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Archiv "TOP VI: Tätigkeitsbericht – Integration Behinderter: Auch mit Behinderung mitten im Leben" (28.05.2004)

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in einstimmig angenommener Be- schlussantrag des Vorstandes be- zeichnet die Gleichstellung und In- tegration behinderter Menschen als eine

„gesamtgesellschaftliche“, aber auch als eine zwischenmenschliche und indi- viduelle Aufgabe. Um die auch vom Grundgesetz und der Sozialgesetz- gebung verlangte Chancengleichheit be- hinderter Menschen und die Stellung der Behinderten über Teilhabemaß- nahmen und eine gezielte Förderung besser zu erreichen, müssten noch viel- fältige Anstrengungen unternommen werden. Trotz zahlreicher unbestreit- barer Fortschritte in den letzten Jahren und der Bemühungen auch professio- neller Hilfen, von Selbsthilfegruppen und Behindertenorganisationen dürfe das gesamtgesellschaftliche Engage- ment und die Verantwortung der Politik nicht nachlassen. Ganz im Gegenteil, so die Resolution des Ärztetages.

Rudolf Henke, der Vorsitzende des Ausschusses Gesundheitsförderung,

Prävention und Rehabilitation der Bun- desärztekammer, mahnte: „Notwendig ist eine höhere Sensibilität für die Würde des Menschen – in allen Lebensphasen, für die Grundrechte auf Leben und Un- versehrtheit, auf die Achtung der Selbst- bestimmungs- und Persönlichkeitsrech- te behinderter Menschen.“ Dabei gehe es um die ethische Kompetenz auch der Ärzteschaft für ein lebenförderndes Zu- sammenleben der Menschen mit und oh- ne Behinderungen. Das Bestreben müs- se gezielt intensiviert werden. Unter dem seit 1994 auch grundgesetzlich ver- brieften allgemeinen Wertekonsens müssten auch die hoch sensiblen, ori- ginär ethischen Fragen über die Präna- taldiagnostik und die Präimplantations- diagnostik als eine neue Anwendungs- form der genetischen Diagnostik beur- teilt werden. Henke plädierte dafür, die Präimplantationsdiagnostik im Hinblick auf die „Aussonderung von erblich belasteten Embryonen“ auch in Zukunft zu verbieten.

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A1562 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 2228. Mai 2004

1 0 7 . D E U T S C H E R Ä R Z T E T A G

halbe Seite habe man benötigt, um das Diabetes-Programm in Sachsen zu do- kumentieren. Der Dokumentationsbo- gen sei jedoch bei der bundesweiten Etablierung des DMP Diabetes nicht übernommen worden. Seine Kammer- kollegen Prof. Dr. med. Rolf Haupt und Erik Bodendieck forderten in ihren Anträgen sowohl ein Ausrichten des ärztlichen Handelns nach den Maßstäben der ärztlichen Ethik trotz Bürokratie als auch eine Reduzierung des Dokumentationsaufwandes bei DMP und DRG.

Mit den beteiligten Instituten und Softwareherstellern müssten Wege ge- funden werden, damit medizinische

Daten nur einmal erhoben werden müs- sen und unterschiedlichen Auswertun- gen zugeführt werden können, schlägt der BÄK-Vorstand in seinem Antrag vor. Eine reduzierte Dokumentation würde nicht nur den Patientinnen und Patienten zugute kommen, sondern auch zu einer größeren Arbeitszufrie- denheit der Ärztinnen und Ärzte führen. Dadurch könnten sich wieder mehr deutsche Nachwuchsmediziner für die kurative Tätigkeit entscheiden, hoffen die Delegierten. Den Einsatz von Medizinischen Dokumentations- assistenten mahnten Dr. med. Heidrun Gitter, Bremen, sowie mehrere Dele- gierte der Ärztekammern Baden-Würt- temberg, Hamburg und Nordrhein an.

So könnte ärztliches Personal von administrativen Aufgaben entlastet

werden. Dr. med. Eva A. Richter-Kuhlmann Referent Henke: „Höhere Sensibilität für die Würde des Menschen“

TOP VI: Tätigkeitsbericht – Integration Behinderter

Auch mit Behinderung mitten im Leben

Der Deutsche Ärztetag appelliert an Politik, Gesellschaft und Mitbürger, Menschen mit Behinderungen besser zu integrieren.

Jan Schulze: In Sachsen nur eine halbe Seite für Diabetes-Dokumentation

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Menschen mit Behinderungen bilde- ten keine homogene Gruppe. Behinder- te dürften nicht nach Alter, Geschlecht, Religion und nach der jeweiligen Le- benslage kategorisiert und beurteilt werden. Auch die Entstehungsursache der Leiden und von dauerhaften Han- dicaps sei eher nebensächlich, betonte Henke. Menschen mit Behinderungen dürften nicht isoliert und als Menschen mit Defiziten beurteilt werden. Obwohl es für Behinderte schwierig ist, in einer von Nichtbehinderten dominierten Welt möglichst „normal“ und mit le- bensbejahenden Zielperspektiven zu leben und möglichst lange erwerbsaktiv zu bleiben. Finanzielle, rechtliche und technische Hilfen und Erleichterungen für Behinderte seien weiter dringend notwendig (wie etwa technische Hilfs- mittel, integrative Kindergärten, För- derzentren und -schulen, Werkstätten für Auszubildende, berufssuchende Be- hinderte). Gehandicapte und Behinder- te dürften aber nicht zu Menschen „mit Defekten und Defiziten“ erklärt und stigmatisiert werden, denen man mit Geld, Barmherzigkeit und fürsorglicher Anteilnahme begegnen müsse.

Henke sprach von der Notwendig- keit, jeden Einzelnen und Betroffenen für die Benachteiligung von Behinder- ten zu interessieren und sich zu einer tätigen Mithilfe bei der Integration und gleichberechtigten Teilhabe sowie ei- ner barrierefreien Integration in das be- rufliche, öffentliche und gesellschaftli- che Leben der Betroffenen zu ver- pflichten. Dies erfordere eine vorbe- haltlose, konsequente Partnerschaft und Mitwirkung. Die Solidarität mit Behinderten sei noch keineswegs all- tägliche Praxis und noch weithin nicht selbstverständlich. Verfehlt wäre es je- denfalls, Menschen mit Behinderungen ausschließlich als Adressat und gar als Objekt von materiellen und ideellen Hilfen anzusehen. Sie seien vielmehr ei- genverantwortliche Akteure; sie seien oftmals die besten Experten in Bezug auf die Bewältigung der Behinderung beziehungsweise dem „Umgang“ mit ihren Handicaps und müssten wegen ihrer oftmals weit entwickelten be- sonderen Fähigkeiten gefördert und im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe als vollwertige Gesellschaftsmitglieder akzeptiert werden.

Nach Maßgabe des Subsidiaritäts- prinzips könnten Sozialleistungen und gesellschaftliche Hilfen zur Integration und Teilhabe die Eigeninitiative nicht ersetzen, sondern diese erleichtern und fördern. Obwohl gesamtgesellschaftli- che Hilfen und Sozialleistungen persön- liches und gesellschaftliches Engage- ment zum Teil entbehrlich machen könnten, müsse von allen Mitbürgern ein Beitrag zu einer humaneren Gesell- schaft geleistet werden, so Henke.

Selbsthilfe- und Behindertenorgani- sationen ebenso wie die verstärkten am- bulanten wie klinischen Dienste könn- ten wirksame, wichtige Ergänzungen im Rahmen einer ineinander greifenden

„Rehabilitationskette“ sein. Es sollte so wenig wie möglich getrennte Einrich- tungen für Behinderte und für Nichtbe- hinderte geben. Der Ärztetag betonte, dass sämtliche Hilfen

und Rehabilitations- leistungen auch für Behinderte in Schulen und Ausbildungsstät- ten, und nicht nur aus- schließlich für Berufs- tätige, gewährt werden müssten.

In der Diskussion warnte Dr. med. Hel- mut Peters, Rhein- land-Pfalz, davor, den Begriff „Normalität im Zusammenhang mit der Integration von Behinderten“ zur Routine werden zu

lassen. Henke sagte, der Behinderte er- warte in der Regel kaum Barmherzig- keit und lediglich gute Worte. Das Min- deste sei aber eine tätige Partnerschaft und die Verpflichtung, die Behinderten in ihrem Streben zu unterstützen, am Leben so normal wie möglich teilneh- men zu können.

Behinderte dürften nicht ausge- grenzt und durch eine von Dr. med.

Thomas Lipp, Sachsen, geforderte en- gere Legaldefinition des Behinderten- begriffs von Ausgleichsregelungen aus- geschlossen werden. Auch dürfe kein Sozialabbau unter dem Spardiktat er- folgen. An die Ärzteschaft gerichtet, appellierte Henke: „In der Anerken- nung der Schwäche, in der Anerken- nung des Menschen mit Behinde- rungen, entscheiden wir über unsere eigene Würde.“ Dr. rer. pol. Harald Clade

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 2228. Mai 2004 AA1563

1 0 7 . D E U T S C H E R Ä R Z T E T A G

Wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass die Behinderung eines Menschen nicht einfach der Ausfall oder die Schädigung be- stimmter Funktionen ist. Die Weltgesund- heitsorganisation (WHO) unterscheidet seit 2001 im Zusammenhang mit Behinderung fünf Dimensionen: Körperfunktionen, Kör- perstrukturen, Aktivitäten der Person und Partizipation in der Gesellschaft sowie Um- weltfaktoren. Die WHO hat ihre International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps zu einer International Classi- fication of Functioning, Disability and Health

erweitert und betont damit auch die Fähig- keiten statt nur die Defizite bei Behinde- rung. Die Behinderung eines Menschen resultiert aus einem komplizierten, oftmals unmerklichen Zusammenspiel vieler innerer und äußerer Faktoren.

Sicher erleben Menschen mit Behinderun- gen ihre Situation in vielfacher Hinsicht als großes „Handicap“. Sie bedrückt ihre Be- nachteiligung in Bereichen des alltäglichen Lebens. Nur selten steht ihnen eine gleich- berechtigte Teilhabe und barrierefreie Teil- nahme am öffentlichen Leben offen. R. H.

Behinderungen

Erweiterte Definition der WHO

Ärztetag in Bewegung, zumindest bei den vielen Abstimmungen

Referenzen

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