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Archiv "Pflegeversicherung: Stau in der Reformpipeline" (15.09.2006)

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P O L I T I K

B

isher hat die Bundesregierung vergeblich nach einem geeig- neten „Rohrreiniger“ gesucht: Et- was, das hilft, den Pfropfen „Ge- sundheitsreform“ durch die Winden des engen koalitionären Kompro- missspielraums zu schleusen. Zwar befindet sich die Reform auf dem Weg – aber durch ist sie noch lange nicht, wie das abermalige Aufschie- ben des Inkrafttretens um drei Mo- nate zeigt. Derweil beginnt es sich in der Reformpipeline langsam zu stauen. So wird die Bundesregie- rung, anders als im Koalitionsver- trag vorgesehen, in diesem Sommer keinen Entwurf zur Reform der Pfle- geversicherung vorlegen. Es gelte der Grundsatz „Pflegeversicherung folgt Krankenversicherung“, so die Parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, Marion Caspers-Merck (SPD). „Wir können die Pflegereform erst umsetzen, wenn die GKV-Reform unter Dach und Fach ist“, erklärte sie Ende Au- gust bei einer Veranstaltung des Me- dizinischen Dienstes der Spitzenver- bände der Krankenkassen (MDS).

Experten wie der Geschäftsführer des MDS, Dr. Peter Pick, fürchten, dass die Pflegeversicherung ver- nachlässigt werden könnte – obwohl

„der Handlungsbedarf so groß wie in der Krankenversicherung“ ist.

Zur Freude der Union

Während sich die einen über die Verzögerung ärgern, dürfte sich die Union darüber freuen. Denn schon jetzt ist in der Pflegeversicherung einiges umgesetzt, was sich der Ko- alitionspartner SPD auch für das Gesundheitswesen wünscht. Für die Unionsgesundheitspläne könnte die Reform der Pflege somit zu einem kontraproduktiven Selbstläufer wer- den: In der Pflichtversicherung „Pfle- ge“ werden die Beiträge vom Ge-

setzgeber festgelegt. Dabei bieten private und gesetzliche Pflegekas- sen identische Leistungen an. Wür- de sich die Regierung nun auch noch daranmachen, die Bestimmun- gen des Koalitionsvertrages zur Pflege umzusetzen, müsste sie zu- dem einen Finanzausgleich zwi- schen privater und gesetzlicher Pflegeversicherung einführen. Ge- nau diesen aber wollen Merkel &

Co. im Gesundheitswesen verhin- dern. „Hier war es der Großen Ko- alition im Koalitionsvertrag um ei- niges klarer, wohin es gehen muss“, kommentiert Caspers-Merck wohl nicht ganz ohne Hintergedanken.

Der Pflegeexperte der Unions-Bun- destagsfraktion, Willi Zylajew, hin- gegen will sich nicht genauer zu dem einst vereinbarten Ausgleich äußern. Auf Nachfrage des Deut- schen Ärzteblattes formuliert er di- plomatisch: „Ich stehe dem Aus- gleich sehr kritisch gegenüber.“

Beeinflusst werden könnte die Pflegeversicherung auch durch die im Gesundheitswesen geplante Ver- änderung des Beitragseinzuges.

Werden die Beiträge für die Kran- kenkassen künftig über einen Fonds eingezogen, könnten auch die Beiträge für die Pflegekassen über

den gemeinsamen Sammeltopf er- hoben werden. Umstritten zwischen den Regierungsparteien ist dabei vor allem, ob die im Koalitionsver- trag vereinbarte demographische Reserve ebenfalls in den Fonds ein- geht, oder – wie von CDU/CSU ge- wünscht – über private Versiche- rungspolicen aufgebaut werden soll.

Einig sind sich die Regierungs- parteien jedoch, die Leistungen im ambulanten Bereich zu verbessern.

Der Unions-Abgeordnete Zylajew warnt aber davor, neben den Sach- auch die Geldleistungen zu erhö- hen. „Darauf stellen sich die Agen- turen in Osteuropa schnell ein“, so Zylajew. In der Folge würden illega- le Pflegekräfte, getarnt als Haus- haltshilfen, vermehrt nach Deutsch- land kommen, vermutet er. Mit die- ser Sorge steht er nicht alleine da.

Beim Bundesverband privater An- bieter sozialer Dienste (bpa) geht man mittlerweile davon aus, dass deutlich mehr als 100 000 illegale Pflegekräfte in deutschen Privat- haushalten arbeiten. „Bis zu 90 Pro- zent von ihnen“, schätzt bpa-Ge- schäftsführer Bernd Tews, „kom- men aus osteuropäischen Ländern.“

Doch schon im Zuge der Gesund- heitsreform plant die Bundesregie- rung Veränderungen im Pflegesy- stem. So sollen sich zum Beispiel Pflegeleistungsanbieter künftig auch an Verträgen der integrierten Ver- sorgung beteiligen können. Zu- gleich soll der Anspruch auf ambu- lante und stationäre Rehabilitation für den Bereich der Geriatrie zu ei- ner Pflichtleistung der GKV umge- wandelt werden. Die bisher zwi- schen Pflege- und Krankenkassen umstrittene medizinische Behand- lungspflege, also ärztlich veranlass- te Pflege, soll hingegen Bestandteil der Pflegevergütung bleiben. I Timo Blöß

PFLEGEVERSICHERUNG

Stau in der Reformpipeline

Eigentlich wollte die Bundesregierung in diesem Sommer auch ein Konzept präsentieren, wie sie die Pflegeversicherung reformieren will. Zuvor soll allerdings die Gesundheitsreform vom Tisch – und die wird derzeit hinausgeschoben.

A2346 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 37⏐⏐15. September 2006

Aufgeschoben ist hoffentlich nicht aufgehoben – denn auch in der Pflege- versicherung ist der Reformdruck groß.

Foto:epd

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