Versuchsbericht | 2014
Rebbauversuche in der Deutschschweiz 2014
Werner Siegfried, Forschungsanstalt Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften (IPB)
Impressum
Herausgeberin : Forschungsanstalt Agroscope www.agroscope.ch
Titelbild : Essigfäulebefall an Blauburgunder Copyright: 2012 Agroscope, IPB
Inhaltsverzeichnis
1. Witterungsverlauf und Rebenentwicklung... 4
2. Auftreten der Krankheiten und Schädlinge 2014 ... 7
3. Rebsortenprüfung ... 9
3.1. Blauburgunder Klonenprüfung in Stäfa ... 19
3.2. Blauburgunder Klonenprüfung in Fläsch ... 21
4. Ertragsregulierung und Auslaubversuche ... 23
4.1. Ertragsregulierung Blauburgunder Wädenswil ... 23
4.2. Ertragsregulierung Pinot blanc in Stäfa ... 25
4.3. Auslaubversuche Wädenswil ... 27
4.4. Auslaubversuch Stäfa ... 30
5. Unterlagenversuch Markstaller in Malans ... 32
6. Unterlagenversuch Wädenswil ... 34
7. Applikationstechnik ... 36
7.1. Vergleich Turbomobil zu Lipco-Tunnelsprühgerät GSG ... 36
8. Natürliche Zuckerkonzentration am Stock ... 40
9. Reifemessungen 2014 ... 41
10. Dank ... 44
11. Rebbauteam, Wümmerinnen und Wümmer 2014 ... 44
12. Neue Abfüllanlage ... 46
13. Silbermedaillen für drei Weine aus Wädenswil ... 47
2014 Temp.
Mittel Temp.
Extreme Min.
Temp.
Extreme Max.
Nieder-
schlag Sonnen- schein-
dauer
Temp. Mittel
langjährig Nieder- schlag langjährig
Sonnen- scheindauer
langjährig
°C °C °C mm h °C mm h
Januar 3.4 -3.5 14.0 58 74 -0.4 91 38
Februar 4.6 -2.2 14.2 75 100 1.0 85 68
März 7.4 -0.6 21.7 38 210 4.2 93 120
April 11.6 1.4 22.5 77 187 8.1 108 144
Mai 13.6 4.2 28.6 133 166 12.4 129 174
Juni 19.0 8.7 34.3 117 286 15.7 151 181
Juli 18.7 10.1 32.6 216 176 18.0 148 211
August 17.3 8.5 28.7 173 146 17.0 157 190
September 16.1 7.2 27.4 62 172 14.2 108 152
Oktober 13.0 3.2 25.7 87 135 9.5 86 102
November 7.7 0.8 20.8 71 69 4.3 101 55
Dezember 3.7 -8.5 13.2 63 37 0.7 97 36
Jahresmittel
resp. Summe 11.3 1'171 1'758 8.7 1'354 1'471
1. Witterungsverlauf und Rebenentwicklung
Milder Winter ohne Schnee und ohne Eistage: Die Durchschnittstemperaturen im Januar und Februar lagen je 3 °C über dem langjährigen Mittel, der 5. wärmste Winter seit Messbeginn1865. Die Niederschlagsmengen waren rund 25 % tiefer als im Schnitt. Am Zürichsee verzeichneten wir keinen einzigen Eistag (Temp. <0 °C) und Schneefall bis in die Niederungen blieb ebenfalls aus.
Tab. 1: Witterungsverlauf 2014 in Wädenswil und Vergleich zu den langjährigen Mittelwerten
Die ersten Märztage sind noch kühl und nass, dann beginnt eine dreiwöchige Schönwetterperiode mit stetig steigenden Temperaturen und weit überdurchschnittlichen Sonnenscheinstunden. Vom 22. bis 26. März unternimmt der Winter nochmals einen letzten, vergeblichen Anlauf. Es kommt zu einem markanten Temperatursturz mit starkem Schneefall bis auf 1000 m ü. M.
In den Niederungen bleiben die Temperaturen jedoch im positiven Bereich und gegen Ende Monat wird es wieder frühlingshaft warm. Mit nur 38 mm Niederschlag ist der März sehr trocken ausgefallen. Die Sonnenscheindauer mit 210 Stunden ist rekordverdächtig hoch und wird in diesem Jahr nur noch vom Juniwert (286 h) übertroffen. In den frühen Lagen sind die Reben Ende März bereits in der Wolle (Stad. 05). Der Austrieb der Reben beginnt rund zwei Wochen früher als im langjährigen Schnitt.
Die Trockenheit dauert bis fast Ende April, dann fällt innerhalb von sechs Tagen 2/3 der ganzen Monatsmenge. Die Temperaturen liegen bis Mitte Monat über der Norm. Exakt auf Karfreitag (18.4.) erreicht uns eine Kaltfront, die Temperaturen sacken um 10 °C ab und es gibt sogar am Zürichsee etwas Schnee bis ganz hinunter. Ab Ostermontag steigen die Temperaturen aber rasch wieder auf Normalwerte an. Die Reben erreichen das 1-Blattstadium zwischen dem 17. und 22.4., ein Vorsprung von 10-14 Tagen. Vom 25. April bis 15. Mai regnet es an insgesamt 17 Tagen und es ist in dieser Phase viel zu kühl.
Heftige Niederschläge am 7. Mai führen zu einer ersten Primärinfektionsbedingung des Falschen Rebenmehltaus. Die Temperaturen während der kritischen Benetzungszeit sind jedoch unter 10 °C und die Reben haben zu diesem Zeitpunkt erst zwei Blätter entfaltet. Keine grosse Infektionsgefahr aber schwierig zu beurteilen. Ab Mitte Mai steigen die Temperaturen wieder deutlich an, bleiben aber vorab im moderaten Bereich. Es ist wüchsiges Wetter, bis Ende des Monats zählt man 8 bis 9 entfaltete Blätter pro Trieb.
Der Juni geht mit 19 °C Durchschnittstemperatur als wärmster Sommermonat des Jahres 2014 in die Geschichte ein. Auch die höchsten Maximawerte des ganzen Sommers werden mit 34 °C am 9. Juni gemessen. Ideale Bedingungen ab Pfingsten (8.6.) mit hochsommerlichen Temperaturen führen zu einem zügigen Blühverlauf. Innerhalb von einer Woche blühen gleichzeitig die frühen, mittleren und späten Sorten. Trotz kurzer Blüte mit sehr hohen Temperaturen ist die Befruchtung gut. Nur vereinzelt gibt
Stadium (BBCH) 2014 Riesling-
Silvaner Blau-
burgunder Austrieb, 1. Blatt (11) 17.4. 22.4.
Beginn Blüte (61) 10.6. 10.6.
Volle Blüte (65) 12.6. 12.6.
Ende Blüte (69) 16.6. 16.6.
Traubenschluss (77) 14.7. 14.7.
Beginn Beerenreife (81) 4.8. 12.8.
Lesebeginn 29.9. 13.10.
von der vollen Blüte bis
zur Lese 109 Tage 123 Tage
es Verrieselungen. Die jungen Beerchen wachsen enorm schnell. Am 25. Juni ist die Schrotkorngrösse erreicht und am 5. Juli beginnt bei den kompakten Sorten der Traubenschluss.
Tab. 2: Rebenentwicklung 2014 in Wädenswil
Gefühlsmässig sind der Juli und August keine typischen Sommermonate. Der Juli ist nass, kühl und weit unterdurchschnittlich an Sonnenstunden. Heftige Gewitter führen in der Zentralschweiz (Emmental) und im St. Galler Rheintal zu schweren Überschwemmungen. In Wädenswil und Stäfa werden im Juli mehr als 200 mm Niederschlag und 19 Regentage registriert. An manchen Stationen sind es jedoch 300 bis über 400 mm.
Die Reben entwickeln sich jedoch prächtig, die Trauben legen schnell an Grösse zu und das Triebwachstum ist kaum zu bremsen. Mähen, Obenabnehmen, Auslauben und Pflanzenschutz, es muss fast alles gleichzeitig gemacht werden, eine grosse Herausforderung bei diesen vielen Regentagen.
Gegen Ende des Monats beginnen bei den frühen Sorten (Solaris, Riesling-Silvaner, Garanoir) die Beeren weich zu werden.
Die Kirschessigfliege befällt frühe blaue Sorten: Bei Muscat bleu am Keltereigebäude in Wädenswil findet man ab Mitte August massenhaft Kirschessigfliegen an den reifenden Beeren. Die Fallenfänge im Rebberg zeigen ebenfalls eine starke Zunahme der Population.
Der August brachte wettermässig keine Verbesserung, weiterhin lässt der Sommer auf sich warten. Der Vegetationsvorsprung ist nun dahin, die Reifeentwicklung entspricht etwa dem 10-jährigen Mittelwert. Besonders augenfällig ist das ausgeprägte Sonnenscheindefizit in weiten Teilen der Schweiz (Abb. 1). Am Zürichsee werden nur 146 Sonnenstunden registriert, das ist ein Minus von 30 % im Vergleich zur Norm. An insgesamt 21 Tagen wird Niederschlag registriert.
Der September startet trocken aber zu kühl und oft mit bedecktem Himmel. Nach vier bis fünf schönen Tagen gibt es vom 10.
bis 14.9. eine Phase mit Höhenkaltluft und Tagesdurchschnittstemperarturen von lediglich 12-14 °C. Der Sommer scheint definitiv vorbei zu sein, auch wenn es vom 15. bis 20. September wieder sehr angenehme Temperaturen gibt. Neben den Problemen mit der Kirschessigfliege und dem Essigfäulebefall zeigen sich am Zürichsee ab anfangs September deutliche Symptome der Stiellähme. Besonders betroffen sind auf unserem Betrieb Riesling-Silvaner und Blauburgunder.
Der Lesebeginn bei den frühen Sorten (19.9. Räuschling-Junganlage, 24.9. Regent, Muscaris, 29.9. Riesling-Silvaner) fällt dann wieder in eine Phase mit wechselhafter Witterung und einigen Regentagen. Die Fäulnis diktiert dieses Jahr den Lesetermin.
Gerade rechtzeitig für die Hauptlese kommt ab Ende September doch noch der Altweibersommer und dauert zum Glück bis zum 20. Oktober. Was man fast nicht mehr erhoffen durfte, wurde doch noch war. Der Föhn sorgte für sehr trockene und warme Tage. Die Oechslegrade nahmen beim Blauburgunder sprunghaft zu und erreichten in den guten Lagen noch sensationell hohe Werte. An der Sternenhalde wurde am 20. Oktober der letzte Posten Blauburgunder mit 100 °Oe gelesen. Ein wahrlich versöhnlicher Abschluss eines Rebjahrs, das vor allem wegen Kirschessigfliege, Essigfäule, Stiellähme und des enormen Leseaufwands in Erinnerung bleiben wird.
November und Dezember sind ebenfalls deutlich wärmer als der langjährige Durchschnitt, die Niederschläge jedoch einiges unter der Norm. In der Bilanz gehört das 2014 zu den wärmsten Jahren seit Messbeginn 1864, bei den Niederschlägen ist man jedoch am Zürichsee 100 mm unter dem langjährigen Wert. Der Winter kommt erst Ende Dezember und auch hier mit einem Extremereignis. Die Temperaturen sinken in der Nacht vom 28. auf den 29. Dezember im Nordosten der Schweiz in exponierten Lagen auf bis -20 °C. In Hallau werden am Morgen des 29. Dezember an der Meteo-Schweiz-Station -21.1 ° C gemessen. An der Agroscope-Wetterstation, etwas höher in den Reben gelegen, sind es -15 °C. Am Zürichsee und in der Bündner Herrschaft sind es dank leicht bedecktem Himmel nur -9 °C.
0 50 100 150 200 250 300 350
Jan Feb März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.
2014 langjährig
Juli u. August = sonnenreichste Monate Juli 2014 - 22 %
August 2014 - 30 %
Abb. 1: Wädenswil 2014: Sonnenscheinstunden im Vergleich zum langjährigen Mittel
Auffallend sind die beiden Spitzenwerte im März und Juni. Hier liegen die Sonnenscheinstunden weit über der Norm. Im Juli und August verzeichneten wir hingegen ein Defizit von 22-30 %. Der ausgeprägte Mangel an Sonnenstunden, verbunden mit hohen Niederschlagsmengen wirkte sich auf negativ auf gewisse Stoffwechselvorgänge bei den Reben aus. Es ist anzunehmen, dass durch das hohe Wasserangebot im Boden permanent Stickstoff aufgenommen wurde, dieser jedoch wegen mangelnder Photosyntheseaktivität nicht umgesetzt werden konnte. Dieses Überangebot an Stickstoff führte beim empfindlichen Stielgerüst zu einer Schädigung des Gewebes und somit zu den typischen Nekrosen von Stiellähme.
Abb. 2: Stiellähme an Riesling-Silvaner
2. Auftreten der Krankheiten und Schädlinge 2014
Schwarzfleckenkrankheit: Beim Winterschnitt waren die Symptome der Krankheit beim Riesling-Silvaner nicht zu übersehen.
Bei allen anderen Sorten gab es jedoch keine Hinweise auf vermehrtes Auftreten. Am 7.4. und 14.4. erfolgten zwei Behandlungen mit Folpet beim Riesling-Silvaner. Kühle Witterung ab dem 25. April führten zu einer Stagnation beim Austrieb.
Bis zur ersten Mehltaubehandlung am 21.5. erfolgten keine weiteren Schwarzfleckenbehandlungen. Im Nachhinein zeigte sich, dass es in dieser Zeitspanne zwischen dem 2 Blatt- bis zum 4 Blattstadium noch zu weiteren Infektionen kam. Im Laufe des Sommers entwickelten sich die Symptome an den befallenen Trieben dann auch mehrheitlich zwischen dem vierten und fünften Internodium. Insgesamt ein mittlerer Befall bei Riesling-Silvaner mit guter Wirkung an den untersten drei Internodien. Für eine noch bessere Bekämpfung wäre eine dritte Behandlung um den 25. April, unmittelbar vor einer neuntägigen Nässeperiode, notwendig gewesen.
Kräusel- und Pockenmilben: Im 2013 stellten wir vor allem bei Junganlagen einen stärkeren Befall fest. Aus diesem Grund wurde ein Versuch mit verschiedenen Austriebsverfahren wie Rapsöl+Chlorpyriphos, Paraffinöl, Paraffinöl+Schwefel und mit Schwefel vorgenommen. Die Behandlungen bei Riesling-Silvaner und Blauburgunder erfolgten am 7. April mit dem Tunnelsprühgerät von Lipco mit einer Brühemenge von 400 l/ha.
Tab. 3 Austriebsbehandlung gegen Kräusel- u. Pockenmilben Kräuselmilben
befallene Triebe in %
Pockenmilben befallene Blätter in %
Kontrolle Riesling-Silvaner 1 6
Paraffinöl 16 l/ha 0 4
Netzschwefel 16 kg/ha 0 0
Netzschwefel+Paraffinöl 8 kg+8 l/ha 0 0
Oleodan 4 l/ha 0 0
Kontrolle Garanoir 0 29
Netzschwefel 16 kg/ha 0 0
Die am 6. Juni bei Blühbeginn vorgenommene Auswertung zeigt bei Riesling-Silvaner nur einen sehr geringen Befall von Pockenmilben. Leider kann die Wirksamkeit der verschiedenen Verfahren somit nicht beurteilt werden. Beim Garanoir waren deutlich mehr Blätter mit Pockenmilben befallen. Hier zeigte die Netzschwefelbehandlung eine sehr gute Wirkung. Andere Verfahren konnten bei dieser Sorte nicht geprüft werden. Beim Blauburgunder trat in der Kontrolle überhaupt kein Befall auf.
Kräusel- und Pockenmilben sowie Thrips stellten 2014 auch auf dem Betrieb Sternenhalde kein Problem dar.
Rotbrenner und Schwarzfäule: Weder aus der Praxis noch auf unseren Versuchsflächen gab es Hinweise zum Auftreten dieser beiden Krankheiten.
Falscher Rebenmehltau: Im März und bis am 24. April fällt nur sehr wenig Niederschlag. Für die Zürichseeregion ist es eher selten, dass die Bodenoberfläche so trocken ist. Im April nehmen die Gradtage (>8°C) sehr schnelle zu. In Stäfa ist der Schwellenwert für die Keimbereitschaft der Wintersporen am 26. April, in Wädenswil, Hallau und Wülflingen am 6. Mai erreicht.
In Changins zeigen die Untersuchungen eine Verzögerung in der Reifeentwicklung der Oosporen. Als Grund wird die lange Trockenperiode im März und April vermutet. Schon in früheren Jahren haben wir festgestellt, dass sich die Reife der Oosporen bei langer Frühjahrstrockenheit verzögern kann. Es braucht dann mindestens zwei bis drei bodendurchnässende Niederschlagsereignisse bis die Wintersporen tatsächlich keimbereit sind. Das Modell für die Primärinfektion hat hier eine gewisse Ungenauigkeit. In solchen Grenzfällen müsste der Spezialist ins Modell eingreifen und manuell eine Korrektur vornehmen, so dass keine Infektionen angezeigt würden. Dies setzt jedoch eine grosse Erfahrung voraus und ist in unseren klimatisch doch sehr heterogenen Gebieten mit einem gewissen Risiko verbunden.
Ab dem 5. Mai kommt eine kühlere Phase mit zum Teil ergiebigen Niederschlägen. Für Primärinfektionen sind jedoch die Temperaturen meistens im Grenzbereich und oft sogar unter 10°C. Am 7.5. rechnet das Modell eine erste Primärinfektionsbedingung, weitere folgen am 23.5., 28.5. und 5.Juni. Die ersten Ölflecken werden in Stäfa und Wädenswil am 2. Juni, unmittelbar vor Blühbeginn, gefunden. Ein nächster Schub an neuen Ölflecken wird dann erst am 23. Juni sichtbar. In den unbehandelten Kontrollparzellen breitet sich die Krankheit bis Mitte Juli nur moderat aus. Es zeigen wohl über 50 % der Blätter Pilzbefall, die Befallsstärke (% befallene Blattfläche) ist hingegen geringer als in anderen Jahren. Der Druck in den Kontrollparzellen und in den behandelten Anlagen nimmt dann aber gegen Ende Juli und vor allen im August noch sehr stark zu. An vielen Orten zeigt sich dann im Herbst der typische Spätsommerbefall an den Geizen. Traubenbefall in behandelten Anlagen gibt es dieses Jahr nicht und im allgemeinen ist der Bekämpfungserfolg in der Praxis sehr gut ausgefallen.
Echter Rebenmehltau: Oidium ist seit dem Sommer 2013 auf dem Vormarsch. Nach etlichen Jahren mit sehr moderatem Auftreten registrierten wir 2014 verbreitet einen sehr hohen Infektionsdruck mit frühem Befallsbeginn. Die ersten Symptome in Wädenswil stellten wir am 13. Juni in der Kontrolle bei Riesling-Silvaner fest. Nur 10 Tage später zeigte sich Befall an
Geiztrieben in der Traubenzone und Ende Juni auch an den schrotkorngrossen Beeren. Im Mai und Juni waren die Witterungsbedingungen ideal für Echten Mehltau. Das Prognosemodell auf Agrometeo hat die Situation sehr gut widergegeben und seit Mitte Mai eine hohe Infektionsgefahr angezeigt. Mitte Juli war in den Kontrollparzellen bereits ein sehr starker Befall an Blättern und Trauben festzustellen. Bis zum Reifebeginn resultierte schliesslich ein totaler Blatt- und Ernteverlust.
In den behandelten Parzellen war der Bekämpfungserfolg je nach Mittelwahl, Intervallen und Spritztechnik sehr unterschiedlich.
Netzschwefelbehandlungen mit 0.2 % bis zur Blüte waren bei diesem starken Befallsdruck nicht ausreichend wirksam. Beim Wechsel auf spezifische Oidium-Mittel beim Abblühen war der Schaden bereits angerichtet aber die Symptome wurden erst beim Traubenschluss so richtig sichtbar. Die Verfahren mit ein bis zwei Vorblütebehandlungen mit SSH, Cyflamid oder Vivando und ein bis zwei zusätzlichen Oidium-Behandlungen beim Abblühen und Traubenschluss zeigten hingegen hervorragende Wirkungsgrade. Das frühzeitige Auslauben der Traubenzone hat dabei die gute Wirksamkeit ganz wesentlich unterstützt.
Essig- und Graufäule: 2014 war ein ausgeprägtes Essigfäulejahr, vor allem bei den frühen und mittleren Sorten wie Regent, Garanoir, Mara, Muscat bleu, Cabernet noir, Räuschling und Riesling-Silvaner. Ebenfalls betroffen waren kompakte Blauburgunder Klone. Die Essigfäule wurde einerseits durch den frühen Reifebeginn und die feucht-warmen Bedingungen im September und andererseits durch den massiven Befall an Kirschessigfliegen und den normalen Essigfliegen begünstigt.
Andere Faktoren wie übermässiges Wachstum, gute Blühbedingungen und somit grosse, kompakte Trauben, sowie die ständig anhaltende grosse Feuchtigkeit in Traubenzone und Unterwuchs haben ebenfalls fördernd gewirkt. Graufäule entwickelte sich meistens eher sekundär auf den essigfaulen Beeren und stellte keine grossen Probleme dar. Bei der Lese konnte dann praktisch nicht mehr zwischen Essig- und Graufäule unterschieden werden. Alles was faul und angeschlagen war, musste in aufwändiger Arbeit gesöndert werden.
Besonders stark von Kirschessigfliegen und Essigfäule befallen waren IRAC 1999, Siramé, Cabernet noir (VB 91.26.04), Baron, Mara, MRAC 1602, MRAC 1626 und Garanoir. Bei den weissen Sorten wurde ein mittlerer Befall an Riesling-Silvaner und Räuschling festgestellt. Als sehr robust erwiesen sich Chardonnay, IRAC 2060, Muscaris, Souvignier gris sowie die roten Sorten Gamaret, Merlot, Blauburgunder, MRAC 1099, MRAC 1817, Divico, Cal 1-28 und Cal 1-36.
Stiellähme: Neben Essigfäule führte Stiellähmebefall in vielen Gebieten zu grossen Ertragsausfällen. Beim Blauburgunder auf unseren Betrieben verzeichneten wir sowohl beim FAW 2-45 wie auch bei den lockerbeerigen Klonen Ertragsverluste von 30 bis 50 %. Etwas geringer aber immer noch stark befallen waren Riesling-Silvaner, Pinot blanc, Pinot gris und Gamaret. Noch nie wurden so hohe Befallswerte von Stiellähme beim Blauburgunder in Wädenswil und Stäfa festgestellt. Die ersten Symptome am Zürichsee traten schon früh, am 1. September in Erscheinung. Bereits eine Woche später waren verbreitet deutliche Nekrosen am Stielgerüst sichtbar. Zu diesem Zeitpunkt war in Hallau und der Bündner Herrschaft noch nichts von Stiellähme bei Blauburgunder zu sehen. Erst Ende September kam es in diesen Gebieten wie auch an vielen anderen Orten in der Deutschschweiz zu mehr oder weniger starkem Stiellähmeauftreten. Überall waren die lockerbeerigen Klone besonders stark betroffen.
Abb. 3: Blauburgunder mit Botrytis- und Essigfäulebefall. Typisch für die Präsenz von Kirschessigfliegen sind die kleinen Löcher, die bei der Eiablage entstehen. Essigfäule trat vor allem bei kompakten Blauburgunder Klonen auf, unabhängig davon, ob Kirschessigfliegenbefall vorhanden war oder nicht.
Sorten Kreuzung Zucht Nr. Ort Pfl.jahr Distanz Unterl. Fläche Anz. Stöcke Bem.
Cab. Carbon Cab. Sauvig.x (M erzling x
(Saperavi severnyi x St.Laurent) FR 377-83 r Wädenswil 2010 1.9 x 0.9 5 BB 86 50 PIWI
Souvignier gris Cab. Sauvignon x Bronner FR 392-83 Wädenswil 2010 1.9 x 0.9 SO4 86 50 PIWI
VB 91-26-04 unbekannt VB Wädenswil 2010 1.9 x 0.9 3309 86 50 PIWI
Solaris M erzling x (Saperavi severnyi x
M uscat Ottonel) FR Wädenswil 2010 1.9 x 0.9 8B 86 50 PIWI
Patrizia Muscat bleu xSeyval blanc RMW Wädenswil 2010 1.9 x 0.9 3309 86 50 PIWI
Siramé unbekannt RMW 55 Wädenswil 2010 1.9 x 0.9 8B 86 50 PIWI
Regent Diana x Chambourcin Gf Wädenswil 2010 1.9 x 0.9 8B 86 50 PIWI
Muscaris Solaris x Muskateller FR 493-87 Stäfa 2009 2.0 x 0.9 8 B 576 320 PIWI M-RAC 1817 Nebbiolo x Gamaret ACW Stäfa 2007 2.2 x 0.9 3309 285 144 Spritzprogr.volles
M-RAC 1602 Humagne rouge x Gamaret ACW Stäfa 2009 2.2 x 0.9 3309 125 63 Spritzprogr.volles
M-RAC 1290 Cabernet franc x Gamaret ACW Stäfa 2009 2.2 x 0.9 3309 125 63 Spritzprogr.volles
M-RAC 40 Cabernet franc x Gamaret ACW Stäfa 2009 2.2 x 0.9 3309 125 63 Spritzprogr.volles
M-RAC 1626 Humagne rouge x Gamaret ACW Stäfa 2011 2.2 x 0.9 5C 100 50 Spritzprogr.volles
Carminoir Pinot noir x Cab. Sauvign. ACW Stäfa 2009 2.0 x 0.9 3309 90 50 Spritzprogr.volles
Diolonoir Robin noir x Pinot noir ACW Stäfa 2009 2.0 x 0.9 3309 90 50 Spritzprogr.volles
Galotta Gamay x Ancellotta ACW Stäfa 2009 2.0 x 0.9 3309 90 50 Spritzprogr.volles
Doral Chasselas x Chardonnay ACW Stäfa 2009 2.0 x 0.9 3309 90 50 Spritzprogr.volles
Charmont Chasselas x Chardonnay ACW Stäfa 2009 2.0 x 0.9 3309 90 50 Spritzprogr.volles
HF 8/22 Kerner x Pinot noir HF Stäfa 2009 2.0 x 0.9 8 B 90 50 Spritzprogr.volles
Räuschling Klonenversuch Stäfa 2012 2.5 x 0.9 3309 2880 Spritzprogr.volles
Pinot gris Klonenversuch Stäfa 2012 2.5 x 0.9 3309 1660 Spritzprogr.volles
Cal 1-28 unbekannt VB Wädenswil 2007 1.9 x 0.9 3309 248 145 PIWI
Cal 1-36 unbekannt VB Wädenswil 2007 1.9 x 0.9 3309 250 146 PIWI
Cal 6-04 unbekannt VB Wädenswil 2008 1.9 x 0.9 3309 89 52 PIWI
Cal 1-20 unbekannt VB Wädenswil 2009 1.9 x 0.9 3309 91 53 PIWI
I-RAC 1999 Gamaret x Solaris ACW Wädenswil 2007 1.9 x 0.9 3309 243 142 PIWI Divico (IRAC 2091) Gamaret x Bronner ACW Wädenswil 2007 1.9 x 0.9 3309 245 143 PIWI I-RAC 2060 Bronner x Gamaret ACW Wädenswil 2008 1.9 x 0.9 3309 253 148 PIWI I-RAC 2261 Seyval blanc x Gamaret ACW Wädenswil 2009 1.9 x 0.9 3309 91 53 PIWI I-RAC 1933 Bronner x Cornalin ACW Wädenswil 2011 1.9 x 0.9 3309 96 56 PIWI
I-RAC 2378 ACW Wädenswil 2012 1.9 x 0.9 3309 68 40 PIWI
Baron Cab. Sauvig.x (M erzling x
(Saperavi severnyi x St.Laurent) FR 455-83 r Wädenswil 2009 1.9 x 0.9 3309 92 54 PIWI
Mara (C41) Gamay x Reichensteiner ACW Wädenswil 2007 1.9 x 0.9 3309 210 123 Spritzprogr.volles
Merlot unbekannt Wädenswil 2007 1.9 x 0.9 3309 65 38 Spritzprogr.volles
M-RAC 1099 Merlot x Gamaret ACW Wädenswil 2007 1.9 x 0.9 3309 207 121 Spritzprogr.volles
M-RAC 1087 Merlot x Gamaret ACW Wädenswil 2008 1.9 x 0.9 3309 210 123 Spritzprogr.volles
M-RAC 1096 Merlot x Gamaret ACW Wädenswil 2008 1.9 x 0.9 3309 215 126 Spritzprogr.volles
Sortengarten Wädenswil
I-RAC 2014 Bronner x Gamaret ACW Wädenswil 2007 1.9 x 0.9 3309 21 12 PIWI I-RAC 2021 Bronner x Gamaret ACW Wädenswil 2007 1.9 x 0.9 3309 21 12 PIWI I-RAC 2261 Seyval blanc x Gamaret ACW Wädenswil 2007 1.9 x 0.9 3309 21 12 PIWI I-RAC 2074 Bronner x Gamaret ACW Wädenswil 2007 1.9 x 0.9 3309 21 12 PIWI I-RAC 1933 Bronner x Cornalin ACW Wädenswil 2008 1.9 x 0.9 3309 21 12 PIWI I-RAC 2213 Seyval blanc x Gamaret ACW Wädenswil 2008 1.9 x 0.9 3309 21 12 PIWI
Cabertin unbekannt VB Wädenswil 2008 1.9 x 0.9 3309 34 20 PIWI
Cal 1-15 unbekannt VB Wädenswil 2008 1.9 x 0.9 3309 34 20 PIWI
Cal 1-22 unbekannt VB Wädenswil 2008 1.9 x 0.9 3309 34 20 PIWI
Seyval blanc Seibel 5656 x Rayon d'Or Seyve-Vilard Wädenswil 2008 1.9 x 0.9 3309 34 20 PIWI
3. Rebsortenprüfung
Tab. 4: Stand der Sortenprüfung 2014
So rte np rü fu ng W äd en sw il u nd Stä fa PI W I-S or te n 4 x S ch w ef el (0 .2 % ) + 3 x K up fe r ( 0. 1 % ), ü br ig e So rte n 8 Be ha nd lu ng en
Wädenswil 2014Pflanz- jahrErnteErtrag kg/m2 ° OepHGesamt- säure g/L
Wein- säure g/L
Apfel- säure g/L
Formol IndexAustrieb 1. Blatt 11
volle Blüte 65
Reife- beginn 81
Wüch- sigkeit Juli (1-9) Ø Anz. Trauben pro Stock Ø Anz. Trauben reduziert/ Stock Trauben- kompakt- heit (1-9) Mg- Mangel (1-9) Stiel- lähme Hf / St%
Botrytis Hf / St %Falscher Mehltau Blätter Hf / St % Flascher Mehltau Trauben Hf / St % Echter Mehltau Blätter Hf / St % Echter Mehltau Trauben Hf / St %
Bemerkungen IRAC 2060200824.9.0.9986.83.175.76.00.011.014.4.12.6.28.7.513.16.45120/5.031/3.422/0.7076/3.414/0.5Oidium an Blättern Cal 6-0420088.10.0.2297.83.1710.55.34.214.722.4.12.6.11.8.59.62.06393/4514/1.954/6.3056/5.00viel Stiellähme IRAC 199920076.10.0.0014.4.12.6.28.7.616.51.7610100/628/0.106/0.30total Essigfäule, KEF IRAC 209120076.10.0.6484.33.187.56.31.68.522.4.12.6.28.7.515.34.152028/1.810/0.308/0.222/1.0 Cal 1-28200714.10.0.8090.93.2010.56.35.218.214.4.10.6.4.8.414.94.0663/0.99/0.42/0.1016/0.60 Cal 1-36200714.10.0.9882.23.1110.85.95.99.317.4.12.6.4.8.414.76.04518/3.58/0.52/0.1014/0.40 Patrizia201024.9.0.7696.43.298.33.84.121.529.4.12.6.28.7.512.00.35223/5.773/1654/4.3030/1.10 Siramé201024.9.0.2684.73.227.55.32.313.414.4.10.6.21.7.48.82.63296/34100/7280/19088/200total Essigfäule, KEF Solaris201019.9.0.46113.33.209.88.63.017.522.4.10.6.28.7.814.82.44415/3.234/4.640/4.6020/0.50 Souvignier gris20108.10.0.6091.93.0811.78.73.810.522.4.12.6.11.8.512.51.65273/207/0.346/4.2054/2.10 Regent201024.9.0.4489.23.496.73.63.214.022.4.12.6.28.7.48.83.14316/5.565/7.894/19064/3.00Plasm.Sporulation VB 91.26.04201024.9.0.3094.13.407.24.12.79.722.4.12.6.28.7.47.72.46112/3.594/4078/16070/6.70Plasm.Sporulation Cabernet Carb.201020.10.0.0089.82.9012.88.44.09.522.4.12.6.19.8.510.32.34173/2049/3.588/7.9094/44100/38 IRAC 226120098.10.0.7490.53.0712.47.65.916.914.4.12.6.11.8.512.54.655023/1.866/4.2048/1.50 Baron20098.10.0.2388.03.189.06.01.711.222.4.12.6.4.8.711.81.321089/2242/1.5011/0.412/0.3KEF u. Essig Cal 1-20200914.10.0.8384.83.309.15.74.516.214.4.10.6.4.8.515.82.865039/9.94/0.1030/0.90 IRAC 193320098.10.0.2183.43.198.96.03.715.414.4.12.6.11.8.57.81.355070/9.72/0.1098/1080/13viel Oidium IRAC 2378201220.10.0.2596.33.147.15.01.46.422.4.12.6.11.8.55.80.7558/0.570/9.790/23052/1.876/8.8Plasm.Sporulation MRAC 109920076.10.0.5596.93.376.93.82.07.729.4.12.6.11.8.513.73.84312/0.910/0.64/0.1000rote Blätter MRAC 1087200824.9.0.7494.73.347.43.53.412.622.4.12.6.4.8.510.52.14217/4.265/6.34/0.1000 MRAC 109620086.10.0.5393.73.257.84.81.99.122.4.16.6.11.8.512.15.05466/2711/0.52/0.1010/0.30rote Blätter Merlot200720.10.0.6688.33.219.54.94.58.65.5.20.6.26.8.66.88.16120/3.018/1.316/0.7018/0.60 Mara200724.9.0.7191.23.228.34.62.910.514.4.16.6.4.8.411.76.441084/19.312/0.5036/1.50KEF u. Essig Garanoir199929.9.0.7285.43.365.83.81.510.214.4.12.6.28.7.510.95.37321/5.936/4.24/0.1012/0.30KEF u. Essig Blauburg. 2/45199613.10.0.6487.03.1311.34.96.416.422.4.12.6.15.8.512.33.06675/3426/2.315/0.5000starke Stiellähme Riesling-Silvaner199829.9.0.7073.73.286.94.32.614.014.4.12.6.28.7.711.86.25437/9.638/4.513/0.608/0.35/0.1Stiellähme