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Archiv "Psychiatrie-Reform: Selbsthilfe stärken" (30.03.2001)

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sen-Anhalt werden von den Wohlfahrtsverbänden mehr Plätze für geistig als für see- lisch Behinderte betrieben.

Dies ist der Grund, warum in Sachsen-Anhalt der stationä- re Betreuungs-Personal- Schlüssel für geistig Behin- derte drei- bis viermal höher ist als der für seelisch Behin- derte. Dabei wurde seit Jah- ren verschiedentlich auf die- sen Missstand hingewiesen und darauf, dass dieses Miss- verhältnis fachlich unbegrün- det ist. Offensichtlich ist die politische Unterstützung see- lisch Behinderter noch zu schwach. Immerhin billigte der sachsen-anhaltinische Kostenträger – trotz knapper Kassen – den seelisch Behin- derten ab 2001 eine relative Verbesserung im Betreuungs- schlüssel von 0,55 Prozent zu.

Wahrscheinlich ist dies gut gemeint, doch gut gemeint wäre auch, wenn ein Tourist ein Lunchpaket gegen den Hunger in der Dritten Welt spenden würde. In Sachsen- Anhalt ist mehr fachliche Diskussion und Planung nötig. 0,55 Prozent sind ein Almosen, wenn der Betreu- ungsschlüssel für seelisch Be- hinderte mehr als verdrei- facht werden müsste.

Prof. Dr. med. N. Nowack, Hochschule Magdeburg-Stendal, Am Dom 13, 39576 Stendal

Selbsthilfe stärken

. . . Als Haupthindernis sehe ich die allgemein im Wirt- schaftsleben platzgreifende Machtkonzentration, die auch vor dem Gesundheitswesen nicht Halt macht. Große An- bieter am Markt brauchen durchstrukturierte Märkte, sodass ihre Produkte und Dienstleistungen möglichst grenzenlos am Markt abge- setzt werden können. Das be- günstigt die Suche nach abso- luten Wahrheiten, mit denen der Einsatz entsprechender Produkte als einzig wissen- schaftlich vertretbare medizi- nische Leistung angepriesen wird. In der Psychiatrie be- günstigt das vor allem eine Ideologie, die, abgeleitet von

einem naturwissenschaftlich- reduktionistischen Krank- heitsverständnis, dem Einsatz von Psychopharmaka höchste Priorität einräumt. Für mich als Patienten der Psychiatrie vor zehn Jahren war das für mich erkennbare wesentliche Therapieziel die Akzeptanz einer Dauermedikation. Kri- tik daran kann bei Psychia- triepatienten leicht als

„krankheitsbedingte Unein- sichtigkeit“ abgewertet wer- den. Ich konnte meine Reha- bilitation nur außerhalb der von dieser Ideologie be- herrschten Systeme verwirk-

lichen. Solange sich das nicht grundlegend ändert, sehe ich für die (immer noch dominie- rende biologistische) Psychia- trie keine wirkliche Zukunft.

Die wesentlichen Anstöße für meine Genesung bekam ich von Autodidakten in der Selbsthilfe. . . Ich setze voll auf die Stärkung der Selbst- hilfestrukturen. Nur wenn wir als Betroffene und An- gehörige zu überzeugenden eigenen Lösungen finden, kommen die Institutionen unter Druck.

Kalle Pehe, Von-Steuben-Straße 30, 47803 Krefeld

A

A832 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 13½½½½30. März 2001

B R I E F E

BKK

Zu dem Interview, das Norbert Ja- chertz und Sabine Rieser mit Karl- Heinz Schönbach führten „Wir vertre- ten Konsumenteninteressen“ in Heft 3/2001:

Tatsachen umgedeutet

. . . Wer Patienten mit Kon- sumenten gleichsetzt, ver- kennt, dass die medizinische Versorgung satzungsgemäß und durch gesetzliche Vorga- ben so eingeschränkt ist, dass sie nicht der Beliebigkeit ei- nes Konsumenten unterliegt.

Bisher haben die Kranken- kassen nichts dazu beigetra- gen, durch Aufklärung ihrer Versicherten und durch Nut- zungsbeschränkung der Chipkarte den Milliarden teuren Missbrauch durch den Verbraucher einzudämmen.

Hier wird offenkundig, wie wenig sich Krankenkassen bisher um eine sachlich kor- rekte Information ihrer Ver- sicherten über deren An- sprüche auf eine ausreichen- de, wirtschaftliche und not- wendige Versorgung bemü- hen. Ausdruck dieser Hal- tung ist auch jede fehlende Information über die Folgen des Kassenwechsels, vorwie- gend zugunsten der BKK.

Wer klärt den Patienten dar- über auf, dass ein Kassenwech- sel durch die Rahmenbedin- gungen des Fremdkassenaus- gleichs für den Patienten mit erheblichen Einschränkun- gen bei der medizinischen

Versorgung verbunden ist?

Wer verweist auf den der Ge- setzlichen Krankenversiche- rung zugrunde liegenden So- lidargedanken, mit dem der Wettbewerb zwischen über 500 auf Selbsterhalt bedach- ten Versicherungen nicht ver- einbar ist und der bei jedem Wechsel zu einer billigeren Kasse ein Stück weiter zu Grabe getragen wird?

Es zeigt sich auch, wie selbst unstreitige Tatsachen in ab- sichtlicher Weise so umge- deutet werden, dass an den bestehenden Strukturen nichts geändert wird. Sich dennoch als Sachwalter der Interessen der Patienten zu verstehen zeugt entweder von unerträglichem Zynis- mus oder unglaublicher Ignoranz.

Statt über sinnvolle struktu- relle Veränderungen zur Ver- meidung unnützer Ausgaben nachzudenken, wird eine höhere Beitragsbemessung auf Basis der Steuererklärung gefordert, um die finanzielle Schieflage der GKV aufzu- fangen. Dabei unterschlägt Herr Schönbach bewusst die Tatsache, dass allein circa 20 Milliarden DM jährlich der Verwaltungsapparat von über 500 gesetzlichen Kran- kenkassen verschlingt. Er verschweigt, dass von den Beiträgen der Versicherten jährlich über 120 Milliarden DM für versicherungsfremde Leistungen zweckentfremdet oder als Verschiebemasse zur Finanzierung anderer Sozial-

aufgaben missbraucht wer- den (IGES Institut Kiel). Ei- ne alleinige Verwendung der Beiträge zur Finanzierung der medizinischen Leistun- gen der Versicherten hätte sofort eine Halbierung der Beiträge zur Folge.

Dr. med. Klaus-Joachim Schilling, Antonstraße 2, 13347 Berlin

Gutachter

Zu dem Beitrag „Der Arzt als sozial- medizinischer Gutachter: Ein alterna- tives Berufsfeld“ von Dr. med. Ina Ueberschär und Dr. med. Walther Hei- pertz in Heft 6/2001:

Bei der Zulassung zum Studium ansetzen

Die Autoren schlagen als Entlastung für kommende Medizinergenerationen den unabhängigen Sachverständi- gen mit breitem medizini- schem Wissen vor und postu- lieren den Sozialmediziner als alternatives Berufsfeld.

Das Erlernen dieser Tätig- keit setzt eine breite medizi- nische Ausbildung mit dem Abschluss eines Facharztti- tels voraus. Wie dies auf- grund von dem angesproche- nen Stellenengpass in Klinik und Praxis stattfinden soll, bleibt im Verborgenen. Soll- ten Praktiker und Kliniker nun als Sozialgutachter fun- gieren und die Jüngeren in ihre Funktionen als Hausarzt und Orthopäde nachrücken?

Noch mehr Erfahrung und Kompetenz erfordert die an- gesprochene, aus meiner Sicht zweifelhafte, Begutach- tung nach Aktenlage auf der Basis aktueller und aussage- kräftiger Befundunterlagen.

Spätestens mit dieser Aussa- ge sind Kontext und Titel nicht mehr deckungsgleich:

ein junger, unerfahrener Me- diziner muss auch noch ohne Untersuchung auskommen.

Die Praxis in Frankreich zeigt, dass eine Bedarfsrege- lung an Ärzten bei den Zu- lassungszahlen zum Studium ansetzen muss.

Dr. med. Joachim Vaeckenstedt, Markgraeflerland-Klinik, Im Grün 1–3, 79415 Bad Bellingen

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