Hessen
KV-Vorsitzender tritt zurück
Spies: Berufspolitische Ziele werden vom Vorstand nicht mehr mitgetragen.
D
r. med. Hans-Friedrich Spies legt sein Amt als Vorsitzender des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereini- gung (KV) Hessen nieder.Diese Entscheidung hat er am 11. Juni vor der Abgeord- netenversammlung der KV überraschend bekannt gege- ben. Spies begründete seinen Schritt damit, dass seine be- rufspolitischen Ziele nicht mehr vom Vorstand der KV Hessen mitgetragen würden.
Auslöser für seinen Rück- tritt sei der Vertragsabschluss über das Disease-Manage- ment-Programm Diabetes zwi- schen den hessischen Landes- verbänden der Krankenkassen und dem Hausärzteverband Hessen. Trotz Bedenken we- gen der Qualität des geplanten Behandlungsprogramms habe
der Vorstand der KV be- schlossen, dem Vertrag des Hausärzteverbandes beizutre- ten, um verhandlungs- und po- litikfähig zu bleiben. Spies er- klärte, er sehe damit die Gren- ze seiner Kompromissbereit- schaft erreicht. Er könne die Umsetzung dieses Vorstands- beschlusses nicht mit seinem ärztlichen Gewissen in Ein- klang bringen.
Bis auf weiteres werden die Geschäfte der KV vom Zwei- ten Vorsitzenden, Dr. med.
Horst Rebscher-Seitz, geführt, hieß es aus der KV. Spies
bleibt aber Mitglied des Vor- standes der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Dazu hat- te der KBV-Vorstand ihn ein- stimmig aufgefordert.
Medizinischer Dienst
Prüfer lassen sich prüfen
Bundesweit erster MDK in Rheinland-Pfalz zertifiziert
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er MDK Rheinland-Pfalz gehört seit Ende des Jah- res 2002 zu den Diensten, die nach DIN EN ISO 9001 zerti- fiziert sind. Damit ist der MDK Rheinland-Pfalz bun- desweit der erste MDK, der für seinen gesamten Geschäfts- bereich – und nicht nur für einzelne Teilbereiche wie zum Beispiel Referate – ein umfas- sendes Qualitätsmanagement- system (QMS) gemäß dieser Norm nachweist.Ausschlaggebend für die Einführung eines QMS von in- ternationalem Zuschnitt war
zunächst die Optimierung der Abläufe. Der MDK ist aber auch als Organisation mit Prüfaufgaben auf dem Gebiet des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung verpflichtet, selbst über ein entsprechendes System und über eigene Erfahrungen auf diesem Gebiet zu verfügen.
Ausschließlich mithilfe ei- gener Mitarbeiter wurde das System in drei Stufen von 1999 bis 2002 ohne externe Bera- tung aufgebaut. Wie die Er- gebnisse sowohl der internen als auch der externen Audits zeigen, wird das System von den Mitarbeitern auf breiter Basis akzeptiert, genutzt und aktiv weiter entwickelt.
Der nächste Schritt ist die Erweiterung des Systems zu einem umfassenden Manage- mentsystem. Als Grundlage hierfür dient dem MDK Rheinland-Pfalz das Excel- lence-Modell der EFQM (Eu- ropean Foundation for Quali- ty Management), deren Mit- glied er seit dem Jahr 2002 ist.
Weitere Informationen bei:
Dr. med. Thomas Schneider, Qualitätsmanagement-Beauf- tragter; Thomas.schneider@
mdk-rlp.de A K T U E L L
Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 2520. Juni 2003 AA1705
Ärzte und Pharmaindustrie
Kritik an zu enger Verflechtung
Ä
rzte, die mehr als einen Besuch von Pharmavertretern wöchentlich er- halten, sind signifikant häufiger bereit, neue Medikamente zu verschreiben, ob- wohl ein älteres Mittel den gleichen Zweck erfüllt hätte. Ihre Bereitschaft, Werbematerial oder Anzeigen in Zeit- schriften zur Kenntnis zu nehmen, ist größer, und sie weichen häufiger von den Empfehlungen ab, welche Klinik- ärzte nach der Entlassung von Patienten im Arztbrief äußern. Dies ergab eine Untersuchung von Chris Watkin (Bri- stol) und Mitarbeitern, die ihre briti- schen Kollegen nach ihrem Verord- nungsverhalten von Medikamenten so- wie ihren Informationsquellen über neue Medikamente befragt hatten(BMJ 2003; 326: 117–119). Für Richard Smith, Chefredakteur des BMJ, ist diese Studie nur ein Beispiel für die vielen Möglichkeiten, wie die Industrie, häufig, ohne dass den Ärzten dies bewusst wird, das Verordnungsverhalten steuert (BMJ 2003; 326: 1156 ff.). Dass die Publikation von wissenschaftlichen Studien nicht im- mer Objektivität verheißt, unterstrich Joel Lexchin von der Universität von Toronto (BMJ 2003; 326: 1167–1176).
Der Wissenschaftler hat die Ergebnisse von 30 Medikamenten-Studien vergli- chen und festgestellt,dass vom Hersteller durchgeführte Studien viermal häufiger zu einem positiven Ergebnis kommen als nicht industriegesponserte Studien.
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abei wiesen die industriegesponser- ten Studien keineswegs „technische“Mängel (Wahl der Statistik) auf. Lexchin glaubt aber, dass die Wahl der Ver- gleichstherapie häufig das zu untersu- chende Medikament begünstigt. Außer- dem müsse damit gerechnet werden, dass
Studien mit einem „negativen“ Ausgang nicht publiziert werden. Drei Möglichkei- ten, die Publikation von Studien zu Pro- pagandazwecken zu missbrauchen, nennt Hans Melander von der schwedischen Zulassungsbehörde Läkemedelsverket in Stockholm (BMJ 2003; 326: 1171–1175) am Beispiel der Einführung von selekti- ven Serotonin-Reuptake-Inhibitoren.
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rstens: Die wiederholte Veröffentli- chung der gleichen Ergebnisse in un- terschiedlichen Fachzeitschriften steige- re den „Lerneffekt“. Zweitens: Studien mit dem gewünschten Ergebnis erschei- nen häufiger in der Fachpresse als weni- ger überzeugende. Drittens: Häufig wird statt der „Intention to treat“-Analyse (sie schließt alle Patienten ein, bei denen eine Behandlung geplant war) die „Per Protocoll“-Analyse verwendet. Hier sind die Ergebnisse häufig günstiger, weil beispielsweise Patienten, die wegen Ne- benwirkungen die Therapie abbrechen, nicht miteinbezogen sind. Rüdiger Meyer AkutSpies: Die Grenze der Kom- promissbereitschaft erreicht
Foto:Bernhard Eifrig