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Archiv "Mitteilungen: Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft" (20.06.2008)

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A1412 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 25⏐⏐20. Juni 2008

B E K A N N T G A B E N D E R H E R A U S G E B E R

In Deutschland sind die beiden Thiazolidindione (Glitazone) Ro- siglitazon (Avandia®) und Pioglitazon (Actos®) zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ II als Monotherapie oder in Kombina- tion mit Metformin und/oder Sulfonylharnstoffen zugelassen.

Zusammen mit Insulin sollten sie nur in Ausnahmefällen an- gewendet werden, da beide Wirkstoffe zu einer verstärkten Flüs- sigkeitsretention führen können (1, 2). Die Glitazone sind Ago- nisten an der Gamma-Form des PPAR-Rezeptors (Peroxisome proliferator activated receptor), einem im Zellkern vorhandenen Rezeptor. Sie senken die Blutglukose durch eine Verminderung der Insulinresistenz im Fettgewebe, Skelettmuskel und in der Leber. Glitazonhaltige Arzneimittel wurden im Jahr 2006 in Deutschland mit 60,4 Mio. DDD verordnet, entsprechend einer Steigerung von 17,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr (3).

In der ADOPT-Studie (A Diabetes Outcome and Progression Trial), in der orale Antidiabetika (Rosiglitazon, Metformin, Gli- benclamid) hinsichtlich der Blutzuckerkontrolle über vier bis sechs Jahre verglichen wurden, ergab die Auswertung der uner- wünschten Arzneimittelwirkungen eine signifikant erhöhte Rate an Frakturen bei Frauen, die mit Rosiglitazon behandelt wurden, jedoch nicht bei Männern (4). Die Mehrzahl der Frakturen betraf Hand, Fuß und Arm. Eine Zwischenauswertung bestätigte diese Ergebnisse auch für eine weitere Langzeitstudie zu kardiovas- kulären Ereignissen unter Rosiglitazon, deren endgültige Aus- wertung für 2009 erwartet wird (5). Eine daraufhin durchgeführte Analyse der Daten von etwa 16 000 Patienten aus klinischen Stu- dien mit Pioglitazon belegte ein erhöhtes Frakturrisiko auch für Frauen, die mit Pioglitazon behandelt wurden (6).

Aktuell wurde eine Fall-Kontroll-Studie veröffentlicht, die an- hand der Daten von etwa fünf Millionen britischen Patienten (General Practice Research Database, GPRD) die Assoziation von Frakturen mit der Einnahme von Glitazonen, anderen oralen Anti- diabetika (OAD) oder Insulin untersucht hat (7). In der Datenbank wurden 1 020 Patienten identifiziert, die nach Diagnose eines Diabetes mellitus Typ II oder Erstverschreibung eines OAD oder von Insulin eine Fraktur aufgrund eines geringen Traumas erlitten haben (301 Handgelenk/Unterarm, 274 Hüfte, 222 Humerus, 148 Rippen, 56 Wirbelkörper, 19 nicht spezifiziert). Diesen Patienten wurden jeweils etwa vier Kontrollfälle zugeordnet. Von den 1 020 Patienten erhielten 208 weder OAD noch Insulin. Von den verblei- benden 812 Patienten, die Antidiabetika erhielten, nahmen 65 Gli- tazone ein. Das Risiko einer Fraktur bei Einnahme eines Glitazons für zwölf bis 18 Monate war etwa zweieinhalbmal höher als bei Patienten, die kein Glitazon eingenommen hatten. Das Frakturrisi- ko war unabhängig von Body-Mass-Index, Begleiterkrankungen, Dauer der Diabeteserkrankung, Komplikationen des Diabetes so- wie der Einnahme von anderen OAD. Das Risiko stieg ab einer

Einnahmedauer von zwölf bis 18 Monaten und war am höchsten bei Patienten, die länger als zwei Jahre mit einem Glitazon behan- delt wurden. Im Unterschied zu den bisherigen Erkenntnissen war in der vorliegenden Studie das Frakturrisiko sowohl für Frauen als auch für Männer erhöht. Das Risiko war für Rosiglitazon und Pioglitazon etwa gleich und stieg mit zunehmender Dosis an.

Erklärungsansätze für das unter Glitazonen erhöhte Fraktur- risiko bestehen im Vorkommen des Zellkernrezeptors PPAR- gamma auch im Knochengewebe und der Beeinflussung der Dif- ferenzierung von mesenchymalen Stammzellen zu Adipozyten oder Osteoblasten (8). Die Gabe von Rosiglitazon führte im Tier- versuch (9) sowie in einer randomisierten kontrollierten Studie an 50 gesunden, postmenopausalen Frauen zu einer signifikanten Abnahme der Knochendichte (10).

Aufgrund der vorliegenden Daten, die ein zwei- bis dreifach erhöhtes Frakturrisiko unter längerfristiger Therapie mit Glitazo- nen bei Frauen und Männern zeigen, sollte die Indikation zur Be- handlung sorgfältig abgewogen werden. Insbesondere bei Patien- ten mit einer vorbestehenden Osteoporose oder einem aufgrund von Alter oder Vorerkrankungen erhöhtem Sturzrisiko sollten Therapiealternativen in Betracht gezogen werden. Kommt es un- ter Therapie mit einem Glitazon zu einer Fraktur nach einem Ba- gatelltrauma bitten wir die Ärzte um eine Mitteilung an die AkdÄ als Verdachtsfall einer unerwünschten Arzneimittelwirkung. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärz- teblatt auf der vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichts- bogen verwenden oder diesen unter der AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen. Über die Homepage besteht auch die Möglichkeit, einen UAW-Verdacht direkt online zu melden.

LITERATUR

1. GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG: Fachinformation „Avandia®8 mg Filmtablet- ten“. Stand: März 2008.

2. Takeda Pharma GmbH: Fachinformation „Actos™ 45 mg Tabletten“. Stand: Au- gust 2007.

3. Schwabe U, Paffrath D (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2007. Heidelberg:

Springer Medizin Verlag, 2008.

4. Kahn SE, Haffner SM, Heise MA, Herman WH, Holman RR, Jones NP et al.: Gly- cemic durability of rosiglitazone, metformin, or glyburide monotherapy. N Engl J Med 2006; 355: 2427–43.

5. GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG: Erhöhte Inzidenz von Frakturen bei Frauen un- ter Langzeitbehandlung mit Rosiglitazon: www.akdae.de/20/40/Archiv/2007/56- 20070307.pdf. Rote-Hand-Brief vom 7. März 2007. Zuletzt geprüft: 6. April 2008.

6. Takeda Pharma GmbH: Wichtige Sicherheitsinformation zu Frakturen unter Piog- litazon-Einnahme: www.akdae.de/20/40/Archiv/2007/54-20070402.pdf. Rote- Hand-Brief vom 23. März 2007. Zuletzt geprüft: 6. April 2008.

7. Meier C, Kraenzlin ME, Bodmer M, Jick SS, Jick H, Meier CR: Use of thiazolidine- diones and fracture risk. Arch Intern Med 2008; 168: 820–5.

8. Heikkinen S, Auwerx J, Argmann CA: PPARgamma in human and mouse physio- logy. Biochim Biophys Acta 2007; 1771: 999–1013.

9. Rzonca SO, Suva LJ, Gaddy D, Montague DC, Lecka-Czernik B: Bone is a target for the antidiabetic compound rosiglitazone. Endocrinology 2004; 145: 401–6.

10. Grey A, Bolland M, Gamble G, Wattie D, Horne A, Davidson J et al.: The peroxi- some proliferator-activated receptor-gamma agonist rosiglitazone decreases bone formation and bone mineral density in healthy postmenopausal women: a randomized, controlled trial. J Clin Endocrinol Metab 2007; 92: 1305–10.

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Herbert- Lewin-Platz 1, 10623 Berlin, Postfach 12 08 64, 10598 Berlin, Telefon: 0 30/40 04 56-5 00, Fax: 0 30/40 04 56-5 55, E-Mail:

info@akdae.de, Internet: www.akdae.de )

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ARZNEIMITTELKOMMISSION DER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT

„UAW-News – International“

Frakturrisiko unter Thiazolidindionen (Glitazonen)

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