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Archiv "Pflegeversicherung — unfinanzierbar!" (17.06.1983)

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Academic year: 2022

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6905

Die Aufwendungen für soziale Dienste sind in der Bundesrepublik Deutschland am höchsten.

,( 7151

Sozialleistungen 1980 je Einwohner in DM

5864

Veränderungen 1980 gegen 1970 in Prozent •••

(in Preisen von 1975) t.

em,r11

%mei o:

Quellen: EG-Konunission:

1W-Berechnungen

9,4 3918

6302

Die Bundesrepublik Deutschland verfügt im Vergleich mit den Ländern der Europäischen Gemeinschaft (EG) nach wie vor über das aufwendigste

„soziale Netz". Die Sozialleistungen pro Kopf der Bevölkerung lagen nach den jüngsten Untersuchungen des Statistischen Amtes der EG (1980), Brüs- sel, bei über 7000 DM. Der Ländervergleich für die siebziger Jahre unter- streicht die zunehmende Tendenz innerhalb der Gemeinschaft, die Pro-Kopf- Ausgaben — also den Sozialleistungskatalog — einander anzugleichen. In Ländern mit früher verhältnismäßig niedrigem Sozialleistungsstandard kam es zu weit überdurchschnittlichen Ausgabenzuwächsen iwd/DÄ

Spektrum der Woche Aufsätze Notizen KURZBERICHTE

Pflegeversicherung — unfinanzierbar!

Sind die Mindeststandards der so- zialen Sicherung bereits erreicht, kann und soll der Staat ihre Verfei- nerung und ihren Ausbau den ge- sellschaftlichen Kräften überlas- sen. Er muß es sogar tun, wenn er sich der aktiven Mithilfe der Bür- ger und der Solidargemeinschaf- ten versichern will; denn gerade heute geht es um die Mobilisie- rung des nichtstaatlichen Organi- sationspotentials von Eigeninter- essen und Selbstkontrolle und von durch Problemnähe geprägter Fachkenntnis für die Gestaltung unseres Sozialstaates, heißt es programmatisch in dem Band

„Wesen und Bedeutung der Glie- derung in der sozialen Sicherung"

der Schriftenreihe der Gesell- schaft für Versicherungswissen- schaft und -gestaltung e. V., Köln.

Der aktuelle Diskussionsbeitrag zur Diskussion über die Frage ei- ner Neuregelung des Risikos der Pflege alter Menschen liegt denn auch ganz auf der Linie dieser Ausführungen. Die Gesellschaft geht davon aus, daß für das Risiko der Pflege das Subsidiaritätsprin- zip erhalten bleiben soll. Da die Eigenvorsorge für dieses Risiko aber heute oft nicht ausreicht, sol- len die Möglichkeiten der Eigen- vorsorge für eben dieses Risiko durch entsprechende Gestaltung der steuerlichen Rahmenbedin- gungen verbessert werden. Dies ist für den Staat trotz bestimmter Steuerausfälle im Ergebnis viel bil- liger, als die entstehenden Pflege- kosten zu tragen.

Die Neuregelung der „Pflege"

durch eine Versicherung stellt kei- ne angemessene Lösung dar, weil dadurch die Inanspruchnahme sti- muliert und die Hilfe aus menschli- cher Zuwendung, wie sie nur die Familie gibt und geben kann, ge- schwächt wird. Es muß weiterhin darauf verwiesen werden, daß durch eine Versicherung die akti- ve Generation zusätzlich zu der heute schon bestehenden Bela- stung mit Sozialabgaben erneut

mit solchen belastet wird, was de- ren Leistungsbereitschaft schmä- lern könnte.

Auch müssen die Erfahrungen, die in den Niederlanden mit der Versi- cherung der Pflegekosten ge- macht worden sind, berücksich- tigt werden. Dort hat sich sowohl die Zahl der Patienten seit 1968 als auch die Zahl der Pflegetage ver- doppelt, die Durchschnittspreise für einen Tag im Pflegeheim ha- ben sich vervierfacht und die Ge- samtkosten haben sich verneun- facht (vgl. auch DEUTSCHES ÄRZ- TEBLATT, Heft 17/1983).

Aus der Sicht der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft ist es wichtig, daß die Solidarität inner- halb der Familie bei der Abdek- kung dieses Risikos verstärkt wirk- sam werden kann. Ihr ist in allen Fällen der Vorrang einzuräumen, in denen gesundheitliche und häusliche Verhältnisse eine Pflege zu Hause — sei es in der eigenen Wohnung oder im Wohnbereich von Familienangehörigen — er- laubt. Um die Familien bei der Er-

füllung dieser Aufgabe nachhaltig zu unterstützen, sollten die beste- henden ambulanten Pflegedienste ebenso wie die regional und ört- lich aufgegliederten Sozialstatio- nen verbessert und ausgebaut werden.

Mit ihrer Hilfe kann die Pflegebe- reitschaft und die Pflegefähigkeit seitens der Familie verbessert und gesichert und die Zahl der benö- tigten Plätze in Pflegeheimen ver- ringert werden. Zudem können die Kosten je Tag und Pflegefall nied- riger gehalten werden. Den Pfle- gebedürftigen wird auf diese Wei- se der Verbleib im eigenen Heim ermöglicht, was nach allen Erfah- rungen ihrem Wunsch entspricht.

Auch die Möglichkeit einer nur auf den Tag oder die Nacht bezoge- nen Betreuung der Pflegebedürfti- gen in einer Institution ist in die- sem Zusammenhang zu prüfen.

Die Kostenbelastung einer so kon- zipierten ambulanten Pflege hält sich gegenüber der in Pflegehei- men in deutlich geringeren finan- ziellen Grenzen.

Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 24 vom 17. Juni 1983 109

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen KURZBERICHTE

Die Effektivität solcher ambulanter Pflegedienste kann durch eine en- ge Verbindung zu den niederge- iassenen Ärzten sichergestellt be- ziehungsweise gesteigert werden.

Auch Überlegungen, Kranken- hausbetten in Akutkrankenhäu- sern zugunsten einer verbesserten Versorgung mit Pflegebetten in Al- tenpflegeheimen abzubauen oder nur "umzuwidmen", sind in die- sem Zusammenhang erneut zu prüfen. Überdies wäre es erwä- genswert, wie durch das Steuer- recht die Bereitschaft gefördert werden kann, pflegebedürftige Fa- milienangehörige weiterhin zu Hause zu betreuen. Derjenige, der selbstverantwortlich Eigenvorsor- ge betrieben und Beiträge zur So- zialversicherung geleistet hat, darf im Fall der Pflegebedürftigkeit al- lerdings nicht völlig mittellos ge- stellt werden. Dies kann dadurch erreicht werden, daß Freigrenzen beim Rückgriff nach dem Bundes- sozialhilfegesetz auf laufende Ein- kommen (ähnlich dem Rechtsge- danken der Pfändungsfreigrenzen der Zivilprozeßordnung) einge- führt werden. Es muß weiterhin darauf aufmerksam gemacht wer- den, daß die versicherungsrechtli- che Abgrenzung des Pflegefalles vom Krankheitsfall ausgespro- chen problematisch ist. Auch dies steht einer Versicherungslösung entgegen. Kein Träger, der bisher zur Finanzierung der "Pflege" bei- getragen hat, darf aus seiner Ver- antwortung entlassen werden. Die aktuellen Finanznöte der Kommu- nen dürfen nicht dazu führen, daß diese Kosten von den öffentlichen Haushalten auf die Versicherungs- gemeinschaften oder gar auf eine eigens dafür zu gründende neue Solidargemeinschaft verlagert werden.

~ Gegen die Einführung einer all- gemeinen Pflegeversicherung sprechen nach Ansicht der Gesell- schaft für Versicherungswissen- schaft und -gestaltung auch ord- nungspolitische Gründe. Wäre sie doch der erste, alle Bevölkerungs- kreise umfassende Versicherungs- zweig und damit möglicherweise der Kern einer alle Bevölkerungs-

kreise und letztendlich auch alle Risiken umfassenden unifizieren- den Einheitsversicherung.

~ Betrachtet man zudem die nie- derländischen Erfahrungen, die si- cher nicht ohne weiteres auf die Verhältnisse in der Bundesrepu- blik Deutschland übertragen wer- den können, stellt sich die Frage, was mit einer Neuregelung der Pflegekosten eigentlich erreicht werden kann. Zur Abdeckung die- ses Risikos wären relativ hohe Bei- träge erforderlich. Hinzu käme voraussichtlich noch eine hohe Selbstbeteiligung des Pflegebe- dürftigen. Ob diese Lösung besser ist als die gegenwärtig geltende, erscheint zumindest fraglich.

Dipi.-Kfm. Michael Jung Prälat-Otto-Müller-Piatz 2 5000 Köln 1

"Notmaßnahmen"

gegen Arbeitslosigkeit bei Akademikern

Zur Linderung der Akademikerar- beitslosigkeit schlägt der Ring Christlieh-Demokratischer Stu- denten (RCDS) in einer kürzlich erschienenen Dokumentation vor, die Einkommensbesoldung für Akademiker im öffentlichen Dienst um eine Besoldungsgruppe zu senken. Die dadurch freigesetzten Gehälter seien für neue Stellen zu verwenden.

Nachdem der öffentliche Dienst rund 60 Prozent der Hochschulab- solventen aufnimmt, setzt der RCDS hier dann auch mit weiteren Vorschlägen an: vorzeitige Ruhe- standsregelungen, Ausweitung der Teilzeitbeschäftigung und der Beurlaubungsregelung von 10 auf 12 Jahre sowie Überprüfung der rechtlichen Möglichkeiten zur Auf- nahme von befristeten Arbeits- und Anstellungsverträgen. Auch eine Änderung der Bestimmungen im Arbeitsförderungsgesetz hin- sichtlich "zumutbarer Arbeit" hält der RCDS für wünschenswert. ln diesem Zusammenhang führt der

Studentenverband als Beispiel an, daß die Zahl von über zweitausend arbeitslos gemeldeten Ärzten in der Bundesrepublik unglaubwür- dig werde, "wenn zugleich Ge- meinden oft unter Zuhilfenahme von Immobiliengeschenken er- folglos versuchen, einen soge- nannten ,Landarzt' anzusiedeln".

Der Zuwachs der Akademikerar- beitslosigkeit von September 1975 bis September 1982 um 280 Pro- zent- das ist der stärkste Zuwachs aller Bevölkerungsgruppen auf dem Arbeitsmarkt -dokumentiert nach Ansicht des RCDS zwei fata- le Fehleinschätzungen, denen der Staat und private Organisationen in Zukunft entgegenwirken müß- ten: Erstens werde unter dem Be- griff "Recht auf Bildung" irrtüm- lich ein Anspruch auf adäquate Beschäftigung mit entsprechen- dem Einkommen subsumiert, und zweitens habe der Staat durch sei- nen Hochschulbau und durch Überlastkapazitäten einen Zu- strom von Hochschulabsolventen produziert, der in unserer Volks- wirtschaft, gemessen an der Zahl aller Erwerbspersonen, objektiv nicht beschäftigungsfähig sei.

Deshalb gelte:

~ Eine weitere Erhöhung von Hochschulausbauzielen und Rah- menplänen sei nicht wünschens- wert (mit Ausnahme von Fällen, in denen berufliche oder vergleich- bare Mißstände die Qualität der Lehre für die jetzt bereits in Aus- bildung befindliche Zahl von Stu- denten ernstlich gefährdeten, zum Beispiel in der Anatomie).

~ Die von meist linksgerichteten Gruppierungen undifferenziert er- hobene Forderung nach mehr Stu- dienplätzen sei nur mehrein"ideo- logischer Kassenschlager", der mehr Probleme schaffe, als er lö- se: nämlich Arbeitslosigkeit, Ent- täuschung und Frustration.

~ ln weiten Bevölkerungskreisen werde die Aussicht auf berufliche Zukunft und einen angemessenen Lebensstandard "kritiklos, teil- weise geradezu kopflos mit einem Zugang zur Hochschule verbu n-

den". ck

110 Heft 24 vom 17. Juni 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

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