- gen sechsjährigen Mindestdauer des Medizinstudiums bedeutet dies, daß dem Studenten für einen etwa künftigen Rentenanspruch ein Ver- sicherungsjahr verlorengeht. Da das fehlende eine Jahr bei Einhaltung der Mindeststudienzeit mit dem (sechsten) „praktischen Jahr" iden- tisch ist, ist für den Betroffenen von großem Interesse, ob die bestehen- de Lücke nicht durch die Annahme eines die Versicherungspflicht be- gründenden (Ausbildungs-)Be- schäftigungsverhältnisses während der praktischen Ausbildung ge- schlossen wird. Zwar hätte dies die Pflicht zur Entrichtung von Beiträ- gen zur Folge. Diese müßten jedoch, da der PJ-Student kein Entgelt er- hält, vom „Arbeitgeber" — wer immer dies hier sein mag — allein getragen werden (§ 1385 Abs. 4 a RVO, § 112 Abs. 4 a AVG).

2. Nicht minder bedeutsam für die Zeit nach Abschluß der Ausbildung ist die Frage der Absicherung des PJ-Studenten durch die Arbeitslo- senversicherung. Deren hauptsäch- liches Anliegen ist es, die wirtschaft- lichen Folgen einer Arbeitslosigkeit vor allem durch die Zahlung von Ar- beitslosenge/d zu mildern. Im Unter- schied zu der ausschließlich aus Bundesmitteln finanzierten Arbeits- losenhilfe handelt es sich hierbei um eine beitragsabhängige Leistung und setzt demzufolge Beitrags- pflicht sowie die Erfüllung einer ge- wissen Anwartschaftszeit voraus; im Falle des PJ-Studenten müßte auch hier wieder der Beitrag vom „Arbeit- geber" allein getragen werden (§ 171 Abs. 1 Nr. 1 des Arbeitsförde- rungsgesetzes — AFG —).

3. Die eben skizzierte Versiche- rungs- und Beitragspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversiche- rung kommt für den PJ-Studenten

nur unter einem Gesichtspunkt in Betracht: nämlich, wenn er während seiner Ausbildung in einer Kranken- anstalt „zu (seiner) Berufsausbil- dung beschäftigt" ist (§ 1227 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. RVO; § 2 Abs. 1 Nr. 1, 2.

Alt. AVG; § 168 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt.

AFG).

Für die Frage der Rentenversiche- rungspflicht wäre dies noch dahin zu präzisieren, daß er „für den Be- ruf eines Angestellten" ausgebil- det wird (11). Daher kommt allen- falls eine Versicherungspflicht in der Angestellten-Rentenversiche- rung in Betracht.

a) Die der Renten- und Arbeitslo- senversicherungspflicht unterworfe- ne Gruppe der „zur" Berufsausbil- dung beschäftigten Personen ist vom Gesetzgeber bewußt weit ge- faßt, um gerade ihrer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit Rech- nung zu tragen (12). Lehrlinge (jetzt:

„Auszubildende"), Praktikanten., An- lernlinge usw. sind danach ohne weiteres dieser Personengruppe zu- zurechnen und damit pflichtversi- chert, da sie die geforderte Doppel- stellung innehaben: sie sind nicht nur „Ausbildungsnehmer", sondern auch „beschäftigt" (13). Für den PJ- Studenten wäre die Problematik be- reits jetzt gelöst, wenn man ihn als Praktikanten (im Sinne von § 19 des Berufsbildungsgesetzes —BBiG—) ansehen könnte. Dies ist indes nicht der Fall. Zwar vertritt ein Teil der Literatur.(14) diesen Standpunkt mit der Konsequenz, daß dem PJ-Stu- denten beispielsweise ein Vergü- tungsanspruch zustünde, die wohl überwiegende Meinung (15) hat je- doch die rechtlich überzeugenderen Argumente auf ihrer Seite. Nicht ver- nachlässigt werden dürfen in die- sem Zusammenhang insbesondere die Urteile des Arbeitsgerichts Berlin und des Landesarbeitsgerichts Ber- lin vom 29. 6. 1977 bzw. vom 31. 1. 1978 (16), die zu dem Ergebnis gelangten, das „praktische Jahr" in der Medizinerausbildung stelle sich aufgrund der eindeutigen Konstruk- tion in § 3 Abs. 1 Nr. 4 der Bundes- ärzteordnung (BÄO) und in § 1 Abs.

1 Satz 2 und Abs. 2 Nr. 4 ÄAppO als unselbständiger und integrierter Be- standteil der Hochschulausbildung

dar, die ihrerseits nicht Gegenstand des Berufsbildungsgesetzes ist.

b) Über das Schicksal des „prakti- schen Jahres" in renten- und ar- beitslosenversicherungsrechtlicher Hinsicht ist damit allerdings noch nicht äntschieden, denn aufgrund des weit anzulegenden Maßstabs ist es denkbar, daß jemand auch dann

„zur Berufsausbildung beschäftigt"

ist, wenn auf ihn das Berufsbil- dungsrecht keine Anwendung findet (17).

ba) Es bedarf hier keiner besonde- ren Hervorhebung, daß der Begriff

„beschäftigt" hier einen anderen Sinngehalt - hat als in der Alltags- sprache. Zu verstehen ist darunter ein wirtschaftliches und vor allem persönliches Abhängigkeitsverhält- nis zum Beschäftigungsgeber (18).

Die Abhängigkeit des Beschäftigten zeigt sich vornehmlich in seiner Ein- gliederung in die Organisation eines Betriebes und der damit verbunde- nen Verpflichtung, Weisungen des Arbeit- oder Beschäftigungsgebers hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort, Inhalt und Gestaltung der Arbeit oder Be- schäftigung zu befolgen (19). Ande- rerseits ist „beschäftigt" nur, wer ei- ne wirtschaftlich verwertbare Tätig- keit verrichtet (20). Das Bundesso- zialgericht (BSG) hat zwar in einer Entscheidung zur Krankenpflege- ausbildung (21) die Bedeutung des letztgenannten Kriteriums relativiert und statt dessen „Art und Ausgestal- tung" der Ausbildungstätigkeit in den Vordergrund gerückt. Es ist je- doch kein Fall ersichtlich, in dem das BSG in solchen Fällen auf die- ses Merkmal ausdrücklich verzichtet hätte. Im Gegenteil: In einer neueren Entscheidung (22) hat das BSG so- gar im umgekehrten Sinne argu- mentiert, indem es herausstellte, daß es „Ausbildungsbeschäftigun- gen durchaus eigen (ist), ... der ausbildenden Stelle auch wirtschaft- lichen Nutzen (zu) bringen ... , oh- ne daß dies dem Sinn und Zweck der Ausbildung und dem rechtlichen Status des Auszubildenden entge'- genstehen muß". Wenn diese höchstrichterliche Entscheidung sich auch nicht unbedingt auf die Situation des PJ-Studenten übertra-

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gen läßt — sie erging zur Frage der Versicherungsfreiheit an sich versi- cherungspflichtiger Rechtsreferen- dare während der Anwaltstation —, so ergibt sich daraus immerhin, daß der Status des Auszubildenden für seine versicherungsrechtliche Beur- teilung eine maßgebliche Rolle spielt.

bb) Anzuknüpfen ist daher zu- nächst daran, daß der PJ-Student den Status eines Studenten im Sin- ne der länderrechtlichen Hoch- schulgesetze beibehält. Vorgegeben ist dies durch die einschlägigen Be- stimmungen des Bundesrechts, denn nach dem klaren Wortlaut des

§ 3 Abs. 1 Nr. 4 BÄO und — dement- sprechend — des § 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Nr. 4 ÄAppO ist das

„praktische Jahr" Bestandteil des Studiums. Ist dies aber der Fall, kann der PJ-Student ebensowenig wie jeder andere Student oder Schü- ler der Renten-und Arbeitslosenver- sicherungspflicht unterliegen. Da- gegen steht freilich, daß der PJ-Stu- dent wie ein Beschäftigter im Kran- kenhaus tätig zu sein scheint.

(1) Der Widerspruch ist indes ein scheinbarer, denn der gesetzgeberi- sche Wille, das „praktische Jahr" in hochschulrechtlicher und nicht in arbeitsrechtlicher Form — wie im Fall der früheren Medizinalassistenten- zeit — festzulegen, ist auch in versi- cherungsrechtlicher Hinsicht zu re- spektieren. Die Absicht des Gesetz- gebers, den angehenden Mediziner bereits im Rahmen seines Studiums an die späteren Anforderungen der ärztlichen Praxis heranzuführen und ihn mit ihr vertraut zu machen (23), steht übrigens nicht für sich allein.

Sie muß vielmehr im Zusammen- hang mit der allgemeinen bildungs- politischen Diskussion des letzten Jahrzehnts gesehen werden, die all- gemein auf mehr Praxisorientierung der bislang traditionell fast aus- schließlich theoretisch ausgerichte- ten Hochschulbildung hinauslief.

Darüber kann auch das soziale Ver- sicherungsrecht nicht hinwegsehen.

(2) Daß im Fall des PJ-Studenten kein Beschäftigungsverhältnis, son- dern echte Hochschulausbildung

vorliegt, zeigt sich auch an der allein bei der Hochschule verbleibenden Gesamtverantwortung für die prakti- sche Ausbildung. So entscheidet sie kraft des bestehenden öffentlich- rechtlichen akademischen Ausbil- dungsverhältnisses darüber, an wel- cher Krankenanstalt der Student die einzelnen Abschnitte des „prakti- schen Jahres" abzuleisten hat. Da- mit fehlt es schon an einem für die versicherungsrechtlich relevanten

Ausbildungs-Beschäftigungsver- hältnisse typischen Umstand, näm- lich an der Freiheit in der Wahl der Beschäftigungsstelle. Wird der PJ- Student einem von der Hochschule gemäß § 3 Abs. 2 ÄAppO bestimm- ten Lehrkrankenhaus zugewiesen, so werden die dort für die Ausbil- dung verantwortlichen Ärzte durch Erteilung von Lehraufträgen in den Kreis des akademischen Lehrperso- nals einbezogen. Das bedeutet, daß deren Weisungen an den PJ-Stu- denten zur Durchführung prakti- scher Verrichtungen im Kranken- haus stets hochschulrechtlicher Na- tur sind. Darüber hinaus ist der PJ- Student wie jeder Patient oder Besu- cher nur der Hausordnung der Kran- kenanstalt unterworfen. Folgerichtig steht der an einem Lehrkrankenhaus ausgebildete PJ-Student nach den bestehenden Vereinbarungen in kei- nerlei Rechtsbeziehungen zu dem (meist kommunalen) Träger des Krankenhauses. Mit dem für das Vorliegen eines Beschäftigungsver- hältnisses erforderlichen Direktions- recht hat all das nichts gemein.

Auch sonst läßt sich das „praktische Jahr" in der Medizinerausbildung mit den übrigen Praktika und Be-

schäftig u ngs-Ausbildu ngsverhält- nissen nicht vergleichen, denn diese werden in der Regel zur Vorberei- tung auf eine akademische Ausbil- dung oder während des Studiums und ohne eine das Praktikum ab- schließende Prüfung abgeleistet (24), ausnahmsweise als gesonderte praktische Ausbildung auch nach Abschluß des Hochschulstudiums (25), so daß jeweils — soweit nicht beamtenrechtliche Formen vorlie- gen — ein Praktikantenverhältnis im Sinne des § 19 BBiG gegeben ist (26). Im Verhältnis zu den aufgezeig- ten Gesichtspunkten kommt der Tat-

sache, daß sich im „praktischen Jahr" die Ausbildung vom Hörsaal an das Krankenbett verlagert, nur ei- ne äußerliche und damit nebensäch- liche Bedeutung zu. Darin zeigt sich nur der Übergang von der theoreti- schen zur praktischen Lernphase, was, wie schon bemerkt, an der hochschulrechtlichen Qualifikation der Medizinerausbildung insgesamt nichts ändert.

(3) Bleibt schließlich zur Abrundung noch die Frage nach der wirtschaft- lichen Verwertbarkeit der vom PJ- Studenten im Krankenhaus verrich- teten Tätigkeiten. Augenscheinlich wäre dies dann der Fall, wenn der PJ-Student eine reguläre Arbeits- kraft ganz oder teilweise ersetzt. Da- gegen spricht an sich der an § 6 Abs.

2 BBiG orientierte § 3 Abs. 4 Satz 5 ÄAppO, wonach der PJ-Student nicht zu Tätigkeiten herangezogen werden darf, die seine Ausbildung nicht fördern. Bei genauerem Hinse- hen hilft dieser Gedanke allerdings nicht weiter, wie das Beispiel der auf der Grundlage des Berufsbildungs- gesetzes Ausgebildeten zeigt.

Ebenso wie diese wird auch der PJ- Student nicht am Phantom ausgebil- det. Das Verabreichen von Injektio- nen oder die chirurgische Versor- gung von Wunden läßt sich sinnvoll nur am Patienten erlernen, bei dem die therapeutische Notwendigkeit hierzu besteht. Indes, nur vorder- gründig wird dadurch der Eindruck erweckt, der PJ-Student würde das ärztliche Krankenhauspersonal ent- lasten und damit eine wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistung erbrin- gen. In Wirklichkeit wird durch die Ausbildungstätigkeit des PJ-Stu- denten im Krankenhaus keine einzi- ge Arztstelle eingespart, ja kann gar nicht eingespart werden, weil der PJ-Student ärztliche Verrichtungen berufsrechtlich nicht selbständig, sondern nur unter mehr oder weni- ger intensiver Anleitung und Über- wachung eines (Krankenhaus-)Arz- tes vornehmen darf (27). Im Ergeb- nis bewirkt dies sogar einen Mehr- bedarf an ärztlichem Personal, da- mit die Ausbildungsaufgaben erfüllt werden können. Aufschlußreich ist dabei insbesondere auch, daß die dadurch bedingten Personalkosten

(4)

Spektrum der Woche Aufsätze Notizen Soziale Sicherung im „Praktischen Jahr"

ebenso wie die Sachaufwendungen

— z. B. Einrichtung und Unterhalt von Unterrichtsräumen — in vollem Umfang aus staatlichen Mitteln des Bildungs- und Wissenschaftsetats finanziert werden. Aus dieser Inter- essenlage und den geschilderten Gesamtumständpn läßt sich nur der Schluß ziehen, daß wirtschaftlich verwertbare Arbeit vom PJ-Studen- ten weder erwartet noch erbracht wird.

Insgesamt gesehen steht damit der PJ-Student nicht in einem Beschäf- tigungsverhältnis im versicherungs- rechtlichen Sinne. Er unterliegt da- her weder der Renten- noch der Ar- beitslosenversicherungspflicht.

IV. Folgerungen

1. Dem Bedürfnis des PJ-Studenten nach sozialer Sicherheit wird die geltende Rechtslage für die aktuel- len Versicherungsfälle gerecht: Er ist namentlich für den Fall der Krankheit und des Arbeitsunfalls versichert.

2. Ist der angehende Arzt nach Ab- schluß des Medizinstudiums arbeits- loS, so hat er nach §§ 134 ff. AFG Aussicht auf die Gewährung von Ar- beitslosenhilfe, sofern er bedürftig ist.

3. In der Rentenversicherung ent- steht trotz Einhaltung der Mindest- studienzeit eine mit dem „prakti- schen Jahr" identische einjährige Lücke im Versicherungsschutz, die sich nachteilig auf einen künftigen Rentenanspruch auswirkt. Da ein Ausgleich im Wege der Versiche- rungspflicht nicht herbeizuführen ist, kommt eine Lösung nur über die Ausfallzeitenregelung in Betracht.

Hierfür besteht nicht nur ein sozial- politisches, sondern vor allem auch ein rechtliches Bedürfnis. Die maxi- mal auf fünf Jahre begrenzte Anre- chenbarkeit einer Hochschulausbil- dung als Ausfallzeit benachteiligt nämlich einseitig den Absolventen eines Medizinstudiums, während Absolventen anderer Studiengänge zum Teil erheblich begünstigt wer- den, da sie bei Überschreitung der

jeweils tür sie geltenden Mindeststu- diendauer den vorgegebenen zeitli- chen Rahmen voll ausschöpfen kön- nen (28). Hinzukommt, daß mit Aus- nahme des Medizinstudiums kein akademischer Studiengang — mag er mit einem Staatsexamen, einer Di- plom-Prüfung oder der Promotion abgeschlossen werden — bekannt ist, bei dem eine mehr als fünfjähri- ge Mindeststudiendauer vorgesehen wäre. Sachliche Gründe für eine derartige Ungleichbehandlung der Hochschulabsolventen sind nicht ersichtlich. Der Gedanke, daß die geltende Ausfallzeitenregelung da- mit gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 des Grundgesetzes ver- stößt, drängt sich daher geradezu auf. Schließlich und endlich ist auch nicht recht einzusehen, warum der Bundesgesetzgeber einerseits eine sechsjährige Mindeststudiendauer festgelegt hat, andererseits aber in Kauf genommen hat, daß das letzte Jahr des Medizinstudiums für einen späteren Rentenanspruch verloren- gehen soll. Nicht auszuschließen ist daher, daß der Gesetzgeber diesen Aspekt bei der Neuordnung der ärzt- lichen Ausbildung im Jahre 1969 einfach übersehen hat. Welche Gründe hier auch immer vorliegen mögen: Der Gesetzgeber bleibt auf- gefordert, der aufgezeigten Benach- teiligung abzuhelfen.

Anmerkungen

(1) BGBl. 11970, S 1458 ff.

(2) BGBl. 11978, S. 312ff.

(3) vgl. dazu insbesondere den Aufsatz von Leube, Internatsjahr als Praktikan- tenverhältnis, DEUTSCHES ÄRZTE- BLATT 1972, S. 313 ff. und die Erwide- rung von Hirschberg, Das „Internatsjahr"

— ein integrierter Teil des Medizinstu- diums, DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 1973, S. 846 ff.; ders. in Neue juristische Wo- chenschrift 1976, S. 1807 f. (Anm. zum dort abgedruckten Beschl. des Landes- arbeitsgerichts Hamm vom 24. 5. 1976);

Liebhardt-Spann-Marx, Die Rechtstel- lung des Medizinstudenten während der praktischen Ausbildung in Krankenan- stalten, Münchener medizinische Wo- chenschrift, 1977 S. 1353 ff

(4) Bodenburg, Die zivilrechtliche Haf- tungssituation des Medizinstudenten

während der praktischen Ausbildung in Krankenanstalten; Versicherungsrecht, 1979, S. 308

(5) Die Sozialversicherung umfaßt die Kranken-, Renten- und Unfallversiche- rung.

(6) eingeführt durch das „Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten"

vom 24. 6. 1975, BGBl. 11975, S 1536 ff.

(7) unzutreffend: Leube, aaO. S. 315 (8) Der Begriff „Lehrverhältnis" ist weit zu fassen, so daß auch Volontär- und Praktikantenverhältnisse erfaßt werden.

Zu letzteren rechnet Lauterbach, Unfall- versicherung, Band 1, § 539 RVO, Anm. 8 unter Bezugnahme auf das Schreiben des Bundesministers für Arbeit und So- zialordnung vom 20. 5. 1976, Nr. IV a 6 — 127/75 auch die praktische Ausbildung der PJ-Studenten.

(9) Leube, aaO. S. 315; Narr, Ärztliches Berufsrecht, 2. Auflage, Randnr. 189 f.

(10) ergänzt durch Bestimmungen in den Arbeiter-und Angestelltenrentenver- sicherungs-Neuregelungsgesetzen vom 23. 2. 1957

(11) Hierbei kommt es nicht auf die spätere Ausübungsform des ärztlichen Berufs an. Der Begriff „Angestellter" ist hier inhaltlich-tätigkeitsspezifisch zu verstehen, damit aufgrund der organisa- torischen Gliederung der Rentenversi- cherung in eine solche der Arbeiter und Angestellten eine entsprechende Kate- gorisierung von Berufsgruppen möglich ist. Daher übt der Arzt selbst dann eine Angestelltentätigkeit aus, wenn er sich niedergelassen hat und daher Angehöri- ger eines „freien Berufs" ist. Maßgebend ist allein die vorwiegend geistige Natur ärztlicher Tätigkeit, zu der die körperlich geprägte Tätigkeit des Arbeiters in Ge- gensatz steht; vgl. Bley, Sozialrecht, S.

72; mißverständlich Narr, aaO., Randnr.

189

(12) Brackmann, Handbuch der Sozial- versicherung, Band III, S. 618a

(13) Hanow-Lehmann, RVO, 4. Buch:

Rentenversicherung der Arbeiter, § 1227, Randnr. 5

(14) Leube, aaO.; Narr, aaO. Randnr. 184 15) Hirschberg, aaO.; Liebhardt-Spann- Marx, aaO.; Landesarbeitsgericht Hamm, Neue juristische Wochenschrift, 1976, S.

1806

(5)

Der Gesetzgeber schreibt vor, daß die staatliche Anerkennung als MTA mindestens die Mittlere Reife vor- aussetzt, bekundet also, daß mit dem Erreichen der Mittleren Reife prinzipiell nachgewiesen sei, daß ei- ne Bewerberin über die intellektuel- len Voraussetzungen verfüge, die zur Bewältigung des Stoffplanes der Ausbildung zur MTA erforderlich seien. Die Lehranstalt könnte somit allen Bewerberinnen einen Ausbil- dungsplatz einräumen, die minde- stens die Mittlere Reife erreicht ha- ben. Übersteigt die Zahl der Bewer- berinnen die Zahl der Ausbildungs- plätze, so wäre sinngemäß denjeni- gen Bewerberinnen der Vorzug zu geben, die über die besseren Schul- zeugnisnoten verfügen oder sogar die Hochschulreife nachweisen kön- nen. Letztlich würden bei der Aus- wahl also die Schulzeugnisse ent-

scheiden, wenn die Bewerberinnen die gesetzliche Mindestforderung, nämlich die Mittlere Reife, nach- weislich erfüllen. Bei der Bewertung von Schulzeugnissen ergibt sich die Schwierigkeit, daß die Bewerberin- nen aus ganz unterschiedlichen Schulen und Schultypen kommen.

Weiterhin haben wir die Erfahrung gemacht, daß die Zeugnisnoten der Bewerberinnen um einen Ausbil- dungsplatz an unserer Lehranstalt für MTA schlecht, vielfach sogar au- ßerordentlich schlecht sind. Wir ha- ben den Eindruck, daß junge Mäd- chen, die nicht von vorneherein das Ziel Hochschulstudium anstreben, die Schule nicht ernst nehmen und dementsprechend schlecht benotet werden. Es hat uns aber immer wie- der überrascht, daß Lehrgangsteil- nehmerinnen in der Ausbildung her- vorragende Ergebnisse erzielt ha- (16) abgedruckt in Arztrecht, 1978, S.

324 ff.

(17) Zweng-Scheerer, Das neue Recht der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, § 1227 RVO, Anm. II A 2 b (S. 72)

(18) so die ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. BSGE 11, 257 (260); 15, 65 (69); 16, 289 (293), 20, 6 (8); 36, 7 (8) (19) Bley, aa0. S. 73

(20) Zweng-Scheerer, aa0., Anm. II A 1 b (S. 9)

(21) BSGE 21, 247 (248)

(22) BSG-Urteil vom 31. 5. 1978, Mo- natsschrift des Deutschen Rechts, 1979, S. 86 f.

(23) so die Amtl. Begründung zum Ent- wurf eines „Gesetzes zur Änderung der Bundesärzteordnung", Bundestags- Drucksache V/3838, S. 5; vgl. ferner die Empfehlungen der Deutschen Kranken- hausgesellschaft vom 21. 7. 1976, Das Krankenhaus 1976, S. 321 ff. sowie Hamm, Praxisorientierte Aus- und Wei- terbildung, Deutsche medizinische Wo- chenschrift, 1978, S. 1093 ff.

(24) z. B. das Betriebspraktikum des In- genieurstudenten

(25) z. B. der Medizinalassistent alten Rechts oder Referendare

(26) Putzo in Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Einf. 5 vor

§ 611, Hirschberg, aa0. S. 847

(27) Rieger, Vornahme ärztlicher Ver- richtungen durch Medizinstudenten während des Praktischen Jahres, Deut- sche medizinische Wochenschrift, 1978, S. 103, Bodenburg, aa0. S. 309 (28) z. B. beträgt die Mindeststudien- dauer von Rechtsanwälten und Apothe- kern jeweils nur dreieinhalb Jahre

Anschrift des Verfassers:

Friedrich Dünisch c/o Bayerisches

Staatsministerium des Innern Odeonsplatz 3

8000 München 22

MTA-Ausbildung:

Der Intelligenzquotient als Auslese-Kriterium

Ludwig Popp

Der Gesetzgeber fordert, daß die Ausbildung zur Medizinisch-Techni- schen Assistentin (MTA) durch eine staatliche Prüfung abgeschlossen wird, deren Ergebnisse benotet werden müssen. Unabhängig davon, welche Bedeutung diese Noten für die spätere Berufstätigkeit der MTA haben, stellen sie doch einen Maßstab für den Ausbildungsgrad dar, den die Lehrgangsteilnehmerinnen erreicht haben. Es versteht sich von selbst, daß eine Lehranstalt bestrebt sein wird, den Lehr- gangsteilnehmerinnen einen möglichst optimalen Ausbildungsgrad zu vermitteln. Das gelingt jedoch nur, wenn die Lehrgangsteilnehme- rinnen über die Voraussetzungen verfügen, die erforderlich sind, den sehr umfangreichen und vielseitigen Stoffplan der Ausbildung zu bewältigen. Fehlen diese Voraussetzungen ganz oder teilweise, so muß es zwangsläufig dazu kommen, daß solche primär ungeeigneten oder wenig geeigneten Lehrgangsteilnehmerinnen den für den sehr verantwortungsvollen Beruf der MTA notwendigen Ausbildungsgrad nicht erreichen. Das bedeutet, daß die betreffenden Lehrgangsteil- nehmerinnen mehr oder weniger zeitig vor dem Abschlußexamen ausscheiden müssen und daß. die Kosten für die Ausbildung nutzlos aufgebracht worden sind. Für eine Lehranstalt ist es wichtig. unter den Bewerberinnen um einen Ausbildungsplatz eine entsprechende Auswahl zu treffen.

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