as Bundesinstitut für Arznei- mittel und Medizinprodukte (BfArM) hat im „Bundesan- zeiger“ vom 4. Dezember 1998 eine Bekanntmachung über die Zulassung und Registrierung von Arzneimitteln veröffentlicht, die Empfehlungen zu Anwendungsbeobachtungen enthält.
Nach dem Arzneimittelgesetz kann das BfArM anordnen, daß nach der Zulassung eines Arzneimittels Er- kenntnisse über die Anwendung sy- stematisch gesammelt, dokumentiert und ausgewertet werden. Das Materi- al aus solchen Anwendungsbeobach- tungen kann, soweit sie wissenschaft- lich geplant und sorgfältig durchge- führt wurden, in die Nutzen-Risiko- Bewertung bekannter Arzneimittel einbezogen werden.
Publikationen zum Thema „An- wendungsbeobachtung“ erscheinen zur Zeit häufig in den ärztlichen Me- dien. Diese Veröffentlichungen stam- men meist von Interessenverbänden der pharmazeutischen Industrie, bio- metrischen Gesellschaften, Fachge- sellschaften oder Forschungsinstitu- ten, selten jedoch von der Ärzteschaft oder von niedergelassenen Ärzten, die die Studien durchführen.
Einsatz im Alltag
Bei Anwendungsbeobachtungen geht es darum, unter alltäglichen Pra- xisbedingungen Fragen zur Sicher- heit, zur Langzeitwirkung und zum Nutzen-Risiko-Verhältnis zugelasse- ner Arzneimittel zu untersuchen (sie- he DÄ 25/1997). Ferner nennt das BfArM als Ziele, Erkenntnisse zur Arzneimittelutilisation über direkte, indirekte und intangible Kosten zu ge- winnen sowie die Repräsentativität für Ärzte und Patienten zu erfassen.
Unter Arzneimittelutilisation fal- len vor allem das Verordnungsverhal- ten, die Beachtung der Fach- und Ge- brauchsinformation sowie der Zulas- sungsauflagen. Damit kann überprüft werden, ob der behandelnde Arzt ein Arzneimittel bestimmungsgemäß ein- setzt. Folgende Fragen stehen dabei im Vordergrund: Wird das Medika- ment bei der richtigen Indikation ein- gesetzt? Werden Gegenanzeigen, Ne- benwirkungen und Hinweise beach- tet? Werden Anwendungsbeschrän- kungen berücksichtigt? Wird die rich- tige Dosis gewählt, und werden Wech- selwirkungen ausgeschlossen?
Blick auf die Kosten
Die pharmazeutische Industrie kann den Verdacht auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen abwehren, in- dem sie auf den nicht bestimmungs- gemäßen Gebrauch hinweist. Dem Arzt kann jedoch anhand der Doku- mentation der Anwendungsbeobach- tung fehlerhaftes Handeln nachge- wiesen werden, was rechtliche Konse- quenzen nach sich ziehen kann.
Mit Hilfe der Anwendungsbeob- achtung sollen nicht nur direkte Ko- sten (Medikamentenpreis), sondern auch indirekte und intangible Kosten erfaßt werden. Da der Arzt zu wirt- schaftlichem Verhalten verpflichtet ist und auch in Regreß genommen wer- den kann, stellt hier die Dokumentati- on ein wirtschaftliches Kontrollwerk- zeug dar. Der Arzt gerät in das Span- nungsfeld von medizinischem und wirtschaftlichem Handeln. Sowohl sein unrichtiges und vielleicht wirt- schaftliches als auch sein medizinisch richtiges und vielleicht unwirtschaftli- ches Handeln kann ihm zum Vorwurf gemacht werden.
Um die Ergebnisse einer Anwen- dungsbeobachtung verallgemeinern zu können, müssen sowohl Ärzte als auch Patienten repräsentativ vertreten sein.
Das ist jedoch nicht der Fall. Die Ver- wendung eines Ärztepanels und eines Logbuchs der verfügbaren Patienten würden das Vertrauensverhältnis zwi- schen Arzt und Patient empfindlich stören. Um Repräsentativität auf diese Weise zu erzielen, müßten Zwangs- maßnahmen angewendet werden.
Da Anwendungsbeobachtungen die „Realität“ im Gesundheitswesen widerspiegeln, ist auch die Ärzteschaft daran interessiert, die Bedingungen hierfür zu verbessern. Die Empfehlun- gen des BfArM waren überfällig. Da- mit jedoch auch die niedergelassenen Ärzte – ohne Nachteile befürchten zu müssen – teilnehmen können, sollte man folgende Maßnahmen treffen:
l Indikation, Gegenanzeigen, Anwendungsbeschränkungen, Neben- wirkungen und Hinweise, Dosierung und Dosierungsschema sowie Wech- selwirkungen müssen im Beobach- tungsplan aufgeführt sein. Im Einfüh- rungsgespräch muß auf diese Grund- lagen hingewiesen werden.
l Der Beobachtungsplan muß enthalten, welche weiteren Maßnah- men im Verlauf notwendig sind.
l Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), Köln, bietet Fortbildungen zur Durch- führung von Anwendungsbeobach- tungen an, damit möglichst viele Ärzte und möglichst viele geeignete Pa- tienten daran teilnehmen können. Die Ergebnisse müssen publiziert werden.
Anwendungsbeobachtungen wer- den von der Solidargemeinschaft der Gesetzlichen Krankenversicherung fi- nanziert. Daraus leitet sich die Ver- pflichtung ab, die Ergebnisse – ob posi- tiv oder negativ – zu veröffentlichen.
Eine Implementierung dieser Ver- pflichtung in den Empfehlungen dient zudem der Qualitätssicherung. Unter solchen Voraussetzungen kann die An- wendungsbeobachtung wertvolle Er- kenntnisse über Arzneimittel liefern.
Prof. Dr. med.
Bruno Müller-Oerlinghausen Dr. med. Karl-Heinz Munter Prof. Dr. med. Konrad Wink Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft A-750 (22) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 12, 26. März 1999
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