Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 425. Januar 2008 A127
A K T U E L L
PFLEGEVERSICHERUNG
Überschuss 2006, aber keine Trendwende
Die Pflegeversicherung hat 2006 ei- nen Überschuss von rund 450 Mil- lionen Euro erwirtschaftet. Das geht aus dem Bericht zur Entwicklung der Pflegeversicherung hervor, den das Bundeskabinett gebilligt hat.
Damit habe das Finanzpolster einen Stand von 3,5 Milliarden Euro er- reicht. Ursachen für das Plus sei die wegen der Lohn- und Beschäfti- gungsentwicklung verbesserte Ein- nahmesituation. Darüber hinaus wirkten sich einmalige Zusatzein- nahmen infolge des Vorziehens der Fälligkeitstermine positiv aus. Für 2007 rechnen Experten indes erneut mit einem Defizit. Zur Höhe wollte das Bundesgesundheitsministerium auf Anfrage keine Stellung bezie- hen. Nach Informationen der „Frank- furter Allgemeinen Zeitung“ liegt die Finanzierungslücke aber bei 330 Millionen Euro.
Der Beitrag zur Pflegeversiche- rung soll zum 1. Juli um 0,25 Pro-
zentpunkte auf 1,95 Prozent ange- hoben werden, bei Kinderlosen von bisher 1,95 auf 2,2 Prozent. Damit sollen die Kosten bis zum Jahr 2014 abdeckt werden.
Dem Bericht zufolge erhalten derzeit rund 2,1 Millionen Men- schen Leistungen der Pflegeversi- cherung – davon etwa 1,4 Millionen ambulante und 700 000 stationäre Leistungen. Die jährlichen Aufwen- dungen der Sozialhilfe für Hilfe zur Pflege seien um rund sechs Milliar- den Euro gegenüber 1994, dem letz- ten Jahr vor Inkrafttreten der Pfle- geversicherung, gesunken.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) bezeichnete die Pflegeversicherung als „Er- folgsgeschichte“. Millionen Men- schen habe geholfen werden kön- nen. Der Pflegebereich sei ein wich- tiger Jobmotor geworden. „Mit der anstehenden Pflegereform werden wir die Leistungen weiter verbes- sern“, sagte Schmidt. Die Versor- gung werde künftig durch eine Be- ratung vor Ort in Pflegestützpunk- ten praxisnah ausgestaltet. BH/afp
Mit der bundesweiten Kampagne
„Nur Mut! Kein Durchschnittsjob:
ChirurgIn“ will der Berufsverband der Deutschen Chirurgen (BDC) ge- zielt über das Berufsbild Chirurgie informieren. Ab sofort bietet er im Internet unter www.chirurg-werden.de interessierten Studentinnen und Stu- denten sowie jungen Ärztinnen und
Ärzten praxisorientierte Informatio- nen über den Arbeitsalltag, Tipps für die chirurgische Weiterbildung und aktuelle Daten über die Zu- kunftschancen innerhalb des Fachs an. Gleichzeitig sind Informations- veranstaltungen an den Hochschu- len geplant. Eng verbunden mit der Kampagne ist das Patenschaftspro- gramm des BDC, in dem engagier- ten jungen Chirurgen ein erfahrener Kollege als persönlicher Berater und Mentor zur Seite gestellt wird.
Hintergrund für die Kampagne ist ein spürbarer Nachwuchsmangel im Fach Chirurgie. Als Gründe für das geringere Interesse werden ne- ben der langen Weiterbildungszeit und der hohen Arbeitsbelastung auch die sehr hierarchische Berufs- struktur und eine unstrukturierte Weiterbildung genannt. Mit der Kampagne wolle man deshalb auch die Oberärzte und Chefärzte inner- halb der Chirurgie ansprechen. ER
Wozu eignen sich verregnete Sonn- tage? Die Antwort ist schnell gefun- den: um sich gemütlich zu Hause auf die Couch zu legen, und, die Füße hoch sowie ein gutes Buch in der Hand, die Zeit zu vergessen.
Doch wehe dem, der diesem Müßiggang in Zeiten der Durch- strukturiertheit, der Zeitoptimierung und der Blackberrys erliegt.
Schließlich ist es beinahe schon Ge-
setz, jede Minute des Tages zu nut- zen, um Informationen aufzuneh- men, insbesondere dann, wenn man im Gesundheitswesen arbeitet.
Ob Arzt, Apotheker oder Journalist – über kurz oder lang kann man in Debatten kaum bestehen, wenn die 314 Paragrafen des Fünften Sozial- gesetzbuchs (SGB V) nicht verin- nerlicht wurden. Nicht zu vergessen die unzähligen Neuerungen, welche die jüngste Gesundheitsreform mit sich gebracht hat. Wer seine Zeit nicht voll ausnutzt, gerät schneller als ihm lieb ist ins Straucheln.
Strukturverträge? Besondere ambu- lante ärztliche Versorgung? Qua- litätsprüfung der Krankenhaus- behandlung? Die Fundstellen müs- sen sitzen.
Mit abstrakten Debatten könne er nichts anfangen, betonte Franz Knieps, Abteilungsleiter im Bundes- gesundheitsministerium, auf einer Reformbilanz-Veranstaltung. Wer mit ihm über angebliche „Schwach- stellen“ des Wettbewerbsstärkungs- gesetzes diskutieren wolle, habe ihm zunächst drei Dinge zu nennen:
Den Paragrafen. Den Absatz. Und den genauen Satz. „Dann erst kann ich diskutieren“, sagte Knieps. Doch beinahe ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes gebe es noch immer viele, die dazu nicht in der Lage sei- en. Betretenes Schweigen. Und bei manch einem wohl nur ein Gedan- ke: Couch ade.
RANDNOTIZ
Martina Merten
Bei Regen:
SGB V
Besonders jun- ge Ärztinnen im Visier:Der Berufsverband Deutscher Chir- urgen kämpft gegen den Nach- wuchsmangel.
CHIRURGIE