möglich, ein wirklich effektives Hörscree- ning zu etablieren. Es ist schlichtweg falsch anzunehmen, dass durch eine ein- zelne Fachgruppe alleine ein effektives Screening organisiert werden kann. Es ist auch nicht die Aufgabenstellung eines Hörscreeningsprojektes, irgendeine Art von Messungen irgendwo durchzu- führen, sondern es ist die Frage, wie vor dem Hintergrund des deutschen Ge- sundheitssystems ein Hörscreening so organisiert werden kann, dass wirklich eine effektive Herabsetzung des Alters erfolgt, in dem Hörgeräte bei schwer- hörigen Kindern angepasst werden.
Möglich ist dies nur durch die Integrati- on der Kompetenz aller beteiligten Fach- gruppen wie Kinderärzte, HNO-Ärzte und Pädaudiologen.Aber auch Gynäko- logen sollten selbstverständlich in die Organisation des Hörscreenings einge- bunden sein. Nach Lage der Literatur liegt die Spezifität der modernen OAE- basierten Screeninggeräte bei der Mes- sung am zweiten bis vierten postnatalen Tag bei 95 Prozent. Bei späteren Mes- sungen ist mit einer zunehmend geringer werdenden Compliance der Kinder zu rechnen. Folglich ist ein ausschließlich auf Untersuchungen im Rahmen der U3 basierendes Screeningsystem mit deut- lich größeren Schwierigkeiten verbun- den. Entscheidender ist jedoch, dass das Hauptproblem des Neugeborenenhör- screenings, nämlich das Follow-up, das von Herrn Fleer lapidar mit den Worten
„muss organisiert werden“ abgetan wird, ungelöst bleibt. Genau hier liegt die dringende Notwendigkeit der Ein- führung eines zentralisierten Systems, da die Effektivität eines Hörscreenings nicht nur von dem Erfassungsgrad bei der Erstuntersuchung, sondern entschei- dend von der Organisation des Follow- up abhängt. Die Zielsetzung des Hör- screenings liegt nämlich nicht in der Er- fassung der normalen, sondern der Er- kennung und frühzeitigen Behandlung der schwerhörigen Kinder! Diese, und hier wird Herr Fleer zustimmen, sind in der Gruppe der bei der OAE-Messung auffälligen Kinder zu finden.Werden die Nachuntersuchungen, wie dies in ande- ren Projekten ohne zentral geregeltes Follow-up der Fall ist, in bis zu 50 Pro- zent nicht durchgeführt, so entgehen bis zu 50 Prozent der schwerhörigen Kinder einer frühzeitigen Therapie. Kurz gesagt:
Ein solches Screening wäre sinnlos und würde kaum den Aufwand rechtfertigen.
Die einzige Möglichkeit, das Follow-up sinnvoll zu organisieren, ist die im Saar- land realisierte Etablierung einer zen- tralen Koordinationsstelle, die die Be- mühungen aller beteiligten Fachgruppen sinnvoll aufeinander abstimmt, nicht er- fasste Kinder identifiziert und auffällige Kinder nachverfolgt. Mit der Einfüh- rung von mehr Bürokratie hat dies nichts zu tun. Es ist vielmehr die einzige Möglichkeit, das Neugeborenenhörscre- ening so zu gestalten, dass die vielfälti- gen Bemühungen in diese Richtung nicht mangels Effektivität im Sande ver- laufen.
Für die Verfasser:
Dr. med. Wolfgang Delb Universitäts-HNO-Klinik 66421 Homburg/Saar
Offene Fragen
Warum empfiehlt man zur Überprü- fung der Hypophysen-Nebennierenrin- den-Achse immer noch und ohne Litera- turangabe den Metopiron-Test, obwohl Metopiron hierzulande gar nicht mehr erhältlich zu sein scheint?
Als ich 1985 bis 87 an der Abteilung Innere Medizin III der RWTH Aachen
war, galt der Metopiron-Test dort bereits als obsolet. Wir haben – nach Ausschluss einer primären Nebennierenrindenin- suffizienz – entweder einen kombinier- ten Hypophysenstimulationstest mit 500 Mikrogramm TRH, 100 Mikrogramm LH-RH (beides in 1 min. i. v.), 0,1 IE Hu- man-Altinsulin/kg KG (rasch i. v.), 0,5/kg KG Argininhydrochlorid/kg KG (maximal 30 Gramm, als Kurzinfusion in 500 ml NaCl 0,9-prozentig innerhalb 30 min i. v.) oder mit 1 Ampulle CRH (teu- er!) plus – soweit ich mich erinnere – TRH und LH-RH in oben angegebener Dosierung durchgeführt. Bestimmt wur- den ACTH, Blutzucker, TSH, GH (STH), LH, FSH, Prolactin (!) und Cor- tisol, jeweils unmittelbar vor Beginn, nach 15, 30, 45, 60 und 90 Minuten (bei- des nur stationär am liegenden Patienten unter BZ- und RR-Überwachung, bei liegender großlumiger Kanüle und infu- sionsfertigen 500 ml Glucose 20 Prozent für den Fall schwerer symptomatischer Hypoglykämie bei BZ unter 50 mg/dl.
Kontraindikation: Schwere Leber- oder Nierenfunktionsstörung).
Dr. med. Regina Ströbele Buschingstraße 57/IV 81677 München
E-Mail: 700700001961@t-online.de oder praxis-stroebele@web.de
Schlusswort
Der Metopiron-Test ist der empfind- lichste Test, um die hypophysäre ACTH-Sekretionsreserve zu bestim- men (1). Metopiron wird von der Firma Novartis vertrieben und ist in Apothe- ken beziehbar. Dieser Test sollte ebenso wie die anderen Stimulations- und Sup- pressionstests durch Spezialisten durch- geführt werden. Unsere Übersicht war als Hilfe für den primär behandelnden Arzt und nicht den Endokrinologen ge- dacht.
Literatur
1. Orth DN, Kovacs WJ: The adrenal cortex. In: Wilson JD et al.: Textbook of Endocrinology. Philadelphia: W. B. Saun- ders 1998; 620.
Prof. Dr. med. Dietrich Klingmüller Institut für Klinische Biochemie, Abteilung Endokrinologie
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Sigmund-Freud-Straße 25
53127 Bonn M E D I Z I N
Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 21½½½½24. Mai 2002 AA1443
zu dem Beitrag
Diagnostik von
Hypophysenadenomen
von
Dr. med. Dietrich Klingmüller Dr. med. Bernhard Saller Prof. Dr. med.
Hans Jürgen Quabbe in Heft 46/2001