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Archiv "Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft: „Aus der UAW-Datenbank“ – Akutes Nierenversagen unter der Behandlung mit Fumarsäure bei Multipler Sklerose" (20.06.2014)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 25

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20. Juni 2014 A 1177

B U N D E S Ä R Z T E K A M M E R

Mitteilungen

ARZNEIMITTELKOMMISSION DER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT

„Aus der UAW-Datenbank“

Akutes Nierenversagen unter der Behandlung mit Fumarsäure

bei Multipler Sklerose

Das Präparat Fumaderm® enthält Dimethylfumarat in Kombi - nation mit drei Salzen von Ethylhydrogenfumarat und ist in Deutschland bereits seit Mitte der 1990er Jahre zugelassen zur Behandlung von mittelschweren bis schweren Formen der Pso- riasis vulgaris, wenn eine alleinige äußerliche Therapie nicht ausreicht (1). Als der eigentlich wirksame Bestandteil wird Di- methylfumarat angesehen (2). Seit Anfang 2014 ist Dimethylfu- marat als Monopräparat unter dem Namen Tecfidera® auch zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit schubförmig-remit- tierender Multipler Sklerose zugelassen (3, 4). Der Wirkmecha- nismus bei der Behandlung der Multiplen Sklerose ist nicht voll- ständig bekannt. Man nimmt an, dass die immunsuppressive Wirkung von Dimethylfumarat und seinem aktiven Metaboliten Monomethylfumarat durch eine verminderte Immunzellaktivie- rung und eine Modulation des Zytokinsystems vermittelt wird (5). Die AkdÄ hat über ein reversibles Kaposi-Sarkom sowie ei- ne Nocardiose im Zusammenhang mit einer vermutlich durch Fumaderm® ausgelösten Lymphozytopenie schon einmal berich- tet (6, 7).

Der AkdÄ wurde der Fall einer 34-jährigen Patientin (Gewicht 56 kg, Körpergröße 171 cm) berichtet, die seit Juli 2012 we- gen einer Multiplen Sklerose mit Fumaderm® behandelt wurde (AkdÄ Fallnummer 159175). Aufgrund des damaligen Zulas- sungsstatus erfolgte die Behandlung off-label. Der Wirkstoffge- halt von Di methylfumarat in der gewählten Dosierung von Fu- maderm® entsprach dabei mit maximal 480 mg/d der inzwi- schen für die Behandlung der Multiplen Sklerose zugelassenen Dosierung (3). Zuvor war die Patientin mit Interferon-beta 1a behandelt worden. Weitere Erkrankungen oder eine aktuelle Begleitmedikation bestanden nicht. Vier Wochen nach Beginn der Behandlung traten Übelkeit, Obstipation, Inappetenz, Fie- ber und eine Polyurie auf. Wegen erhöhter Retentionspara - meter (Kreatinin im Verlauf maximal 3,36 mg/dl; GFR nach MDRD 19 ml/min) erfolgte die stationäre Aufnahme der Patien- tin. Der Harnstatus war einfach positiv für Erythrozyten. Fer- ner bestand eine Albuminurie von 239 mg/g Kreatinin. In der Urin-Mikroelektropho rese (SDS) zeigte sich ein deutlich tubulä- res Proteinbandenmuster mit minimalem glomerulären Peak.

Sonografisch stellte sich ein leicht echoverdichtetes Nierenpa- renchym mit leicht verwaschener Parenchympyelongrenze dar.

Es wurde die Diagnose eines akuten, non-oligurischen Nieren-

versagens gestellt. Eine Nierenbiospie erfolgte nicht. Als ur- sächlich wurde die Behandlung mit Fumarsäure angesehen, da sich keine Hinweise auf eine andere Genese ergaben und die Nierenfunktion sich nach Absetzen des Präparates und Flüssig- keitssubstitution besserte (Kreatininwert bei Entlassung: 1,85 mg/dl). Die Patientin konnte mit der Empfehlung der ambulan- ten Beobachtung und Kontrolle nach Hause entlassen werden.

Bei der letzten Kontrolle im Mai 2013 war das Kreatinin auf 0,89 mg/d gesunken.

Im Zusammenhang mit der Behandlung der Psoriasis mit Fumarsäure sind Fälle von Nierenversagen bei drei Frauen im Alter von 21 bis 29 Jahren in der Literatur beschrieben (8, 9).

In diesen Fällen wird ein ähnlicher Verlauf beschrieben wie bei der hier vorgestellten Patientin: Nach 14- bis 24-tägiger Einnahme traten zunächst gastrointestinale Symptome sowie im Verlauf Fieber auf. Im Rahmen der Differenzialdiagnostik wurden dann erhöhte Retentionswerte festgestellt und das Nierenversagen diagnostiziert. Bei einer Patientin zeigten sich bioptisch die typischen Befunde eines akuten Nierenversa- gens, wobei sich nicht zwischen prärenaler Ursache oder di- rekter Tubulusschädigung durch Fumarsäurederivate differen- zieren ließ (8). Aufgrund des Fehlens anderer Ursachen wurde das Nierenversagen jeweils auf die Gabe von Fumarsäure zu- rückgeführt.

In der Datenbank des deutschen Spontanmeldesystems sind aktuell etwa 560 Verdachtsfälle zu Fumaderm® erfasst, am häufigsten Blutbildveränderungen (z. B. Lymphopenie, Eosino - philie, Leukopenie), gastrointestinale Symptome (z. B. Diarrhoe, Übelkeit) und Leberenzymerhöhung. In 18 Fällen wird Fuma- derm® in Verbindung gebracht mit Veränderungen der Nie - renfunktion, unter anderem mit akutem Nierenversagen. Zu Tecfidera® sind über 50 Fälle in der Datenbank erfasst. Am häufigsten berichtet werden gastrointestinale Symptome wie Erbrechen, Abdominalschmerz und Diarrhoe sowie erhöhte Leberenzyme.

In der Fachinformation von Fumaderm® zur Behandlung der Psoriasis wird Nierenversagen als Nebenwirkung (Häufig- keit unbekannt) angegeben. Proteinurie sowie eine Erhöhung der Serumkreatininkonzentration werden als „gelegentlich“

auftretend aufgeführt (bei 1 von 100 bis 1 000 behandelten Patienten). Es werden regelmäßige Laboruntersuchungen u. a.

von Serumkreatinin sowie Protein im Urin und Harnsediment zur Kontrolle möglicher nephrotoxischer Effekte empfohlen (während der ersten vier Wochen im 14-tägigen Abstand, danach alle vier Wochen). Bei Anstieg des Kreatinins über die Norm soll die Behandlung mit Fumaderm® abgebrochen werden. Neben der Überwachung der Nierenfunktion werden regelmäßige Kontrollen von Blutbild und Leberwerten emp- fohlen (1).

In der Fachinformation des kürzlich zugelassenen Tecfi - dera® werden unter Nebenwirkungen Proteinurie und Albumi- nurie als „häufig“ (bei 1 von 10 bis 100 behandelten Patien- ten) und der Nachweis von Ketonkörpern als „sehr häufig“

(≥ 1 von 10) aufgeführt (3). Laut dem öffentlichen europäi- schen Bewertungsbericht kann aus klinischen Studien für Dimethylfumarat kein nephrotoxisches Potenzial abgeleitet werden. Aufgrund der präklinischen Untersuchungen wird ei-

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20. Juni 2014 ne tubuläre Nierenschädigung (sowie eine Leberschädigung)

jedoch als potenzielles Risiko angesehen (10). Neben Kontrol- len von Blutbild und Leberwerten wird daher eine regelmäßi- ge Überprüfung der Nierenfunktion empfohlen: vor Behand- lung, nach drei und nach sechs Monaten, danach alle sechs bis zwölf Monate und wenn klinisch indiziert. Ein möglicher Pa- thomechanismus für eine potenzielle nierenschädigende Wir- kung ist nicht bekannt (10).

Zusammenfassung und Empfehlung der AkdÄ

Im Zusammenhang mit der Anwendung von Fumarsäure erge- ben sich aus präklinischen Untersuchungen sowie aus spontan gemeldeten und publizierten Einzelfallberichten Hinweise auf Auslösung eines akuten Nierenversagens als mögliche Neben- wirkung. Sowohl bei der Psoriasisbehandlung mit Fuma- derm® als auch beim Einsatz des kürzlich zugelassenen Dime- thylfumarats zur Behandlung der Multiplen Sklerose (Tecfi- dera®) muss die Nierenfunktion entsprechend den Angaben aus den Fachinformationen überwacht werden. Verdachtsfälle von Nierenschäden unter Fumarsäure-haltigen Arzneimitteln sollten der AkdÄ mitgeteilt werden, z. B. über das elektroni- sche Meldeformular auf der Homepage (www.akdae.de).

LITERATUR

1. Biogen Idec GmbH: Fachinformation „Fumaderm® initial/Fumaderm®“. Stand:

September 2013.

2. Deutsche Gesellschaft für Dermatologie: Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vul- garis. Update 2011: http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/II/013-001.htm. Ar- beitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften:

AWMF-Leitlinien-Register Nr. 013/001. Stand: 23. Februar 2011.

3. Biogen Idec GmbH: Fachinformation „Tecfidera® 120 mg magensaftresistente Hartkapseln/Tecfidera® 240 mg magensaftresistente Hartkapseln“. Stand: Ja- nuar 2014.

4. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Tecfidera® (Dimethylfuma- rat). Neue Arzneimittel 2014–007 vom 15. Mai 2014.

5. Ellrichmann G, Gold R: Neue orale Immunmodulatoren zur Therapie der multi- plen Sklerose. Arzneimitteltherapie 2012; 30: 150–6.

6. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: „Aus der UAW-Datenbank“:

Reversibles Kaposi-Sarkom unter Fumaderm®-assoziierter Lymphozytopenie.

Dtsch Arztebl 2009; 106(47): A 2380.

7. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: „Aus der UAW-Datenbank“:

Nokardiose bei Lymphopenie durch Fumaderm®. Dtsch Arztebl 2013;

110(23–24): A 1220–1.

8. Dalhoff K, Faerber P, Arnholdt H, et al.: Akutes Nierenversagen unter Psoriasis- therapie mit Fumarsäurederivaten. Dtsch Med Wochenschr 1990; 115:

1014–7.

9. Stühlinger W, Innerebner M, Aberer W: Nephrotoxische Wirkung einer Therapie mit Fumarsäureestern mit Psoriasis. Dtsch Med Wochenschr 1990; 115:

1712–5.

10. EMA: Tecfidera® (Dimethyl fumarate): European Public Assessment Report:

http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/medicines/human/medi cines/002601/human_med_001657.jsp&mid=WC0b01ac058001d124. Stand:

26. Februar 2014.

Sie können sich unter www.akdae.de/Service/Newsletter für einen Newsletter der AkdÄ anmelden, der auf neue Risiko informationen zu Arzneimitteln hinweist.

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Herbert- Lewin-Platz 1, 10623 Berlin, Postfach 12 08 64, 10598 Berlin, Telefon: 030 400456-500, Fax: 030 400456-555, E-Mail: info

@akdae.de, Internet: www.akdae.de

K A S S E N Ä R Z T L I C H E B U N D E S V E R E I N I G U N G

Mitteilungen

In seiner 327. Sitzung hat der Bewertungsausschuss gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V einen Beschluss (schriftliche Beschlussfas- sung) zu anlassbezogenen Datenlieferungen gemäß § 87 Abs. 3f Satz 1 und 2 SGB V durch die Kassenärztlichen Vereinigungen über die Kassenärztliche Bundesvereinigung und durch die Krankenkassen über den GKV-Spitzenverband an das Institut des Bewertungsausschusses zur Vorbereitung des Beschlusses zur Festlegung und Anpassung des Orientierungswertes für das Jahr 2015 gemäß § 87 Abs. 2e und Abs. 2g SGB V mit Wirkung zum 1. Mai 2014 gefasst.

Der Beschluss sowie die entscheidungserheblichen Gründe zu diesem Beschluss sind auf der Internetseite des Instituts des Be- wertungsausschusses unter www.institut-ba.de veröffentlicht.

Vorbehalt:

Die Bekanntmachung erfolgt gemäß § 87 Abs. 6 SGB V unter dem Vorbehalt der Nichtbeanstandung durch das Bundesministe- rium für Gesundheit (BMG).

Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. med. Wolf-Dieter Ludwig, Prof. Dr. med. Ursula Gundert-Remy, Prof. Dr. med. Rainer Lasek Wissenschaftliches Programm: Empfehlungen der AkdÄ zur Therapie des Morbus Parkinson; Palliativmedizin; Aktuelle Themen und interessante Verdachtsfälle aus der Arzneimittelsi- cherheit; Neue Arzneimittel – ein Überblick

Die Teilnahme ist kostenlos, als Fortbildungsveranstaltung an- erkannt (mit vier Punkten zertifiziert)

Auskunft und Organisation: Karoline Luzar, Arzneimittel- kommission der deutschen Ärzteschaft, Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin, Telefon: 030 400456-500, Fax: 030 400456-555, E-Mail: ts@akdae.de, Internet: www.akdae.de  in Kooperation mit der

Sächsischen Landes - ärztekammer und der KV Sachsen Termin: 20. Oktober 15.00–18.45 Uhr Tagungsort: Sächsische Landesärztekammer Plenarsaal Schützenhöhe 16, 01099 Dresden

Therapie-Symposien der AkdÄ Terminankündigung

Folgende Therapie-Symposien finden statt:

in Kooperation mit der Landesärztekammer Thüringen und der KV Thüringen Termin: 8. Dezember 15.00–18.45 Uhr Tagungsort: Kassen- ärztliche Vereinigung Thüringen Zum Hospital graben 8, 99425 Weimar

in Kooperation mit der Ärztekammer Hamburg und der KV Hamburg Termin: 15. Dezember 15.00–18.45 Uhr Tagungsort: Ärzte- kammer Hamburg Saal des Ärztehauses Humboldtstraße 56, 22083 Hamburg

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