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Archiv "Entwicklungsrehabilitation als Prävention von Behinderung" (22.01.1999)

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as Thema „Frühdiagnostik und komplexe Förderung von Kindern“ stand im Mittel- punkt des 26. internationalen und in- terdisziplinären Herbst-Seminar-Kon- gresses für Sozialpädiatrie, der vom 22. bis 28. August 1998 in Brixen, Südtirol, stattfand.

Die Prävention gehört zur Päd- iatrie. Dies wurde kürzlich auch von hohen politischen Verantwortungs- trägern unterstrichen. Der größte Teil aller Impfleistungen

in Deutschland wird bei- spielsweise von Kinder- ärzten erbracht. Vorsorge- untersuchungen im frühen Kindesalter gehören zum Rüstzeug eines jeden Kin- derarztes; hierbei steht derzeit die rechtzeitige Entdeckung von Sinnes- und Wahrnehmungsstö- rungen im Brennpunkt.

Und schließlich darf das große Gebiet der tertiären Prävention nicht unter- schätzt werden, auf dem sich Kinderärzte um die Verhütung von Folgeschä- den aus frühen Entwick- lungsstörungen bemühen.

So wie man bei rechtzeiti- ger Hörhilfe eine normale Sprachanbahnung ermög- licht, kann man bei frühzei- tiger Intervention schwere motorische, psychische und

Verhaltensstörungen vermeiden. Dies ist, kurz gesagt, das erklärte Ziel der Entwicklungs-Rehabilitation, er- klärte Theodor Hellbrügge (Mün- chen). Die Erreichung dieses Zieles setzt allerdings nicht nur eine pro- funde Kenntnis der kindlichen Ent- wicklung, sondern auch interdiszi- plinäres Denken und eine enge multi- disziplinäre Zusammenarbeit vor- aus.

Auf dem Brixener Kongreß dis- kutierten Ärzte verschiedener Fach- richtungen wie zum Beispiel Pädiater, Orthopäden, Neurologen und Physio-

logen sowie Psychologen, Verhal- tenstherapeuten, Erzieher, Kinder- gärtnerinnen, Heilpädagogen, Sonder- pädagogen, Krankengymnasten, Mo- topäden, Musiktherapeuten, Sprach- therapeuten, Logopäden, Akustiker, Audiologen und Vertreter weiterer Berufsgruppen, die mit Kindern arbei- ten, über neueste Erkenntnisse aus Grundlagen- und angewandten For- schungen und tauschten ihre Erfahrun- gen aus. Das Besondere an diesem in-

terdisziplinären Kongreß ist die aktive Teilnahme auch von Eltern betroffe- ner Kinder. Das verleiht den Diskus- sionen eine reale Basis und bringt sie stets auf den Punkt einer konkreten Situation. Eindrucksvoll sind auch die seminaristischen Veranstaltungen

„Elternsprechstunde“, in denen die Vortragenden ihre diagnostischen und therapeutischen Methoden an Patienten demonstrieren und bei- spielhaft vermitteln. Diese interdiszi- plinäre Praxisverbundenheit eines Kongresses sei einmalig in der gesam- ten Kongreßlandschaft, betonte Hell-

brügge bei der Eröffnung, der vor 26 Jahren die Brixener Tagungen ins Le- ben rief.

Nicht Defizite, sondern

„besondere Fähigkeiten“

Als Grundtenor der Kongreßat- mosphäre kann der neue Denkansatz in der Behindertenhilfe bezeichnet werden. Er wurde von Frau Stengel- Rutkowski (München) am Bei- spiel von „Kindern mit geneti- schen Besonderheiten“ überzeu- gend dargestellt: Nicht Defizite dieser Kinder, sondern ihre beson- deren Fähigkeiten bilden die Grundlage für die Hilfe zur Selbsthilfe. Dementsprechend lautete der Titel ihres Vortrages:

„Vom Defekt zum Dialog“.

Intensive neurophysio- logische Wirbel- säulenbehandlung

Als Beispiel für eine patien- tennahe Vortrags- und Seminar- reihe kann die „intensive neuro- physiologische Wirbelsäulenbe- handlung“ von V. Kozijavkin aus Lemberg (Lwiw, Ukraine) hervor- gehoben werden. Nach umfassen- der Diagnostik, die neben bildge- benden Verfahren auch compu- tergestützte Aufzeichnungen von Bewegungseinschränkungen umfaßt, liegt der Schwerpunkt dieser Behand- lung in der Deblockierung der Wirbel- säule. Dies führt bei zerebralpareti- schen Patienten zu einer Entkramp- fung der hypertonen Muskelpartien und zu einer Verbesserung der Durch- blutungsverhältnisse im Bereich der Deblockierung. Unterstützende Maß- nahmen wie individuelle Massage, Krankengymnastik und Trainingspro- gramm sorgen für eine Erhaltung oder weitere Verbesserung der er- reichten Situation. Nahezu 80 Prozent der über 1 000 behandelten Patienten A-137

M E D I Z I N KONGRESSBERICHT

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 3, 22. Januar 1999 (49)

Entwicklungsrehabilitation als Prävention von Behinderung

D

„Snoezelen“, eine in Deutschland noch nicht allzu bekannte Methode zur Förderung der Wahrnehmung, arbeitet mit unterschiedlichen Farb-, Licht-, Klang-, Tast- und Duftelementen in eigens dafür eingerichteten Räumen. Das Kunstwort setzt sich zusammen aus den niederländischen Wörtern „snuffe- len“ (schnüffeln) und „doezelen“ (dösen, träumen, entspannen). Die in den Niederlanden seit zehn Jahren mit sehr guten Ergebnissen eingesetzte Methode hilft mehrfach und verschiedenartig behinderten Kindern. Die Pestalozzischule für Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung in Köln-Porz stellte ihren Snoezelen-Raum freundlicherweise zur Verfügung.

Zu sehen ist die mehrfach behinderte Laura Schüller mit ihrer Therapeutin Sonja Jaletzky beim Snoezelen auf dem Wasserbett. Foto: Walter Oberländer

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zeigten eine verbesserte Motorik, bei- spielsweise das erstmalige Erlernen von freiem Laufen. Die Besserung stellt sich nicht immer schon nach der ersten Intensivbehandlung (zwei Wo- chen) und anschließender intermittie- render Übungsbehandlung (sechs Monate), sondern erst nach dem zwei- ten oder dritten Behandlungskurs ein. Zahlreiche Patienten stellten sich Kozijavkin vor und wurden behandelt oder zumindest fundiert beraten. In der Diskussion wurde insbesondere von den Eltern der Kinder bedauert, daß diese Methode bisher nicht von den Kassen durch Kostenübernahme anerkannt wird. Im Gegensatz dazu wurde aus Graz berichtet, daß sich hier nicht nur einige Universitätsklini- ken mit der wissenschaftlichen Eva- luation befassen, sondern auch die Kassen bereits beispielgebend Kosten für einige Patienten übernommen ha- ben.

Neurophysiologische Grundlagen der komplexen Förderung

Aus dem breiten Spektrum der Grundlagenvorträge ist der von G.

Gschwend (Luzern) hervorhebens- wert. Er referierte über „Neurophy- siologische Grundlagen der Montes- sori-Pädagogik und -Heilpädagogik“.

Mit diesem Überblick weckte er das Verständnis, um die beim Kind gefundenen Hirnleistungsstörungen den entsprechenden Neuronenver- bänden zuzuordnen und daraus die bestmögliche Rehabilitation abzulei- ten. Am Gehirn unterscheidet er drei Wahrnehmungsareale für das Kör- perschema, nämlich die Somästhe- sie (Hautsinn), Kinästhesie (Bewe- gungssinn) und das Schmecken, so- wie drei Wahrnehmungsareale für das Raumschema, nämlich Sehen, Hören und Riechen. Von besonderer Bedeutung für die Rehabilitation ist die Globalintegration der Hirnlei- stungen, die sich im Denken, Wollen und Erleben verwirklicht. Als Ergän- zung zu diesem Globalsystem fungie- ren die Teilsysteme wie beispielswei- se das Wahrnehmungs-, das verbale und nonverbale Kommunikations- sowie das sensomotorische und emo- tionale System. Von praktischer Be-

deutung für die frühkindliche Reha- bilitation ist die Plastizität des kindli- chen Nervensystems; sie bietet im Fall von Schädigungen vielfältige Möglichkeiten ausgleichender oder kompensatorischer Funktionen, wie dies auch im Festvortrag auf der Eröffnungsveranstaltung des Kon- gresses durch N. Annunciato (Sao Paulo) eindrucksvoll begründet wur- de.

Ausstellungen zum Anfassen und Erleben

Eine Abrundung erfuhr der Kongreß durch die Ausstellungen, die dem Besucher Einblicke in die Arbeit des jeweiligen Gebietes boten:

Bereits am Eingang empfingen den Besucher Spiel- und Sportgeräte und zogen die Kinder in ihren Bann. In der Ausstellung „Vom Greifen zum Begreifen“ fand Montessori-Material mit Erläuterungen durch Frau Hed- wig Geilen (Aachen) großes Interes- se. Der Montessori-Kindergarten hatte für die Kinder von Tagungsteil- nehmerinnen täglich geöffnet und fand regen Zuspruch. Im Snoezelen- Raum konnte jeder Besucher indivi- duell entspannen (Abbildung). Eine griechische Ausstellung „Vorschul- kinder erleben Geschichte am Bei- spiel der Kultur Thessalonikis“ zeigte beispielgebend, wie Kinder an die Hi- storie ihrer Heimat aktiv herange- führt werden können. Eine Foto- sammlung des berühmten Wiener Arztes Dr. Czermak zeigte „Stillende Mütter in der Kunst“ und veran- schaulichte das Anliegen des Stillbe- raterteams nachdrücklich.

Während des Kongresses wurden zwei internationale Arbeitsgruppen gebildet, die ihre Arbeit unverzüglich aufgenommen haben: ein Montessori- Konsilium mit Vertretern aus zehn Ländern sowie eine Arbeitsgruppe

„Frühdiagnostik“ mit Vertretern aus acht Ländern.

Prof. Dr. med. Burkhard Schneeweiß Forschungsinstitut zur

interdisziplinären Fort- und Weiterbildung von Fachkräften der frühen Kinder-Rehabilitation Heiglhofstraße 63

81377 München A-138

M E D I Z I N

KONGRESSBERICHT/FÜR SIE REFERIERT

(50) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 3, 22. Januar 1999

In einem Computermodell analy- sierten die Autoren aus New Mexico den Einfluß einer Helicobacter-pylo- ri-Therapie auf die Lebenserwartung.

Die Heilung eines aktiven Geschwürs führte zu einer Verlängerung der Le- benserwartung bei Personen im Alter zwischen 40 und 44 Jahren um 2,3 Jah- re, im Alter von 70 bis 74 Jahren um 121 Tage. Ist es zu einer Ulkuskompli- kation gekommen, steigt die Lebens- erwartung um 26,1 beziehungsweise 6,3 Jahre. Eine primäre Prävention ei- ner Helicobacter-pylori-Infektion, zum Beispiel durch eine aktive Immunisie- rung, verlängert die Lebenserwartung bei Personen im Alter zwischen 40 und 44 Jahren um 190 Tage, im Alter von 70 bis 74 Jahren um 26 Tage. w Inadomi, JM, Sonnenberg, A: The im- pact of peptic ulcer disease and infection with helicobacter pylori on life expec- tancy. Am J Gastroenterol 1998; 93:

1286–1290.

Division of Gastroenterology, 501-111 F, VA Medical Center, 2100 Ridgecrest Drive S.E., Albuquerque, NM 87108, USA, and Department of Medicine, Uni- versity of New Mexico, Health Sciences Center, Albuquerque, New Mexico, USA.

Diskussionsbeiträge

Zuschriften zu Beiträgen im medizi- nisch-wissenschaftlichen Teil – aus- genommen Editorials, Kongreßbe- richte und Zeitschriftenreferate – können grundsätzlich in der Rubrik

„Diskussion“ zusammen mit einem dem Autor zustehenden Schluß- wort veröffentlicht werden, wenn sie innerhalb vier Wochen nach Erscheinen der betreffenden Publi- kation bei der Medizinisch-Wissen- schaftlichen Redaktion eingehen und bei einem Umfang von höch- stens zwei Schreibmaschinenseiten (30 Zeilen mit je 60 Anschlägen) wissenschaftlich begründete Ergän- zungen oder Entgegnungen enthal- ten. Für Leserbriefe zu anderen Beiträgen gelten keine besonderen Regelungen (siehe regelmäßige

Hinweise). DÄ/MWR

H.-pylori-Eradikation verlängert

Lebenserwartung

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Im Gegensatz dazu wurde aus Graz berichtet, daß sich hier nicht nur einige Universitätsklini- ken mit der wissenschaftlichen Eva- luation befassen, sondern auch die Kassen