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Archiv "Arzneimittel: Nicht erstrebenswert" (06.01.1997)

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A-7 Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 1–2, 6. Januar 1997 (7)

S P E K T R U M LESERBRIEFE

Aussicht gestellt wird. Kein Einwand also – unter einer Voraussetzung: daß sie nicht hinsichtlich der Arzneimittel- verordnung zu Lasten der Gesetzlichen oder auch Pri- vaten Krankenversicherung erfolgt.

Dies wäre dann nicht der Fall, wenn dem teilnehmen- den Arzt zuvor ausreichend Muster des zu prüfenden Präparates zur Verfügung ge- stellt würden.

Genau dies aber geschieht mit unschöner Regelmäßig- keit nicht. Muster gibt es nicht, es wird verlangt, das in- novative und entsprechend kostspielige Medikament zu verordnen. Die sogenannten Anwendungsbeobachtungen verkommen auf diese Weise zu reinen Marketinginstru- menten, mit deren Hilfe das neue Präparat dem Arzt in den Kugelschreiber und da-

mit ins Budget gedrückt wer- den soll. Sollte dem einen und anderen Anwendungsbeob- achter dieser Gesichtspunkt, da mit Drachenfliegermenta- lität ausgerüstet, gleichgültig sein, so wird ihn auch der Ge- danke an den Paragraphen 24,1 der Musterberufsord- nung nicht tangieren. Der Pharmaindustrie aber sollte eindringlich eingeschärft werden, daß Anwendungs- beobachtungen auf dieser Grundlage unzulässig und unzumutbar sind.

Dr. med. Hans Herrmann, Blumenthalstraße 23, 12103 Berlin

Nicht erstrebenswert

Über Anwendungsbeob- achtungen (AWB) wurde schon viel geschrieben. Das steigert allerdings ihren Wert

nicht. Es bleiben im wesent- lichen marketing-orientierte Studien, um den niedergelas- senen Ärzten gegen ein Ho- norar (Aufwandsentschädi- gung) bestimmte Präparate in Erinnerung zu rufen und bleibend zu verinnerlichen.

Außerdem hat der initiieren- de Pharma-Referent in Zu- kunft bessere Zugangschan- cen. Das war vor allem in den neuen Bundesländern für die Industrie wichtig. Inwieweit die im Osten beklagten Bud- getüberschreitungen auch auf solche sinnlosen AWB zurückzuführen sind, wurde noch nicht untersucht. Zu- mindest sollten aber die Fir- men, die AWB durchführen, bei den beteiligten Ärzten auch die Budgetverantwor- tung mit übernehmen.

Um die Erfassung uner- wünschter Arzneimittelwir- kungen (UAW) zu verbes-

sern, bedarf es keiner AWB, die sowieso nur zu selektions- bedingten Bias führen, da ja immer nur die Ärzte beteiligt werden, die aus irgendeinem Grund zum Pharma-Referen- ten oder zur Firma einen be- sonders guten Kontakt ha- ben. Skeptische (kritische?) Ärzte werden kaum einbezo- gen. UAW ließen sich viel besser, breiter und neutraler erfassen, wenn die Meldun- gen als ärztliche Leistungen über die Kassen abgerechnet werden könnten, wie jede an- dere ärztliche Leistung auch.

Den Fonds dafür müßte die Pharma-Industrie einbrin- gen.

Die von Herbold genann- ten Vorteile solcher Studien lassen sich eben gerade nicht belegen. Wie kann ich einen

„therapeutischen Langzeit- nutzen“ erfassen, wenn ich keine Vergleichsmöglichkei-

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S P E K T R U M LESERBRIEFE

ten habe? Das ist völlig abwe- gig. Mir ist auch keine AWB bekannt, in der solche Daten erfaßt und publiziert worden wären. Einzige Alternative:

Ausbau der „evidence based medicine“!

Die von Kiep und Bethge zitierte SPALA-Studie, als Musterbeispiel der „Daten- gewinnung hoher Qualität durch ein neutrales Institut“, überzeugt überhaupt nicht.

SPALA (Sicherheitsprofil von Antirheumatika bei Langzeitanwendung) hat nicht eine einzige Erkenntnis gebracht, die nicht schon in den Arbeiten von Fries et al.

(1991), Simms et al. (1992) oder Savage et al. (1993) be- schrieben wurde. Selbst die Rangfolgen der relativen To- xizität der nichtsteroidalen Antirheumatika wurden nur marginal geändert.

Ich kann folglich den Op- timismus der Autoren nicht teilen. Was unter dem Strich herauskommt, ist tatsächlich die verbesserte Kooperation (der Pharma-Industrie) mit den Ärzten, was eigentlich nicht erstrebenswert ist, da sie mit zu den Regreßforde- rungen der Kassen beiträgt.

Prof. Dr. Frank P. Meyer, In- stitut für Klinische Pharma- kologie, Otto-von Guericke- Universität, Leipziger Straße 44, 39120 Magdeburg

Alzheimer

Zu dem Beitrag „Sachverständigen- rat/Konzertierte Aktion: Rationierun- gen vermeiden“ von Dr. Harald Clade in Heft 45/1996:

Ohne Sachverstand

Geschätzter mittelfristiger Zusatz-/Mindestbedarf für Alzheimer: niedrig. Eine sol- che Einschätzung kann nur von „Sachverständigen“ ohne Sachverstand vorgebracht werden. Nicht einmal die große Anfrage im Bundestag zum Thema Alzheimer wurde von den „Sachverständigen“

wahrgenommen.

Unverständlich ist auch, daß ein Gremium ohne Ex- pertise für Alzheimer aufge-

fordert wird, zur Entwicklung im Bereich Alzheimer Stel- lung zu nehmen. Berufungen in solche Gremien erfolgen ohne hinreichenden Einbe- zug von Fachverbänden.

Die Forschungsausgaben in diesem Bereich sind schon jetzt minimal. Eine weitere Verschlechterung kann allen- falls den Wunsch nach Hilfe aus dem Ausland verstärken.

Solche falschen Weichenstel- lungen verstärken die Hoff- nungslosigkeit von 1,2 Millio- nen Alzheimerkranken und ihren Angehörigen. Auch die professionellen Helfer spü- ren keine Weiterentwicklung.

Mutlosigkeit ist vorprogram- miert.

Dr. med. Ralf Ihl, Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Bü- chenstraße 34/36, 70174 Stutt- gart

Kinderchirurgie

Zu der Meldung in Heft 48/1996

„Kinder werden kaum ambulant ope- riert“:

Nicht richtig

Auf der Tagung der Tech- niker-Krankenkasse wurde festgestellt, daß die kinder- chirurgischen Klinikeinrich- tungen zu wenig ambulant operieren. Das ist aber des- halb der Fall, weil in die Klini- ken nur die Fälle eingewiesen werden, bei denen ambulan- tes Operieren nicht indiziert ist!

Es besteht für Kinder bei stationärer Behandlung keine vermehrte psychosoziale Be- lastung, wenn es sich um ent- sprechende Kindereinrich- tungen handelt. Viel zu viele Kinder liegen in Erwachse- nenstationen, wo selbstver- ständlich eine entsprechende psychische Belastung gege- ben ist. Die benannte psycho- soziale Belastung liegt eher bei den Eltern, welche die Gefahr operativer Eingriffe unterschätzen. Ambulant gilt beim Patienten in der Regel als klein, einfach, ungefähr- lich, risikoärmer.

Es besteht auch kei- ne „fehlende Markttranspa-

renz“ der kinderchirurgi- schen Einrichtungen. Der Pa- tient wird im niedergelasse- nen Bereich festgehalten und erfährt über die Möglichkeit nichts, daß auch durch die Klinikkapazitäten ambulante Eingriffe möglich sind.

Beängstigend ist die Feststel- lung durch die Techniker- Krankenkasse, daß mit Zu- nahme der Leistungserbrin- ger die Fallzahlen bei ambu- lanten Operationen, zum Bei- spiel bei Phimose um 92,3 Prozent und bei Hernien um 57,1 Prozent, im Kinderalter gestiegen sind. Es liegt also aus meiner Sicht eine nicht zu vertretende Mengenauswei- tung bei der Indikations- stellung vor. Die Feststellung der Techniker-Krankenkasse, daß in den Kliniken die Fall- zahlen nicht geringer gewor- den sind, bezieht sich nicht auf diese Diagnosen. Tatsa- che ist, daß die stationären Behandlungen wegen Unfall- verletzungen bei Kindern ge- stiegen sind. Über die entste- henden Kosten beim ambu- lanten Operieren, die ich als Teilnehmer der Tagung vor- getragen hatte, wurde nicht diskutiert.

Dr. med. C. Brock, Klinik für Kinderchirurgie, Klinikum Neubrandenburg, S.-Allen- de-Straße 30, 17009 Neu- brandenburg

Impfen

Zu der Meldung in Heft 40/1996

„ Gynäkologen dürfen nur gegen Rö- teln impfen“:

Eingehende Kenntnisse vorhanden

Laut Ärzteblatt sollen Gynäkologen „nur gegen Rö- teln impfen dürfen“. Wie be- kannt ist, leisteten viele Gynä- kologen Grundwehrdienst als Truppenärzte. Dort haben diese Truppenärzte alle gängi- gen Impfungen durchgeführt.

Ich selbst habe auch noch mehrere hundert Soldaten gegen Pocken geimpft.

Damit dürfte klar sein, daß ein Großteil der Gynäko- logen „eingehende Kenntnis-

se und Erfahrungen“ gewon- nen hat, im Gegensatz zu den Stellungnahmen der KBV und der BÄK.

Dr. med. Markus Mathies, Schweriner Straße 17, 22143 Hamburg

Lebensrecht

Zu dem Leserbrief „Ernste Fragen“

von Prof. Dr. Wolfgang U. Eckart in Heft 38/1996:

Ungleich: christliche und jüdische Ethik

Ich stimme dem Schreiber zu, daß eine Diskussion zur Abtreibung nicht im luftlee- ren Raum, sondern immer im Koordinatensystem gesell- schaftlich sanktionierter Nor- men zu führen ist. Religiöse Tradition stellt so ein Bezugs- system dar.

Ich möchte aber dem Bin- destrichbegriff der „christ- lich-jüdischen Glaubenssät- ze“ widersprechen. Christli- che Ethik und jüdische Ethik sind nicht gleichzustellen.

Die Rabbiner, die die Mischna und später den Tal- mud verfaßten, gestalteten den jüdischen Wertekodex.

Zum Thema der Abtreibung ist dabei beispielsweise klar- gestellt, daß zum Schutz des Lebens der Mutter der Fötus geopfert werden darf, da be- stehendes Leben Vorrang hat vor potentiellem Leben (Mischna Niddah 3:5). Erst wenn ein Teil des Kindes ge- boren ist, gilt das Gesetz, daß man nicht das Leben eines Menschen für das eines ande- ren opfern darf (Mischna Niddah 3:5). Wenn nicht das Leben, sondern die Gesund- heit der Schwangeren zur Frage steht, werden die Dis- kussionen in Talmud und res- ponsa der späteren Rabbiner schon kontroverser. Mein Unbehagen gilt der impliziten Verbindung, wenn nicht gar Gleichstellung, christlicher und jüdischer Werte.

Professor Dr. med. Ole J.

Thienhaus, Department of Psychiatry, Reno und Las Vegas, Nelson Building/354, Nevada 89557-0046

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