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Archiv "Arzneimittelplanung in einem Allgemeinen Krankenhaus mit Maximalversorgung" (03.04.1975)

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Bei der Erörterung ärztlicher Struk- turprobleme im Krankenhaus wird oft verkannt, wie eng diese mit ökonomischen Zielsetzungen ver- knüpft sind. Für den ärztlichen Nachwuchs — hier wird besonders der sog. Mittelbau älterer Kranken- hausassistenten, Fachärzte und Abteilungsoberärzte angesprochen

— aber auch für viele leitende Krankenhausärzte gibt es kaum Möglichkeiten, in die Grundlagen eines modernen ärztlichen Mana- gement eingewiesen zu werden, in dem neben dem eigentlichen medi- zinischen Fachwissen und ärztli- chen Handeln das Denken in Zweck-/Mittel-Kategorien steht.

Steigende Kosten für ärztlichen und medizinischen Bedarf stellen an den Krankenhausarzt mehr denn je höhere Anforderungen —

über seinen fachärztlichen Aufga- benbereich hinaus, nämlich organi- satorische und administrative Fä- higkeiten, Kenntnisse in haus- haltsrechtlichen Angelegenheiten sowie eine ökonomische Übersicht.

Daher werden mit besonderer Auf- merksamkeit Krankenhäuser mit

„kollegialer ärztlicher Leitung" be- obachtet. Sie versprechen, Kennt- nisse im ärztlichen Management auf breitere Basis zu stellen und eine günstigere interdisziplinäre Zusammenarbeit zu ermöglichen.

Seit fast vier Jahren, nämlich seit dem 1. Juli 1971, arbeiten die bei- den Autoren in dem kollegial gelei- teten Apothekenausschuß des All- gemeinen Krankenhauses (AK) Al- tona. Der Ausschuß besteht aus sechs Ärzten verschiedener Fach- abteilungen (je ein Kollege aus der Gerhard Jungmann

Die Bedeutung Gerhard Jung- manns für die Gesundheitspolitik in der Bundesrepublik Deutschland läßt sich nach seinem Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag schon heute skizzieren. Selbst wenn Gerhard Jungmann schon 1969 Ehrenvorsitzender des Ver- bandes der Ärzte Deutschlands (Hartmannbund) e. V. und im gleichen Jahr mit der Paracelsus- Medaille der deutschen Ärzte- schaft ausgezeichnet wurde, so läßt sich seine Bedeutung für die ärztliche Berufspolitik doch noch nicht in vergleichbarer Weise wür- digen und werten: Er ist ja nach wie vor voll im Geschirr. Die Ver- dienste um den Verband der Ärzte Deutschlands (Hartmannbund) e. V., um die Landesärztekammer Niedersachsen und als Vizepräsi- dent der Bundesärztekammer sol- len daher in der hier versuchten Würdigung ausgespart werden.

Nur auf ein Charakteristikum der berufspolitischen Tätigkeit Jung- manns muß doch noch hingewie- sen werden, weil es auch sein ge- sundheitspolitisches Wirken ge- prägt hat: den Einsatz für das Wag- nis des freien Berufes in der ärztli- chen Praxis.

Das berufspolitische Wirken Jung- manns war von der Erkenntnis durchdrungen, daß die Unabhän- gigkeit der ärztlichen Berufsaus- übung ein unverzichtbares We- sensmerkmal der Gesundheitspoli- tik für eine Gesellschaft freier Men- schen ist. Der Landarzt aus Mark- oldendorf hat in Praxis, Berufspo- litik und parlamentarischer Arbeit vorgelebt, daß die Zweisamkeit von Patient und Arzt, daß die Vertrau- enswürdigkeit der Kollegialität und daß die freundschaftliche Treue Lebenselemente des persönlichen und sozialen Wohlbefindens auch in unserer modernen Massenge- sellschaft sind.

Anschrift des Verfassers:

J. F. Volrad Deneke 5 Köln 41 (Lindenthal)

Haedenkampstraße 1

FORUM

Arzneimittelplanung in einem Allgemeinen Krankenhaus

mit Maximalversorgung

Erfahrungsbericht des Ausschusses eines Großkrankenhauses

Peter Lübcke und Hans-Nikolaus Herden

Die Selbstverwaltungsordnung des Allgemeinen Krankenhauses Hamburg-Altona, die seit 1971 praktiziert wird, sieht nach der Ge- schäftsordnung die Errichtung von Ausschüssen durch den Ärztli- chen Vorstand vor, die diesen sachkundig beraten sollen. Über die Arbeitsweise und die Erfahrungen des „Apothekenausschusses"

berichten im folgenden Dr. med. Peter Lübcke und Dr. med. Hans- Nikolaus Herden, die diesem Ausschuß seit längerem angehören.

Die Konzeption am Allgemeinen Krankenhaus Altana hat sich bis- her bewährt und wird als vorbildlich angesehen. Nicht zu Unrecht konnte der Ärztliche Direktor des Krankenhauses Altana und Prä- sident der Ärztekammer Hamburg, Dr. med. Arnold Rimpau, als Er- folg verbuchen, daß es dem Ausschuß gelungen ist, im Jahr 1974 erstmals in der hundertjährigen Geschichte des Krankenhauses auf einen Nachtragshaushalt zu verzichten.

982 Heft 14 vom 3. April 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Prozente des

b 12°/o Apotheken- Absolut- etats zahlen

a = Antibiotica 20°/o

b = Humanalbumin, Fibrinogen, Plasmakonzentrate 12%

c = Laborreagenzien und Röntgenbedarf 11°/o d = Diuretica (inkl. Aldosteron-Hemmer) 2°/o

e = Neuroleptica 2°/o

f = Plasmaexpander 1°/o

g = Cystostatica 1 0/0

h = Heparin/Streptokinase 1 0/0

660 000 DM 398 000 DM 350 000 DM 64 000 DM 75 000 DM 30 000 DM 30 000 DM 30 000 DM

Summe: 50°/o 1 637 000 DM

i = 460 Einzelmedikamente 50°/o

Abbildung 1 neurologischen, chirurgischen, an-

ästhesiologischen, gynäkologi- schen, internmedizinischen und urologischen Abteilung) sowie ei- nem Apotheker. Über die Erfahrun- gen dieses Apothekenausschusses wird im folgenden berichtet wer- den.

Das AK Altona verfügt über 12 Kli- nische Abteilungen mit insgesamt 1095 Betten, hinzu kommt eine bakteriologisch-serologische Ab- teilung, ein Zentrallaboratorium für klinische und chemische Untersu- chungen, ein Institut für Patholo- gie, eine sehr große strahlendia- gnostische Abteilung und eine Krankenhausapotheke. Zwangsläu- fig finden sich im AK Altona Abtei- lungen, die extrem hohe Apothe- kenkosten verursachen, z. B. Inten- siveinheiten, Urologie, Strahlen- therapie und andererseits solche mit geringem Apothekenbedarf, wie beispielsweise Neurologie und Augenabteilung. Auf Grund der Struktur des Hauses als Akutkran- kenhaus mit Maximalversorgung bedarf jedoch die Mehrzahl der Pa- tienten einer teuren medikamentö- sen Therapie. — Ein Medikamen- ten-Kostenvergleich der Hambur- ger Großkrankenhäuser der Ge- sundheitsbehörde gibt einen Ein- blick in die Höhe der unterschiedli- chen Aufwendungen:

• Die Medikamentenkosten in den Hamburger Allgemeinen Kranken- häusern schwanken je Berech- nungstag zwischen 2,97 DM (über- wiegend psychiatrisches Kranken- gut) und 11,52 DM (Krankenhaus der Maximalversorgung mit einer finanziell sehr aufwendigen Häma- tologie-Abteilung). Der Durch- schnittsbetrag liegt bei 6,12 DM. In unserem Hause betrug der Medika- mentenaufwand 1973 durchschnitt- lich 8,43 DM je Berechnungstag bei einem Gesamtaufwand von 3,29 Millionen DM jährlich.

Kostenanalyse für einzelne Medikamentengruppen

Die Haushaltsüberwachung des Arzneimitteletats zwingt zu einer Analyse des Verbrauchs der einzel-

nen Medikamenten-Gruppen und ihres finanziellen Stellenwertes un- tereinander. Nach der Erfahrung von E. H. Abel sollen in einem Akutkrankenhaus rund 35 von ins- gesamt 850 bevorrateten Präpara- ten über die Hälfte des gesamten Arzneimittelhaushaltes beanspru- chen. Es liegt deshalb nahe, der kleinen Gruppe von teuren Medika- menten, die hohe Kosten verursa- chen, beim Einkauf und beim Ver- brauch besondere Beachtung zu schenken. — Welche Ergebnisse brachte eine Analyse über teure Medikamentengruppen im AK Al- tona?

Es konnten nur Zahlen aus dem Jahre 1973 angeführt werden, da

bei der Abfassung der Arbeit end- gültige Angaben aus dem Jahre 1974 noch nicht vorlagen.

1973 wurden verbraucht:

Halbsynthetische Penicilline im Wert von 290 000 DM Cephalosporine

im Wert von 167 000 DM Aminoglykoside (im wesentlichen

Gentamycin)

im Wert von 107 000 DM Lokal anwendbare Antibiotika im Wert von 75 000 DM Zusammen 660 000 DM Das entspricht 20 Prozent des Apo- theken-Gesamtetats (Abb. 1). 1>

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 14 vom 3. April 1975 983

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Arzneimittelplanung in einem Allgemeinen Krankenhaus

Die Gruppe der Antibiotika (a) ist zweifellos die größte geschlossene Medikamentengruppe mit dem höchsten Etatanteil. Ähnliche Ent- wicklungen kann man auch an klei- neren Krankenhäusern beobach- ten. Die Anteile der teuren Antibio- tika liegen zwischen einem Viertel und einem Fünftel des gesamten Apotheken-Haushaltes.

An zweiter Stelle folgen Human-Al- bumin, Human-Fibrinogen und Plasma-Konzentrate (b) mit 12 Pro- zent des Gesamtetats. Hingegen nehmen die Plasma-Ersatzstoffe und Infusionslösungen mit einem Prozent erst den sechsten Platz ein. Die Verdrängung auf diesen Platz — in kleineren und mittleren Krankenhäusern stehen die Infusi- onslösungen oft an zweiter Stelle

— ist durch den hohen Anteil von Eigenherstellung im Infusionspro- gramm unseres Hauses begrün- det.

Bei den Positionen Labor-Reagen- zien und Röntgenbedarf (c) und Diuretika (d) können bei verglei- chenden Untersuchungen in ande- ren Großkrankenhäusern Verschie- bungen im Stellenwert dann eintre- ten, wenn Abteilungen für Onkolo- gie oder spezielle Hämatologie ei- nen großen Anteil an zytostati- schen Substanzen beanspruchen.

Unter Umständen können diese sehr teuren Medikamente den drit- ten oder vierten Platz einnehmen.

An unserem Hause nehmen die Zytostatika mit ein Prozent des Apothekenetats (g) den siebten Platz ein.

Wie aus Abbildung 1 ersichtlich ist, heben sich acht besonders teure Gruppen von Medikamenten von den übrigen Pharmaka deutlich ab.

Sieht man von der inhomogenen Gruppe Labor-Reagenzien und Röntgenbedarf (c) einmal ab, so repräsentieren diese teuren Grup- pen 25 verschiedene Einzelmedika- mente als Spitzenreiter. Die übri- gen 460 Medikamente lassen sich nicht in Gruppen aufteilen. Auch liegt ihr individueller Anteil jeweils unter ein Prozent des gesamten Kostenaufwandes.

Es kommt nicht nur auf die absolu- te Höhe des finanziellen Aufwan- des der einzelnen Medikamente, sondern auf ihren Stellenwert im Gesamtetat an. Ein möglichst gün- stiger Einkauf bei der pharmazeuti- schen Industrie für diese Spitzen- gruppe ist entscheidend. Das ist aber im wesentlichen nur bei Groß- krankenhäusern in ausreichendem Maße möglich, da diese sehr große Mengen von Medikamenten in kur- zen Zeitabständen verbrauchen.

Für viele kleine Krankenhäuser, die schon im Einkauf wegen des klei- neren Umsatzes im Vergleich zu den Großkrankenhäusern geringere Preisnachlässe von der pharma- zeutischen Industrie erhalten, kommt erschwerend hinzu, daß sie nicht über eigene Apotheken verfü- gen. Damit können sie nicht direkt vom Hersteller ihre Arzneimittel beziehen. Sie sind gezwungen, bei Großhandels-Apotheken ihren Be- darf zu kaufen, und müssen damit auch die entsprechenden Gewinn- spannen zahlen.

Reduzierung des Sortiments Eine der primären Aufgaben des Apothekenausschusses muß es sein, nach Rationalisierungsmög- lichkeiten zu suchen. Es ist als un- wirtschaftlich für eine Kranken- hausapotheke anzusehen, wenn eine Vielzahl vergleichbarer oder gar gleicher Präparate verschiede- ner Hersteller bevorratet werden.

Sinnvolle Reduzierung auf das er- forderliche Programm an Medika- menten bringt eine innerbetriebli- che Erleichterung für den Apothe- ker, aber auch Kostenersparnis durch Rabatte bei dem dann mögli- chen Einkauf größerer Einzelkon- tingente. Das trifft nicht nur für die Gruppe der besonders teuren Anti- biotika und Infusionslösungen zu, sondern für nahezu alle Medika- mentengruppen. Im besonderen Maße gilt das beispielsweise für die große Gruppe der Hypnotika, Sedativa, Thymoleptika, Neurolep- tika. Hier ist nach Preisvergleichen eine sinnvolle Auswahl zu treffen und eine überschaubare Anzahl derartiger Präparate für die Ver- ordnung zu empfehlen.

Vermeidung des Verfalls teurer Medikamente

Ein besonderes Problem ist der Verfall teurer Medikamente, wie Antibiotika, Infusionslösungen, Blutderivate und Blutgruppenseren auf den Krankenstationen. Da bei der Belastung des Stationsperso- nals eine ständige Kontrolle der Apothekenschränke sehr häufig nicht zugemutet werden kann, sind Stationskontrollen durch den Apo- theker und einen Arzt des Apothe- kenausschusses zu empfehlen. Zur Erleichterung dieser Aufgabe und zur größeren Übersichtlichkeit ha-

ben sich bei den Infusionslösun- gen zwei Maßnahmen bewährt:

1. Um eine unwirtschaftliche Hor- tung von Infusionslösungen auf den Stationen zu vermeiden, sind Standard-Bevorratungen für die in- ternen und chirurgischen Stationen durch den Apothekenausschuß er- rechnet worden, die dem mittleren Bedarf für drei bis vier Tage ent- sprechen (Tabelle auf Seite 985).

2. Die Infusionslösungen werden jeweils für ein Halbjahr mit unter- schiedlichen Farben (farbigen Punkten) markiert. Dadurch ist es relativ leicht, ältere Lösungen dem Verbrauch zuzuführen und somit fi- nanzielle Verluste zu vermeiden.

3. Einzubeziehen in die Kontrolle durch den Apotheker sind die Ärz- temuster, um diesen zum Teil nicht unerheblichen Faktor sinnvoll zu nutzen. Damit ist zu berücksichti- gen, daß von der Industrie in der Kalkulation der Preise Ärztemuster mit berücksichtigt werden. Ohne auf die Nach- und Vorteile dieser Ärztebemusterung einzugehen, er- scheint es sinnvoll, um einen be- darfsgerechten Einsatz zu gewähr- leisten und einen möglichen Verfall der Präparate zu vermeiden, Ärzte- muster der Verfügung der Apothe- ke zu unterstellen.

Wirtschaftliche Verordnung von Medikamenten

Eine der Hauptaufgaben des Apo- thekenausschusses muß es sein,

984 Heft 14 vom 3. April 1975 DEUTSCHES _ÄRZTEBLATT

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Basislösungen mit 5 °/o Laevulose oder Glucose (sog. äquilibrierte Lösungen, siehe Text S. 8) Basislösungen mit 5°/o Laevulose oder Glucose Laevulose-Lösungen

Laevulose-Lösungen 100/0

Physiologische Kochsalzlösungen Physiologische Kochsalzlösungen Glucose-Lösungen 5°/o

Kochsalz-Laktatlösungen nach Hartmann Aqua dest.

Aqua dest.

1000 ml 30-35 Flaschen 20 Flaschen 500 ml 10 Flaschen 6 Flaschen 500 ml 10 Flaschen 10 Flaschen 500 ml 10 Flaschen 10 Flaschen 1000 ml 10 Flaschen 5 Flaschen 500 ml 10 Flaschen 6 Flaschen 500 ml 10 Flaschen 5 Flaschen 1000 ml 8 Flaschen 10 Flaschen 1000 ml 5 Flaschen 5 Flaschen 500 ml 5 Flaschen 5 Flaschen

sich bei den großen Medikamen- tengruppen — und hier vor allem bei den sehr kostenträchtigen — Kenntnisse über therapeutischen Wert, Nebenwirkung und über de- ren Wirtschaftlichkeit zu verschaf- fen. Das gilt sowohl für neueinzu- führende Spezialitäten als für sol- che, die schon seit längerem in der Klinik zur Routinetherapie einge- setzt werden. Diese Belastung für den Apothekenausschuß ist dann zumutbar, wenn die einzelnen Mit- glieder sich speziell über die Medi- kamentengruppen Kenntnisse an- eignen, die entsprechend der je- weiligen Fachdisziplin bevorzugt in diesem Bereich angewendet wer- den: zum Beispiel halbsynthetische Penicillinderivate in der Urologie;

Psychopharmaka in der Neurolo- gie; Infusionslösungen und Plas- ma-Ersatzstoffe in der Intensivme- dizin. Die Informationen, die sich die einzelnen Sachbearbeiter an- eignen, können dann in kurzen übersichtlichen Referaten den übri- gen Mitgliedern des Ausschusses weitervermittelt werden.

Damit ist jedoch nur ein erster Schritt getan. Mit dem Erkennen besonders aufwendiger Therapeu- tika und möglichst wirtschaftlicher Therapiemöglichkeiten durch den Ausschuß kann noch kein nen- nenswerter Erfolg erhofft werden.

Es muß der Verbraucher, das heißt der verordnende Arzt, angespro- chen werden. Hierin liegt eine der wesentlichsten Aufgaben für die Mitglieder des Apothekenaus- schusses. Durch engen Kontakt und ständiges Gespräch mit sämtli- chen Krankenhausärzten sowohl

Stations- als auch Chef- und Ober- ärzten müssen die erworbenen Kenntnisse über eine wirtschaftli- che Arzneitherapie weitervermittelt werden, um dadurch letztlich eine preisbewußte Verordnung zu errei- chen. Hierzu bieten sich verschie- dene Wege an:

1. die Information über Rund- schreiben;

2. das direkte Gespräch;

3. die ständige Kontrolle bei der Verordnung teurer Medikamente durch den aufsichtführenden Fach- arzt.

Dem direkten Gespräch mit den verordnenden Klinikärzten ist da- bei die größte Bedeutung beizu- messen. Auf Abteilungskonferen- zen und bei klinischen Visiten ist die Problematik der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Therapie anzusprechen. Hierbei wird die Notwendigkeit erkennbar, daß im Ausschuß Mitarbeiter derjenigen Abteilungen vertreten sind, die häufig zu sehr aufwendigen und teuren medikamentösen Behand- lungen gezwungen sind. Es muß als unerläßlich angesehen werden, daß die für den Intensivbereich verantwortlichen Fachärzte im Apothekenausschuß mitarbeiten.

Wie in der Abbildung 2 zu sehen ist, betrug im AK Altona der Medi- kamentenaufwand für den Intensiv- sektor 20 Prozent des gesamten Apothekenhaushaltes.

Die Unterrichtung der Kranken- hausärzte über das notwendige wirtschaftliche Denken bei der Arz-

neimittelversorgung ist nicht ohne Problematik. Es kann sehr leicht — besonders bei jüngeren Kollegen

— der Eindruck entstehen, daß eine optimale Behandlung aus fi- nanziellen Gründen im Kranken- haus nicht möglich ist. Hier muß jedoch deutlich unterschieden wer- den zwischen einem unkritischen Einsatz teuerster Medikamente und einer gezielten rationellen Behand- lung. So ist zum Beispiel eine pro- phylaktische oder ungezielte The- rapie ohne strenge Indikationen und ohne Erregernachweis mit teu- ren Antibiotika in aller Regel nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern auch aus medizinischen Gründen abzulehnen, während andererseits bei einer schweren bakteriellen Pe- ritonitis mit Anzeichen einer Sepsis eine maximale Therapie zu befür- worten ist. Die Aufklärung über wirtschaftliche Verordnungen muß intensiv, aber auch ständig wieder- holt durchgeführt werden, da nur so, insbesondere wegen der relativ großen Fluktuation in der Gruppe der Assistenzärzte, mit Erfolg zu rechnen ist.

Es ist z. B. auch nicht einzuse- hen, warum in der inneren Medizin zur Sedierung von herzkranken Pa- tienten statt der modernen, aber leider sehr teuren Psychopharma- ka in vielen Fällen nicht die altbe- währten Medikamente auf Barbitu- ratbasis verordnet werden können.

Neben der gesonderten Rezeption der teuren Medikamente mit Unter- schrift des leitenden Arztes oder seines Stellvertreters können ent- scheidende Ersparnisse dadurch

DEUTSCHES .ÄRZTEBLATT Heft 14 vom 3. April 1975 985

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Der Medikamenten-Verbrauch beträgt auf dem Intensiv-Sektor fast 20°/o des gesamten Medikamentenhaushalts des AKAltona

Abbildung 2

3 292 000 DM

119 000 DM 516 500 DM

Medikamentenhaushalt insgesamt

internmed. Intensivmedizin

anästhesiologische Intensivmedizin Aufsätze • Notizen

Arzneimittelplanung in einem Allgemeinen Krankenhaus

erzielt werden, daß bei der Anfor- derung von besonders teuren Anti- biotika der Name und die Diagnose des Patienten vermerkt werden, für den das Präparat angefordert wird.

Wir haben bewußt darauf geachtet, daß diese Anordnung sich nur auf wenige, sehr teure Antibiotika- Gruppen beschränkte, damit diese Maßnahme von den Kollegen nicht als ungebührliche Last oder gar als bürokratischer Akt ohne kausalen Hintergrund empfunden wird. Wir konnten sehr bald feststellen, daß die obligaten Angaben von Diagno- sen und Patientennamen bei der Anforderung der teuren Antibiotika zu einer ständigen Überprüfung der antibiotischen Therapie zwingt.

Informationen über Umstellungen in der Medikamenten-Bevorratung Informationen durch Rundschrei- ben erscheinen immer dann erfor- derlich, wenn mehr oder weniger grundlegende Änderungen in der Medikamenten-Bevorratung der Apotheke (infolge Rationalisierung) vorgesehen werden. Dies ist der

Fall, wenn eine Umstellung von bis- lang gebrauchten älteren Speziali- täten auf weiter entwickelte wirksa- mere erfolgen soll. Oder wenn bis- her durch die pharmazeutische In- dustrie gekaufte Präparate durch Medikamente aus der eigenen Her- stellung der Krankenhausapotheke ersetzt werden können. Darüber hinaus sollte in regelmäßigen Ab- ständen den Stationsärzten zur Orientierung Listen ausgehändigt werden über die vorrätigen Präpa- rate in der Apotheke, besonders über die sog. teuren Medikamente, möglicherweise auch mit Preisver- gleichen. Außerdem hat sich be- währt, durch Informationsschrei- ben über Höchstdosen und optima- le Dosen teurer Medikamente so- wie deren Nebenwirkungen zu un- terrichten, da nicht zu erwarten ist, daß jeder Arzt über die aktuellen Ergebnisse in der Arzneimittelfor- schung informiert ist.

Neueinführung von Medikamenten Bei der Flut von neuen Medika- menten, die von der pharmazeuti-

schen Industrie angeboten werden, ist die Erörterung und die Einfüh- rung eines neuen Präparates von besonderer Wichtigkeit. Nach un- seren Erfahrungen ist bei der Bear- beitung von Neueinführungs-Anträ- gen in einem Ausschuß-Kollegium, das sich aus verschiedenen medi- zinischen Disziplinen zusammen- setzt, eine sachbezogene Diskus- sion — nicht zuletzt im Interesse des Patienten — am günstigsten gelöst. Das um so mehr, als einer Einzelperson, die mit klinischer Routinearbeit voll ausgelastet ist, ein umfassendes Studium wissen- schaftlicher Quellen nicht mehr zu- gemutet werden kann.

Zunächst sollte immer ergründet werden, ob für das neueingeführte ein älteres Präparat aus dem Kran- kenhaureservoir gestrichen wer- den kann. Dann erfolgt nach Über- prüfung des Indikationsspektrums die detaillierte Untersuchung der wissenschaftlichen Unterlagen.

Bei Antrag auf Neueinführung ei- nes halbsynthetischen Cephalospo- rins wurden beispielsweise folgen- de Punkte in der Ausschußsitzung berücksichtigt:

1. Bestehen zum bisher benutzten Cephalotin unterschiedliche Wir- kungen im Antibiogramm, d. h., wird ein anderes oder umfassende- res Erregerspektrum erfaßt?

2. Was kann man zur Wirtschaft- lichkeit des neuen Präparates im Vergleich zum Cephalotin aussa- gen? Ist die Angabe der pharma- zeutischen Industrie von einer opti- malen Dosierung von 4 x 1 Gramm pro Tag ausschlaggebend? Oder wird analog der Dosierung des Ce- phalotins sehr bald sich eine Do- ierung von 6 bis 8 Gramm/Tag als Standarddosierung durchsetzen?

3. Wie hoch ist die Eiweißbindung des Cephalosporin-Derivats? — Dieser Punkt wird häufig nicht be- achtet. — Es ergibt sich bei sehr hoher Eiweißbindung nämlich die Notwendigkeit, höhere Dosen, als von den Firmen angegeben, zu ver-

abfolgen.

986 Heft 14 vom 3. April 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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4. Müssen Nebenwirkungen, die bei Cephaloriden oder Cephalotin beobachtet werden, z. B. die akute renale Insuffizienz, vor allen Din- gen bei gleichzeitiger Gabe von Furosemid, auch bei diesem halb- synthetischen Cephalosporin in Kauf genommen werden?

5. Wie günstig ist die Liquorgän- gigkeif und die Diffusion in Kno- chengewebe und Gelenken im Ver- gleich zum Cephalotin?

Fällt das Prüfungsergebnis bezüg- lich aller wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Fakten zugunsten des neuen Präparates aus, so ist es Aufgabe des Ausschusses zu er- gründen, ob Konkurrenzpräparate unter Umständen preisgünstiger sind. Es liegt auf der Hand, daß derartige zeitaufwendige Untersu- chungen nur von einem Kollegium durchgeführt werden können. Fällt die Prüfung über ein neu einzufüh- rendes Präparat negativ aus, so ist es unbedingt erforderlich, daß der Apothekenausschuß den Antrag schriftlich ablehnt. Die Ablehnung sollte stets mit einer sachlichen Begründung und mit dem Hinweis versehen. werden, daß mit den im Hause schon geführten und billige- ren Präparaten derselbe klinische Effekt erzielt werden kann. Dieses setzt voraus, daß die Mitglieder des Apothekenausschusses über sehr gute, detaillierte Arzneimittel-

kenntnisse verfügen, und das Kol- legium mit entsprechenden Voll- machten ausgestattet wird. Beson- ders bei der Abstimmung von Neu- anträgen zeigt es sich immer wie- der, daß die Anfertigung eines Er- gebnisprotokolls über die jeweilige Sitzung für spätere Erörterungen und Nachforschungen wichtig ist.

Nach unseren Erfahrungen kommt es im allgemeinen bei den kolle- gialen Abstimmungen im Ausschuß kaum zu Unstimmigkeiten.

Eigenherstellung von Medikamenten

Entscheidende Einsparungen im Apotheken-Haushalt können durch Eigenherstellung von Tabletten, Suppositorien, vor allen Dingen

aber von Infusionslösungen erzielt werden. ln der Apotheke des AK Altona werden überwiegend sog.

Basislösungen als standardisierte Universallösungen oder Trägerin- fusionen für verschiedene Medika- mente hergestellt. Diese Lösungen sind Glukose- oder Lävulose-Elek- trolyt-Gemische mit einem ausrei- chend hohen Anteil von freiem Wasser, sog. äquilibrierte Lösun- gen analog der im Handel befindli- chen Jnfusionstypen, Stereofundin B, Tutofusin B, Eufusol B und Elo- mel B. Außerdem werden Ringer- Glukose, physiologische Kochsalz- infusionen und diverse kohlehy- d rathaltige Lösungen hergestellt.

Je nach Bedarf und Kapazitäts- möglichkeiten können 90 000 bis 100 000 Flaschen

a

1000 ml jährlich hergestellt werden. Würde man diese Infusionen von der pharma- zeutischen Industrie kaufen, müßte ein Aufwand von rund 800 000 DM je Jahr benötigt werden. Bei Be- rücksichtigung des Kostenaufwan- des für die Selbstherstellung wie:

die notwendigen Konzentrate von Kohlehydraten und Elektrolyten, Aufwendungen für Wasser und Energie, Amortisierung der Maschi- nen (bei fünfjähriger Laufzeit), Be- rücksichtigung der Personalkosten (drei Betriebshelfer) errechneten wir, daß selbst bei großzügiger Hochrechnung bis zu 75 Prozent der Summe, die beim Direkteinkauf von Lösungen aufzuwenden ist, eingespart werden kann.

111-- Bei der Zunahme der Intensiv-

medizin und der allgemeinen medi- zinischen Technik wird der Bedarf an Infusionslösungen zweifellos ansteigen. Es ist daher auch zu überlegen, ob zur Kostensenkung bei kleineren Krankenhäusern ein Zusammenschluß in eine Apothe- kengesellschaft rentabel ist, um zentral Basis-lnfusionslösungen unter Anleitung eines Apothekers selbst herzustellen.

Fazit

Auf Grund unserer Erfahrungen sind wir der Ansicht, daß ein kolle- gial geführter Apothekenausschuß,

der sich aus Fachärzten verschie- dener Disziplinen zusammensetzt, erhebliche Finanzmittel im Medika- mentenhaushalt einsparen kann, wenn er straff und regelmäßig sei- ne Arbeit versieht. So konnte z. B.

im AK Altona der Apothekenauf- wand pro Berechnungstag von 8,80 DM 1971 über 8,68 DM 1972 auf 8,43 DM 1973 trotz der allgemeinen Kostensteigerung reduziert wer- den. - Die Aufgabe, die dem Apo- thekenausschuB als Bindeglied zwischen Apotheke und Klinik zu- fällt, ist nicht zu unterschätzen. Der Ausschuß wird zum wichtigsten Gesprächspartner des Apothekers für alle klinischen Fragestellungen.

Seine Aufgabe bedeutet für den Krankenhausapotheker nicht nur eine Entlastung, sondern auch sinnvolle Ergänzung in der Bewälti- gung seiner Aufgaben. Wir sind der Auffassung, daß für eine rationelle und optimale Medikamentenpla- nung im Krankenhaus ein Apothe- kenausschuß mit einem Aktionsra- dius, so wie wir ihn hier in der Übersicht zu skizzieren versuchten, unerläßlich ist.

(Für ihre Mitarbeit und Unterstüt- zung möchten die Autoren den Mit- gliedern des Apothekenausschus- ses und den beiden Apothekern - Herrn Gawellek und Herrn Dr.

Schmidt - ihren Dank ausspre- chen.)

Literatur bei den Verfassern

Anschrift der Verfasser:

Dr. med. Peter Lübcke Facharzt für innere Medizin Dr. med. Hans-Nikolaus Herden Facharzt für Anästhesie

Allgemeines Krankenhaus Altona 2 Harnburg 50

Paui-Ehrlich-Straße 1

DEUTSCHES ARZTEBLATI'

Heft

14

vom 3.April1975

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