• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Kostenstrategie für das Krankenhaus: Wie kann die Fixkostenlast abgebaut werden?" (19.02.1987)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Kostenstrategie für das Krankenhaus: Wie kann die Fixkostenlast abgebaut werden?" (19.02.1987)"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Die Krankenhäuser als besonders personalkostenintensive Dienstleistungs- betriebe spezifischer Art (Gemeinnützigkeitsprinzip; Versorgungs- und Vor- haltefunktion u. a.) müssen nach dem novellierten Krankenhausfinanzie- rungsrecht noch mehr als bisher danach trachten, die Krankenhausbe- triebskosten in „Schach und Proportion" zu halten. Die im Krankenhaus- Neuordnungsgesetz und in der novellierten Bundespflegesatzverordnung enthaltenen Instrumente der flexiblen Budgetierung und der prospektiven Pflegesätze stellen an die Krankenhausbetriebsführung, an das Manage- ment und das Führungspersonal erhöhte Anforderungen, die besonders ho- hen Fixkostenlast der Krankenhäuser (80 bis 90 Prozent der laufenden Ko- sten sind fix) abzubauen oder aber fixe in variable Kosten umzuwandeln.

Kostenstrategie

für das Krankenhaus:

Wie kann die Fixkostenlast abgebaut werden?

D

as Krankenhausfinan- zierungsgesetz (KHG) und die Bundespflege- satzverordnung (BPflV) sind den Intentionen des Verordnungsgebers zufolge dar- auf ausgerichtet, die Eigenverant- wortung der Krankenhausträger und der Betriebsführung zu stärken, die Belegungsrisiken durch eine flexible Budgetierung zu mindern und wirt- schaftliche Anreize durch Zulassung von Gewinn- und Verlustmöglich- keiten zu schaffen. Da mit dem Krankenhaus-Neuordnungsgesetz und der für die Betriebskostenfinan- zierung maßgebenden Pflegesatzver- ordnung weitgehend Neuland betre- ten wurde, bedarf es eines gewissen Lern- und Erfahrungsprozesses, um sämtliche aktivierten betriebswirt- schaftlichen Steuerungsinstrumente zielgerecht einzusetzen. Der interne wie externe Beratungs- und Fortbil- dungsaufwand — durch Gutachten, Managementseminare, Fachtagun- gen und Fachliteratur — ist enorm und beginnt, Früchte zu tragen.

Speziell dem für die Kranken- hausbetriebsführung wichtigen The- ma der Fixkostenpolitik ist ein vom Forschungsreferat des Bundesar- beitsministeriums in Auftrag gege- benes Gutachten mit dem Titel

„Abbau von Fixkosten im Kranken- haus. Leitfaden" gewidmet, für des- sen Erarbeitung und wissenschaft- liche Interpretation das Institut für Funktionsanalyse, Hamburg/Ko- penhagen, verantwortlich zeichnet.

Die von Diplom-Kaufmann Wolf-

gang Muschter und dem Mitdirektor des Hamburger Forschungsinstituts, Dr. Christoph Lohfert, verfaßte Ex- pertise ist eine praxisorientierte Be- triebsanleitung zur Aktivierung der internen „Fixkostenpolitik" der Krankenhausbetriebsführung. Die Analysen, Ableitungen und be- triebspraktischen Empfehlungen fu- ßen auf dem neuen Recht und stel- len das Budgetierungs- und Ver- handlungsprinzip in den Mittelpunkt (das Gutachten ist als Band 129 in der Reihe „Forschungsbericht/Ge- sundheitsforschung" erschienen, herausgegeben vom Bundesministe- rium für Arbeit und Sozialordnung, Bonn).

Drei

wesentliche Parameter Nach dem alten Krankenhausfi- nanzierungsrecht verursachten fixe Kosten einerseits und voll proportio-

nale Pflegesatzerträge andererseits ein Belegungsrisiko, das die wirt- schaftliche Sicherung und dauerhaf- te Existenz des Krankenhauses ge- fährden konnte.

Die Bundespflegesatzverord- nung brachte hier entscheidende Veränderungen. Drei wesentliche Parameter, die der Pflegesatzverein- barung nach neuem Recht zugrunde zu legen sind, konfrontieren die Be- triebsleitung mit der tatsächlichen Entwicklung und Belegung und dem daraus resultierenden Gewinn-Ver- lust-Mechanismus:

> die Höhe des zu vereinba- renden Budgets;

die vereinbarte Soll-Bele- gung und

> der vereinbarte Vom-Hun- dert-Satz.

Die prospektive Budgetverein- barung (§ 4 BPflV) für den allgemei- nen und den besonderen Pflegesatz (§ 5, Absatz 1 und 2 BPflV) basiert auf den vorauskalkulierten Selbstko- sten und der voraussichtlichen Bele- A-412 (24) Dt. Ärztebl. 84, Heft 8, 19 . Februar 1987

(2)

68.7 16.4 98 2

Summe Sachkosten 31,3 14,6 16,7 46 54

Summe Personalkosten

Tabelle 1: Benutzerkostenstruktur im Akutkrankenhaus

davon(in %-Punkten) Anteil fixer/variabler Kosten in % Anteil in %

(1)

im medi- zinischen Bereich

im nicht- med.

Bereich fix variabel Personalkosten

Ärztlicher Dienst

MTD/FD

Pflegedienst

Verwaltungsdienst

Wirtschafts-, Versor- gungs-, techn. Dienst

Sonstiges Personal einschließlich klin- nisches Hauspersonal)

16,1 13,1 23,1

Sachkosten

Medizinischer Bedarf

Wasser, Energie, Brennstoffe

Lebensmittel

Wirtschaftsbedarf

Sonstiges

14.6

Summe Gesamt 100,0 66,9 33,1 82 18

Kostenarten

16,1 13,1 23,1 3,8 7,5 5,1

3,8 7,5 5.1

14,6 3,6 3,4 3,2 6,5

3,6 3,4 3,2 6,5

5 95 30 90 100

95 5 70 10 0

(1) entnommen aus: DKG-Auswertung der Selbstkostenblätter 1983, Benutzerkos en Akutkrankenhaus

gung. Die aufgrund des vereinbarten Pflegesatzes und der tatsächlichen Berechnungstage sich ergebenden Pflegesatzerlöse sind rechnerisch le- diglich Abschlagszahlungen, die nachträglich nach Ablauf des Rech- nungsjahres korrigiert werden, wenn die Ist-Belegung von der ver- einbarten Belegung abweicht. Die- sem nachträglichen Erlösausgleich wird ein 75prozentiger Fixkostenan- teil zugrunde gelegt, sofern nicht ein anderer vom Hundert-Satz zwischen dem Krankenhausträger und den Krankenkassen vereinbart worden ist.

Im Zusammenhang mit der von den Vertragsparteien gegebenen Möglichkeiten, einen von der 75-Prozent-Regel abweichenden Prozentsatz zu vereinbaren (Kran- kenhausverwaltungsleiter haben in- zwischen nachgewiesen, daß die 75-Prozent-Regel die Krankenhäu- ser in die Verlustzone treibt; eine 90-Prozent-Regel sei deshalb be- triebswirtschaftlich eher ange- bracht), ergeben sich für die Kran- kenhausmanager verschiedene stra- tegische Möglichkeiten:

> Wird ein Prozentsatz verein- bart, der dem tatsächlich nachgewie- senen Fixkostenanteil des Hauses entspricht, so werden fixkostenbe- dingte Risiken und Chancen ausge- schlossen.

1> Rechnet das Haus künftig mit einer Überbelegung (im Ver- gleich zur vereinbarten Belegung), so ist ein möglichst niedriger Pro- zentsatz, im Falle einer erwarteten Unterbelegung ein möglichst hoher Prozentsatz für das Krankenhaus

„attraktiv' .

Freilich sollten die Kranken- hausverwaltungsleitungen stets die Gegenstrategie des „Verhandlungs- partners Krankenkasse" in das eige- ne Kalkül einbeziehen und durch ge- eignete Maßnahmen antizipieren.

Die Vertragsparteien können aber auch „gespaltene" Prozentsätze vereinbaren, und zwar getrennt für den Bereich der Unter- und Überbe- legung. Allerdings ist auch denkbar, daß sich die Vertragsparteien im Rahmen der Budgetvereinbarung über ein gemeinsames Konzept und Vorgehen verständigen, nämlich überzählige Krankenhausbetten für

einen anderen sozialen Verwen- dungszweck „umzuwidmen" , Bet- ten abzubauen, ganze Häuser und Abteilungen stillzulegen oder Ratio- nalisierungsmaßnahmen über Zu- schläge zu den allgemeinen Pflege- sätzen durchzuführen (§ 18 b KHG).

Aufgrund der geänderten Fi- nanzierungsmechanik und der Fix- kostenlast von 80 bis 90 Prozent (der laufenden Betriebskosten) ergeben sich für die Krankenhausbetriebs- führung folgende fixkostenpolitische Alternativen:

> die Fixkostenentstehung im Gefolge von Vorhalteentscheidun- gen langfristig zu steuern;

> fixe Kosten (etwa durch Ra- tionalisierungsmaßnahmen) dauer- haft und zur Entlastung der Be- triebskosten zu senken;

> die Kostenstrukturen mittel- fristig so zu verändern, daß Zug um Zug fixe in variable Kosten umge- wandelt oder ganz abgebaut werden können und

> das Kostenanpassungsver- halten durch gezielte Eingriffe, durch Verbundwirtschaft, Industria- lisierung bestimmter betrieblicher Leistungserstellungsprozesse, exter- ne und interne Funktionsverlagerun- gen sowie auf der Basis des laufen- den Kosten-Controlling flexibler zu gestalten.

Investitionsplanung institutionalisieren!

Wesentliche Voraussetzung für eine zielgerechte Fixkostenpolitik ist dem Hamburger Gutachten zufolge eine institutionalisierte, gut funktio- nierende Investitionsplanung. Die Gutachter Muschter und Dr. Loh- fert haben festgestellt: Mehr als 80 Prozent der Krankenhäuser führen regelmäßig eine jährliche Investi- tionsplanung durch, 66 Prozent so- gar bereits eine mehrjährige Rah- menplanung, 66 Prozent beziehen Dt. Ärztebl. 84, Heft 8, 19. Februar 1987 (27) A-413

(3)

Fehlzeiten rd. 27 i. H. (1) Fehlzeiten 20% i. H.

Gesamt 226

Personalkosten im Krankenhaus (in %) Kosten der Fremddienste (in %) Lohnkosten (tariflich)

Lohnnebenkosten 60 bis 70%

90 Lohnkosten (tariflich) 47 Lohnnebenkosten 50-53%

+ Aufschlag für Verwaltung und Gewinn 15%

+ 14% Mehrwertsteuer

Gesamt 226

100 65

137 35 165

61

172 26 198 28

Tabelle 2: Kostenvergleich zwischen Eigen- und Fremddiensten (auf Basis der Lohnkosten)

(1) d. h. produktiver Zeitanteil 73 Prozent bei Eigenreinigung bzw. 80 Prozent bei Fremdreinigung.

A-414 (28) Dt. Ärztebl. 84, Heft 8, 19. Februar 1987 die Folgekosten in die Investitions-

entscheidungen mit ein, nur 42 Pro- zent berücksichtigen „regionale Aspekte" (etwa bei der Großgeräte- Installation und -planung).

Das Planungs- und das Ent- scheidungsverfahren ist zum Teil nur wenig formalisiert und vielfach nicht zu einem gemeinsam getrage- nen „Steuerungsinstrument" ausge- baut.

Dementsprechend wäre es zweckmäßig, eine „mehrjährige Ge- neralplanung zu entwickeln, durch die fachübergreifend die Richtung für die Entwicklung der Leistungsfä- higkeit des Krankenhauses festge- legt und daraus die Rahmenbedin- gungen für die jährliche Investitions- mittelverteilung festgelegt werden"

(so das Gutachten des Forschungsin- stituts). Ferner sollten Maßnahmen zur wirtschaftlichen Strukturverbes- serung in der Investitionsplanung umrissen werden.

Kostensenkung

durch Verbundwirtschaft Ein herkömmliches zum Teil auch bereits genutztes Instrument, um Fixkosten abzubauen, besteht in der Verlagerung bestimmter Vorhal- te und Regiefunktionen sowie lau- fender Dienstleistungen an externe Spezialbetriebe.

In verschiedenen Landeskran- kenhausgesetzen (so etwa in Berlin

oder dem Entwurf für ein neues nordrhein-westfälisches Kranken- hausgesetz) wird die Verbundwirt- schaft, Kooperation mit benachbar- ten Krankenhäusern, die funktiona- le Arbeitsteilung und Spezialisie- rung geradezu gesetzlich gefordert und vorgeschrieben. Mit wachsen- der Betriebsgröße bringt die Ver- bundwirtschaft zusätzliche Rationa- lisierungs- und Kostenvorteile mit sich.

Auch bei den Krankenhäusern kann die Verbundwirtschaft einen personalintensitätsmäßigen Aus- gleich bewirken, weil die Beschäfti- gung dadurch stabilisiert wird und weil sich Bedarfsschwankungen zwi- schen den im Verbund zusammenge- schlossenen Krankenhäusern teil- weise ausgleichen.

Tendenziell mindert sich für je- des dem Verbund angeschlossene Krankenhaus das individuelle „Fix- kostenrisiko". Kleinere Häuser können durch Anlehnung an größe- re Krankenhäuser betriebsgrößen- bedingte Nachteile kompensieren, indem sie auf den Fundus, das Re- servoir und die größeren Variations- möglichkeiten eines hochspeziali- sierten Krankenhauses mit der er- forderlichen Manpower im Bedarfs- fall zurückgreifen können.

Gleichzeitig profitiert jedes in die Verbundwirtschaft eingeschalte- te Krankenhaus von den Ersparnis- vorteilen der übrigen kooperieren- den Krankenhäuser (beispielsweise über Zentraleinkauf, zentrale Labo-

ratorien, Gerätepark, Elektronische Datenverarbeitung, Wäschereien oder einen zentralen „Systemkopf", nämlich einer spezialisierten ge- meinsamen Verwaltung).

Meistens arbeiten viele Fremd- firmen (etwa im Reparaturservice, der Speiseversorgung, Wäscherei u. a.) trotz der hier anfallenden Mehrwertsteuerbelastung, der zu- sätzlichen Regiekosten und der Ge- winnaufschläge kostengünstiger als krankenhausindividuelle Service- zentralen (wiewohl ein gewisses Au- tarkie- und Autonomiestreben psy- chologisch verständlich ist, zu Marktvorteilen und zur Unabhän- gigkeit führen kann).

Das Gutachten des Instituts für Funktionsanalyse nennt folgende Kostenvorteile durch Funktions- verlagerung an externe Spezialbe- triebe:

> vergleichsweise niedrigere Tariflöhne und soziale Leistung;

• leistungsbezogene Entloh- nungen;

> kostengünstige Teilzeit- und Aushilfskräfte (geringere Leerko- sten und Kosten für Wartezeiten);

• Straffung der Personalorga- nisation, Personalplanung und -füh- rung mit (zumeist) niedrigeren Fehl- zeiten;

> rationellere mechanisierte und industrialisierte Arbeitsverfah- ren und -methoden und

> permanenter Wettbewerb und Qualitätsverbesserung.

Strategien

im ärztlichen Bereich

Auch im medizinischen Bereich gibt es nach Meinung der Gutachter Fixkostenstrategien, die zugleich die Leistungsfähigkeit des Krankenhau- ses stärken könnten:

C) Soweit Krankenhausärzte ei- ne Ambulanzermächtigung haben,

„kann der Ambulanzbereich ge- meinsam mit den verantwortlichen Ärzten (intensiv) ausgebaut wer- den".

C) Krankenhäuser sollten nie- dergelassenen Ärzten Praxisräume im Krankenhaus (und auf dem Krankenhausgelände) zur Verfü-

(4)

gung stellen, um sie so an das Haus zu binden und die Leistungspalette zu erweitern. Dies geht insbesondere bei der Nutzung von Großgeräten, die niedergelassene Ärzte auf dem Kran- kenhausgelände vorhalten können (Beispiel Harnburg und Berlin).

G) Belegbereiche reduzieren laut Gutachten des Instituts für Funktionsanalyse die Fixkosten des Krankenhauses, verbessern die Aus- lastung der Ressourcen und stärken die Leistungsfähigkeit. Prädestiniert sind hierfür kleinere Fachdisziplinen mit wenigen Betten (Augenheilkun-

de, HNO).

@) Auch das moderne koopera- tive Belegarztsystem - so heißt es weiter - sei geeignet, Kosten zu sen- ken, wenn die Belegärzte aus- schließlich im Untersuchungs- und Behandlungsbereich der Klinik tätig sind (ohne Betten im Krankenhaus zu belegen).

®

Praxiskliniken (also ein Kombinat von selbständigen Fach- arztpraxen unter einem Dach mit ei- nem anhängigen Bettenteil) als ein

"weitergehendes Modell der ambu-

lant-stationären Verzahnung" kön- nen das Leistungsangebot von Kran- kenhäusern erweitern und die Bet- tennutzung stabilisieren.

@ Ein bisher noch nicht er- probtes Mittel, um die Fixkostenlast der Krankenhäuser zu senken, kä- men besondere Investitionsverträge zu Rationalisierungszwecken (nach

§ 18 b KHG) in Frage. Für die Krankenkassen bedeutet zwar der Zuschlag auf den allgemeinen Pfle- gesatz zunächst eine Mehrausgabe, mittelfristig können dadurch aber Ersparnisse erzielt werden, weil Ra- tionalisierungsrückstände (etwa bei den Küchenbetrieben, im Reini- gungsservice oder im Reparaturser- vice) beschleunigt aufgeholt werden können (das Gutachten des Ham- burger Instituts spricht von einem durch Rationalisierungen erzielba-

ren "Tempogewinn"). Im Rahmen

einer gezielten krankenhausinternen Fixkostenpolitik komme diesen In- vestitionen eine Schlüsselrolle zu, weil trotz des Zuschlags auf dem Pflegesatz die Mehrkosten durch Kosteneinsparungen selbst finan- ziert werden können.

Dr. rer. pol. Harald Clade

DEUTSCHES

ARZTEBLATT

TA UN BERICHTE

. - ... -

Verstärkte Aufklärung über

Prävention und Früherkennung von Behinderungen notwendig

Täglich werden in der Bundes- republik etwa hundert Kinder gebo- ren, bei denen eine bleibende Ein- schränkung der körperlichen und/

oder geistigen Gesundheit vorliegt.

Viele Krankheiten und Behinderun- gen ließen sich vermeiden oder zu- mindest besser behandeln, wenn die Möglichkeiten der Prävention und Früherkennung, insbesondere vor, während und nach der Geburt, ver- stärkt genutzt würden. Diese Auf- fassung unterstrichen mit Nachdruck Wissenschaftler anläßlich einer Pres- se-Veranstaltung der , ,Stiftung für das behinderte Kind'' zum Thema , ,Behinderungen im Kindesalter:

Primäre, perinatale und postnatale Prävention" in Wiesbaden.

Professor Dr. J. Spranger (Mainz) erklärte, eine primäre Prä- vention von Behinderungen durch genetische Beratung, Pränataldia- gnostik und geburtshilfliehe Vorsor- ge sei eine große gesundheitspoliti- sche Herausforderung. Spranger forderte insbesondere:

~ die Aufklärung über Schwangerschaftsvorsorge solle ver- stärkt werden. Die Annahme der Schwangerenvorsorgeuntersuchun- gen sei nicht befriedigend. Bisher gingen nur etwa 40 Prozent der Schwangeren regelmäßig zu den Un- tersuchungen; deshalb müsse vor al- lem die Compliance verbessert wer- den.

~ Risikoschwangerschaften sollten in großen Zentren bewältigt werden. Regionale geburtshilfliehe Stützpunkte mit einer entsprechen- den technischen Ausstattung könn- ten fachübergreifend effektiver ar- beiten als kleinere Krankenhäuser, denen es vielfach aufgrund niedriger Geburtenzahlen an Erfahrung man- gele.

~ Das sogenannte "gelbe Vor- sorgeheft'' müsse in seinen Anwei- sungen präzisiert werden.

~ Ultraschall-Untersuchungen sollten auch nach der Geburt durch- geführt werden. Schäden an Nieren,

Hüften, Herz und Gehirn könnten durch diese Methode rechtzeitig er- kannt werden. Die Säuglingssterb- lichkeit, die gegenwärtig bei etwa 2000 bis 4000 Kindern jährlich liege, könne dadurch wirksam reduziert werden.

"Kognitive Dissonanz"

Der Präsident der Bundesärzte- kammer, Dr. Karsten Vilmar, be- klagte die allgemein mangelhafte Aufklärung der Bevölkerung über gesundheitsschädliche Verhaltens- weisen. Es dürfe nicht allein Aufga- be des Arztes sein, die "kognitive Dissonanz'' zwischen dem Wissen um die Gesundheitsgefahren und der mangelnden Einstellung des ein- zelnen dazu aufzubrechen. Dies müsse vielmehr bereits mit der Er- ziehung in der Schule beginnen.

Vilmar forderte, die Beteili- gungsraten an den Kinder-Erstun- tersuchungen zu erhöhen. Dazu be- dürfe es einer qualitativ verbesser- ten Dokumentation. Risikogruppen könnten bei einem Breitenscreening herausgefiltert und den entsprechen- den Untersuchungen veranlaßt wer- den.

Die vom Gesetzgeber aus- schließlich unter Kostendämpfungs- gesichtspunkten vorgenommene Aufnahme der während des Kran- kenhausaufenthaltes durchgeführten Früherkennungsuntersuchungen in den Pflegesatz hätte dazu geführt, daß die Dokumentation der beson- ders wichtigen Neugeborenen-Erst- und Basisuntersuchung (U1 und U2)

"zusammengebrochen" sei. Dr. Vil- mar forderte den Gesetzgeber auf, in dieser Legislaturperiode Korrek- turen vorzunehmen. Kostendämp- fung dürfe nicht , ,auf dem Rücken der Schwangeren und Neugebore- nen'' praktiziert werden. Bei einer Strukturreform im Gesundheitswe- sen müßten die vorhandenen Prä- ventionsprogramme ausgebaut und Dt. Ärztebl. 84, Heft 8, 19. Februar 1987 (29) A-415

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Die Krankenhausgesellschaft prognostiziert für 1987 allerdings ei- nen verringerten Ausgabenanstieg der Krankenkassen für die stationä- re Krankenpflege (für das gesamte

Der Referent fühlte sich an eine großartige Filmszene erinnert: Elisa- beth Flickenschildt, als Chefin einer antinazistischen Jugendbande in ei- nem frühen Nachkriegsfilm, zieht

Im Chinese Medical Journal ist immerhin ein Teil der zitierten Stellen noch chine- sisch (und die können wir nicht le- sen, weil sie in chinesischen Schrift- zeichen

Wo es im Krankenhaus bereits eine psychia- trische Abteilung gibt, kann diese den konsiliar- psychiatrischen Dienst organisieren, jedoch nicht als zusätzliche Aufgabe eines

Dieses wiegt um so schwerer, als verschiede- ne epidemiologische Untersuchun- gen auf einen großen Bedarf hinwei- sen: Eine Metaanalyse von 11 Studi- en ergab eine

Es überrascht nicht, dass der Au- tor Ende dieser Reise fest- stellt: „,Seele‘ ist heute eine Metapher von verwirrender Vielfalt.“ Wer könnte ihm bei seiner pessimistischen, aber

Der Sozialbeirat, der die Renten- anpassung und den Anpassungs- bericht jeweils zu kommentieren hat, macht zu Recht darauf auf- merksam, daß die Beitragserhö- hung

Für die Krankenkassen bedeutet zwar der Zuschlag auf den allgemeinen Pfle- gesatz zunächst eine Mehrausgabe, mittelfristig können dadurch aber Ersparnisse