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Die postoperative Atemdepression bei gleichzeitigem Einsatz von Clonidin und Fentanyl in der Allgemeinanästhesie *

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Academic year: 2022

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Zusammenfassung: Hintergrund: Das Imida zolin - derivat Clonidin wird seit 40 Jahren für sehr unter- schiedliche Indikationen eingesetzt. Zur Re duktion des Narkosemittelbedarfes findet es seit etwa 20 Jahren in der Anästhesie Verwendung. Ziel der Studie ist die Untersuchung des Einflusses von Clonidin auf die post- operative Atemdepression bei Narkosen, die unter der Verwendung von Fentanyl durchgeführt werden.

Material und Methode: In dieser prospektiven placebokontrollierten doppelblind-randomisierten Stu - die (Blockrandomisierung) wurde an 36 neurochirurgi- schen Patienten (18 Patienten Fentanyl / Pla cebo, 18 Patienten Fentanyl / Clonidin) durch den Rück - atmungsversuch nach Read und Leigh der Einfluss von Clonidin auf den Atemantrieb (als Änderung der Steigung der Regressionsgeraden der CO2-Antwort - kurve) untersucht.

Ergebnis: Für die prozentuale Änderung der Regres - sions geraden an den Messzeitpunkten P1 und P2 (P1=120 min und P2=180 min nach OP-Beginn, OP- Dauer ´Ø 63 min) gegenüber dem Ausgangswert (Vor tag) gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen Placebo- und Verumgruppe (Placebo gruppe: 81,5 %, Verumgruppe: 81,2 %).

Schlussfolgerung: Bei Verwendung von Clonidin wäh- rend einer Allgemeinanästhesie ist auch bei dem Einsatz des länger wirksamen Opiates Fentanyl nicht mit einer Verlängerung der atemdepressorischen Wir - kung der Anästhetika in den untersuchten Do sierungen zu rechnen.

Schlüsselwörter: Atemdepression - Fentanyl - Clonidin - Rückatmung.

Summary:Background:Clonidine has been used for 40 years for various indications. Over the last 20 years it has also been used by anaesthesiologists to supple- ment the effects of anaesthetic drugs. The aim of the present study was to evaluate the impact of clonidine on postoperative respiratory depression after general anaesthesia employing fentanyl.

Patients and methods: In a prospective double-blind randomized trial, 36 neurosurgical patients were treated with clonidine or placebo in combination with standard fentanyl anaesthetic drugs. The rebreathing test de - scribed by Read and Leigh was used to assess the CO2- mediated central stimulation of breathing in both groups.

Results: The rebreathing test (measuring times/ P0: day before operation; P1 and P2: P1=120 min, P2=180 min after starting the operation; duration of operation ´Ø 63 min) failed to reveal any statistical differences (percen- tage change in the regression line) between the treat- ment groups in the responsiveness of the central ner- vous system to increased CO2 level (placebo group:

81.5 %, clonidine group: 81.2%).

Conclusion: The use of clonidine in combination with fentanyl (at the concentrations tested) in general anaes- thesia is not associated with prolonged sup pression of the respiratory centre.

Keywords: Respiratory Depression – Fentanyl – Clonidine – Rebreathing.

Einleitung

Ziel der Studie ist die Untersuchung des Einflusses des Medikamentes Clonidin auf die postoperative, durch Fentanyl induzierte Atemdepression.

Das in der vorliegenden Studie angewandte CO2- Rückatmungsverfahren ist ein Provokations ver fahren, das erstmalig 1967 von Read beschrieben wurde [1].

Dadurch, dass die Probanden innerhalb eines funktio- nell annähernd geschlossenen Systems atmen, kommt es zu einem Anstieg der inspiratorischen CO2-Konzen - tration. Weil CO2 gute Diffusions eigenschaften besitzt, entsteht im Rahmen des alveolären Gasaustausches eine Angleichung des arteriellen CO2-Partialdrucks (paCO2) an den exspiratorischen CO2-Partialdruck

Die postoperative Atemdepression bei gleichzeitigem Einsatz von Clonidin und Fentanyl in der Allgemeinanästhesie *

– Eine prospektive randomisierte Studie –

Respiratory depression following general anaesthesia involving clonidine combined with fentanyl – a prospective randomized trial

C. Weilbach1, H. Vangerow2, M. Karst2, M. Bernateck2, S. Piepenbrock2, J. Braun3, M. Winterhalter2 und M. Przemeck4

1 Anästhesieabteilung, St. Josefs-Hospital Cloppenburg (Chefarzt: PD Dr. C. Weilbach)

2 Zentrum Anästhesiologie, Medizinische Hochschule Hannover (Direktor: Prof. Dr. S. Piepenbrock)

3 Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin, Campus Charite Mitte, Campus Virchow-Klinikum, Charité Universitätsmedizin Berlin (Direktorin: Prof. Dr. C. Spies)

4 Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin, Anna-Stift Hannover (Chefarzt: PD Dr. M. Przemeck)

* Rechte vorbehalten

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(petCO2). Durch die Mecha nismen der chemischen Atmungsregulation wird das Atemzentrum veranlasst, das Atem mi nuten volumen kontinuierlich zu steigern.

Der Anstieg des Atemminutenvolumens verläuft über einen weiten Bereich linear zu dem Anstieg des petCO2. Das Imidazolinderivat Clonidin (Catapresan, Boeh ringer Ingelheim) wird seit 40 Jahren als Medikament einge- setzt. Zunächst als Mittel zur Abschwellung von Schleimhäuten entwickelt, fielen in der klinischen Erprobung Kreislaufzusammenbrüche der Proban den auf [2]. Der dafür ursächliche blutdrucksenkende Effekt [2,3] brachte der Substanz einen festen Stel len wert in der Behandlung von Hochdruck erkrankung en. Die sedierenden [4,5,6,7] und vegetative Reflexe dämpfen- den [8,9] Eigenschaften erschlossen dem Clonidin in den folgenden Jahren weitere Einsatzgebiete in der Suchtbehandlung [10,11] und in der Anästhesie und Intensivmedizin [12,13]. In der Anästhesie verwendet man Clonidin sowohl zur Prämedikation [14,15] als auch intraoperativ zur Supplementierung der Narkose [16,8]

sowie zur Verstärkung der Wirkung von Lokal anäs the - tika in der Lokal- und Regionalanästhesie [17,18] und postoperativ zur Verstärkung der Wirkung analgetischer Medikamente [19,20] sowie zur Behandlung des

„Shivering“ [21].

Das Opioid Fentanyl wurde in den sechziger Jahren ent- wickelt und als hochpotentes Analgetikum in die Anästhesie und Intensivmedizin eingeführt [22,23]. Die ausgeprägte atemdepressive Wirkung des Fentanyls ist seit langem untersucht [22,24]. Die postoperative Atemdepression nach Fentanyl trat so häufig und mit so gravierenden Folgen auf, dass weltweit Aufwachräume zur postoperativen Überwachung der Patienten einge- führt wurden.

Material und Methoden

Studiendesign

Die vorliegende Untersuchung ist eine prospektive ran- domisierte placebokontrollierte Doppelblind-Studie, in die 36 neurochirurgische Patienten mit einem lumbalen Bandscheibenvorfall eingeschlossen wurden. Die

Rando mi sierung erfolgte als Block randomi sierung (Blocklänge 4) anhand einer Randomisierungsliste mit je 20 Probanden. Für den Fall des Eintrittes schwerwie- gender unerwünschter Nebenwirkungen war die Möglichkeit der sofortigen Decodierung vorgesehen.

Nach Vorlage des Studienprotokolls und Abschluss einer Probanden versicherung nach § 40 AMG wurde die Studie durch die Ethikkommission der Medizinischen Hochschule Hannover genehmigt, alle Patienten erteil- ten nach ausführlicher Aufklärung ihr schriftliches Einver ständnis.

Primär wurde die mittlere Änderung der CO2-Antwort zwischen beiden Gruppen mit einer Varianzanalyse ver- glichen. Ab einem Stichprobenumfang von mindestens 16 Patienten pro Gruppe kann ein Unter schied in den Erwartungswerten, der in der Größen ordnung der Standardabweichung liegt, mit einer „Power“ von 80 % als signifikant (Irrtumswahr scheinlichkeit a=5 %, zwei- seitig) erkannt werden (Hypothese: Clonidin beeinflusst die postoperative Atemdepression nach Fentanyl nicht);

es wurden deshalb 18 Patienten in die Placebo-Gruppe (Fentanyl / Placebo) und 18 Patienten in die Verum- Gruppe (Fentanyl / Clonidin) eingeschlossen. Die Ergeb - nisse bestätigten den ausreichenden Stich proben - umfang. Ein Patient der Verumgruppe musste später von der Studie ausgeschlossen werden (Tab. 1), die Werte wurden nicht berücksichtigt.

Durchführung und zeitlicher Ablauf

Am Tag vor der Operation wurden die Patienten von einem Anästhesisten in standardisierter Weise auf die Narkose vorbereitet und über die Studie aufgeklärt.

Dieses beinhaltete eine ausführliche Anamnese erhe - bung und eine körperliche Untersuchung mit anschlie- ßender Narkoseeinwilligung durch den Patienten.

Nach einer mindestens 24-stündigen Bedenkzeit er - klärten die Patienten ihr schriftliches Einver ständnis für die Teilnahme an der Untersuchung.

Am Vorabend des präoperativen Tages wurde im Ersten (P0) von 3 Rückatmungsversuchen der Kon troll wert zu den postoperativ gewonnenen Werten erhoben. Der

Tab. 1: Ausschluss- und Abbruchkriterien.

präoperativ Schwerwiegende kardiale, pulmonale oder neurologische Vorerkrankungen Vorerkrankungen (z.B. Zustand nach Herzinfarkt, schwere COPD, Epilepsie)

Dauermedikation mit β-Blockern, Herzglykosiden, Opiaten, Antidepressiva, MAO-Hemmern oder Neuroleptika Ablehnende Haltung gegenüber dem Verfahren

postoperativ Schwerwiegende intraoperative chirurgische oder anästhesiologische Komplikationen (z.B. Blutung, allergische Reaktion, Schock, lebensbedrohlicher Blutdruckabfall, OP-Zeit >2 h)

Einsatz von Opioiden zur postoperativen Analgesie bzw. Überschreitung der vorgegebenen Dosierungen für die Anästhetika

Mangelnde Compliance des Patienten bei der Durchführung des Versuches, Wunsch des Patienten nach Studienabbruch

Anstieg des petCO2>70 mmHg (9,31 kPa)

Abfall der peripheren Sauerstoffsättigung unter 90 % Ablehnende Haltung gegenüber dem Verfahren

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zweite (P120) und dritte (P180) Versuch fanden 120 bzw. 180 Minuten nach Operationsbeginn (zur Reduk - tion des Einflusses der Vorlaufzeit) statt. Zu diesem Zeit punkt waren Operation und Narkose in jedem Fall beendet.

Narkose

Als orale Prämedikation erhielten alle Patienten am Vorabend 10 mg Diazepam und am OP-Tag 30 min vor Narkosebeginn 7,5 mg Midazolam. Nach Einleitung der Narkose mit Propofol (2,5 mg / kg KG) und Fentanyl (4 µg / kg KG) sowie Relaxierung mit Atracuriumbesilat (0,5 mg / kg KG) erfolgte die orotracheale Intubation, die Narkose wurde mit Propofol (100-200 µg / kg KG /min über Perfusor bis Hautnaht) unter Verwendung von N2O 70 % (30 % O2, petCO2 32-38 mmHg (4,26-5,05 kPa) aufrechterhalten.

Zum Operationsbeginn erhielten die Patienten noch- mals (verblindet) einen Bolus von 1,5 µg / kg KG Fenta - nyl mit Clonidin (n=18) 3 µg / kg KG [13] oder Placebo NaCl 0,9% (n=18) über einen Perfusor.

Zur postoperativen Analgesie wurde vor Operations - ende mit einer Metamizol-Kurzinfusion (30 mg / kg KG Novaminsulfon-ratiopharm in 100 ml NaCl) be gonnen.

Rückatmungsversuch und verwendete Geräte Die Patienten lagen bei Durchführung des Versuches in einer für sie möglichst angenehmen Position in ihrem Bett, wobei die Vorgabe des Operateurs eine maximale Oberkörperhochlage von 10° vorsah. Ein kontinuierli- ches Monitoring von EKG, Pulsfrequenz, peripherer Sauerstoffsättigung und nichtinvasivem Blutdruck wurde durchgeführt.

Die Patienten erhielten eine Nasenklammer und atme- ten über ein dicht schließendes Mundstück aus einem 12-Liter-Reservoirbeutel mit Sauerstoff. Da dem System durch den Gasansaugadapter des Monitors 200 ml Gasgemisch pro Minute entzogen wurden, mussten über das Beatmungsgerät zusätzlich 200-400 ml O2/min zugeführt werden. Hierdurch konnte die inspiratorische O2-Konzentration während der Rückatmungsphase über 40 % gehalten werden. So wurde eine Hypoxie vermieden, um eine hypoxiebedingte Beeinflussung der Ventilation auszuschließen. Als Rückatmungssystem wurde ein modifiziertes Ventilog Kreissystem der Firma Dräger Lübeck verwendet. Ein 12-Liter-Reservoirbeutel diente als Rückatmungskammer. Der Kohlendioxid - absorber des Kreissystems wurde zu Beginn der Rück - atmungs phasen entfernt, um einen Anstieg der Kohlendioxidkonzentration im Kreissystem zu ermög- lichen; (Totraum ca. 100 ml).

Nach einer Eingewöhnungsphase von mehreren Minuten unter normokapnischen Bedingungen wurde der CO2-Absorber aus dem Beatmungs kreis lauf ent- fernt. Dadurch begann die inspiratorische CO2- Konzentration langsam zu steigen. Die Pa tien ten atme-

ten, bis eine maximale inspiratorische CO2-Konzen - tration von 70 mmHg erreicht war oder sie die Beendigung des Versuchs wünschten. Ein Rück - atmungsversuch dauerte jeweils etwa 6-10 Minuten.

Atemparameter

Die Auswertung der Parameter basiert auf der Funktion

„Atemminutenvolumen (AMV) in Abhängig keit vom end- exspiratorischen CO2-Gehalt (pet CO2)“, die in Form der sogenannten CO2-Antwortkurve dargestellt werden kann.

Die primäre Zielgröße war die Veränderung dieser Messwerte durch die Applikation der zentral wirksamen Substanzen Fentanyl und Clonidin [25,26]. Diese Veränderung wurde als Steigung der Regres - sionsgeraden der CO2-Antwortkurve bei jedem Pa - tienten einmal vor und zweimal nach der Operation bestimmt.

Bei allen Messungen wurden die ersten 60 Sekunden der Rückatmungsphase von der Auswertung ausge- nommen, da aufgrund des sogenannten „DOG-LEG“- Phänomens [25,26] in diesem Bereich die CO2- Antwortkurve noch nicht linear verläuft.

Statistisches Verfahren

Die Reduktion der CO2-Antwort wurde als Regres sion des Atemminutenvolumens zum steigenden petCO2 bei jedem Patienten einmal vor und zweimal nach der Operation bestimmt. Eine weitere Zielgröße war die postoperative Erhöhung des petCO2 bei einem Atemminutenvolumen von 15 l, im weiteren Verlauf auch Rechtsverschiebung genannt.

Die Auswirkungen von Clonidin auf den Verlauf der gemessenen Parameter sowie Unterschiede zwischen P0, P120 und P180 wurden mit Hilfe einer Varianz - analyse auf ihre Signifikanz geprüft, sofern eine dafür erforderliche Normalverteilung der Ausgangs werte mit Hilfe des Kolmogorov-Smir nov-Tests nachgewiesen werden konnte.

Durch eine Kovarianzanalyse sollte weiterhin geklärt werden, ob die applizierte Dosis Propofol das Ergebnis signifikant beeinflusst.

Ein Niveau von p<0,05 wurde bei allen Testverfahren als signifikantes Ergebnis angesehen.

Ergebnisse

Rückatmungsversuch

In der Placebogruppe lag die durchschnittliche Steigung der Regressionsgeraden für P0 bei 998 (+/-1 SD 463) ml / mmHg gegenüber 920 (+/-1 SD 363) ml / mm Hg in der Verumgruppe. Am Messzeitpunkt P120 betrug die durchschnittliche Steigung der Placebo - gruppe 710 (+/-1 SD345) ml / mmHg, in der Verum - gruppe 698 (+/-1 SD 328) ml / mmHg(+/-1 SD). P180 zeigte in der Placebogruppe eine mittlere Steigung

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von 705 (+/-1 SD 302) ml / mmHg gegenüber 829 (+/-1 SD405)ml / mmHg in der Verumgruppe (Tab. 2).

Die prozentualen Änderungen gegenüber dem Aus - gangswert waren in beiden Gruppen für P120 fast gleich (Placebogruppe: 81,5 % / +/-1 SD 60,8%;

Verumgruppe: 81,2 % / +/-1 SD32,7%). Für die Stei - gung bei P180 ergab sich in der Verumgruppe eine Stei - ge rung auf 96,4 % (+/-1 SD53,5%) des Aus gangs - wertes, während sich die prozentuale Steigung der Pla - cebogruppe auf 78,7 % (+/-1 SD 47,4%) verringerte.

Mit dem t-Test für verbundene Stichproben wurden nun die verschiedenen Messzeitpunkte ( r0-r120 und r0- r180) innerhalb der jeweiligen Gruppen verglichen. Die statistische Auswertung zeigte eine signifikante Ände- rung der Steigungen innerhalb der Gruppen von prä-Op nach post-Op. Hieraus lässt sich schlussfolgern, dass die Probanden beider Gruppen nach der Narkose einen deutlich schlechteren Atemantrieb hatten als vorher.

Nun wurden mit Hilfe einer Varianzanalyse die Werte aus beiden Gruppen miteinander verglichen. Weder im absoluten Vergleich der Steigungen noch am Vergleich der relativen Änderung zum Kontrollwert zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.

Patientendaten

Insgesamt wurden 36 Probanden (8 weibliche, 28 männliche) ohne ernsthafte Begleiterkrankungen (ASA I-II) untersucht. Das mittlere Alter der Pro banden lag bei 41,3 (+/-1 SD 9,8) Jahren, das mittlere Körpergewicht

betrug 80,5 (+/-1 SD11,6) kg bei einer durchschnitt- lichen Körpergröße von 176,9 (+/-1 SD 8,0) cm. Die demographischen Daten waren normal verteilt, ein sig- nifikanter Unterschied zwischen den Daten beider Gruppen bestand nicht (Tab. 3).

Narkoseverlauf

Die durchschnittliche Narkosedauer des Gesamt - kollektivs betrug 109,20 min (99,56 min Placebo gruppe und 118,13 min Verumgruppe), bei einer durchschnitt- lichen Operationszeit von 63,25 min (57,07 min Placebogruppe und 69,23 min Verum gruppe).

Zur Narkoseeinleitung und Aufrechterhaltung benötig- ten die Patienten durchschnittlich insgesamt 952 mg (107 µg / kg KG / min) Propofol, in der Place bogruppe 925 mg (111µg / kg KG / min) und in der Verumgruppe 977 mg Propofol (103 µg / kg KG / min).

Für die Narkose- und Operationszeiten sowie für die benötigten Propofolmengen beider Gruppen gab es kei- nen signifikanten Unterschied. Die erhobenen Da ten waren normalverteilt.

Dosierungen von Fentanyl und Clonidin

Die Fentanyldosierung erfolgte gewichtsadaptiert. Zur Narkoseeinleitung erhielten die Patienten 4 µg / kg KG, zum Hautschnitt nochmals 1,5 µg / kg KG Fentanyl als Bolus. Die Probanden der Place bo gruppe erhielten durchschnittlich insgesamt 0,461 mg, die der Clonidingruppe 0,426 mg und die Pa tien ten des Ge - samt kollektives 0,443 mg Fentanyl.

Tab. 2: Absolute und relative Steigungen der Regressionsgeraden im Gruppenvergleich.

Placebogruppe Signifikanzniveau im Verumgruppe Gruppenvergleich

r0 (ml / mmHg) 998 P=0,58 920

(+/-1 SD) 463 363

r120 (ml / mmHg) 710 P=0,92 698

(+/-1 SD) 345 328

r180 (ml / mmHg) 705 P=0,31 829

(+/-1 SD) 302 405

a1 (%) 81,5 P=0,99 81,2

(+/-1 SD) 60,8 32,7

a2 (%) 78,7 P=0,31 96,4

(+/-1 SD) 47,7 53,5

Tab. 3: Daten der Probanden.

Gesamt Placebogruppe Signifikanzniveau im Verumgruppe Gruppenvergleich

Alter (Jahre) 41,3 39,6 p=0,33 42,9

(+/-1 SD) 9,8 10,0 9,6

Größe (cm) 176,9 176,7 p=0,87 177,2

(+/-1 SD) 8,0 9,3 6,9

Gewicht (kg) 80,5 83,7 p=0,11 77,4

(+/-1 SD) 11,6 14,4 7,4

BMI (kg/m2) 25,7 26,8 p=0,54 24,7

(+/-1 SD) 3,3 4,0 2,1

(SD: Standardabweichung, BMI: Body-Mass-Index).

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Die Clonidindosierung in der Verumgruppe erfolgte ebenfalls gewichtsadaptiert. Die Patienten erhielten jeweils 3 µg / kg KG zum Operationsbeginn. Dies ent - sprach einer durchschnittlichen Clonidinmenge von 0,241 mg.

Ausschluss von der Studie

Ein Patient der Verumgruppe musste von der Studie ausgeschlossen werden, da er postoperativ trotz vorhe- riger Novalginapplikation nicht schmerzfrei war und zusätzlich Piritramid (Dipidolor) benötigte. Damit war ein Ausschlusskriterium erfüllt, und die beiden postoperati- ven Versuche wurden nicht durchgeführt, die Ergeb nis - se gingen nicht in die Auswertung ein.

Diskussion

Die am häufigsten verwendete Methode zur Mes sung einer zentralen Atemdepression ist die Aus wertung der CO2-Rückatmungskurven. Bei einer durch Opiate aus- gelösten Atemdepression kommt es zu einer Ver - ringerung der Steigung dieser Gera den, das heißt, das Atem-Minutenvolumen erhöht sich bei Steigerung des EE CO2-Wertes in geringerem Maße. Dieses ist auf eine verminderte Empfindlichkeit des Atemzentrums gegen- über CO2zurückzuführen. Die Einheit der Steigungen ist ml/mmHg.

Zur statistischen Auswertung wurde für die beiden Gruppen jeweils der Quotient der Steigungen r120 und r0, bzw. r180 / r0 gebildet, um die relative Änderung die- ser Werte gegenüber dem korrespondierenden Kontrollwert zu bestimmen. Diese Quotienten erhielten die Bezeichnung a1 (für r120 / r0) bzw. a2 (für r180 / r0) und haben die Einheit Prozent (%).

Um Veränderungen des zentralen Atemantriebes zu erfassen, die nicht mit der Verminderung der Steigung der CO2-Antwortkurve einhergehen, wurde zusätzlich noch die Rechtsverschiebung der CO2-Antwortkurve untersucht. Die Forderung, bei der statistischen Auswertung auch die Rechtsverschiebung nach der obengenannten Methode zu berücksichtigen, wird von mehreren Autoren erhoben [27,28,29].

Bei den Patienten dieser Studie zeigte sich postopera- tiv, d.h. 2 Stunden nach der letzten Opiatgabe, eine mäßige Reduktion der Steigung der CO2-Antwortkurve auf 81,5 bzw. 81,2 % gegenüber dem präoperativen Ausgangswert.

In Studien von Harper et al. [30] und Morisot et al. [31]

war eine Restitution des Atemantriebes innerhalb von 1 bis 2 Stunden nach Fentanylgabe erreicht. Lehmann et al. [32] verwendeten die gleiche Fentanyl dosierung und fanden dagegen die relative Steigung der CO2- Antwortkurve nach 1 Stunde auf 64 % verringert.

Die Patienten dieser Studie zeigten postoperativ eben- falls eine deutliche Atemdepression. In der relativen Steigung der CO2-Antwortgeraden gab es aber zwi- schen der Placebo- und der Clonidingruppe keinen sig- nifikanten Unterschied. So ist die nachgewiesene post- operative Atemdepression als „Kumulativ wirkung“ aller prä- und intraoperativ verabreichten Benzodiazepine, Opiate und Hypnotika zu bewerten. Beim Vergleich der prozentualen Veränderung der Steigungen zeigt sich für a1 (Quotient aus 1. postoperativer Steigung und prä - operativer Steigung) nur ein geringfügiger, nicht-signifi- kanter (p=0,986) Unterschied zwischen der Placebo- und der Verumgruppe. Auch die Unterschiede für a2 (Quotient aus 2. postoperativer Steigung und präopera- tiver Steigung) waren nicht signifikant (p=0,311).

Bemerkenswert war die (allerdings nicht signifikant) schnellere postoperative Erholung des Atem an triebes in der Clonidingruppe im Vergleich zur Place bogruppe nach 180 Minuten. Ein benefizieller Effekt des Clonidins auf die postoperative Erholung der Funktion des Atemzentrums nach Narkose lässt sich allerdings aus den Ergebnissen dieser Studie nicht ableiten.

Für die anhand des petCO2 bei 15 l AMV berechnete Rechtsverschiebung ergaben sich für PET1 (Quotient aus 1. postoperativem petCO2 bei 15 l AMV und prä - operativem petCO2bei 15 l AMV) und PET2 (Quotient aus 2. postoperativem petCO2 bei 15 l AMV und prä - operativem petCO2 bei 15 l AMV) nahezu identische Werte in beiden Gruppen. Auch hier war der Gruppenunterschied nicht signifikant (p=0,846 bzw.

p=0,688). Bei größerem Stichprobenumfang wäre ein

Tab. 4: Narkosedauer und Propofolverbrauch.

Gesamt Placebogruppe Signifikanzniveau im Verumgruppe Gruppenvergleich

Operationsdauer (min.s) 63,3 57,1 P=0,22 69,2

(+/-1 SD) 29,2 31,2 26,5

Narkosedauer (min.s) 109,2 99,6 P=0,07 118,1

(+/-1 SD) 29,5 35,4 20,3

Propofol gesamt (mg) 952 925 P=0,69 977

(+/-1 SD) 382 445 323

Propofol (µ/kg KG/min) 107 111 P=0,31 103

(+/-1 SD) 24 24 24

KG: Körpergewicht, SD: Standardabweichung.

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signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen ebenfalls nicht zu erwarten.

Das Ergebnis einer früheren Studie [25], die allerdings an gesunden Probanden und bei geringer Fallzahl (12 Probanden) einen solchen Zusam men hang zeigte, konnte nicht bestätigt werden.

Schlussfolgerung

Durch den Einsatz von Clonidin bei einer Narkose mit Fentanyl ist unter den gewählten Dosierungen nicht mit einer Verlängerung der atemdepressorischen Wirkung des länger wirksamen Opiates Fentanyl zu rechnen.

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Korrespondenzadresse:

Priv.-Doz. Dr. med. Christian Weilbach Anästhesieabteilung

St. Josefs-Hospital Krankenhausstraße 13 49661 Cloppenburg Deutschland Tel.: 04471 161500 Fax: 04471 161500

E-Mail: c.weilbach@kh-clp.de

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