ie Arbeitsgruppe „Genfer Ge- spräche GnRH-Agonisten in der Gynäkologie“ erarbeitete im Frühjahr 1999 einige Grundsätze zur Therapie des prä- und perime- nopausalen Mammakarzinoms. Zur Zeit sind weltweit acht Millionen Frau- en erkrankt. In Deutschland erkranken jedes Jahr 45 000 Frauen, wobei der Al- tersgipfel derzeit bei 55 bis 60 Jahren liegt. Aktuell erkrankt etwa jede neun- te Frau im Laufe ihres Lebens an einem Mammakarzinom. Therapie der ersten Wahl ist die chirurgische Entfernung des Primärtumors und der axillären Lymphknoten (gegebenenfalls des Sentinel-Lymphknotens, derzeit Ge- genstand klinischer Studien) mit bezie- hungsweise ohne nachfolgende Be- strahlung, je nach chirurgischer Vorge- hensweise. In vielen Fällen ist eine me- dikamentöse adjuvante Nachbehand- lung erforderlich, da bereits mit einer okkulten Fernmetastasierung gerech- net werden muß. Nodal positive Patien- tinnen sind dabei im Vergleich zu nodal negativen Patientinnen deutlich ge- fährdeter, Fernmetastasen zu manife- stieren. Bei der prä- und perimenopau- salen Frau wird heute in vielen Fällen eine adjuvante Chemotherapie, bei- spielsweise mit Cyclophosphamid-/Me- thotrexat-/5 Fluorouracil-Schema oder anthracylin- beziehungsweise taxan- haltigen Kombinationen, durchge- führt. Hierdurch läßt sich sowohl das rezidivfreie Überleben als auch das Ge- samtüberleben im Vergleich zu unbe- handelten Patientinnen um zirka 25 Prozent verbessern, wobei der absolute Nutzen bei acht bis zehn Prozent liegt (nach Daten der EBCTCG-Studie).
Der Nutzen der Chemotherapie ist da- bei sowohl für nodal positive als auch nodal negative Patientinnen gesichert.
Bei etwa der Hälfte der prä- und peri- menopausalen Patientinnen liegt ein hormonabhängiger Tumor, definiert durch einen positiven Hormonrezep- torbefund, vor. Diese Patientinnen können von einer antiöstrogenen The-
rapie profitieren. Für die Hormonre- zeptorbestimmungen haben sich in den letzten Jahren immunhistochemische Methoden mit monoklonalen Antikör- pern durchgesetzt. Diese können auch am paraffineingebetteten Material oder an kleinen Tumoren und Rezidi- ven durchgeführt werden.
Therapie mit GnRH-Agonisten
Die aktuellen Metaanalysen zur Ovarektomie in der adjuvanten Situati- on haben gezeigt, daß in der Prä- und Perimenopause die Ovarektomie der Chemotherapie hinsichtlich der Ver- besserung des rezidivfreien Überle- bens, aber auch des Gesamtüberlebens, mindestens ebenbürtig ist. Aktuell wird geprüft, ob die Effekte der Ovarekto- mie sich auch durch einen auf zwei Jah- re befristeten Hormonentzug durch die Gabe von Gonadotropin-Releasing- Hormon-(GnRH-)Agonisten erzielen lassen. GnRH-Agonisten bewirken ei- ne medikamentöse reversible und da- mit steuerbare endokrine Regulation auf ein niedrigeres Niveau, wobei die sekundären Erscheinungen (bedingt durch die Östradiolsuppression) dem klimakterischen Beschwerdebild glei- chen. Im Stadium der Fernmetastasie- rung ist das oberste Ziel eine Lebens- verlängerung bei guter Lebensqualität.
Bei rezeptorpositiven Patientinnen oh- ne deutliche klinische Beschwerdesym-
ptomatik ist eine Erstlinientherapie mittels endokriner Schritte zu überle- gen. Die mediane Überlebenszeit liegt bei nicht foudroyanter Metastasierung nahezu unabhängig von der gewählten Therapieform bei etwa zwei Jahren.
Die objektiven Ansprechraten bei GnRH-Agonisten liegen bei Hormon- rezeptor-positiven Tumoren bei 30 bis 40 Prozent. Die mediane Dauer des Ansprechens beträgt etwa zwölf Mona- te. Bei einem initialen Ansprechen wird die GnRH-Agonisten-Therapie bis zum Progreß fortgesetzt. An- schließend ist eine Kombinationsthera- pie des GnRH-Agonisten mit einer zweiten endokrin wirksamen Substanz (Tamoxifen, Aromatasehemmer, Ge- stagene) sinnvoll. Allerdings deuten er- ste Studienergebnisse darauf hin, daß eine primäre Kombination (GnRH plus Tamoxifen, GnRH plus Aromata- sehemmer) höhere Wirksamkeit zeigt als eine Monotherapie oder als eine Se- quenztherapie. In etwa 20 Prozent der Fälle kann durch eine erneute endokri- ne Kombination ein Ansprechen er- zielt werden. Bei einer primären Pro- gression ist die Umstellung auf eine Chemotherapie in Erwägung zu zie- hen. Eine endokrine Therapie beim metastasierten prä- beziehungsweise perimenopausalen Mammakarzinom verschlechtert die Chancen einer even- tuell nachfolgenden Chemotherapie wahrscheinlich nicht. Hormonrezep- tor- positive prä- beziehungsweise peri- menopausale Patientinnen mit meta- stasiertem Mammakarzinom und einer Metastasierung mit geringem Risiko ohne klinische Beschwerdesymptoma- tik oder foudroyanter Metastasierung können grundsätzlich im ersten Schritt mit einem GnRH-Agonisten behan- delt werden.
Prof. Dr. med. A. E. Schindler Geschäftsführender Direktor Zentrum für Frauenheilkunde Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55 · 41522 Essen
A-2758
M E D I Z I N KONGRESSBERICHT
(62) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 43, 29. Oktober 1999
Gonadotropin-Releasing- Hormon-Agonisten
Einsatz in der gynäkologischen Onkologie
D
An der Erstellung des Manuskripts waren folgende Personen beteiligt:
Dr. med. K. Bühler, Hamburg, Prof. Dr. med.
G. Emons, Göttingen, Prof. Dr. med. L. Kie- sel, Tübingen, Prof. Dr. med. R. Kreienberg, Ulm, Prof. Dr. med. B. Lunenfeld, Tel Aviv, Dr.
med. A. Malter, Merzig, Prof. med. K. W.
Schweppe, Westerstede, Priv.-Doz. Dr.
med. M. Untch, München, Prof. Dr. med. D.
Wallwiener, Tübingen, Prim. Dr. W. Zeil- mann, Schwarzbach (Salzburger Land)