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Ueber den arabischen Euklid.
Von Dr. Klamroth,
Gymnasiallehrer am Kgl. Christianeum zu Altona.
Die alten arabischen Uebersetzungen der Elemente des Euklid
kennen wir bisher nur aus den Nacbrichten der Kataloge und den
Zusammenstellungen derselben durch Gartz (J. C. Gartz, De inter¬
pretibus et explanatoribus Euclidis Arabicis. Halae ad Salam 1823)
und Wenrich (Wenrich , De auctorum Graecomm versionibus et
commentariis Syr., Arab. etc. Lipsiae 1842). Die beiden berühm¬
testen Uebersetzungen sind die des Haggäg ibn Jüsuf ibn Matar
aus dem Anfange und die des Ishäq ibn Hunein aus dem Ende
des 9. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung; jene ist uns theilweise,
diese ganz, und zwar in mehreren Handscbriften erhalten. Die
grossentheils ungünstigen Beurtheilungen des arabischen Euklid in
den Geschichten der ^Mathematik beziehen sich nicht auf diese
Handschriften, von denen bisher nichts verölfentlicht ist, sondern
auf zwei gedruckte Bücher, von denen das eine eine spätere ara¬
bische Ueberarbeitung der ältesten Uebersetzung, das andere eine
lateinische Uebertragung des arabischen Euklid enthält. Die erstere
hat zum Verfasser den Nasir ud-din (t 1273) aus Tüs in Choräsän
und erschien im Jahre 1594 zu Rom. Die letztere wird dem
Giovanni Campano aus Novara zugeschiieben , der um die Mitte
des 13. Jahrhunderts gelebt haben muss; sie erschien im Jahre
1482 bei Erhard Ratdolt in Venedig als erste Euklid-Ausgabe ').
Sowobl Tüsi als Campano waren Mathematiker, die auch selb¬
ständige Werke verfassten: beiden lag mehr an der Vermehrung
und Verbreitung mathematischen Wissens als an der Reinerhaltung
des Eukhd-Textes ; die Werke beider sind Ueberarbeitungen
und bestehen nicht, wie man hiiufig liest, aus Text und Commentar;
sie geben kaum hinsichtlich der Definitionen und des Wortlauts
1) Später vorimstaltcto Zambort eine Uehersetzung aus dem Griechischen, und 1533 wurde durch Simon Grynaeus in Basel die editio princeps des griechi¬
sclien Euklid besorgt.
Klamroth, über den arabüchen Euklid. 271
der Lehrsätze, geschweige denn hinsichthch der Beweise, ein treues
Bild der alten arabischen Uebersetzungen, sind also für die
Textkritik des griecbischen Euklid nahezu unbrauchbar.
Von grösserem kritischen Werthe ist vielleicht die hebräische
Uebersetzung des arabischen Euklid von MoSe Tibbon aus dem
Jahre 1270 (Steinschneider, Catalog, libror. Hebraeor. in bibliotheca
Bodleiana. Berl. 1852—60. S. 2002. Ders., Die hebr. Hss. der
Kgl. Hof- und Staatsbibhothek in München. Münch. 1875. S. 12)
und die lateinische des Adelard, eines englischen Benedictinermönchs
aus Batb im Anfange des 12. Jahrhunderts (Wüstenfeld, Die Ueber¬
setzungen arabischer Werke in das Lateinische. Gött. 1877. S. 20).
Die Vermuthung Wüstenfeld's, dass in dem 1482 gedruckten Euklid
der Text von diesem Adelard stamme, und nur der Commentar (?)
von Campano hinzugefügt sei, ist nach dem oben Gesagten in
dieser Form unrichtig. Von vom herein ist aber das sehr
einleuchtend, dass Campano keine eigene Uebersetzung unter¬
nommen haben wird, wenn ihm Adelard's Werk bekaimt war. Ohne
die lateinischen Handschriften gesehen zu haben, halte ieh es doch
für wahrscheinlich, dass Campano sich zu Adelard ähnlicb ver¬
halten wird wie Tüsi zu seinen Vorgängern. Es fragt sich also
nur, in wie hohem Masse Adelard das Arabische beherrschte.
Wie genau aber auch die hebräische und die ältere lateinische
üebersetzung des alten arabischen Euklid sein mögen , zu text¬
kritischen Zwecken bedarf man keiner von beiden, da das Original
selber, wie es der mathematische Stoff mit sich bringt, ohne jede
sprachliche Schwierigkeit, und wenn mir nach Vergleichung weniger
Handschriften ein Urtheil zusteht , vorzüghch gut überhefert ist.
Folgende Handschriften haben mir vorgelegen:
1) L =-- Leiden DCCCCLXV aus dem Jabre 1144/45, ent¬
haltend die ersten 6 Bücher in der Uebersetzung des Haggäg ibn
Jüsuf ibn Matar. cf. Catal. Codic. Orient. Bibl. Acad. Lugd. Batav.
Vol. m, S. 38 ')•
2) 0 = Oxford 279 aus dem Jahre 1238, enthaltend die Ele¬
mente mit Einsehluss der beiden Bücher des Hypsikles (= Euklid
1. 14 und 15), Buch 1—13 in der Uebersetzung des Ishäq ibn
Hunein, verbessert von Thäbit ibn Qurra, Buch 14—15 in der
Uebersetzung des Qustä ibn Lüqä. cf Oxf Bodl. ms. oi-ient. II, 2
arab. S. 257.
3) K = Kjöbenhavn LXXXI, undatirt, wahrscheinlich aus dem
13. Jahrhundert, enthaltend Buch 5—15, und zwar 5—10 in der
Uebersetzung des Ishäq ibn Hunein, verbessert von Thäbit ibn
Quma, 11—13 angebhch in der Uebersetzung des Haggäg ibn
Jüsuf ibn Ma|ar, 14—15 (Hypsikles) in der Uebersetzung des
1) Die Hs. enthiilt iiuch — was im Kataloge nicht bemerltt ist — 2 Bücher von der arabisclien Uebersetzung dos Menelaus üher die l^reisähnlichen Figuren.
18 *
272 Klamroth, uher den arnhtJtehen Euklid.
Qusta ibn Lüqä. cf. Cod. orient. bibl. reg. Hafniensis P. II,
S. 631).
Cap. 1. Anzahl nnd Reihenfolge der Lehrsätze.
Der arabiscbe Euklid besteht aus 15 Büchern, da das er¬
gänzende Werk des Hypsikles als ein integrirender Bestandtheil
der Elemente betrachtet wurde. Die Abgi-enzung der einzelnen
Bücher zeigt von dem uns jetzt vorliegenden grieehiscben Texte
keinerlei Abweichung. Anders steht es mit dem Umfange der
Bücher und der Ordnung in denselben. Die Verschiedenheit in
jener Beziehung ersieht man aus folgender Tabelle :
o^UJ! OJui JiXii^l JlA*
Griechischer Euklid'). Campano. Tösi. Ish^.
I 48 48 48 48
II 14 14 14 14 ^
m 37 36 36 36
ß
IV 16 16 16 16
V 25 34 25 25
VI 33 32 32 33 ^
&
vn 41 39 39 39 i>i'
VHI 27 25 25 27
IX 36 39 36 38
X 117 107 107 109 ^
XI 40 41 41 41
xn 18 15 15 15 \-i
xm 18 18 18 21 lJ
XIV 7 18 10 10
\j
XV 10 13 6 6 »
Summe : 487 495 468 478 Xi*">
1) Den Vorwaltungen der Bihliotheken, durch deren Güte mir die Be¬
nutzung dieser Handschriften verstattet wurde, dem Herrn Curator dor Strass¬
burger Universität . durch dossen gütige Vermittolung ieh die Handschriften erhielt, und der Strassburger Bibliothek, welche mich mit allen Mitteln zur Ausführung dieser Arbeit versehen hnt. spreche ich an dieser Stelle meinen Dank aus.
2J Ausg. V D Gregory. Oxf 170,3 und F Peyrard. Paris 1814—18.
Klamroth, iiher den. arahi.tchen Kuklid. 273
Ich knüpfe an diese Tabelle einige Bemerkungen an.
1) Die Zahl 109 für das 10. Buch wird vom Fihrist (S. 266)
bestätigt, und zwar für den Eukhd, wie er ^j«Lü| ^Jol ,5 sei.
Ich schliesse daraus, dass die bei weitem angesehenste Euklidversion
von je her die des Ishäq gewesen ist.
2) Von Tüsi's Euklid sind bekanntlich die beiden letzten
Bücher noch nicht gedruckt; die angegebenen Zahlen beziehen
sich auf zwei Pariser Handschriften (1129 und 1216), die einen
Auszug desselben enthalten. Freilich bezweifle ich , dass Tüsi's
Hypsikles sich mit dem des Qustä deckt. Wenigstens enthält der
gedruckte Tüsi schon als Zusätze zu Lehrsätzen in Buch 13 Auf¬
gaben , welche im griechischen Originale und in Qustä's Ueber¬
setzung zum 2. Buche des Hypsikles gehören, z. B. ein Oktaeder
in ein Tetraeder und in einen Würfel zu beschreiben.
3) In 0 besteht, dem eignen Inhaltsverzeichnisse widerspre¬
chend. Buch 4 aus 17, Buch 14 aus 12 Lehrsätzen. In Buch 4
ist nämlich 16 kein besonderer Satz, sondern nur ein zweiter
Beweis für 15. In Buch 14 ist der letzte Satz gedritttheilt ; K,
selber ohne Inhaltsverzeichniss, hat hier die richtige Zahl.
4) In L fehlt dem 1. und dem 3. Buche je ein Lehrsatz.
Die Zahl der Sätze des 14. Buches soll sich nach dem Register
auf 21 belaufen. Da die Handschrift dieses Buch nicht enthält,
so lässt sich die Wahrheit dieser Angahe nicht controliren. Ich
halte es für möglich, dass hier ein blosser Schreibfehler vorliegt,
da dieselbe Zahl unmittelbar voraufgeht. Ueberhaupt glaube ich,
dass das Register in L von einer spätem Hand hen'ührt; denn es
bietet die Zahlen für die Uebersetzung des Ishäq, während doch
die Handschrift die Uebersetzung des Haggäg enthält.
5) Die Anzahl der Propositionen bei Campano stimmt im
ächten Euklid, von Buch 5 und 9 abgesehen, mit derjenigen bei
Tüsi überein: ich schhesse aus diesem und andern Gründen, dass
diese beiden Euklid-Ueberarbeitungen auf eine gemeinsame Quelle
zurückgehen, weicbe ni cht die Uebersetzung des Ishäq ist. Woher
hat mm Campano den Ueberschuss von 27 Lehrsätzen? Keiner
derselben deckt sich mit einem von den 10, die Ishäq mehr hat
im Verhältniss zu Tüsi. Auch literärgeschichtlich ist die Gesammt¬
zahl 495 für die .^jCiit des arabischen Euklid nicht beglaubigt.
Man könnte nun denken, Campano habe Producte des eignen Geistes
für euklidisch ausgegeben. Es findet sich aber ein ähnlicher
Ueberschuss schon in Adelard's Uebersetzung, wie ich hinsicht¬
hch der beiden Münchener Hundschriften (14448: Buch 1—6;
11305: Buch 7—14) durch die Güte des Herm Dr. Hommel
erfahre. Die Differenzen vom Campano würden sich ohne Zweifel
durch Vergleichung mehrerer Adelard-Handschriften noch wesent¬
hch reduciren. Meines Erachtens ist die einzige Thatsache, dass
auch das 5. Buch des Adelard aus 34 Propositionen besteht, eine
2 3
274 Klamroth, über den arabischen. Kuklid.
hinlängliche Bestätigung der oben erwähnten Vermuthung Wüsten¬
feld's, dass Adelard und Campano nicht unabhängig von einander
beide eine selbständige Uebersetzung verfasst haben. Wir steben
also vor dem Dilemma: entweder mhren jene Zusätze von Adelard
her, oder er benutzte einen arabischen Euklid, der uns unbekannt isi
^ 6) Die Gesammtzahl d.h. 478, welche das Register in
0 darbietet, wird Hag. Chalf. I, 383 für Ishfiq's Uebersetzung be¬
stätigt; ebendort erfahren wir, dass die Uebersetzung des Haggäg
nur 468 Sätze enthält. Diese Angaben werden ausdrücklich auf
Tüsi zuräckgeführt ; ich habe sie aber in unserm gedruckten T'isi
vergeblich gesucht. Ich gebe die Stelle , soweit es nöthig ist,
wörthch :
^j-^j v-JÜOüi ^^.,1^ (sc. in semem Euklid) (sc. "Tüsi)
j5 bL^-ii »-öL*Sj »_IUjUj! iüui^ i_r-*'^
(.iloLj Ä^j^UMj ^i^*"' Sj-ii.£ »»^b^j ^^"^^ iCi^wj .
SoUten dies in der That Tüsi's eigne Worte sein, so ist, da
sein Eukhd genau 468 Sätze enthält, nioht im mindesten daran
zu zweifeln, dass er mit Bewusstsein die Uebersetzung des Haggäg
der des Ishäq vorzog; auch habe ich noch einige andere Gründe
für die Annahme , dass Tüsi's Euklid eine Ueberarbeitung der
Uebersetzung des Haggäg ist; ich erwähne hier nur die Beiden
gemeinsame Gewohnheit, in spätern Sätzen ausdrücklich auf die
früheren zurückzuverweisen, was im Ishäq gar nicht, im griechischen
Euklid sehr selten, z. B. in V, 16 vorkommt. Die Mennmig des
Redactors rmd Correctors Thäbit statt des Uebersetzers Ishäq ändert
an der Sache nichts ; Thabit's Aenderangen haben sich schwerlich
bis auf die Aufnahme von 10 neuen Sätzen ei'streckt. Der geringe
selbständige Werth dieser 10 Sätze zeigt, uns, wie sehr Tüsi hn
Rechte war, ihre Aechtheit anzuzweifeln und sie von seinem Werke
auszuschliessen. Der arabische Euklid hat also 19 Sätze weniger
als der griechische.
Auch hinsichtlich der Reihenfolge der Lehrsätze zeigt der
arabische Euklid im Verhältniss zum griechischen bedeutende Ab¬
weichungen, von denen ohne Zweifel einige recht bemerkenswerth
sind. Ich würde auf diesen Punkt nicht das geringste Gewicht
legen, wenn zwischen den verschiedenen arabischen Uebersetzungen
selbst wieder Differenzen beständen. Dem ist aber nicht so. Nicht
nur in den Handschriften heiTScht eine genaue Uebereinstimmung;
sondern auch Tüsi's Ueberarbeitung beweist, dass eine unserem
griechischen Texte entsprechende Anordnung der Elemente den
Arabern nie bekannt gewesen ist. Das Verhältniss zwischen Araber
mid Griechen ist folgendes.
2 3
Klamroth, über den urahischen Euklid. 275
Im 1., 2. und 4. Buche decken sich beide genau. Ich sehe
deshalb für die Abweichung des Campano, der im 1. Buche den
45. Lehrsatz auslässt und, um die Zahl 48 voll zu machen, einen
andern Lehrsatz als den letzten des Buches aufgenommen hat, keine
andere Erklärung als seine eigne Willkür. Bemerkenswerth ist,
dass das 1. Buch der Münchener Adelard-Handschrift wirklich nur
47 Sätze enthält.
Im 3. Buche hat der Araber statt Satz 11 -f 12 des Grie¬
chen einen einzigen : „Die Centrale zweier sich berührender Kreise
geht durch den Berühiimgspunkt" ; erst im Beweise werden die
beiden Pälle unterschieden, ob sich die Kreise von innen oder von
aussen berühren. Da dies im ächten Eukhd der einzige Pall wäre,
wo sich der Araber eine Zusammenziehung zweier Sätze in einen
gestattet hätte, so zweifle ich nicht daran, dass auch seine Vorlage hier nur den einen Satz hatte.
Im 5. Buche haben Satz 12 und 13 ihre Stelle vertauscht.
In den folgenden Büchern sind die Abweichungen grösser;
ich gebe deshalb eine tabellarische Uebersicht.
6. Buch.
Arabisch — Griechisch
1—8 = 1—8
9 = 13
10—11 = 11—12
12—13 = 9—10
14—17 = 14—17
18—19 = 19—20
20 = 18
21—22 = 21—22
23 = 24
24 = 26
25 = 23
26 = 25
27—30 = 27—30
31 = 32
32 = 31
33 = 33
Dem Tüsi feblt gi'. 12 = ar. 11.
7. Buch.
Arabisch — Griechisch
1—19 = 1 — 19
20 = 21
21 = 24
22 = 23
23—28 = 25— 31Ö
29—30 = 33—34
31—32 = 31—32
33—39 = 35—41
Dem Araber fehlen gr. 20 u. 22.
8. Buch.
Arabisch — Griechisch
1—15 = 1—15
16—23 = 18—25
24—25
26—27 = 26—27
Dem Araber fehlen gr. 16 rmd
17; ar. 24 und 25 weder im
Griechen noch im 'XvlA.
9. Buch.
Arabisch — Griechisch
1—13 - 1—13
14 = 20
15—20 = 14—19
21—25 21—25
26 27
27 26
28—29 - 28—29
30—31
32—38 = 30—36
Ar. 30 und 31 weder im Grie¬
chen noch im Tüsi. Bei Cam¬
pano steht gr. 20 auüalhger Weise
276 Klamroth, nher den arahischen Knkliil.
an seiner Stelle. Uebrigens ver¬
weise ich hinsichtlich der ab¬
weichenden Reihenfolge Cainpa-
no's überhaupt auf die Euklidaus¬
gabe des Christophorus Clavius
Colon. 1591.
10. Buch.
10 = 12
11 - 11
12 = 15
13—15 = 16-18
Es fehlen gr. 6, 13, 14.
13. Buch.
Arabisch — Griechisch
1—6 = 1—6
7—10 _ 9—12
11 = 16
12 15
13—19 18—24
20—22 . 27—29
23 = 26
24—25 = 30—31
26 + 27 = 32
28-1-29 = 33
30—108 = 34—112
109 == 116
Gr. 32 und 33 sind halbirt.
Es fehlen gr. 7, 8, 13. 14, 17,
25, 113, 114, 115, 117, im Tüsi
noch ausserdem gr. 28 und 29.
Arabisch — Griechisch
1 + 2 = 1
3-f-4 . 2
5-1-6 := 3
7 = 5
8 = 4
9—10 = 6—7
11 = 12
12—13 = 9—10
14 = 8
15 = 11
16 = 13
17 = 15
18 = 14
19—21 = 16—18
Gr. 1, 2 und 3 sind halbirt, doch nicht im Tüsi.
11. Buch. 14. Buch.
Arabisch — Griechisch Arabisch — Griechisch
1—30 = 1—30 1 = 1
31 -f 32 = 31 2-1-3 = 2
33 = 32 4-1-5 = 3
34 + 35 = 34 6-|-7-f 8 = 4
36 = 33 9 = 5-1-6
37—39 = 35—37 10 7
40—41 = 39—40 Gr. 2 und 3 sind halbirt.
Gr. 31 und
gr. 38 fehlt.
12.
Arabisch 1—5
6 7
34
Buch.
— Griechisch --= 1-5
== 7
= 9
= 8
10
gedritttheilt, 5 und 6 zusammen¬
gezogen.
15.
Arabisch 1 2-6
Buch.
— Griechisch 1—5
Ar. 1 nicht im Griechen ; dem
9 == 10 Araber fehlen gr. 6, 7, 8, 9, 10.
Das Plus des Ishäq im Verhiiltniss zu Tüsi setzt sich demnach
aus drei verschiedenen Elementen zusammen:
Klamroth, über den arahischen Euklid. 277
1) Halbirte Sätze, die bei Tüsi nicht halbirt sind
(XIII, 1—3) = 3
2) Sätze, die auch im griechischen Euklid, aber nicht
im Tüsi stehen (gr. VII, 12; X, 28—29) . . . = 3
3) Sätze, die weder im griechischen Euklid noch im
Tüsi stehen (ar. VHI, 24—25; IX, 30—31). ^ =^ 4
Summe 10
Ich gebe die vier Sätze, welche Ishäq's üebersetzung vor dem
griechischen Originale voraus hat, wörtlich. K und 0 stimmen bis
auf einige Schreibfehler beiderseits genau überein; ich notire deshalb keine Variante.
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2 3 *
278 Klamroth, iiher den arahischen Euklid.
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j^j^ ^.^t ÜJjt U uiJjj J^t ^ JlXjo Iw> Jutj Li J^j
üebersetzung (Zablenbeispiele aus 0).
VIII, 24.
Zwei Zahlen sind ähnliche Flächenzahlen, wenn sich die erste
zur zweiten verhält wie eine Quadratzahl zu einer Quadratzahl.
Beispiel: Es mögen sich zwei Zahlen, A und B, zu ein¬
ander verhalten wie die Quadratzahl 7" (16) zu der Quadratzahl
J (36). Ich behaupte, dass die Zahlen d und B ähnliche Flächen¬
zahlen sind.
Beweis: Da F und J Quadratzahlen sind, so liegt zwischen
ihnen eine ihnen proportionale Zahl (24). Nun verhält sich aber
A (24) zu B (54) wie F zu ä. Also liegt (auch) zwischen ihnen
eine ihnen proportionale Zahl (36). Also sind A und B ähnliche
Flächeuzahlen. Q. e. d.
VIII, 25.
Zwei Zahlen sind ähnliche Körperzahlen, wenn sich die erste
zur zweiten verhält wie eine Kubikzahl zu einer Kubikzahl.
2 3 *
Klamroth, äber den arabisehen Euklid. 279
Beispiel: Es mögen sich zwei Zahlen, A nnd B, zu ein¬
ander verhalten wie die Kuhikzahl 7" (8) zu der Kubikzahl d (64).
Ich behaupte, dass die Zahlen A und B ahnliche Köiperzahlen sind.
Beweis: Da F und d beides Kubikzahlen sind, so liegen
zwischen F und d zwei ihnen proportionale Zahlen (16 und 32).
Nun verhält sich aber F zu d wie A (12) zu B (96). Also liegen
(auch) zwischen A und B zwei ihnen proportionale Zahlen (24
und 48). Also sind A und B ähnliche Körperzahlen. Q. e. d.
IX, 30.
Wenn eine ungerade Zahl eine gerade Zahl misst , so misst
sie sie mit einer geraden Zahl.
Beispiel: Die Zahl A sei ungerade und messe die gerade
Zahl B. Ich behaupte, dass sie sie mit einer geraden Zahl misst.
Beweis: In (einer Zahl) 7^ hege die Einheit ebenso oft wie
die ungerade Zahl A die gerade B misst. Wird nun A mit F
multiplicirt, so muss das Product B sein. Ich behaupte, dass F
gerade ist. Angenommen, es sei nicht so, sondern 7^ sei ungerade.
Es wäre also die ungerade Zahl A mit der ungeraden 7^ multipU-
cirt worden; folglich müsste ihr Product B ungerade sein. Das
ist absm'd, denn es sollte gerade sein. Also ist 7^ nicht ungerade ;
folglich ist es gerade. Also misst A, B mit der geraden Zahl
F. Q. e. d.
IX, 31.
Wenn eine ungerade Zahl eine ungerade Zahl misst, so misst
sie sie mit einer ungeraden Zahl.
Beispiel: A sei ungerade und messe die ungerade Zahl B.
Sie soU sie messen mit der Zahl F, so behaupte ich, dass F un¬
gerade ist.
Das Gegentheil ist unmöglich. Angenommen, es sei möglich,
und 7^ sei gerade. Wird nun A mit 7^ multiplicirt , so müsste
das Product B gerade sein. Das ist absurd, denn es sollte un¬
gerade sein. Also ist 7^ nicht gerade; folghch ist es ungerade.
Also misst A, B mit der ungeraden Zahl 7^. Q. e. d.
Zu den beiden letzteren Sätzen wird in 0 ausdrücklich be¬
merkt: u#Jc=Ai ^ ^yfSdÜW tXs»!^!^ cj'y^' J^-}^ vji^Lj jLs
i^^l J U^iUiJc?-^, UjLoa:5\J iiyJ\S ^^yJl Ä-xJLi^-xJI gw«>^! j
Diese Bemerkung zeigt uns zugleich, dass Thäbit selber an
der Zabl der Sätze der Ishäq'schen Uebersetzung wahrscheinlich
nichts geändert hat, und dass den Arabem jener Zeit wirklich
daran gelegen war, einen unverfälschten Euklid zu haben. Icb bin
überzeugt, dass die mitgetheilten vier Sätze von Is^iäq wirklich in
seiner griechischen Vorlage vorgefunden wurden. Von dergleichen
Zusätzen im griechischen Euklid selber hören wir auch sonst. Der
280 Klamroth, über den arabischen Euklid.
Arzt Nazif (um 980) kannte nach Fihr. S. 266 griechische Eukhd-
Exemplare, in welchen das 10. Buch aus 149 Lehrsätzen bestand.
Ohne Zweifel gehen aber diese 40 Sätze ebensowenig auf Euklid
zurück wie jene 4. Man kann überzeugt sein, dass einem so viel
benutzten Buche wie den Elementen des Euklid nichts verloren
gegangen ist, und dass es thöricht wäre, ihn durch die arabischen
üebersetzungen ergänzen zu woUen. Viel mehr Gewicht ist darauf
zu legen, dass dem arabischen Euklid vieles fehlt, was sich im
griechischen findet. Denn einerseits ist es von vom herein sehr
wahrscheinlich , dass ein mathematisches Elementarbuch aus dem
Anfange des dritten Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung im
Laufe der Zeit mit manchen Zusätzen belastet sein wird; andrer¬
seits ist es höchst unwahrscheinlich, dass die arabischen üebersetzer
Lehrsätze, die sie in den von ihnen benutzten griechischen Eukhd-
Exemplaren. vorfanden, ausgelassen haben sollten. Ist nun meine
Vermuthung hinsichtlich des Verhältnisses von fl^si zu Haggäg
richtig, so folgt unwidersprechlicb, dass dem Haggäg und dem
Is^äq verschiedene griechische Handschriften vorgelegen haben,
in denen VI-, 12 und X, 28 und 29 theils fehlten, theils vorhanden
waren. Die Entscheidung der Frage, ob diese drei Sätze unächt
seien, hängt davon ab, ob man Kürze oder Vollständigkeit für das
oberste Princip des Euklid hält; dass sie unumgänglich nothwendig
seien , glaube ich nicht : so ist die Constmctionsaufgabe VI, 12
nur eine allgemeinere Passung der vorhergehenden Aufgabe; über
den Werth von X, 28—29 erlaube ich mir kein Urtheil.
Im Ganzen gestaltet sich die Verschiedenheit zwischen dem
uns vorliegenden griechischen Texte und der ältesten arabischen
Uebersetzung bezüglich der Anzahl der Sätze folgendermassen:
1) Zweimal sind je zwei griechische Sätze (III, 11—12;
XIV, 5—6) zu je einem arabischen zusammen¬
gefasst — 2
2) Sechs griechische Sätze (X, 32, 33; XI, 31, 34; XIV,
2, 3) sind halbirt, einer (XIV, 4) gedritttheilt . + 8
3) Ein Satz findet sich nur im Arabischen (XV, 1) . -|- 1
4) Sechsundzwanzig griechische Sätze (VI, 12; VII,
20, 22; VIH, 16, 17; X, 7, 8, 13, 14, 17, 25, 28,
29, 113, 114, 115, 117; XI, 38; XH, 6, 13, 14;
XV, 6, 7, 8, 9,10) fehlen in der arabischen Ueber¬
setzung — 26
Summe —• 19
Ich muss also, sofern mich keine griechische Handschrift der
Elemente widerlegt, die bis ins achte Jahrhundert hinaufreicht,
aus historiseben Gründen die Aechtheit von 22 euklidischen und
4 hypsikleischen Sätzen in Frage stellen. Von einigen derselben
wird man sich leicht überzeugen , dass sie möglicherweise blosse
Zusätze zu fräheren Sätzen sind, so VII, 20 zu 19, VIII, 16 und
17 zu 14 luid 15, Xn, 6 zu 5; andere verrathen sich durch ihre
Klamroth, üier den arabüchen Euklid. 281
aufRlllige und unmotivirte Stellung ; andere endlich sind schon von
mathematischer Seite hinsichtlich ihres euklidischen Ursprungs an¬
gezweifelt worden, z. B. X, 13 von Peyrard (Eukhde, Tom. II,
pref. XXXVI), X, 117 von Nesselmann (Die Algebra der Griechen
S. 183).
Cap. 2. Die Defluitionen.
Ausser den Lehrsützen und Aufgaben (mit gemeinsamem Namen
ngotuasig) enthalten Euklids Elemente bekanntlich am Anfange
bestimmter Bücher (I, II, III, IV, V, VI, VH, X, XI) oder am
Anfange neuer Abschnitte innerhalb eines Buches (vor X, 49 und
vor X, 86) Definitionen (oQoi) und am Anfange des ersten Buches
noch ausserdem Forderungen (aiTtifiaTa) und Grundsätze (xoival
^vvoiai). Das 6. ahtjfia steht im Ai'abischen am Schlüsse der
xoivai ivvoiai , wie auch in einigen griechischen Handschriften ;
die logische Anfechtbarkeit des Unterschiedes zwischen diesen beiden
Kategorien würde freihch erst verschwinden, wenn auch airt]fia
4 und 5 unter den xoivai Üvvoiai ständen.
Die ogoi sind in unsem griechischen Euklid-Ausgaben ebenso
wie die ngoTocaeig numerirt, ich weiss nicht, ob in Ueberein¬
stimmung mit den Handschriften. Im Arabischen fehlen nicht nur
die Nummem, sondern es sind auch mehrmals verschiedene grie¬
chische Definitionen zu einem untrennbaren Satze verbunden, be¬
ziehungsweise in einander verschränkt, besonders im 11. Buche;
meine Nebeneinanderstellung der griechischen und arabischen Zahlen
hat also hier nicht durchweg den Sinn einer formellen Deckung,
sondem soll nur dazu dienen, den Bestand der arabischen Ueber¬
setzung in möglichst kurzer Weise festzustellen. Auch hier hebe
ich hervor, dass Tüsi hinsichtlich des Stoffes und der Anordnung
desselben, von seinen eigenen Zusätzen abgesehen, fast durchgängig
mit seinen Vorgängern übereinstimmt und an ihren Abweichungen
vom griechischen Originale Theil nimmt; dagegen lassen sich nicht
alle Abweichungen Campano's aus den arabischen Handschriften
erklären ; es wiederholt sich hier das oben erwähnte Dilemma in
anderer Form : entweder hat Adelard willkürlich Definitionen aus¬
gelassen oder er benutzte einen uns unbekannten arabischen Euklid.
Zu der Thatsache aber, dass schon die alten arabischen Ueber¬
setzungen weniger Definitionen enthalten als der jetzige griechische
Text, wird man sich kaum anders stellen können als zu dem Fehlen
der 22 Lehrsätze. Wie leicht kann der griechische Text Zusätze
erfahren haben! Was könnte einen arabischen Uebersetzer dazu
bewogen haben, mehrere Definitionen seiner Vorlage auszulassen ?
Wie wäre eine Uebereinstimmung zwischen zwei oder mehreren
Uebersetzern in einem Punkte denkbar, die nachweisbar verschie¬
dene Vorlagen benutzt haben, es sei denn, dass diese Vorlagen
selber schon in jenem Punkte übereinstimmten? Dazu kommt,
dass die alten arabischen Uebersetzer einer Controle seitens des
282 Klamroth, iiher den arahischen Euklid.
für ihre Arbeiten interessirten Publicums unterlagen, wie man sie
für die Zeit kaum erwartet; das beweist unter anderm folgende
SteUe des Pihrist (S. 266) JjCiJt xJ! ,jljüi Ü-s*^ /ij
j^jj J^ljyJt iJ iü! (vCjj ^5^! 'xlUuJl j c>-jL» »LcÖI ^^jJ!
«LI »!jt «j! L-a « h i ■
In ähnlicher Weise würde wohl auch einem willkürlichen
und ungenauen Uebersetzer vorgehalten sein, er habe das und das
ausgelassen, das und das finde sich nicht im Griechischen, er habe
seine Vorlage missverstanden, unrichtig übersetzt u. s. w.
In den ersten drei Büchern stimmen die Definitionen der
arabischen Uebersetzung nach Zahl und Ordnung mit den grie¬
chischen überein. Im 4. Buche fehlen gr. 3, 4, 5, 6, 7.
Pür die folgenden Bücher gebe ich wieder eine TabeUe.
5. Buch.
Arabisch — Griechisch
1—11 = 1—11
12 = 13
13 = 12
14—20 = 14—20
6. Buch.
Arabisch — Griechisch
1—2 = 1—2
3 = 4
4 = 3
5 (von Peyrard in
die Varianten ver¬
wiesen)
6 —
7. Buch.
Arabisch — Griechisch
1—8 = 1—8
9—11 = 10—12
12 = 14
13 = 13
14_15 = 15—16
16—17 = 19-20
18—19 = 17—18
20-22 = 21—23
Es fehlt gr. 9.
10. Bueh.
Keine Differenz; nur stehen
die definitiones secundae hinter Lehrsatz 44 (bei Tüsi hinter 42), die definitiones tertiae hinter Lehrsatz 81 (bei T^si hinter 79).
11. Buch.
Arabisch — Griechisch
1—4 = 1—4
5 = 8
6 = 10
7 = 9
8—9 = 13—14
10 = 16
11 = 12
12—13 = 21—22
14—16 = 18—20
17 = 11
18 = 24
Es fehlen gr. 5, 6, 7, 15, 17,
23, 25, 26, 27, 28, 29.
An den Definitionen 3—6 des 4. Buches würden wir in der
That wenig vermissen, da doch offenbar in 1—2 nur erklärt werden
soll, was man sich unter dem ly-yQuif taßai und ntgiygacf ead-ai
Klamroth, üher den arahischen Euklid. m
einer Figur vorzustellen habe; diese Worte .bekommen aber durch
Anwendung auf Kreise keine wesentlich andere Bedeutung; noch
unwichtiger ist die 7. Definition als blosse Worterklärung von dem
ivttQfiöCiod'tti einer Linie in einen Kreis.
Def 7, 9 ist ohne allen Zweifel unächt; oder was ist der
Unterschied eines agi&fiog ÜQTicexi.s nsgiaaog von einem ägiß-fiog
negiaaäxtg agr tog in Def. 10? Da Euklid die Producte sehr
häuiig als Rechtecke bezeichnet, und auch in dem Ausdmcke ö
agiif/Aog ysvofitvog i| die Factoren als gleichberechtigt neben
einander stellt, so kann man nicht glauben, dass ihn an dieser
einen Stelle die Unterscheidung von Multiplicator und Multiplicarr-
dus zu einer so sophistischen Unterscheidung verleitet habe; dass
2X3 = 3X2 wusste Euklid sicherlich ebenso gut wie seine
arabischen Uebersetzer, welche sich mit dem einen be-
fo-'-^
gnugen.
Die Definitionen der xXiaig XI, 5 —7 könnten wir gut ent¬
behren; 15, 17 und 23 sind unbedeutend und sollen meines Er¬
achtens wie auch einige andere vorher nicht als eigene und selb¬
ständige Definitionen gelten. Wie aber die Erklärangen der fünf
Platonischen Körper, XI, 25—29, fehlen könnten, wenn sie im
Griechischen vorhanden gewesen wären, würde ich für unerklärhch
halten , da ich mir nicht vorstellen kann , der älteste arabische
Uebersetzer habe darüber reflectirt, wie viele Merkmale eines regu¬
lären Polyeders schon der blosse Name enthalte, wie viele man
erst aus spätern Lehrsätzen erfahre, und über wie viele die Elemente
überhaupt keine Auskunft geben.
Die Definition VI, 6 im Arabischen ist obne Zweifel unächt,
wie schon ihre Einführung in K. beweist: i^-sA iLi:u«o ^3
^ü^_JJ.^ w.-»«<wkJl c>>—iLT !3! ^/*»JiÄj ä-.a_>w»_äJ! jLßj Lo X.M>«j i.:;AjiLVs>-l ijatj l g«a.»j .
In 0 beginnt sogar schon 5 mit den Worten v;>oLi' jLij
iUjU^! O>N.A*xJ! (joju , ein Beweis, dass die von Peyrard mit Recht
verworfene Definition im 9. Jahrhunderte noch nicht in alle Hand¬
schriften eingedrungen war. 0 hat noch einige andere mit der¬
selben Formel eingeführte Definitionen, die in K fehlen und ohne
Wertb sind. Sachlich bemerke ich zu den Definitionen noch Fol¬
gendes. Schon Clavius (zu Def XI, 13) tadelt Campano, dass er
das Prisma von vorn herein als dreiseitiges definirt, da doch Euklid
im 7. Satze des 12. Buchs durch den Zusatz rgiyiovov i'j(ov ßäoiv
diese Eigenschaft offenhar nur als besondem Fall bezeichne. Nun
hat aber nicht nur Tüsi, sondem auch die alte arabiscbe Ueber¬
setzung die speciellere Bedeutung des Wortes Prisma: K ^..^csJm
284 Klamroth, über den arabischen Euklid.
i^jLÜi« |^jL;=Ux»5 ^^Joi\ iH>l>-*^ Z.^^'^ io h .■^ " (^JJ!
Man vergleiehe XI, 40 und beantworte die Frage : Was ist wahr¬
scheinlicher, dass die concretere Bedeutung im Laufe der Zeit der
allgemeineren weichen musste, oder dass der Araber sich eine
Aenderung erlaubte, weil ihm ein vierseitiges Prisma keine Aehn¬
lichkeit mit dem Zahne einer Säge zu haben schien? Ein Seiten¬
stück hierzu bildet die Entwicklung des Begriffs der Pyramide,
der im arabischen Euklid noch völlig mit dem des regulären Te¬
traeders zusammenfallt.
Oap. 3. Titel, Ueberschriften, Formeln, Figuren.
I
Die Schreibung des Namens des Euklid schwankt im Arabi¬
schen zwischen ^J*JLAijS5i und jj^^xJlit; diese Form findet siCh in
K, jene in L und 0. Theilweise galt der Name als Appellativum
und sollte bedeuten iw>«j>-;.^! Schlüssel zur Geometrie (Ha^.
Chalf. I, 380). Die Elemente führen den Titel jumJO^J! j
oder jLvwJOi^t ^yoi\ ^ (so in 0), in den Ueberschriften der ein¬
zelnen Bücher gewöhnlich kürzer j, und in den Citaten
späterer Schriftsteller meist schlechthin (jmXJLSI vjLäJ" ; letzteres
beweist uns zugleich, in wie ungleich höherem Ansehn auch bei
den Arabem das Buch der Elemente im Vergleich zu den andem
ächten und untergeschobenen kleineren Werken Euklid's stand,
obwohl auch diese ihre üebersetzer und Erklärer fanden (Wenrich
S. 181—183 und 189). Der Titel vU^^lJ iU-OvJ^J! jyol i
(Hag. Chalf a. a. 0.) ist allerdings genauer, weil er Buch 7—9
mitberücksichtigt, aber er ist gewiss nie gebräuchlich gewesen. Die
üebersetzung von aToi%eitt durch ^\^J (Gartz S. 1) habe ich nur
im Qifti (Strassburger Ms. S. 41) gefunden, doch eben nur als
solche , nicht als den arabischen Titel des Buches. Auch der
griechische Name bürgerte sich ein, und zwar in drei verschiedenen
Pormen Uiii:iw| (so 0), L*i>jl2*,i = )oQ^X3D^ (Abül-Par. Hist.
Dyn. S. 64) und I ■•■•^t-i... 1 (ägyptische Aussprache); in die letztere
Form schlich sich, wie es scheint, ziemlich allgemein vor dem »
ein j ein, (so Qifti a. a. 0. Fihr. S. 265), vielleicht durch den Ein¬
fluss von Worten wie aorgovofiia, äatgoXdßiov etc. Den ßißkia
des Originals entsprechen wie in allen Uebersetzungen aus jener
Zeit die o^Liu (in 0 durchweg JiȊ| = jv^oj^p loyoi). Die
Klamroth, üher den arnhüchen Euklid. 285
nQOTÜaug heissen JbCil (= iLVOj?), mögen es Lehrsätze oder
Aufgaben, geometrisehe oder arithmetische sein. JjCi ist ursprüng¬
hch die den Lehrsatz oder die Construetion veranschauhchende
Pigur, und zwar sowohl die planimetrische als die stereometrische.
Da nun annähernd jedem Satze eine besondere Pigur entsprach,
und man auch die arithmetischen Sätze durch geometrische Sinn¬
bilder, seien es Linien von verschiedener Länge oder Punkte von
verschiedener Anzahl, zu verdeutlichen pflegte, so zählte man, um
den Umfang eines Buches oder die Stellung eines Satzes zu er¬
mitteln, die Piguren, welche am meisten in die Angen springen,
und sagte: „Das Buch hat so und so viel Piguren" oder „das ist
die so und so vielte Figur'. Allmälig aber verschwand die ur¬
sprüngliche Bedeutung des Wortes JjCi aus dem Bewusstsein, so
dass z. B. der Anfang von XHI, 2 J>\ JjLi ,3 ^Jüü Jo^ lediglich
bedeutet : „Wir wollen in einem neuen Satze beweisen' ; denn eine
„andere Figur' ist hier gar nicht vorhanden; dem entsprechend
heisst bj_j.*o -ki ^ JjCiJS cj^-T? '"^ Conunentar des Nairizi in L
„Beweis des Lehrsatzes ohne Figur". Gleichwohl wird in I def.
13 u. a. (tyiifAci nicht durch 'ijjMD, sondern durch JjCi und arsgsov
nicht selten durch JJCi. übersetzt.
Für 'ixd-taig und ngoaSiOQiafioq (Voraussetzung und Be¬
hauptung) steht der zusammenfassende Ausdruck (Beispiel),
aber nicht als selbständige Ueberschrift, sondern im Gefüge des
Satzes, in der Formel ^.^1 üJli* (Das Beispiel dazu ist, dass).
Ebenso beginnt der Bev>reis {änöSti^iq): bei Qustä
meist: ^.^1 c^:^ Beweis dafür ist, dass). Der zweite
Theil des heisst bei 0 in 1, 1 („Bedingung"); sonst
kommt diese Ueberschrift (= ngoadiogia/tiog?) weder in 0 noch
in K noch in L vor; der Anfang der Behauptung ist überall ge¬
nügend gekennzeichnet durch das Wort ^^ls (= Myu)). Häufig
fehlt aber auch das Wort in diesem Falle beginnt das „Bei¬
spiel' mit ^^jXJ oder ^XJj.
Der Ausdruck für Construetion (xaranxtvi)) kommt als
Ueberschrift nicht vor. Die Bezeichnung der Zusätze durch oLä/«
oder »ju^ (= noQiöfia, corollarium) findet sich nur in L; in 0
und K fehlt nicht nur der Name, sondern nahezu auch die Sache.
Bd. XXXV. 19
286 Klamroth, iiber den arabischen. Euklid.
Die den Lehrsätzen vorausgehenden Definitionen heissen in K mit
aUgemeinerem Namen oUjüuJ! ; dafür findet sich aufföUiger Weise
sowohl in L als hei Tüsi an einigen Stellen otjOUaJt, welches
natürlich nicht mit jenem gleichbedeutend ist. b^jUi* ist die
Uebersetzung von airtifia (petitio) und bezeichnet in der Logik
vorzugsweise eine unberechtigte Forderung, das aristotelische TO
ciQxve aiTtiaßai; in der Mathematik aber hat das Wort, die
allgemeinere Bedeutvmg von aiTTjfia im Sinne von Postulat, und
so wird es im ersten Buche gebraucht neben jjj*^sjJi (ugoi) rmd
iü,ljüuJt jyJjJl (xoival svvoiat,, Camp, communes animi percep-
tiones). Wir pflegen als Seitenstück zum Begriffe des Postulats
den der Aufgabe anzusehn. Sollte aber die überlieferte Abgrenzung
der aitriiiaTa und xoivai ävvoiai im ersten Buche die ursprüng¬
hche sein, so bezöge sich die euklidische Forderung nicht aUein
auf die Ausführung des mathematisch Leichten, sondem auch auf
die bewusste Anerkennung des mathematisch Selbstverständhchen.
In diesem Falle würde der Ausdmck oS^oLo/o in der That zur
Noth auch für die Definitionen passend sein ; aber ich wüsste nicht,
nach welchen Merkmalen man dann die .Postulate' und „Grund¬
sätze" unterscheiden könnte. Jedenfalls ist die Polemik Stein¬
schneider's (Al-Farabi S. 73) gegen Wenrich ungerechtfertigt; denn
in dem einzigen ersten Buche, wo die Einleitung noch etwas
anderes enthält als die Definitionen, ist o!jOLa/c nicht Gesammt¬
titel, sondem bezeichnet eine von drei coordinirten Kategorien.
Die Aufgaben sind , wie gesagt, an der Ueberschrift von den
Lehrsätzen nicht zu unterscheiden; aber sie ven-athen sich durch
den stereotypen Anfang Jw4JLj UuS ^yf^ ^\ Ju^ (bez. jcÄi \Ji.fS)
bei Hag., Jl»jü ^^1 vXjJ (bez. vX^sü ^^t) bei Ish. und Jw*jü ^.,1 U
(bez. Jcpi ^^() bei Tüsi statt der griechischen Infinitive noiiiaai
und tvQtlv. Entsprechend lautet der Schluss einer Aufgabe : liJÜJij
^yl LiOjt L« (oneg täsi noiijaai), dagegen der Schluss eines
Lehrsatzes ^^j^ ^\ Lo u5JJ>j (oneg iSei deuat, quod erat
demonstrandum). Allerdings ist dieser Unterscbied durch die
Nachlässigkeit der Schreiber meist verwischt ; aber seine Ursprüng¬
lichkeit ergiebt sich daraus, dass an mehreren SteUen das
von dem Abschreiber in J^+jü verändert ist.
Klamroth, iiher den arahischen. Euklid. 287
Ein indirecter Beweis wird eingeleitet durch die Wendung
^^jJLJLs 0-3^1 ^-j'i »7!^ ^ si&tt des einfacheren
griechischen sl yag fii] iffriv, Hatu (Tüsi noch kürzer: ^.^bC! '^(Ij);
am Schlüsse dieses Beweisverfahrens steht statt ontg iarlv
äSvvaTov meist die vollere Formel ^ < , < v_aJi_5>-
Die Formel zur Andeutung des Exhaustionsverfahrens xril tovto
äel noiovvies lautet \Jyi b5ÜÖ uJL*s» oder tjjjj iJ^*jü ijj —
Die verschiedenartige Wiedergabe der stehenden und formel¬
haften Wendungen ist eines der sichern Merkmale, woran man die
verschiedenen arabischen Euklid - Versionen unterscheiden kann,
und ich würde diesen Punkt noch ausführhcher behandeln, wenn
es nicht andere noch significantere Kennzeichen gäbe. Dagegen
herrscht in einer andem Beziehung unter allen Repräsentanten
des arabischen Euklid die merkwürdigste Uebereinstimmung, näm¬
lich hinsichtlich der Figuren. Da dieselben von denen des grie¬
chischen Originals vielfach abweichen, besonders hinsichtlich der
Buchstaben, so muss entweder ihre Uebertragung durch Haggäg
von allen Spätern übernommen sein, was an sich sehr wahrschein¬
hch ist, oder es muss in den von den arabischen Uebersetzem
benutzten griechischen Exemplaren eine gleichmässige Abweichung
von den spätern griechischen Handschriften stattgefunden haben.
Die Uebertragung der giiechischen Pigur in die arabische be¬
schränkt sich nicht darauf, dass an die Stelle der griechischen
Buchstaben die arabischen treten ; vielmehr wird , dem Charakter
der arabischen Schrift entsprechend , die Richtung der Figur von
links nach rechts in die von rechts nach links verwandelt, wie
man aus folgenden zwei Beispielen ersieht.
Auch in den stereo -
metrischen Büchem sind 7.
die arabischen Figuren meist '/K
genau das Spiegelbild der /
griechischen. Doch habe y''
ich in den Handschriften /
eine merkwürdige Eigen- /
thümlichkeit in der stereo- '^■''^
metrischen Auffassung der ^.-i —
Araber bemerkt, für welche
ich keine Erklänmg weiss.
Es wird nämlich fast durchgängig als die Basis eines Prismas
oder einer dreiseitigen Pyramide die Seite bezeichnet, die nach
unserer perspectivischen Anschauung die Vorderseite ist, und dem¬
gemäss als obere Grundfläche des Prismas und als Spitze der
Pyramide die Seite der Figur, die für denjenigen, der die Zeich-
19*
v j <i
nung von oben betrachtet, als die entfernteste erscheint. In allen
complicirteren Figuren, z. B. den Theilen eines Polyeders oder
einer Kugel, tritt an die Stelle der perspectivischen Darstellung
ein roher und unwahrer planimetrischer Aufriss. Ueberhaupt
scheint die Zeichnung der Figuren, wenigstens bei den spätem
Abschreibem, mehr durch ein falsches ästhetisches Interesse als
durch den praktischen Zweck der Geometrie bestimmt zu sein:
behehige Dreiecke sind oft gleichschenklig oder gar gleichseitig;
Peripheriewinkel werden von gleichen Sehnen gebildet; Parallelo-
gi-amme sind Rechtecke oder gar Quadrate; Pyramiden sind reguläre
Tetraeder u. s. w.
Von den Buchstaben wird das wie im Griechischen das /
zur Bezeichnung nicht verwandt (mit Ausnahme von X, 44); ebenso
wird das ^ dem Griechischen zu Liebe vermieden; dagegen folgt
auf ^ = II stets das ungriechische ^Js. Da nun die specifisch
griecbischen Buchstaben durch die specifisch arabischen wieder¬
gegeben werden, so fallen ^ und in der Regel aus. Die
Buchstaben entsprechen sich also im Grossen und Ganzen folgen¬
dermassen :
ABrdEZHQKuiMNSonP2T Y X ^
!vj_.j> » 3 ^-^'^ ^ r o ^ t ^ "-^ ^oo^oo»
Eine vollständige Uebereinstimmung in der Bezeichnung findet
sich jedoch nur hei den allereinfachsten Figuren. Nicht selten
Klnmrot/i, üher den arnhinchen KuMid. 289
wird die Reihenfolge der Buchstaben dadurch alterirt, dass der
Araber ein Viereck durch die Endpunkte einer Diagonale und ein
Parallelepipedon durch zwei stereometrisch gegenüberliegende Ecken
bezeichnet. Man kann wohl diese und alle andern Abweichungen
der arabischen Piguren von denen des griechischen Originals aus
der freiem Benutzung desselben durch den ersten üebersetzer
erklären ; es bleibt aber zu beachten, dass diese Abweichungen bei
den Arabern so stereotyp geworden sind, dass auch Tüsi trotz
seiner vielen sonstigen Aenderangen die Figuren des alt-arabischen
Euklid und die Reihenfolge ihrer Buchstaben fast überall iman-
getastet lässt, so dass man auch in dieser Beziehung von einem
„arabischen Euklid" reden darf.
Cap. 4. Der Geist der Uebersetzung und die Terminologie.
Der arabische Euklid des Ishäq ist ein Muster von guter
üebersetzung eines mathematischen Textes: die einleitenden und
überleitenden Redewendungen sind stereotyp und von geringer Zahl;
die Kunstausdrücke sind einfach und werden consequent festge¬
halten; die weniger formelhaften Ausdrücke scbliessen sich an das
griechische Original so eng an, wie es mit der Verständhchkeit
und dem Charakter der arabischen Sprache verträglich ist. Nur
in vereinzelten Fällen findet sich in der Formulirung der Definitionen
und Lehrsätze eine stärkere Abweichung wie beispielsweise in XII,
10—12 (= gr. XIL 12, 11, 15). So lautet XH, 11: .Alle Kegel
und Cylinder von gleicher Höhe verhalten sich wie die Grundflächen"
im Arabischen viel weitläufiger: ^j^OJi^ jü!^ix>«!^ -^i;^ ^
_bj..s? ^ÄjJ Ji* U^Lftj^!; i>j>tj L»g*.g*»»i iiJb U..piXcLs
8Jv5>t} 8j_j!i^ Lajt l*^"iXcLä ^jJ^Xm^jo j^j_j^_5>! KJtjLuxlj
^! ii_j(jlxw'^!. Jsj-iSuJ! ^\ Jsj^^äJ! iw*o ^.,l_s 0^\j, L>,.^«.^_}
ör U^jjjLcLi ^t U^jiA_cUs Ä._;_M«_iJ' tl . Zu deutsch :
Wenn ein Kegel und ein Cylinder denselben Kreis zur Grand¬
fläche und dieselbe Axe haben , und ihre Höhe gleich derjenigen
eines andern Kegels und eines andern Cylinders ist, die einen
andern Kreis als gemeinsame Grandfläche und dieselbe Axe haben,
so verhält sich der eine Kegel zum andem und der eine Cyhnder
zum andern wie die eine Grundfläche zur andei-n. — Es ist nicht
zu läugnen, dass eine gewisse Zweideutigkeit, welche wenigstens
für einen beschränkten Verstand in dem Ausdracke des Originals
liegt, durch diese umständliche ümschreibung vermieden ist. Es
wäre aber durchaus falsch, von dieser vereinzelt dastehenden will¬
kürlichen Veränderung auf die üngenanigkeit der üebersetzung
Lm Ganzen zu scbliessen. Vielmehr sind die meisten formellen
290 Klamroth, üher den arahischen Euklid.
Abweichungen ledighch syntaktischer Natur oder auf einzelne Aus¬
drücke beschränkt. Die ängsthche Wörthchkeit freilich, mit welcher
syrische Gelehrte unter Misshandlung ihrer Sprache griechische
Werke wiederzugeben liebten, war durch die Sprödigkeit des ara¬
bischen Satzbaues und den verständigen und praktischen Sinn der
arabischen Uebersetzer von vom herein ausgeschlossen.
Nicht selten wird das Verhältniss von Vorder- imd Nachsatz,
iiaupt- und Nebensatz, Demonstrativ- und Relativsatz in einer fih'
uns befremdlichen Weise umgekehrt. So heissen die beiden ersten
Definitionen im 10. Buche: „Diejenigen Grössen, welche mit ge¬
meinsamem Masse gemessen werden köunen, heissen commensurabel;
diejenigen, welche nicht mit gemeinsamem Masse gemessen werden
können, heissen incommensurahel* JsjLä!! ol^J
oUJLsull^ ^jlxwJtj (Diese Specificirung nicht im Griechischen!
Tüsi fügt noch Ort(?) und Zeit hinzu.) »/jc^Jt ^^LSj ^yüt
»iyLii-o ^ LjJ liLftj 1^1} LXSft^ jtjüi/e i «.,...:> \J>jOdij ^
0<»\^ ^Sjüix Ljuc4J> LS'jJüü ^\ ^ .
Wo das Streben nach Deutlichkeit oder der Zwang der Sprache
den Uebersetzer veranlasste, einzelne Begriffe oder Begriflfscomplexe
anders auszudrücken, da zeigt es sich überall, dass er sowohl
sachlich wie sprachlich seine griechische Vorlage richtig verstanden
hat. Beispielsweise führe ich an die Wiedergabe der nicht ohne
Weiteres verständlichen Redensart: ygafifitj Svvarai durch
Ja^Jt j^yi und der Bezeichnung: ■>}vno ABF ywvia, die
auch nach Savilius (Praelectiones XIII in • principium elementoram
Euchdis Oxoniae habitae MDCXX Oxf 1621. 10. Vorlesung) be¬
deutet „der von und 7^ eingeschlossene Winkel' durch
^ Ljj Jo^,^. ^ his^y^^ ■ I»" Allgemeinen lässt sich die
Absicht nicht verkennen , die Schwierigkeiten und Unebenheiten
im griechischen Texte durch geschickte Uebertragung zu beseitigen
und auszugleichen, und in zweifelhaften Fällen wird man oft
durch die Vergleichung des arabischen Textes auf die richtige
Spur geleitet werden. Da ich einmal Savilius genannt habe, will
ich noch bemerken, dass der von diesem Gelehrten (8. Vorlesung)
getadelte Fehler, den die Uebersetzer durch die Nichtunterscheidung von irpaQuö^siv (congraent sein) und ic/,agfi6CM&ai (auf einander
gelegt werden) begehen, und in den auch Peyrard verfallen ist,
im arabischen Euklid vennieden ist, indem beide Begriffe durch
ganz verschiedene Verba ausgedrückt werden, der erstere durch
w )
^Juliii, der letztere durch u^j- 2 4
Klamroth, Uber den arahiechen BjoIcUd. 291
Ich könnte viele Beispiele zum Beweise dafiir beihringen, dass
der arabische Euklid dem griechischen an Präcision des Ausdrucks
nichts nachgiebt. Z. B. besteht der aUgemeine Theil von XI, 6
im Griechischen aus 13, im Arabischen nur aas 7 Worten: JJ'
^yLjjlyOe ^siiw ^jic ^-ytiytc. Aber es würde schwer
sein, unter den 478 Lehrsätzen und circa 130 Definitionen eine
angemessene Auswahl zu treflFen ; auch würde ein Abdruck des
entsprechenden griechischen Textes nothwendig sein, für welchen
an dieser Stelle kein Baum ist. Ich begnüge mich also damit,
einzelne allgemeine Pimkte zusammenzustellen, nicht als ob ich
glaubte , es lasse sieh hier für Orientalisten etwas Neues bringen,
oder man könne aus einem mathematischen Werke sprachlich viel
lemen, sondem um zu zeigen, mit welchem Geschicke Is^äq über¬
setzte , und in welchem Grade die arabische Sprache sich eignet,
die Ausdrücke und den Stil des Griechischen in einem Werke
wiederzugeben, dessen eigentliche Bedeutung im Inhalte liegt, imd
dessen sprachliche Vorzüge Einfachheit und Einförmigkeit sind.
1) Eine Inconsequenz in der Terminologie, durch den Keichthum
der Sprache nahe gelegt, findet sich besonders bei rein formellen
Ausdrücken. So heisst laog ohne Unterschied der Bedeutung bald
JJu, bald ^Lwi, ttviaog bald ^L**« bald v_ftJL3i^, Smkovv
bald ^jLjuio, bald ^.j^jUlx, und dem entsprechend XQinXäaiov
oLfcjald OtiJi und jLi-<^t noXXanXäaiov (= n fach)
oLjuü! und jLi*( . In einzelnen Fällen ist aber die Verwendung
der synonymen Worte eine andere. Z. B. heisst xogvcf r/ (Scheitel) n
bald ^J^\^, bald (Qustä); aber jenes Wort wird vom Winkel
und Dreiecke gebraucht, dieses von der Pyramide und vom Kegel.
Für fiei^uv und tkäaawv stehen je drei verschiedene Worte ;
aber ^ <-l (auch ^-aJ^I) und j_«-»ot wird von Grössen im All¬
gemeinen prädicirt, und ^-*aJj! von Linien, jJiS\ und J_ä{
von Zahlen.
2) Eine Ungenauigkeit in der Tenninologie findet da Statt,
wo die bequemen griechischen Zusammensetzungen durch zwei
oder mehr Worte umschrieben werden müssten, während im Zu¬
sammenhange der Rede auch ein einzelnes Wort von allgemeinerer
Bedeutung ohne Zweideutigkeit angewandt werden kann. So steht
oft für nagakhilöygafif/.ov, ^«^»^ä« für nagaklrjlenineöov ;
steUenweise vrird aber auch schon das zweideutige j^^jjyUJ! sub¬
stantivisch gebraucht (z. B. Ln XII, 8).
292 Klamroth, iihcr (lcn nrtihischnn Euklkl.
Während im Griechischen neguf igua sowohl die ganze Kreis¬
linie als auch einen Theil derselben bedeutet, findet sich im Arabischen
für den letzteren Begriff überall das besondere Wort (j-^*)
Femer heisst das griechische agißfiog sowohl „Zahl" als auch
„Anzahl"; der arabische Uebersetzer aber unterscheidet und »JuSj
und für fitrgslv wird oder ^ gesetzt, je nachdem es sich
um continuirliche oder discrete "Grössen handelt.
3) Der Vorzug, den die griechische Spraehe in der Leichtig¬
keit der Composition besitzt, lässt sich natürlich durch nichts
ersetzen; wir müssen zufrieden sein, wenn wir eine einfache und
deutliche Umschreibung finden. Ich gebe einige Beispiele : ijfitolia
(sesquialtera) heisst ooo-jj J>-i^, öfioyev/jg ^j^J^ 0^>
Sialunuv (überschlagen, eines ums andere nehmen) Css>U-* ^.'i. '
Da der Numeras eines in der Zusammensetzung steckenden Sub¬
stantivs unerkennbar ist, so besitzt die Umschreibung in dieser
Beziehung einen grössern Grad von Genauigkeit: ccfißlvywnog
(stumpfwinkelig) vom Dreiecke beisst *-j.lJt ^-iu^. dagegen
^ j (. j
ö^vyoüviog (spitzwinkelig) Lit^ji! ^Ls», da das Dreieck nur einen
stumpfen, aber drei spitze Winkel haben kann. Ebenso heisst
ogd-oywviog (rechtwinkelig) vom Dreiecke iüjl^j! ^'lS, dagegen
vom Parallelogi-amme uU^Ji (*^^ ■
4) Der Dualis kommt im Arabischen häufiger zur Verwendung
als im Griechischen. „Die Grandflächen sind den Höhen umgekehrt
proportional" (cci ßaaug ävTinenov&aai. rotg vxjjtaiv) heisst:
^y>s^Ai^\ ^^■,l-*sJs^ ^^•,ij■<>J:lÄ!l. Manchmal dient dieser Numerus zur Vereinfachung einer umständlicheren griechischen Redewendung:
z. B. steht für ra ueyhfr] (siivövo Xafißavo^eva einfach jj
^JiJ^ . Zwischen dem Dualis und Pluralis wird streng unter¬
schieden. Deshalb ist evßvyga^fiog (geradlinig) als Eigenschaft
des Winkels ^■'-■■q H ^^iU-^wo, aber als Eigenschaft des N-Ecks
^ ^t.-i-c \H ^_AJi : deshalb heisst laonxEli'jg (gleichschenkelig)
^^LJ! ^^L^wO/o, aber laonXsvgog (gleichseitig) ^^'^il
1) Es ist mir imi)uliimiit . wuleliur griuuliisclif Matliumatiltur zuerst das Wort Tofov angewandt imt-, juduutalls stammt das latcinisclio arcus niclit aus dem Arabisclion. da os sclion bui Columella V, 2, 9 vorkommt.
Klamroth, über den arabischen Euklid. 293
und axnXijvog (ungleichseitig) ^.äJIäjSU». In dieser Be¬
ziehung ist auch die syrische Sprache der arabischen gegenüber
im Nachtheil, da ino(JxeXi/g ebenso durch jüjt Ja«, wiedergegeben V
wird wie laönKevpoi; durch J J r» « und nxahjvdg durch
«6 >c
lÄ!^ ■o>\...»<o wahrend doch jjQjt der Bedeutung nach ein Dualis
^ '
ist. In manchen Fällen zeigt die Unterscheidung von Dualis und
Pluralis einen Unterschied des Sinnes an. der im Griechischen
und Deutschen durch ganz andere Mittel gekennzeichnet werden
muss: ^_^_X_*JLs ^y^,,\\ 'uLi* ^li! bedeutet „auf einer
Linie eine Senkrechte errichten", dagegen ot.^ ^^^ic LLi»
K*jLs „auf einer Ebene eine Senkrechte errichten".
5) Die Buchstaben , welche gewissermassen als Eigennamen
der geometrischen Gebilde gelten, treten im Arabischen abweichend
vom Griechischen zum Benennmigsworte in ein Genitivverhältniss
wie die Namen von Ländern und Städten. Also heisst „die Linie
AB ziehn": v_jt jr/*"' ^'^^ ""^'^ Dreiecke ABF und /IHZ*:
ifij ^\ Lili« .
' 0. •
6) Die Substantivirung der Adjectiva und Pai-ticipia ist im
Arabischen nicht so häufig wie im Griechischen. Der Uebersetzer
findet aber stets geeignete Substantiva, die diesen Mangel ersetzen :
vnoreivovßtj heisst ^jj (syr. jifcw), ngonxu^ivi) (angesetztes Stück,
Verlängerung) äJLjj . Auch sonst werden Adjectiva und passivische
Participia substantivisch umschrieben, z. B. ntntgncifiivo.^ (begrenzt)
iüL^ »3, äntigog (nnendlich) ioLjj (syr. .^rn JJyj^ uer^wgog
(oberhalb, ausserhalb der Ebene) ^S-- »■- Ii ,3^ t'ffot ro n}.i^i&og
avTolg (ebenso viele) i ^ V. v ouoiwg üvnygwfö^evog (in
gleicher Lage) xjutoj
7) Ungemein häufig werden prädicative Adjectiva durch das
Verbum finitum, attributive Adjectiva, Participia und Adver))ia
durch einen Relativsatz wiedergegeben. Z. B. heisst to A 'iriov
Tfp ß (A = B) \, TO A ouoiov T(p B (A y:) ß)
o xjf^. \^ TO A avuuETOov rw ß o <^j-^. ebenso Sj cct-
fir/Tog ygafifiT] ^jX^ Jaü , >) x^i>iov dwaftivij (sc. yga/ift ij)
2 i *
294 Klamroth, iibcr ilen arabischen Euklid.
^JLm, iSy^. > äntvavTiov ininsSa ^ .- at-.„
j.,^Lftxj. Auch einige unhestimmte Pronomina relativa werden
verhal umschrieben, wie önoaoioiiv durch v^^.jli' ^^ 6<roiöt]noTovv durch ULä ^. Für ndvree, wenn es so viel ist wie .zusanunen",
3
steht oft |3t.
8) Die meisten griechischen Adverbien und adverbiellen Aus¬
drücke können nicht wörtlich ins Arabische übersetzt werden.
Sind dieselben durch den Artikel und die attributive Stellung zu
Adjectiven erhoben, so liegt es dem arabischen Uebersetzer am
nächsten , ein wirkliches Adjectivum oder ein Participium an die
Stelle zu setzen: ra iSijg usyi&v heisst: iLAJtj._x_^| ^!J*-i'5(! ,
ai ^v«AAaE ywma (Wechselwinkel): |^.,LxIjLxJ! ^.^Uj^I^S ^ r, txrog
yuivia (Aussenwinkel) : 'iüs-^LiaJt iCj»!pt, rj kvTog ywvia: iU^Ü!
KJl-s-IjüI und ai (ävo) ii ägxrjg yga^fiai: ^;^^^\ ^.^uLsÜl.
Im Uebrigen bedient er sich vorwiegend der Umschreibung durch
Präpositionen, wie in ^j^aoaj für Si^a , für laaxig,
JjjuJÜt für ivttkXaS, manchmal in grösserer oder geringerer
Uebereinstimmung mit dem Griechischen, wie in jOilJLä-*»! ^^^Jlc
(syr. jLo^iJ. für in ev&siag und in jL>iaj! für xor«
TO avvex^g (continuirlicb, stetig).
9) Statt der griechischen Präposition der Richtung .wohin"
steht, wo es sich nach unsern Begriffen überhaupt nicht um eine
Bewegung handelt, im Arabischen eine Präposition des Wo oder
der Richtung „woher" : inl tu avra ftigr/ (auf derselben Seite) heisst isiAs»!^ i^j>- j, if' ixcersga rd fiig)] (an beiden Enden)
^;^Aa^-Üt Uir ^ (syr. ^VL ^) .
10) Von einer nicht ganz wortgetreuen Uebertragung zu-
sanunengesetzter Ausdrücke gebe ich folgende Beispiele: ^juai
B_j!JsJ! jJaJi (= V ix TOV xevTgov), b^jül j. AJtj (= usi^ov
dvvcifiEVog) . äJ>..s»tj ä-a-w-J (= iiijg öeväloyov),
oL*J! ÄJ^L-U« ^'\juis\ (^ iadxig noXlanXccaiov), ^lAüj L^.cLgj^l
j(j>|j (= vno TO avTO xi'pog), xäaj-«/ »JLÖyo jäs- (— sv&sia
2 4 *
Klamroth, itber den arabischen Euklid. 295
rj/ ral« tj avri}), iöj!^ L^Lahü .hyVir* U*s (= kv roig
avTotg 7iagaXh']koig), äj^tjJ ^^.,1h«.-?. ^.jLbi> (= «ii^-eZat änröfievai
älhjkwv), j^jLj^l^jiLj (= Ol) avfiTiMovvTai uXXriXoig)-
11) Die Gegenseitigkeit, Correlation und Proportionalität wer¬
den im Arabisehen anders bezeichnet als im Griechischen: äXkrikovg
heisst : ^"iS UsiJo! , ngög äXXi]Xovg : ^jaxi ^\ , ixaarog
ixce<fT(p: »jJäXi lX-s»-!^ JJ^; öoanXaaiwv — ToaavtanXaoiwv :
Ljljutol oder ' ^Ijtto! ^y, U stXtJi* "oLäaoIq« UsiAc;
tig a :Tp6g Ol/TW y' ;ipos Si : j ^! ^ iLfc.MJJ' v-» ^! ! .
12) Das Arabische besitzt aber vor dem Griechischen den
Vorzug, die Gegenseitigkeit durch eine besondere Verbalform
kennzeichnen zu können. Die Verba nämlich, welche die Be¬
ziehungen zwischen Grössen ausdrücken und bei singularischem
Subjecte meist in der 3. Porm erscheinen, treten in die 6. Form
(mit Ausnahme von ^„aJLXis-l „ungleich sein' und liSjÜl „gemein¬
sam sein') , wenn das Subject im Dualis oder im Pluralis steht,
also ^.jLj!^ ^-^1 ü-^ „parallele Linien', ^.^LüLoO« ^^.jtOiXt „relative Primzahlen', äj^LwJüo , t-»- „gleiche Flächen',
o
13) Statt des griechischen Genitivus absolutus steht im Ara¬
bischen ein Nominalsatz mit dem jl ^ . Z. B. heisst „nach
Ausführung derselben Construction' auf giiechisch: twv avrwv
xazaaxevaa&ivTwv, auf arabisch: iX5»tj ^JüJt. ; die Beschreibung
der Entstehung oder, wie man zu sagen pflegt, die genetische Er¬
klärung der Kugel lautet im Originale : (x ivovt og tov Sia-
fABTgov nfguvt^d'iv ro i]fj.ixvxXwv tig tu avro dnoxa&iara-
Tai , o&tv i'igiaro cpigea&ai , in der Uebersetzung : ^.Juai JjiS
(^lXJ! j-jto^l ^_^JI J^is- ojLj ^ h ü J! B-jtiXJ!
t j.J_/0 oiiX-J .
14) Hinsichtlich der Terminologie sind ausser dem scbon
erwähnten (die Syrer scheinen auch für die ganze Periplierie
kein Wort ausser JJ^tjtO zu haben) noch einige andere Worte zu
bemerken, für die es im griechischen Euklid keine Analoga giebt,
z. B. j_^j>*JL« (Schnittpunkt zweier Linien), _ua*.^ (Fusspunkt einer
296 Klamrothy iiber den arahischen Kuklid.
- o
gefällten Senkrechten), (syr. ^c^qS Pol), und jXj>-
(Wurzel, Zahl in der ersten Potenz, Raura von einer Dimension).
Für die beiden letzteren Worte gebe ich die Belegstellen,
kommt z. B. vor in der genetischen Erklärung des Cylinders,
gr. XI, def 21.
^.jU-jb oLjAcU» (^aJ! ^lU:..^! ,JL:svJ! JjCiJ(
^±^1>\ ^-^^y^ gi^ *)y^. y Jiü-iJtj ^^^_LJ| ^^L-JuJt
"&_*-jUs N-Hi'j-J Q!':^^»*^^^' N^*^ löl Ll^pt ^li
^1 gJaw«»kJt j~Ji.>lj jij-J '5^ O'^-jy^^
ör 5_;i\;:.-k.J! ».Jt_jii*.'5(! JXiJt \<jss> ^j*-^.^
Zu deutsch : Der runde Koqier mit zwei ebenen kreisförmigen
Grandflächen und mit überall gleichen Seiten und gleichmässiger
Dicke wird beschrieben von einer parallelseitigen und rechtwink¬
ligen Fläcbe (d. h. einem Rechtecke) , wenn die eine von zweien
einen rechten Winkel einschliessenden Seiten zwischen zwei Polen
unbeweglich feststeht, und die Fläche sich dreht, bis sie wieder
in ihrer ursprünglichen Lage ist : diese Figur nennt man Cylinder ^).
^jcf- hndet sich in VII, 27 (= gr. 29), einem Satze, dessen Wort¬
laut auch sonst von dem des Originals etwas abweicbt. (TextnachK.)
]S y^ij} L>o-!j ls ^.,|0Jlj; ^.,1^ Iii
^"iS lX_-Lc jjt l^touyi ^yn J>js»lj Jj' ^.jLs jJi.JL/0 ^ U-j-O« A»-!^
A5>!j ls y-f^ii\ ^^A\*JI yA |;jL«J_;Jl Vj-^ o'
JO_c jjt LAiijt yjjnX:f^l\ ^vWjJI yA As-tj ls i^.jLs »jiXs» ^3
ör ^t J^^t j jt^ ^ ^SS, ^"^1
Zu deutsch: Sind zwei Zahlen ,im Verhältniss zu einander
Primzahlen, und wird jede derselben mit sich selbst multiplicirt,
so ist jedes der beiden Quadrate eine Primzahl im Verhältniss
zum andern; ebenso, wenn jedes der Quadrate zweier Primzahlen
mit seiner Wurzel multiplicirt. wird, so ist jedes der beiden
* C 3
1) jyi^ (= t->V| kommt sonst imelj in dur IJudcutiin),' .,Axo" vor Cef. Nölduko, Tiibiiri. Uuborsotznng S. 37), für woli-liun IJogrifV dio nmtliumiitiseliu Torniinologiu mir dns Wort ^».^ kennt.
Klamroth, üher den arahiitchen Euklid. 297
erhaltenen Producte ebenfalls eine Primzahl im Verhältniss zum
andem, und so fort bei den äussern Gliedern.
Zm folgenden Terminologie , für deren relative VoUständig¬
keit ich glaube einstehn zu können , bemerke ich , dass die Aus¬
drücke in eckigen Klammern einer spätern Zeit angehören und
von mir aus den Aufsätzen Sedillots und Wöpckes im Nouveau
Journal Asiatique und im Joumal Asiatique excerpirt sind, wäbrend
ich die syrischen Termini (in mnden Klammern) aus der Göttinger
Handschrift der Dialoge des Abtes Severus (fälschlich genannt:
,von Tekrit" + 1240/41) der freundlichen Bemühung des Professors
Nöldeke, meines verehrten Lehrers, verdanke.
Allgemeine Raum - und Mass-Ausdrücke.
fieye&og: ^Ai, ^t^iw [ä.**^] (jLoÜ) [ro noffov awe^kg,
continuum : yU-i y ^ !t — ro noaov ditugiafiivov, discretum :
ALaä^j! ^i] ixxsifievog, ngoTS&rjg: ^yoy So&eig: i^JLjw,
(Dimension: J*.I^2D , auch: Jv>'.r> ) [Lage: fiergov:
j\jJiA , jk.c (JfciyN.Qji») fiSTgstv : ^Jci , J<c TO okov, das Ganze :
tSS, fiigog: (jfc«^) vnsgox>'r-
HkkeiHfia: ^jL-AjJiJ vnEgdxfv: Jujtj tkkdnwv: «1
taov e'ivai: i^^l^ öiacfigtiv. ^[J> ur,xog: iJj (|oio/)
nlÜTog: ^jo^sL (\Ji^) ßcc&og: ^J..^ (Jo<r>r>\) fiigog, Seite:
xji-, >_oL> (Ja^) ogog, Grenze: j*j>- nigag, Ende: ioi-p ,
(jaOD, |3qod) SidaTtjfia, Abstand: ro^»;, Schnitt¬
punkt: J>^T.f< (in einer Linie: ^^i^) fv&vg , gerade:
f>^jiX^ {jM opp. )a\j und s-jfckJLO) inlneSog, eben : gjöwi ,
_j_x_w.^ (.A«-.^.*.) iniffttviia. Ebene: J3_^.j*._j nagükXrjkog :
■^yA (w^Ai^S opp. N\öV) <'>XW'^' Pigur: JjCi: (Jv>.nrP<^) .
Verba, deren Subject der construirende Geometer ist.
kafißdvuv, nehmen : Ss>\ [(iki](f&w oft : Qi>>;yJ atjfÄtlov
kttfißavuv: \_li_jLJ ^ i .- xaxttnxtvuL.tiv , construiren:
ttVaygtöfSiv, beschreiben: jä.i>, iyygdifetv, einbeschreiben:
298 Klamroth, üher den arahischen Euklid.
^5 ^ J^-c nEQi-y()ä(fUV , umbeschreiben: j^
j^ ffwt'ffTa(Ti9-a«., errichten : |.Li! ayttv, 5<äy£tv, ziehen:
[zuweilen ^-t] (gezogen werden: .ftO,,) ixßdkXuv,
verlängern: ^j_s.! (verlängert werden: -ft o> ■) nQoari&ivcu,
nagaßäXXttv , ansetzen: ol-^t avvTi&ivai, zusammensetzen:
(«=50») tniCevyvvuv , verbinden: r^;Mve«',
durchschneiden: jJoä acf-aigtlv, abschneiden: (jtVS, oOmS)
ä<faiQtlv, wegnehmen: ^^^1 Siaigüv , theilen: (s^Ä)
iff ag/iioCstv, auf einander legen : hvagfioCuv, einbeschreiben :
^ negifigtiv , herumdrehen: avfinhjgovv , ver¬
vollständigen:
Verba, deren Subject ein geometrisches Gebilde,
besonders die Linie ist.
vnoxüa&tti, supponi: ijojt dntsa&ai, avfißäXkuv, treffen:
^ p i avfißceXi.eat9ai, , sich treffen : ^JLxJ! (">\.V) tifivuv
äkXTi]Xovg, sich schneiden: jjaliu aivat ;ia(>a s. nagaXXtiXov :
^^jl^ f(jpara««9-at, berühren: //X«i/ A a, hindurchgehen:
v_JjL=>- V^) uytad-ai, hindurchgehn : ^ y> ifirnntuv:
^^Ic jij ngoaninruv, xaravTav. ^\ ^^^i (idSw )Ql^ opp.
^ w>V*>) ««ptä;^«v, einschhessen : Js'uj^-! ( .»-\ -
ngoaag/io^uv , angesetzt sein: J^-o. avyxtla&ai, zusammen¬
gesetzt seia: v_ftj| äixta&ai, fassen: vnoTtivuv gegen¬
über liegen: ^jj ( n.Ny) imara&Jjvat, ßsßtjxivai inl, insistere,
umschrieben durch ^^^ic ohne Verbum. i^agfio^siv , congruent
sein : ^jic UixLii .
Anm. Dies Verzeicliniss der im Eulilid vorliummenden Verba macht keinen Anspruch darauf, vollständig z« sein; besonders zeigt das griechische Original hier eine so grosse Mannichfiiltigkcit, dass von einer consequent befolgten Ter¬
minologie nicht die Rede soin kann. Im Allgemeinen lässt sich behaupten, dass die Auswahl an Verben bei Ishäq geringer, bei HaggA^ noch erheblich grosser ist als im Originale.
Klamroth, üher den arahixchen Etüclid. 299
Planimetrie (Buch I—IV).
ar/fistov (= Aristot. ffrty/t»/'), Punkt: »lajü (Jl.)jDQj) [Qustä
auch: ygafifii'i, Linie: (|^1Q0d) i^irnJ^o»», Pläche :
gji-w (Jlo—^) yuvia, Winkel: Ä-j^tj (|«Jc;^) axüog,
Schenkel: OsL-- (.jo*-) xoQVcpr), Scheitel: jj«!^ ögß-og, recht:
jJLs äfißXvg, stumpf: ^yii^ (JoM>.) spitz: Ol_s>-
(*a*V«) xä&erog. Senkrechte: O^^, pL sJc»jii (jyoJOi^,)
vipog, beim Dreiecke etc. : rgiyiüvov : ^^^JlL/i «Asupa,
Seite: j_L../to (Jii^.) /?a<itff, Grundlinie: »JccLi (^p^ooja)
rtTgäyoivov: ^^-^ i^dywvov: ^JM>— ötxdytovov:
ntvxsxaiStxuytüvov: x-ijtj s_-i^ i_r-^ noXvyuvov:
Uj^! j-yÜ' gJa*. (JLÖIQ^ ^^*'«^* Jl^ö— nagaXktjXoyga/A-
flog: e5;ly^ ißönkevgog: gXto"5(t (^jL*^ rgtnlevgog,
T£Tgdnkivgog , nolvnksvgog : ä-yXi! , Äju^'^i! , jo^UJt gl^Lö'^! jj
TO ög&oyoüviov, Rechteck i. Ggs. zum Rhombus: ^LaJl g h w H
'lj!j^I ro irsgofiTjxeg, oblongum, Rechteck i. Ggs. zum Quadrat:
^-...Sy h il v,jLJL;i_i:L*Jt [Tüs. J,»diX«».JI] ö gofißog: y I
(j K i.ws ) , Camp, helmuaym to gofißoEiSig : ^^«.»ib
rö rgani^iov : v_5,.s=U4JI , Camp, helmuariphe yvtofiwv : ^, 1 »-
rö naganXr)gü)fÄa , Ergänzungsparallelogramm: ^tV^'t xvxXog:
äpjlo ()'?Q— ) VfiixvxXiov: ^8 «.-> i (Jiyou.
xivrgov: j/yc (^-»^ajo) '/ ntguf^igua: äJtjJb Jxi-s^t _bü
öiäfingog: ^Joi (^DO't^Joj-j) ^'j ix rov x^vrpou, Radius: ^Ä^ai
■jyljJl jiii Tftr/fia, Segment: v » '-< V roftsvg, Sector: ^LLi
npög xivrgcp ywvia, Centriwinkel : äJljJi ^^./o ^cJI ibi'ji'
?; TfirifittTi ywvia, Peripheriewinkel: HjtjJt iLxLiä j jjJi xjjijJ!
300 Klamroth, üher den arahinchen Euklid
(Sehne Jifc^ „weiterer Begriff als ff> . CD\si , da letztere nur die
einem Winkel gegenüberliegende, erstere zugleich die einem Bogen
gegenüberhegende Linie beisst") (Jj;a5 nach der Definition „Mittel¬
senkrechte auf einer Kreissehne").
Stereometrie (Buch XI—XV)
TO otsqbÖv, Körper: |,.ai«->vJ! (]20jlQ^) axtQeög, solidus:
f^M.^^ ()«iaajtQ^) xliaig: ol^-s=ü! [^slic] (rreged ywvia,
Ecke: iU.*,k:fu äjjlj inoxaiftsvog, subiectus: ^yXoyi fierswgog,
sublimis: J- , H j. ßäaig , Grundfläche: sj».cLs fpj^)
xoQVffT^, Spitze : äj^j (nicht bei Ishäq). Obere und untere Gnmd-
fläche XV, 4 : J,Ä-."5ilj ^J^"^^ gJx-Ji ^^-~iO» . . --^-^rtr» convex :
*AA», -"''t^^ concav.) ngidfia : (J -, . on xvßog:
v^JiX» (^yosoD) xvhvSgog : iüij h »I , gewöhnhch mit dem
Zusätze: ii._)Jc_X_w_» ( j6k.JO»,») ') nVQUfiig: J3j.jsu (^JOt)
xwvog: j_jAJC-.«^ -^j^--^ (^pojdo acfaiQa: (J ;.o»CTn /)
[u5Jb] a^wv : ^ (Mantel des Cyhnders : jfc^o»»» p n...^m
Mantel des Kegels: jbc^ODCuao jLa—«^^ Oberfläche der Kugel:
JfcwJV-aoo/ llo«..^) nagaXlriXEnimSov: ^..li^Ij^-!^ (S»^
noXveögov: o>~c\yäi\ ^.--o^u Tfzocetögov: ^XcSys <t_ij ,j
(|^»QJ l^aDCo/ s. Jjooci^i- e. Feuerfigur) öxTaeSgov. j,uS .0
l\-cI^ (PJ/ J.Xi:^/ i- e. Luftfigur) Öwätxdtögov : .0
»Jcc'lS s-i^ (J- )r»r> Jaaaoo/ i- e- Sphärenfigur) «ixoffßsJpoi':
sJs^Lä ^^^.-ijiJl .0 (J«A*20 Jxsaoo/ !■ e. Wasserfigur).
Anm. Da e^astSoov = xvßoi ist. s<» begnügt sicli der arabisclie Kuklid mit der letzteren Bezeichnung; der Name im,Syrischen mUsste lauten J^V I^I^^Qd/
i. o. Erdenfigur. Wolier dioso mystische Auflfassuiig dor roguliircii Polyeder boi den Syrern stammt, ist mir nnbekannt; jedenfalls hängt sie mit andern jihantastischen alchemistischen oder astrologi.sclieii Vorstellungen zusammen.
1) JtV~it><, v> bedeutet sonst eine Walze zum Gliitten des Bodens (cf.
Lagarde. Geiipoiiica. S. 1) Z. 20).