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Archiv "Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Aus der UAW-Datenbank Rhabdomyolyse nach Isotretinoin" (08.02.2013)

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A 240 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 6

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8. Februar 2013 Orale Retinoide werden in der Dermatologie zum Beispiel ein -

gesetzt zur Behandlung der Psoriasis, der Ichthyosis und des Lichen ruber planus (Acitretin), beim schweren chronischen Handekzem (Alitretinoin) und bei schweren Formen der Akne (Isotretinoin). Bei der Behandlung mit Retinoiden sind neben der Teratogenität zahlreiche weitere unerwünschte Arzneimittelwir- kungen zu beachten, wie Veränderungen des Blutbilds, von Le- berwerten und Blutfetten und psychiatrische Reaktionen. Auf das erhöhte Risiko für die Entwicklung einer Colitis ulcerosa durch orale Behandlung mit Isotretinoin hat die AkdÄ kürzlich hinge- wiesen (1).

Der AkdÄ wurde der Fall eines jungen Mannes gemeldet (geb. 1988, AkdÄ-Fall Nr. 149707), der wegen einer Acne papulopustulosa partim conglobata zunächst mit Minocyclin oral und topischem Clindamycin/

Benzoylperoxid behandelt wurde. Da dies nicht ausreichend wirksam war, wurde die Therapie ab November 2008 auf orales Isotretinoin 40 mg täglich und topische Azelainsäure umgestellt. Im Februar des darauffolgenden Jahres kam es bei sportlicher Anstrengung zu star- ken Muskelschmerzen, die nach Ausschluss einer Thrombose mit schmerzlindernden Salben behandelt wurden und sich zurückbilde- ten. Kurze Zeit später trat der Mann eine vierwöchige Asienrundreise an, die mit erheblichen körperlichen Strapazen verbunden war. Wäh- rend der Reise kam es zu Myalgien und einer ausgeprägten Muskel- schwäche. Wegen einer zunehmenden Verschlechterung des Allge- meinzustands erfolgte die vorzeitige Rückreise. Nach Ankunft in Deutschland wurde der Patient sofort stationär aufgenommen. Labor- chemisch zeigte sich eine Rhabdomyolyse (CK 82 098 U/l, Nachweis von Myoglobin im Urin) mit be ginnendem Nierenversagen (Krea 1,6 mg/dl) und einer metabolischen Azidose sowie deutlich erhöhten Transaminasen (GPT 1 255 U/l, GOT 1 894 U/l) und Entzündungswer- ten (CRP 25 mg/dl). Aufgrund von EKG-Veränderungen (ST-Strecken- hebung in V1 und 2) bestand der Verdacht auf eine myokardiale Be- teiligung; der Echokardiographiebefund war jedoch unauffällig. Der Patient wurde auf einer Intermediärstation überwacht. Es erfolgte eine intravenöse Flüssigkeitssubstitution und Harnalkalisierung sowie auf- grund des radiologischen Verdachts auf eine Pneumonie eine antibio- tische Behandlung. Nachdem sich unter diesen Maßnahmen der Zu- stand zunächst etwas gebessert hatte, meldete sich der Patient in der folgenden Nacht mit Schwindelgefühl und wurde unerwartet reanima- tionspflichtig. Im EKG fand sich eine ventrikuläre Tachykardie, die in ein Kammerflimmern und anschließend in eine Asystolie überging.

Eine 90-minütige Reanimation blieb erfolglos. Die ausführlichen Ob- duktionsbefunde bestätigten eine schwere Rhabdomyolyse (siehe Ab- bildung) mit Beteiligung des Herzmuskels (2). Da sich trotz umfangrei- cher Diagnostik keine anderen Ursachen feststellen ließen, wurde die Rhabdomyolyse auf die Kombination von Isotretinoin und starker kör- perlicher Belastung zurückgeführt.

In der Fachinformation von Isotretinoin wird hingewiesen auf Myalgien, Arthralgien und erhöhte CK-Werte im Serum beson- ders bei erheblichen körperlichen Anstrengungen (8). Das Risiko einer Rhabdomyolyse wird bislang jedoch nicht erwähnt. Aus Sicht der AkdÄ sollten Patienten auf diese Gefahr und mögliche Warnsymptome wie Muskelschmerzen, Schwäche und dunkler Urin hingewiesen werden. Dies gilt vor allem bei ausgeprägter sportlicher Aktivität. Bei den laut Fachinformation empfohlenen Kontrollen von Leberenzymen und Serumlipiden sollte auch die CK routinemäßig überprüft werden (vor der Behandlung, einen Monat nach Beginn der Behandlung und anschließend in Abstän- den von drei Monaten). Bei deutlichen Erhöhungen der CK oder muskulären Symptomen sollte Isotretinoin abgesetzt werden.

Besonders sorgfältig sollte die Indikation für Isotretinoin geprüft werden, wenn gleichzeitig weitere, potenziell muskelschädigen- de Medikamente eingenommen werden, wie z. B. Statine, Glu- kokortikosteroide oder Penicillamin, oder wenn ein ausgeprägter Alkoholkonsum vorliegt (9).

Sie können sich unter www.akdae.de/Service/Newsletter für einen Newsletter der AkdÄ anmelden, der auf neue Risiko informationen zu Arzneimitteln hinweist.

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Herbert- Lewin-Platz 1, 10623 Berlin, Postfach 12 08 64, 10598 Berlin, Telefon: 030 400456-500, Fax: 030 400456-555, E-Mail: info

@akdae.de, Internet: www.akdae.de B U N D E S Ä R Z T E K A M M E R

Mitteilungen

ARZNEIMITTELKOMMISSION DER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT

Aus der UAW-Datenbank

Rhabdomyolyse nach Isotretinoin

Histologisches Präparat des Musculus quadri- ceps femoris (Färbung: HE, Bal- ken = 100 µm).

Abbildung mit freundlicher Genehmigung

@

Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit0613

In der Literatur sind weitere Einzelfälle von Rhabdomyolysen im Zusammenhang mit Isotretinoin beschrieben (3, 4). In einem Bericht trat die Reaktion – wie in dem von uns dargestellten Fall – in Kombination mit körperlicher Anstrengung (Body Building) auf. In der Datenbank des deutschen Spontanmeldesystems (ge- meinsame Datenbank vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM, und der AkdÄ) sind insgesamt 969 Verdachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen von Isotre- tinoin erfasst. Darunter gibt es vier weitere Berichte über Rhab- domyolysen, von denen drei ebenfalls nach intensiven sportlichen Aktivitäten aufgetreten sind. Auch im Zusammenhang mit ande- ren Retinoiden werden Myalgien und/oder Erhöhungen der Serum- CK in den Fachinformationen aufgeführt (5, 6). In der Literatur findet man einen Bericht einer Myopathie unter Acitretin (7). Ei- ne Recherche zu Alitretinoin und Acitretin ergab jedoch keine Fallberichte von Rhabdomyolysen in der Literatur oder in unse- rer Datenbank. Trotzdem kann derzeit nicht ausgeschlossen wer- den, dass es sich um einen Effekt dieser Wirkstoffklasse handelt.

B E K A N N T G A B E N D E R H E R A U S G E B E R

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LITERATUR

1. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: „Aus der UAW-Datenbank“:

Isotretinoin und chronisch-entzündliche Darmerkrankung. Dtsch Arztebl 2012;

109: A 1044.

2. Hartung B, Merk HF, Huckenbeck W, et al.: Severe generalised rhabdomyolysis with fatal outcome associated with isotretinoin. Int J Legal Med 2012; 126:

953–6.

3. Guttman-Yassky E, Hayek T, Muchnik L, Bergman R: Acute rhabdomyolysis and myoglobinuria associated with isotretinoin treatment. Int J Dermatol 2003; 42:

499–500.

4. Trauner MA, Ruben BS: Isotretinoin induced rhabdomyolysis? A case report. Der- matol Online J 1999; 5: 2.

5. Dermapharm AG: Fachinformation „Acicutan 10 mg Hartkapseln, Acicutan 25 mg Hartkapseln“. Stand: Juni 2012.

6. Stiefel GmbH & Co. K: Fachinformation „Toctino® 10 mg Weichkapseln, Toctino® 30 mg Weichkapseln“. Stand: Juli 2012.

7. Lister RK, Lecky BR, Lewis-Jones MS, Young CA: Acitretin-induced myopathy. Br J Dermatol 1996; 134: 989–90.

8. Almirall Hermal GmbH: Fachinformation „Aknenormin® Weichkapseln“. Stand:

Dezember 2010.

9. Chroni E, Monastirli A, Tsambaos D: Neuromuscular adverse effects associated with systemic retinoid dermatotherapy: monitoring and treatment algorithm for clinicians. Drug Saf 2010; 33: 25–34.

LITERATURVERZEICHNIS HEFT 6/2013, ZU:

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Aus der UAW-Datenbank

Rhabdomyolyse nach Isotretinoin

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