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Archiv "Gonadotropin-Releasing-Hormon: Die LH-RH-Agonisten in der klinischen Anwendung" (15.10.1987)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Wolfgang 0. Hardt, Volker Borgmann und Jürgen Sandow

LH-RH Agonisten besitzen aufgrund ihrer veränderten Aminosäu- resequenz eine supraphysiologische Wirkung an der gonadotro- phen Zelle. Die verstärkte Bindung an den hypophysären Rezepto- ren ruft nach vorübergehender Stimulation eine fast vollständige selektive Hemmung der Gonadotropinsekretion hervor. Diese führt zur reversiblen Inhibition der Gonadenfunktion und ermög- licht neue Aspekte der Kontrazeption sowie der ablativ-endokri- nen Behandlung hormonabhängiger Erkrankungen. Insbesondere aufgrund der schnellen Degradation und fehlenden Stoffwechsel- interferenz treten keine vergleichbaren substanzbezogenen Ne- benwirkungen auf, wie sie von den Sexualsteroiden bekannt sind.

Gonadotropin-Releasing-Hormon

Die LH-RH-Agonisten

in der klinischen Anwendung

urch chemische Än- derung der LH-RH- Struktur entstanden über 1400 Hormona- naloga mit stimulie- render und inhibierender biologi- scher Wirkung (Agonisten und Ant- agonisten). Die starke Wirkung der LH-RH-Agonisten ist auf die erhöh- te Rezeptoraffinität und die er- schwerte enzymatische Degradation zurückzuführen. Die LH-RH-Ago- nisten rufen anfangs eine verstärkte Gonadotropin-Freisetzung mit an- steigenden Sexualsteroid-Konzen- trationen hervor, die wiederholte Applikation hat innerhalb von weni- gen Tagen eine hypophysäre Funk- tionshemmung zur Folge (1, 2).

Beispielhaft für die Agonisten wird hier Buserelin (Suprefact), ein hochwirksames LH-RH-Nonapep- tid, besprochen. Es hat eine bedeu- tend stärkere (20 bis 150fache) und längere Wirkung (8 bis 16 Stunden statt 0,5 bis 2 Stunden) als LH-RH.

Die therapeutisch notwendigen Do- sen sind gering, daher können bei ei- ner nasalen Resorption von etwa 2,5 Prozent pharmakologisch wirksame Dosen durch einen exakt dosierba- ren Nasalspray zugeführt werden (100 bis 150 ttg pro dosi). Die subku- tane Verabreichung bleibt der hoch-

dosierten Behandlung vorbehalten.

Nach Injektion (i. v. und s. c.) ho- her Dosen wird Buserelin mit einer HWZ von 30 bis 50 Minuten aus dem Plasma eliminiert, die Wirkung hält über 8 bis 16 Stunden an. Tier- experimentelle Studien mit dem 250- bis 1000fachen der therapeutischen Dosis haben bei Langzeitbehand- lung keine toxischen Organbefunde oder systemischen Nebenwirkungen ergeben.

Kontrazeption

Die fortgesetzte Gabe von LH- RH-Agonisten ruft über die verän- derte LH/FSH-Sekretion eine Ovu- lationshemmung hervor. Progeste- ronanstiege bleiben daher ganz aus oder entsprechen einer Lutealinsuf- fizienz bei gestörter Ovulation. Die Progesteronkonzentrationen lagen Universitätsfrauen- und Poliklinik (Leiter:

Prof. Dr. med. Günther Kindermann), Ab- teilung für Endokrinologie (Leiter: Prof. Dr.

med. Josef Nevinny-Stickel), Urologische Klinik und Poliklinik (Leiter: Prof. Dr. med.

Reinhard Nagel), Klinikum Charlottenburg der Freien Universität Berlin; Abteilung für Pharmakologie (Leiter: Prof. Dr. med. J.

Scholtholt), Hoechst AG, Frankfurt am Main

bei 70 Frauen, die über sechs Mona- te täglich mit 400 tg Buserelin-Na- salspray behandelt wurden, in 87 Prozent der Behandlungsmonate konstant unter 1 ng/ml (Anovula- tion) und in weiteren 10 Prozent zwi- schen 1 bis 3 ng/ml (schwerste Gelb- körperinsuffizienz). Nur in 3 Pro- zent der Behandlungsmonate lagen die Progesteronwerte zwischen 3 bis 6 ng, was immer noch unter dem Normbereich eines funktionsfähigen Gelbkörpers liegt (3, 4). In unserer sechsjährigen klinischen Erfahrung trat unter der regelmäßigen Verab- reichung von 300 bis 400 .tg Busere- lin bei mehr als 100 Frauen keine Schwangerschaft ein.

Die Ostrogenproduktion war im kontrazeptiven Bereich sehr varia- bel (Abbildung 1), das Blutungsmu- ster war daher bei den meisten Frau- en unregelmäßig. Im Verlauf der Behandlung nahm die Östrogense- kretion insgesamt ab, was sich am Endometrium im Übergang von Proliferation zur Inaktivität nach- weisen ließ. Die kontinuierliche Peptid-Kontrazeption ist aufgrund der fehlenden Blutungskontrolle zur generellen Anwendung nicht geeig- net. Bei Frauen, die aufgrund be- stimmter Erkrankungen (zum Bei- spiel Hypertonus, Glukose-, Fett- Ärztebl. 84, Heft 42, 15. Oktober 1987 (45) A-2777 Dt.

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Östradiol pg/m1 180 120 60 0 180 120 60 0

Peptidkontrazeption

Buserelin Nasalspray 400 ug täglich Atrophie

leichte Proliferation4

11

Behandlung der Endometriose Buserelin Nasalspray 3x 200 ug täglich

360 240 120 0

Wochen 0 4 8 12 16 20 24

1

21 14 7

0

■ ■

Wochen 0 8 16 24 32

Shaw et al. 1983 0,9 21

14 7 0

0,9 0,6 0,3 0

0,6 0,3 0

II

Östrogen/mol Kreatinin mmol Pregnandiol/mol Kreatinin

■ ■

‘xei

sti ärkere Proliferation0

Abbildung 1: Variable Östrogensekretionsmuster bei kontinuier- Abbildung 2: Ablativ-endokrine Therapie der Endometriose.

licher Buserelin-Kontrazeption (nach Hardt et al., 1981 b) Obere Bildhälfte: komplette E2-Suppression; untere Bildhälfte: re- zidivierende Escape-Phänomene bei individuell unzureichender Dosierung (3 x 200 mcg intranasal) (nach Shaw et al. 1983) stoffwechsel- und Gerinnungs-Stö-

rungen, Migräne, Epilepsie, Tbc) Sexualsteroide schlecht vertragen, kann die kontinuierliche Buserelin- medikation dennoch sinnvoll sein.

Hier wiegt der Vorteil der guten Verträglichkeit den Nachteil einer unregelmäßigen Blutung bezie- hungsweise einer Amenorrhoe auf.

Zyklische

Peptidkontrazeption mit Gestagenzusatz

Um regelmäßige Blutungen und eine ausreichende Östrogensekre- tion zu sichern, wurde ein zyklisches Anwendungsmuster entwickelt (5).

Drei Wochen wurden 300 bis 400 tg Buserelin gesprüht, in den letzten 3 bis 7 Tagen erhielten die Frauen zur sekretorischen Umwandlung des Endometriums zusätzlich ein Gesta- gen (5 bis 10 mg Norethisteronaze- tat). Es folgte ein behandlungsfreies

Intervall von einer Woche. Bei 80 Prozent der Frauen kam es unter der zyklischen Kontrazeption in den Be- handlungspausen zu regelmäßigen gestageninduzierten Abbruchblu- tungen, bei 20 Prozent war jedoch trotz der einwöchigen Therapieun- terbrechungen eine dauernde Ostro- gensuppression mit Amenorrhoe zu verzeichnen. Diese Frauen, die meist Zyklusinstabilitäten aufwei- sen, sind für die Peptidkontrazep- tion nicht geeignet. Insgesamt ist die Peptidkontrazeption aufgrund der guten Verträglichkeit geeignet, ins- besondere bei Risikopatientinnen eine individuellere Kontrazeptions- beratung zu ermöglichen (6).

Behandlung der Endometriose

Bei der Behandlung der Endo- metriose strebt man zur Involution des ektopen Endometriums eine vollständige Ausschaltung der ova-

riellen Östrogenproduktion an (Ab- bildung 2). Da bei der Buserelin- Kontrazeption die Östrogenspiegel unterschiedlich stark supprimiert waren, versuchten wir, mit Nasal- spray 900 .tg/die (3 x 300 1.tg) die ovarielle Funktion komplett zu un- terdrücken. Bei 21 der 26 Frauen mit einer fortgeschrittenen Endo- metriose, die über sechs Monate be- handelt wurden, kam es innerhalb von zwei bis vier Wochen zu einer Senkung der Östradiolwerte auf postmenopausale Konzentrationen (< 30 pg/ml) mit entsprechenden ve- getativen Entzugserscheinungen (zum Beispiel Hitzewallungen). Die- se Frauen waren sofort beziehungs- weise nach der anfänglichen Ent- zugsblutung (initialer Ostradiolan- stieg) amenorrhoisch und beschwer- defrei.

Bei drei Frauen traten in den er- sten drei Behandlungsmonaten, bei zwei weiteren bis gegen Behand- lungsende noch vereinzelt Ostrogen- A-2778 (46) Dt. Ärztebl. 84, Heft 42, 15. Oktober 1987

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anstiege mit Blutungen und Schmer- zen auf. Die Endometriumbiopsien zeigten nach sechs Monaten in 11 von 19 Fällen ruhendes Endometri- um, in einem Fall war die Schleim- haut nach vorausgegangenem Östra- diolanstieg proliferiert (7). Bei gut palpablen Endometrioseknoten konnte unter der Behandlung eine deutliche Verkleinerung des Tastbe- fundes festgestellt werden. Bei sie- ben Frauen wurde im Anschluß an die Buserelin-Therapie der Knoten exstirpiert. Hierbei fanden sich in fünf Fällen inaktive Stadien, teils mit regressiven Veränderungen, bei zwei Frauen waren noch proliferie- rende Anteile nachweisbar. Bei wei- teren drei Frauen stand für die histo- logische Untersuchung auch Ovar- gewebe zur Verfügung. Hier war ei- ne deutliche Hemmung der Follikel- reifung als morphologischer Aus- druck der supprimierten Östradiol- biosynthese erkennbar.

Die Patientinnen akzeptierten nach entsprechender Aufklärung über den Zusammenhang zwischen wirksamer Behandlung und Hitze- wallungen die vegetativen Erschei- nungen, die meist im Verlauf der Behandlung nachließen.

Wieso es bei einigen Frau- en zu intermittierenden Ostra- diolanstiegen kam, ist noch nicht ganz geklärt. Ob hier Compliance-Fehler im Vorder- grund stehen oder ob individu- ell Dosis oder Behandlungszeit unzureichend waren, bleibt of- fen. Depotpräparationen, die schon in der Entwicklung sind, werden in solchen Fällen eine konstante Suppression ge- währleisten.

Die Nachuntersuchungen zeigten, daß bei rein medi- kamentöser Therapie, ins- besondere bei fortgeschrit-

tener Endometriose, nach etwa drei bis sechs Monaten die typischen Be- schwerden wieder auftraten und die Knoten wieder wuchsen. Da die En- dometriose ausgeprägte Neigung zur Progredienz besitzt, sollte in diesen Fällen die medikamentöse Behand- lung durch konservative operative Maßnahmen (Resektion des Her- des) ergänzt werden. Vergleicht man Nutzen und Risiken der Buse-

relinbehandlung mit anderen hor- monellen Therapien (z. B. Danazol [Winobanin®]), so liegt der Vorteil in der stärkeren Suppression und in der besseren Verträglichkeit. Bei Danazol treten aufgrund der andro- genen Partialwirkung dosisabhängig Nebenwirkungen wie Akne, Sebor- rhoe , Haarausfall auf. Teilweise kommt es zu erheblicher Gewichts- zunahme, weshalb die Patientinnen häufig die Therapie abbrechen. We- sentlicher sind jedoch die durch Da- nazol induzierten Veränderungen im Lipidstoffwechsel, die bei langfristi- ger Anwendung das atherogene Ri- siko erhöhen. Im Vergleich dazu bietet das Peptidhormon Buserelin aufgrund seines selektiv antigona- dotropen Wirkmechanismus und sei- nes nonsteroidalen Charakters ent- scheidende Vorteile.

Behandlung

des Mammakarzinoms Wie bei der Endometriose stellt auch beim metastasierenden Mam-

Prostatakarzinom

Antiandrogen

Prostata

Abbildung 3: Behandlungsschema des Prostatakarzinoms mit LH-RH-Agonisten und zusätzlicher Abschirmung des Rezep- tors mit Anti-Androgenen

makarzinom der prämenopausalen Frau der Östrogenentzug heute die Behandlung der ersten Wahl dar. Ne- ben der Oophorektomie oder der Röntgenkastration steht die medika- mentöse Behandlung mit Anti-Östro- genen oder Gestagenen derzeit im Vordergrund. Erste klinische Erfah- rungen mit Buserelin (8,9) haben ge- zeigt, daß bei rezeptorpositiven Frau- en bei kompletter ovarieller Suppres- sion in bis zu 50 Prozent partielle und vollständige Remissionen auftreten.

Um intermittierende Östrogen- anstiege zu vermeiden, wird bis zum Vorliegen von Depotpräparationen die Behandlung hochdosiert subku- tan (2 mg/die) durchgeführt. Hierbei kommt es innerhalb von zwei bis drei Wochen zur anhaltenden Sup- pression auf postmenopausales Ni- veau. Wie beim Prostatakarzinom gibt der Hormonentzug Aufschluß über die Hormonabhängigkeit des Tumors. Weitere Verbesserungen der klinischen Ansprechrate sind von der Kombination Buserelin mit reinen Anti-Östrogenen zu erwar- ten.

Behandlung

des Prostatakarzinoms Androgenentzug hemmt das Wachstum des Prostatakarzinoms, hierauf beruht die Primärtherapie des inoperablen Malignoms. Die chirurgische Kastration kann durch eine Ostrogenmedikation (Andro- genentzug durch Hypophysenblok- kade) ersetzt werden, ist jedoch do- sisabhängig mit kardiovaskulären Nebenwirkungen belastet. Die klini- schen Untersuchungen von Labrie et al. 1983 (10) sowie Borgmann et al.

1982 (11) wiesen die therapeutische Effizienz von Buserelin beim lokal fortgeschrittenen inoperablen Pro- statakarzinom nach. Durch die anti- gonadotrope Wirkung kommt es zum Testosteronabfall. Bei Thera- piebeginn kommt es zur verstärkten Gonadotropin-Freisetzung und kurzfristigen Stimulierung der Te- stosteronbiosynthese. Diese Phase dauert unabhängig von Dosis und Applikationsmodus etwa sieben Ta- ge. Danach sinkt die Testosteron- produktion durch die Blockade der Dt. Ärztebl. 84, Heft 42, 15. Oktober 1987 (49) A-2781

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Steroidsuppression bei Pubertas Praecox LH-RH-Agonist

Testosteron ng/dI Knaben

LH-Sekretion bis auf Kastrationsni- veau ab (0,1 bis 0,8 ng/ml).

Das Ziel der Behandlung be- steht in der schnellen und dauerhaf- ten Suppression der Testosteron- Produktion. Sowohl unter der se- quentiellen subkutan/intranasalen Behandlung (7 Tage 3 x 500 lig s. c., dann 3 x 400 tg i. n.) als auch unter der rein intranasalen Behand- lung (3 x 400 tg/die) kommt es in- nerhalb von zwei bis drei Wochen zur anhaltenden Suppression (Ab- bildung 3). Im Beobachtungszeit- raum von drei bis vier Jahren wur- den keine Wiederanstiege der Testo- steronspiegel beobachtet. Eine zu- sätzliche Anti-Androgenmedikation (zum Beispiel 3 x 50 mg Cyprote- ronazetat [Androcur®] p. o. täglich) ist während der ersten vier Wochen zur Abschirmung des Tumorgewe- bes gegenüber dem passageren Testosteronanstieg unbedingt zu empfehlen.

Bei 71 Prozent der 76 Patienten, die zwischen 1981 und 1984 an der urologischen Abteilung des Klini- kums Charlottenburg (FU Berlin) bis zu 40 Monate behandelt wurden, zeigten die Aspirationsbiopsien und zytologischen Untersuchungen ei- nen guten lokalen Therapieeffekt.

In Übereinstimmung mit der Main- zer Gruppe (12) fanden wir in zirka 30 Prozent eine primäre Hormonre- sistenz, in diesen Fällen wurde die Buserelinbehandlung nach sechs bis zwölf Monaten abgebrochen.

Durch Behandlung des fortge- schrittenen inoperablen Prostatakar- zinoms mit Buserelin kann die psy- chisch belastende chirurgische Ka- stration vermieden oder aufgescho- ben werden und bei primär hormon- refraktären Karzinomen die Or- chiektomie entfallen. Im Vergleich zur klassischen Östrogentherapie fehlen ernste Nebenwirkungen wie kardiovaskuläre Komplikationen, psychische Alterationen und östro- genbedingte Feminisierungserschei- nungen.

Bis die in Entwicklung befind- lichen Depotpräparationen zur Ver- fügung stehen, erfordert die intrana- sale Buserelinbehandlung im Ver- gleich zur Orchiektomie regelmäßi- ge Medikamenteneinnahme sowie hohe Therapiekosten. Als Folge des

300 250 200 20 10 0

Testosteronentzuges treten bei zwei Dritteln der Patienten Hitzewallun- gen und Schweißausbrüche auf, die jedoch im Verlauf der Behandlung an Häufigkeit und Intensität rasch abnehmen. Nur in zwei Prozent der Fälle kam es deshalb zum Therapie- abbruch. Der Testosteronentzug führt bei allen Patienten zum Ver- lust der Libido und des Erektions- vermögens.

Andere nichthormonabhängige Malignome, wie zum Beispiel das Magenkarzinom, mit Buserelin oder anderen LH-RH Agonisten zu be- handeln — wie in der Boulevardpres-

se vor einiger Zeit dargestellt — ent- behrt jeder Grundlage.

Behandlung

der Pubertas praecox

Die vorzeitige Pubertät, die zwi- schen dem ersten bis neunten Le- bensjahr vorwiegend bei Mädchen auftritt, ist meist idiopathisch. Ne- ben der sexuellen Reife kommt es bei den Kindern zum Wachstums- schub. Das röntgenologische Kno- chenalter eilt dem Lebensalter vor- aus. Das Verhältnis von Knochenal-

Östradiol pg/mI Mädchen 45

30

15

0

Wochen 0 6 12 18

Abbildung 4: Sexualsteroidspiegel unter hochdosierter Therapie (s. c.) mit LH-RH-Agoni- sten bei Kindern mit Pubertas präcox (nach Comite et al. 1984)

Dt. Ärztebl. 84, Heft 42, 15. Oktober 1987 (51) A-2783

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ter zu Lebensalter normalisiert sich unter einer effizienten Behandlung und wird zur Therapiekontrolle her- angezogen. Unter dem Einfluß der Sexualsteroide kommt es zum vor- zeitigen Schluß der Epiphysenfugen, so daß trotz anfänglich überschie- ßenden Wachstums Kleinwuchs re- sultiert.

Bei der idiopathischen Pubertas praecox ist die Hypophysensuppres- sion die Therapie der Wahl. Mit hochdosierten antigonadotropen Steroiden (Medroxyprogesteronaze- tat [Parlutan , Cyproteronazetat [Androcur9 , Danazol [Winoba- nin®]) gelingt es, die Sexualsteroid- produktion zu blockieren, diese Me- dikamente haben jedoch aufgrund der unvollständigen Ausschaltung der Östrogenproduktion nur gerin- gen Einfluß auf das Knochenwachs- tum. Des weiteren kann bei der langjährigen Behandlung die Funk- tion der Nebennierenrinde gehemmt werden. Hier erscheint der Einsatz von LH-RH-Agonisten (Buserelin, Leuprolid, Triptorelin) wegen der

guten Verträglichkeit sinnvoll (Ab- bildung 4). Zur sicheren gonadalen Suppression ist die subkutane Appli- kation zu empfehlen; ist sie erreicht, genügt die intranasale Behandlung.

Die wirksamen Dosen (s. c.) liegen bei 4 bis 32 µg/kg/Tag. Auch hier sind Depotpräparate in klinischer Prüfung.

Bei den Mädchen sind Rückbil- dung der Brust und Ausbleiben der Menses Zeichen des Therapieerfol- ges, bei Knaben Rückgang des Ho- denvolumens sowie Verschwinden von Erektionen und Ejakulationen.

In einigen Fällen wurde eine deut- liche Minderung der Wachstumsge- schwindigkeit beschrieben, die einer Stabilisierung der Pubertätsentwick- lung entsprach (13).

Langzeitstudien sind erforder- lich, um die endgültige Körpergröße nach der Behandlung der Pubertas praecox mit Buserelin beurteilen zu können. Nach Absetzen der Be- handlung tritt die hypothalamische Aktivierung der hypophysär-gona- dalen Funktion wieder ein Erschei-

nung. Die Behandlung muß über Jahre fortgesetzt werden, bis das Le- bensalter des regelrechten Puber- tätseintrittes erreicht ist. Von daher ist die gute metabolische Verträg- lichkeit des Medikamentes für das wachsende Kind von entscheidender Bedeutung.

Diese Veröffentlichung ist Herrn Professor Dr. Manfred Schmidt-Gollwitzer gewid- met, der am 16. 11. 1984 im Alter von 42 Jahren tödlich verunglückte. Die an dieser Stelle mitgeteilten Behandlungsergebnis- se der klinisch-experimentellen Studien mit LH-RH-Agonisten sind maßgeblich auf seine Initiative und Inspiration zurückzu- führen.

Anschrift des Verfassers:

Privatdozent

Dr. med. Wolfgang 0. Hardt Leitender Oberarzt der Gynäkologischen Abteilung Evangelisches Krankenhaus

„Bethesda" Mönchengladbach Ludwig-Weber-Straße 15 4050 Mönchengladbach 1

Referenzwerte

für Pentachlorphenol

Zahlreiche Chemikalien, insbe- sondere persistente Organohalogen- verbindungen wie Hexachlorbenzol, Lindan, polychlorierte Biphenyle sind durch die industrielle Entwick- lung auf der gesamten Erdoberflä- che und in der Atmosphäre verteilt worden und lassen sich deshalb in al- len biologischen Proben nachwei- sen. Zu diesen ubiquitär verbreite- ten Chemikalien zählt auch das Pe- stizid Pentachlorphenol (PCP), das wegen seiner guten fungiziden und insektiziden Eigenschaften als Wirk- stoff in Holzschutzmitteln in großen Mengen angewendet wurde. Zwar ist es seit 1979 nicht mehr in Mitteln vertreten, die im Innenraumbereich angewendet werden, weil das Bun- desgesundheitsamt „besonders drin- gend" vor einer großflächigen An- wendung auch von PCP-haltigen Holzschutzmitteln in Innenräumen warnte. Dennoch klagen zahl- reiche Holzschutzmittel-Anwender

über Beschwerden unterschiedlich- ster Art, insbesondere Kopfschmer- zen, Müdigkeit, Halsentzündungen, Hautveränderungen, Rachen- und Schleimhautrötungen, Haarausfall, Aggressivität, Muskelschwäche.

Um einen eventuellen Zusam- menhang zwischen der chronischen Einwirkung des Holzschutzmittel-

FOR SIE REFERIERT

wirkstoffs PCP und dem Auftreten von Krankheiten zu erkennen, scheint es sinnvoll, die Belastung ei- nes Patienten durch die Messung der PCP-Konzentration in Blut und Urin zu quantifizieren. Der Befund „er- höhte Aufnahme von PCP" ist aber nur bei Kenntnis von Referenzwerten möglich, die mit Hilfe eines Kollek- tivs erstellt worden sind, bei dem Holzschutzmittelanwendung oder sonstiger Gebrauch von PCP ausge- schlossen werden können. Bisherige Untersuchungen haben nämlich ge- zeigt, daß PCP bei allen Personen in Blut und Urin vorhanden ist. Dieser als Grundbelastung anzusehende Ge-

halt im Organismus des Menschen ist durch die Aufnahme von PCP mit der Nahrung und zu einem geringen Teil auch des Trinkwassers bedingt. Ein weiterer Teil könnte aus dem Meta- bolismus anderer Pestizide (insbe- sondere Hexachlorbenzol) stammen.

Die sich aus der Grundbela- stung der Umwelt ergebenden Kon- zentrationen, das heißt die Refe- renzkonzentrationen an PCP in Blutserum und Urin, wurden an Hand eines Kollektivs von 138 Per- sonen bestimmt, bei denen eine Ver- wendung von Holzschutzmitteln ausgeschlossen werden konnte. Die oberen Grenzen des Referenzbe- reichs waren (mit den 90-Prozent- Vertrauensbereichen): Serum-PCP:

70 µg/1(54 bis 91 Rg/1), Urin-PCP: 40 lig/1 (36 bis 55 µg/l) und Quotient PCP/Creatinin: 20 p,g/g Creatinin (16 bis 24 Rg/g Creatinin). bte

Butte, W. et al.: Referenzwerte der Kon- zentration an Pentachlorphenol in Serum und Urin. Ärztl. Lab. 33 (1987) 67-74 Priv. Doz. Dr. Werner Butte, Fachbereich Chemie der Universität Oldenburg, PF 2503, 2900 Oldenburg

A-2786 (54) Dt. Ärztebl. 84, Heft 42, 15. Oktober 1987

Referenzen

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