KV Hessen:
„Auffälligkeiten" werden überprüft
Würden die Sterbehilfeleistun- gen der gesetzlichen Kassen von bis- her bis zu 5700 DM auf höchstens 2850 DM begrenzt werden, könnten weitere Ersparnisse in Höhe von ei- ner Milliarde DM jährlich erzielt werden. Würden die Sterbehilfelei- stungen der gesetzlichen Kassen bei dem in der PKV geltenden Höchst- betrag von 500 DM „eingefroren", so ließen sich Ersparnisse in Höhe von 1,7 Milliarden DM erzielen. Bei einem Wegfall der Subventionen zu- gunsten von Heilfürsorge-Berechtig- ten (etwa Polizisten, Soldaten, Zivil- dienstleistenden) und der Einfüh- rung eines Mindestbeitrages in ko- stendeckender Höhe sei eine Ein- sparung von etwa 270 Millionen DM möglich. Durch die Abschaffung des Zusatzkrankengeldes für Höherver- dienende ließen sich weitere 160 Millionen DM requirieren.
Änderungen befürwortet die Privatassekuranz auch bei der Hand- habung des Kostenerstattungsver- fahrens. Ein Hin- und Herpendeln und eine wahlweise Kostenerstat- tung widersprächen dem Prinzip der Solidarität und einer äquivalenzprin- zipbezogenen Kalkulation. Die PKV plädiert deshalb für eine Bindung der Versicherten auf Dauer oder zu- mindest auf eine längere Frist an das Sach- oder Kostenerstattungsverfah- ren. Zudem müsse ein angemessener Abschlag bei den Leistungserstattun- gen bei demjenigen Personenkreis vorgenommen werden, der sich für Kostenerstattung entscheidet.
Bei Arzneimitteln, Verband- und Heilmitteln schlägt die PKV prozentuale Selbstbeteiligungen vor, mit denen die PKV gute Steuerungs- erfahrungen gemacht habe. Aller- dings müßten für sozial Schwache Obergrenzen und Härtefallregelun- gen eingeführt werden.
Bei der anstehenden Weiterent- wicklung der Amtlichen Gebühren- ordnung für Ärzte (GO Ä '82) müsse vor allem das Element der persön- lichen Arzt-Patienten-Beziehung weiter in den Vordergrund gerückt werden. Erforderlich sei es daher, die Verrechnungsfähigkeit jener Leistungen zu „konkretisieren", die der Arzt durch „Dritte" unter sei- ner Aufsicht und Weisung erbringen läßt. HC
Ende April 1987 hat die Kassen- ärztliche Vereinigung Hessen mit den sechs Landesverbänden der RVO-Krankenkassen und dem Lan- desausschuß des Verbandes der An- gestellten-Krankenkassen (VdAK) eine „einvernehmliche Regelung zur Aufdeckung und Verhinderung von Abrechnungsmanipulationen"
bei der kassenärztlichen Abrech- nung erzielt. Darin wird eine intensi- viertere Prüftätigkeit auf der Basis der von der Kassenärztlichen Verei- nigung durchgeführten „Plausibili- tätskontrollen" abgesprochen. Bei der Belegvorbereitung sollen die KV-Mitarbeiter verstärkt auf „Auf- fälligkeiten" achten. Die Kranken- kassen sollen ebenfalls zur Aufdek- kung von Fehlabrechnungen beitra- gen, „indem sie ebenfalls im Zusam- menhang mit der ärztlichen Tätig- keit auftretenden Unstimmigkeiten nachgehen und in Abstimmung bzw.
in Zusammenwirkung mit der KV aufklären".
Das „Hessen-Modell" sieht im einzelnen vor: Falls es Anhaltspunk- te für einen „Betrugsverdacht" gibt, sollen „unmittelbar geeignete Maß- nahmen" eingeleitet werden. Dazu zählt das Papier Disziplinarverfah- ren, Entzug der Zulassung als Kas- senarzt bzw. Einschaltung der Staatsanwaltschaft. Letzteres soll al- lerdings nur nach vorheriger Konsul- tation und gegenseitiger Abstim- mung der Partner erfolgen.
Kassen- und Vertragsärzte, bei denen aufgrund von Hinweisen auf
„nicht plausible Abrechnungen ge- schlossen werden kann", sollen künftig verstärkt überprüft werden.
In diesen Fällen sollen die Abrech- nungsunterlagen gezielt durchgese- hen werden. Soweit erforderlich, sollen auch die vom Arzt ausgestell- ten Verordnungen, Krankenhaus- einweisungen, AU-Bescheinigungen ausgewertet und die Versicherten gegebenenfalls befragt werden.
Ärzte mit zu hohen Fallzahlen — möglicherweise mit entsprechend hohen Fallwerten —, bei denen ver- mutet wird, daß Leistungen abge-
rechnet worden sein könnten, die nicht erbracht wurden, werden ebenfalls überprüft. Auch werden solche Ärzte in die Überprüfung ein- bezogen, bei denen eine auffällige Häufung von Leistungen festgestellt wird. In diesen Fällen veranlaßt die KV eine „schematische Plausibili- tätsprüfung". Die Krankenkassen können dazu Anregungen geben.
Bei einer begründet vermuteten
„Honorarmanipulation" wird ein Tagesprofil erstellt. In jedem Fall wird bei nicht plausiblen Auffällig- keiten ein Gespräch mit dem Arzt und den Vertretern der Kassenärzt- lichen Vereinigung zur weiteren Ab- klärung geführt, in der Regel mit den Vorsitzenden der Bezirksstel- len.
Aus Gründen der Gleichbe- handlung wird daneben eine Zufalls- stichprobe von ungefähr einem Pro- zent aller Ärzte je Quartal gezogen, deren Honorarabrechnungen nach den gleichen Kriterien überprüft werden.
Wie bereits im vertraglich abge- sicherten Transparenzprojekt der KV Nordrhein vereinbart, sieht auch das Hessen-Modell eine paritä- tische Kommission aus Vertretern der KV und der Kostenträger vor, die in den verschiedenen Etappen des Prüfverfahrens eingeschaltet werden kann (vergleiche auch DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 25/26 und 27/1987).
Diese behandelt die noch offe- nen Fragen der Plausibilitätskontrol- len, wird über die Ergebnisse der Prüfungen unterrichtet und berät über die Vorlage weiterer Unterla- gen (zum Beispiel Verordnungsblät- ter, AU-Bescheinigungen, Kranken- hauseinweisungen, Meldungen über Urlaub, Praxisvertretungen, Assi- stenten, Praxisbesonderheiten, per- sonelle und apparative Ausstat- tung). Das Gremium empfiehlt auch Maßnahmen, die nach Abschluß der Ermittlungen einzuleiten sind, und gibt Empfehlungen für die Ermitt- lung der Höhe des durch die Manipu- lation verursachten Schadens. HC Dt. Ärztebl. 84, Heft 28/29, 11. Juli 1987 (25) A-1957