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Archiv "Pflegeversicherung: SPD eröffnet den Reigen" (15.08.1991)

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"Die Möglichkeit einer Anstek- kung eines Patienten gelegentlich diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen durch einen HIV-infi- zierten Arzt ist in den letzten Jahren wiederholt erörtert worden. Dieses Risiko ist nach allen vorliegenden, mehr als zehnjährigen Erfahrungen im Umgang mit HIV außerordentlich gering, so wurde bis 1990 kein doku- mentierter Fall berichtet.

Die Problematik ist erneut zu überdenken, nachdem in den USA unter Patienten eines HIV-infizier- ten und inzwischen an AIDS verstor- benen Zahnarztes mindestens drei Fälle von HIV-Infektionen entdeckt wurden, bei denen das isolierte HIV eine auffällige Verwandtschaft mit dem vom Zahnarzt isolierten Virus- stamm aufwies. Andere Infektionsri- siken konnten bei diesen Patienten nicht eruiert werden. Wie strikt die allgemein empfohlenen Hygienere- geln eingehalten wurden, war im nachhinein nicht mehr eindeutig zu ermitteln. Der mögliche Übertra- gungsweg konnte bis heute nicht auf- geklärt werden.

Auch wenn es sich um eine Ein- zelbeobachtung handelt, ergibt sich aus der ärztlichen Fürsorgepflicht die Notwendigkeit zu prüfen, ob durch zusätzliche Vorbeugungsmaß- nahmen ein theoretisch mögliches Ansteckungsrisiko praktisch ausge- schlossen werden kann.

Das Risiko einer HIV-Übertra- gung vom Arzt auf Patienten ist nur im Verlauf von invasiven Eingriffen denkbar, wie sie in bestimmten ope- rativen Fächern und in der Zahnheil- kunde vorkommen. Nur hierbei kann es zu blutenden Selbstverletzungen des Operatems kommen.

~ Ärzte und Zahnärzte, die sol- che Tätigkeiten ausüben und bei de- nen Infektionsrisiken bestanden oder bestehen, sollten durch einen HIV- Antikörpertest abklären, ob sie als po- tentielle Infektionsquelle in Betracht kommen. Bei negativem Testausfall und weiter bestehendem Infektionsri- siko sollten sie den Test in regelmäßi- gen Abständen wiederholen.

Kammern und Fachgesellschaf- ten sollten auf der Basis ihrer Erfah- rungen und Sachkunde prüfen, in- wieweit bei bestimmten invasiven Eingriffen mit Selbstverletzungen zu

DEUTSCHES

ARZTEBLATT

KURZBERICHTE

rechnen ist, die zu Infektionen füh- ren können. HIV-infizierte Ärzte oder Zahnärzte sollten keine derarti- gen Eingriffe vornehmen.

Bei positivem Testausfall sollten keine ärztlichen oder zahnärztlichen Eingriffe vorgenommen werden, die eine Verletzungsgefahr für den Ope- ratem selbst beinhalten und somit auch eine Infektionsgefahr für den jeweiligen Patienten. Alle anderen ärztlichen Tätigkeiten können ohne Vorbehalt ausgeübt werden. Der HIV -infizierte Arzt oder Zahnarzt soll gegebenenfalls seine Tätigkeit einschränken oder in ein anderes Tä- tigkeitsfeld wechseln. Ihm ist hierbei

weitgehende Unterstützung zu ge- währen, insbesondere ist dafür Sorge zu tragen, daß er in seinen sonstigen ärztlichen Tätigkeitsbereichen und in seinem beruflichen Fortkommen nicht darüber hinaus beeinträchtigt wird. Der Fürsorgepflicht der Ärzte- schaft bzw. der Arbeitgeber kommt in dieser Situation eine besondere Bedeutung zu. Die gebotene Hilfe muß angemessen sein und ohne Dis- kriminierung gewährt werden.

Der aus den USA berichtete Fall gibt keinerlei Anlaß, von ärztlichen/

zahnärztlichen Untersuchungen und Behandlungen Abstand zu nehmen."

EB/BMG

Pßegeversichenmg: SPD eröffnet den Reigen

Die SPD hat als erste Partei ei- nen paraphierten Gesetzentwurf für eine gesetzliche Pflegeversicherung in Bonn veröffentlicht und damit die in dieser Frage zerstrittene Banner Regierungskoalition in Zugzwang gebracht. Die Bundesregierung will einen Entwurf bis Ende Mai 1992 vorlegen. Der vom SPD-Vorsitzen- den Björn Engholm, dem nordrhein- westfälischen Arbeits- und Gesund- heitsminister Hermann Beinemann und dem stellvertretenden Vorsit- zenden der SPD-Bundestagsfraktion und sozialpolitischen Experten Ru- dolf Dreßler MdB vorgestellte Ent- wurf soll nach der parlamentarischen Sommerpause parallel und wort- gleich im Bundestag und im Bundes- rat eingebracht werden.

Der SPD-Entwurf basiert auf dem bereits im Februar 1991 von den sozialdemokratischen Fachministern für Arbeit und Soziales gemeinsam mit der SPD-Fraktion vorgestellten Konzept für eine umfassende Absi- cherung des Pflegefallrisikos in Form einer sozialen Pflichtversicherung

("Volksvers~~herung") (vgl. DEUT- SCHES ARZTEBLA TI, Heft 9/1991, Rubrik "Kurzberichte").

Die SPD sieht die Pflegeversi- cherung wie Bundesarbeitsminister Dr. Norbert Blüm als "fünfte Säule"

der gesetzlichen Sozialversicherung unter dem Dach und der organisato- rischen Verantwortung der gesetzli- chen Krankenversicherung. Anders

als in den bisher bekannt geworde- nen Plänen Blüms (vgl. DEUT- SCHES ÄRZTEBLA TT, Heft 10/

1991, Rubrik "Kurzberichte") wollen die Sozialdemokraten die gesamte Wohnbevölkemng - einschließlich Beamte, Selbständige, Soziallei- stungsempfänger und Ausländer - in die Pflegepflichtversicherung rekru- tieren.

Unterschieden werden soll zwi- schen erheblich Pflegebedürftigen, außergewöhnlich Pflegebedürftigen und Schwerpflegebedürftigen Prinzi- piell soll die häusliche Pflege vor der (kostenträchtigeren) stationären Pflege Vorrang erhalten, um insge- samt den stationären Sektor dadurch zu entlasten (wie im Eckwertepapier des Bundesarbeitsministeriums ).

Das Wahlrecht zwischen häuslicher und stationärer Pflege soll dennoch uneingeschränkt gelten; bei der Aus- wahl soll den weltanschaulichen Be- dürfnissen der Versicherten Rech- nung getragen werden.

Die Sicherstellung der Versor- gung soll über die Bedarfspläne der Länder erfolgen.

Leistungsberechtigt sollen sol- che Versicherten sein, die während der letzten fünf Jahre ihren Wohn- sitz oder ihren gewöhnlichen Auf-

enthalt im Inland hatten. Bei im In-

land geborenen Versicherten entfällt diese Wartezeit.

Die Beiträge zur Pflegeversiche- rung sollen je zur Hälfte von den Be- Dt. Ärztebl. 88, Heft 33, 15. August 1991 (21) :\-2693

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schäftigten und ihren Arbeitgebern getragen werden; Selbständige sollen allein beitragspflichtig sein. Nicht er- werbstätige Ehegatten sollen bei- tragsfrei versichert sein, solange sie wegen der Erziehung von Kindern nicht berufstätig sein können.

Zur Berechnung des Beitrages geht die SPD von zur Zeit 6500 DM monatlich (brutto) aus. Um ein schon von Anfang an vorgesehenes Leistungsvolumen von jährlich 25,7 Milliarden DM finanzieren zu kön- nen, soll der Beitragssatz zum Start der Pflegeversicherung auf 1,4 Pro- zent festgelegt werden. Das Bundes- arbeitsministerium dagegen geht von der niedrigeren Bemessungsgrenze für die gesetzliche Krankenversiche- rung (zur Zeit 4875 DM im Monat) aus, rechnet aber mit einem Startbei- tragssatz von zwei Prozent.

Bei Rentnern und anderen Empfängern von Sozialleistungen übernimmt den SPD-Plänen zufolge der jeweilige Sozialleistungsträger die Rolle des „Arbeitgebers".

Das Pflegegeld soll 500 DM bei erheblicher Pflegebedürftigkeit (Per- sonen, die normale tägliche Verrich- tungen nicht ohne fremde Hilfe erle- digen können) betragen. Bei außer- gewöhnlicher Pflegebedürftigkeit (Personen, die dauernd bettlägrig sind und im gleichen Umfang der Be- treuung bedürfen) sollen 1200 DM monatlich gezahlt werden. Schwerst- pflegebedürftige (Personen, die dar- über hinaus unter wesentlichen kör- perlichen oder geistigen Funktions- beeinträchtigungen leiden) sollen

1500 DM erhalten. Der Sozialhilfe- satz in diesen Fällen liegt heute zwi- schen 325 und 883 DM. Als Sachlei- stung soll der Einsatz professioneller Pflegekräfte bis zu 60 Stunden im Monat möglich sein. Die Gesamtko- sten werden auf rund 11,8 Milliarden DM jährlich beziffert.

Privatpersonen, die Angehörige pflegen, sollen künftig stärkere Un- terstützung erhalten. Um ihnen ei- nen Urlaub oder Hilfe in Krisensi- tuationen zu ermöglichen, soll für diese Zeit eine ambulante Ersatz- kraft oder stationäre Kurzzeitpflege gewährt werden. Private Pflegeper- sonen, die berufstätig bleiben oder während der Woche regelmäßig ent- lastet werden möchten, können Ta-

gespflege in Anspruch nehmen. Bei stationärer Unterbringung muß der Versicherte die Kosten des Lebens- unterhaltes (geschätzt 1150 DM mo- natlich) einschließlich eines Mietan- teils selbst tragen. Die eigentlichen Pflegekosten (rund 2100 DM monat- lich) übernimmt die Pflegeversiche- rung. Die Gesamtkosten werden auf 11,3 Milliarden DM jährlich veran- schlagt. Die Investitionskosten für die Heime (je Pflegesatz 340 DM monatlich) sollen von Ländern und Kommunen getragen werden.

Für Pflegepersonen wird die An- erkennung von Pflegezeiten in der Rentenversicherung und ihre Einbe- ziehung in die Unfallversicherung

Die Angehörigen eines Verstor- benen sollen über die Möglichkeit der Organentnahme informiert wer- den, wenn der Verstorbene nicht zu.

Lebzeiten einer Transplantation zu- gestimmt hat. Dafür plädieren die Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Transplantationszentren und die Deutsche Stiftung Organtransplan- tation in einem Entwurf für ein Transplantationsgesetz, das jetzt den Gesundheitsministerien von Bund und Ländern vorgelegt wurde.

Das Gesetz soll die Organent- nahme beim Verstorbenen und beim Lebenden, die Definition und die Feststellung des Hirntodes sowie das Verbot des Organhandels regeln.

Grenzen seien zwar durch geltendes Recht vorgegeben, doch lasse die zu- nehmende Bedeutung dieses neuen und neuartigen medizinischen Ge- bietes die Formulierung einer geson- derten und spezifischen gesetzlichen Regelung ratsam erscheinen. Fast al- le Länder der Welt hätten bereits Transplantationsgesetze.

Das Gesetz spricht den nahen Angehörigen das Recht zu, die Organentnahme abzulehnen, wenn eine entsprechende Entscheidung des Verstorbenen bekannt sei oder gravierende und unüberbrückbare eigene Bedenken gegenüber der Or- ganentnahme bestünden. Für die

vorgeschlagen. Bei der Rente sollen die Sätze für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten zugrunde gelegt werden.

Die SPD geht davon aus, daß in Deutschland zur Zeit 786 000 Perso- nen erheblich pflegebedürftig sind.

Hinzu kommen 157 000 außerge- wöhnlich Pflegebedürftige und

169 000 Schwerstpflegebedürftige in häuslicher Umgebung. Sie sollen An- spruch auf ambulante Pflegeleistun- gen haben. Daneben leben rund 450 000 Pflegebedürftige in Heimen.

Wegen bisher fehlender Absiche- rung sind nach Angaben der SPD 75 Prozent davon auf Sozialhifeleistun- gen angewiesen. HC

Feststellung des Todes müßten der vollständige und irreversible Still- stand von Herz und Kreislauf oder der vollständige und irreversible Ausfall aller Funktionen des gesam- ten Gehirns bei künstlich aufrechter- haltener Kreislauffunktion im übri- gen Körper „entsprechend den Re- geln der medizinischen Wissen- schaft" nachgewiesen und dokumen- tiert sein. Der Hirntod müsse von zwei Ärzten festgestellt werden, die an der Organentnahme des Verstor- benen nicht beteiligt sein dürften.

Eine „Lebendspende", zum Bei- spiel einer Niere, solle nur möglich sein, wenn sie das Leben eines ande- ren Menschen erhalten kann oder wenn sie ein schweres Leiden behe- ben oder mindern soll. Der Spender müsse in die Entnahme einwilligen, nachdem er über Art und Umfang des Eingriffs sowie über mögliche Folgen für seine Gesundheit aufge- klärt wurde. Der Organhandel gegen Entgelt solle bei Strafandrohnung verboten werden.

Das Gesetz will allen entschei- denden Anliegen Rechnung tragen:

„Der Not und der Hoffnung auf ein Organ wartender Patienten, dem Selbstbestimmungsrecht des Indivi- duums für seinen Körper auch nach seinem Tod und dem Respekt vor seinen Angehörigen." Kli

Entwurf eines Transplantationsgesetzes:

Aufklärung der Angehörigen

A-2694 (22) Dt. Ärztebl. 88, Heft 33, 15. August 1991

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