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Der Stand meines arabischen Wörterbuchs.
Von
\ A. Fischer.
Daß ich ein arabisches AVörterbuch zu veröffentlichen gedenke, dürfte in den Kreisen, die sich für das Arabische interessieren, nicht
mehr ganz unbekannt sein — um so weniger als ich meine bezüg¬
lichen Pläne wiederholt öffentlich dargelegt und zur Erörternng
gestellt habe, nämlich auf dem Deutschen Philologentage zu Basel 5
1907 und auf den Internationalen Orientalistenkongressen zu Kopen¬
hagen und zu Athen 1908 und 1912. Vgl. Verhandlungen der
49. Versammlung deutscher Philologen u. Schulmänner S. 175: ,Prof.
Dr. A. Fischer (Leipzig) spricht über den Plan eines zeitgemäßen
Wörterbuchs des älteren Arabisch. Erzeigt, daß die vor- 10
handenen abendländischen Wörterbücher des Arabischen , besonders
auch die der älteren Sprache, berechtigten Ansprüchen in keiner
Weise genügen, schon deshalb nicht, weil sie nicht auf der vor¬
handenen Literatur selbst, sondern auf den, an sich allerdings sehr
wertvollen , einheimischen Wörterbüchern aufgebaut sind. Unter 15
„älterem' Arabisch versteht er im wesentlichen die Sprache der
Poesie bis zum Untergange der Omaijaden , die des Korans , des
Hadith (der Überlieferung über den Propheten und die vier ältesten
Kalifen) und die der ältesten Historiographie. Er verlangt ein
bloßes Wörterbuch und keinen erschöpfenden Thesaurus^), weil für so
einen solchen weder die nötigen Kräfte noch die nötigen Geldmittel
vorhanden sein würden Prof. Fischer denkt das
Wörterbuch nicht allein, sondern in Verbindung mit anderen Gelehrten
ins Leben zu rufen, und zwar unter Verwertung der von früheren
Ai-abisten (in erster Linie Fleischer und Thorbecke) hinterlassenen 25
lexikalischen Sammlungen. — An der Diskussion beteiligten sich die
Herren E. Kautzsch (Halle a. S.), E. Littmann (Straßburg), H Keller (Basel)", — ferner Actes du XV* Congrfes international des Orientalistes.
Session de Copenhague S. 68: „M. August Fischer fait une commu-
1) Einen erschöpfenden Thesaurus hatte wohi auch Bezold nicht im Sinne, als er in ,Die Entwicklung d. semit. Philologie im Deutschen Reiche' (akad. Rede) S. 34, Anm. 45 schrieb : ,Die Bearbeitung des arabischen Thesaunis
hat A. Fischer übernommen'.
200 Fischer, Der Stand meines arabischen Wörterbuchs.
nication intitulee: Plan eines zeitgemäßen Wörterbuchs des älteren
Arabisch. — Une Commission est formee pour preparer cette entre¬
prise. Sont eius membres de la dite Commission: MM. Cheikho,
Fischer, Geyer, Hartmann, Lyall ^) et Bevan' und Actes duXVP Congrös
6 international des Orientalistes. Session d'Athfenes S. 121: ,M. le
Professeur Aug. Fischer parle «Sur le lexique arabe». Son projet
de lexique est base sur les citations directes des sources.
Depouillement des inseriptions preislamiques, des poötes, du Qoran,
du hadith^). — Utilisation des lexiques publies ou laissös en
10 manuscrit par Dozy, Fleischer, Thorbecke, AhlwardtGoldziher^);
des glossaires speciaux. H traite ensuite de l'organisation financifere de l'oeuvre. — II suit une discussion, ä laquelle participent M. Snouck Hurgronje et le Professeur Bevan'. In den Kopenhagener „Actes" ist folgende von der genannten Kommission beantragte und von der Sektion
16 einstimmig angenommene Entschließung unerwähnt geblieben: „Die
islamische Sektion des XV. Internationalen Orientalistenkongresses
spendet dem Plane von A. Fischer ein zeitgemäßes Wörterbuch des
älteren Arabisch oder, falls sich ein solches als z. Z. nicht erzielbar herausstellen sollte, wenigstens ein Wörterbuch zur älteren (klassi-
20 sehen) arabischen Dichtung ins Leben zu rufen lebhaften Beifall
und spricht die Hoffnung aus, daß es ihm gelingen werde die Mit¬
arbeiter zu gewinnen und die Geldmittel zu beschaffen , die zur
Ausführung dieses Planes erforderlich sind. Zugleich bezeichnet
sie als sehr wünschenswert die Begründung eines Archivs für
26 arabische Lexikographie"*)". Was meine in den Athener
„Actes" erwähnte Darlegung der „finanziellen Organisation des Werkes' anlangt, so habe ich erklärt, in Leipzig würden, an die Universität angegliedert, in absehbarer Zeit geisteswissenschaftliche Forschungs¬
institute begründet werden, darunter auch ein solches für Orien-
»0 talistik ; ich würde der Leitung dieses Instituts mit angehören, und
meine Absicht sei, meinen Anteil an seinen geldlichen Mitteln für
das Wörterbuch zu verwenden, das ich auf diese Weise endlich würde
systematisch in Angriff nehmen können.
Die „Königlich Sächsischen Forschungsinstitute
86 in Leipzig" sind Ende 1914 amtlich ins Leben getreten; unsre
1) Die „Actes* nennen fälschlicli lirockelmann statt Lyall.
2) Ich hatte hier auch die älteste Geschichtschreibung und die Papyri
genannt. 3) Siehe unten S. 201.
4) Goldziher's Name muß hier auffallen. In Wirklichkeit hatte ich gesagt, ich würde es auch mit Freuden begrüßen, wenn mir die Kollegen die wichtigsten von ihnen auf ihren besonderen Forschungsgebieten gesammelten lexikalischen Stoffe zur Verfügung stellen wollten, beispielsweise Goldziher und Snouck Hur¬
gronje alle technischen und formelhaften Ausdrücke des Hadit und Fiqh, C. H.
Becker und v. Karabacek die der Papyri usf — Ich bitte diesen Appell an die Herren Fachgenossen, der bislang leider nur bei Fr. Krenkow
und Frants Buhl ein Echo gefunden hat, hier wiederholen zu dürfen.
5) Ein solches Archiv scheint mir auch jetzt noch nicht nur wünschens¬
wert, sondern nötig. Sollte ich die Mittel dafür flüssig machen können , seine Leitung wollte ich gern übernehmen.
Fischer, Der Stand meines arabischen Wörterbuchs. 201
Arbeit am Wörterbuch aber konnte schon ungefähr ein Jahr vorher
in aller Stille einsetzen. Seitdem sind 4^/2 Jahre verflossen, darunter
3^/2 Kriegsjahre. Die verheerenden Wirkungen des entsetzlichen
Völkerringens, das uns noch immer umtobt, haben natürlich auch
m^in Unternehmen in verschiedener Beziehung gehemmt; anderer- 5
seits sind mir freilich gerade durch die Kriegsstürme zwei meiner
Mitarbeiter, die unten genannten Ägypter, ins Haus geweht worden.
Jedenfalls haben in den 4'^/2 Jahren die Vorarbeiten zu dem Wörter¬
buche so weit gefördert werden können , daß ich , wie ich glaube,
im Stande sein werde sie in 2—3 Jahren abzuschließen, um dann 10
an die Ausarbeitung des Druckmanuskripts zu gehen. (Die Veröffent¬
lichung des Werkes wird lieferungsweise geschehen.)
Mein Wörterbuch soll sich , wie oben erwähnt , im Gegensatz
zu denen von Lane, Freytag usf auf der wichtigsten uns erhaltenen
Literatur selbst aufbauen. Es galt also letztere zu verzetteln. Das 15
ist bisher mit folgenden Gedichtsammlungen und Diwanen geschehen:
MuSallaqät, Mufaddalijät, 'Asmaäljät (und Sprach-Qasiden), Hamäsa
des 'Abu Tammäm , Diwän der Hudail Ausg. Kosegarten , Sechs
Dichter, SAbid b. al-'Abras, al-Mutalammis, 'Aus b. Hagar, IJirniq,
;Ämir b. a^-Tufail, Samau'al, Labid, al-Hansä', Marätl sawääir al- so
§arab, al-Hutai'a, aS-§ammäh, SUmar b. 'Abi BabiSa, Ibn Qais ar-
Ruqaijät, al-'Ahtal (bisher zu etwa ^j^), al Qutäml, al-Kumait (Häsi-
mljät), al-Quhaif al-sUqaill und al-MutanabbI*) — ferner mit Bd. I
und von Bd. II des Traditionswerks des Buhärl, Ausg. Krehl, und
mit einem — leider noch kleinen — Teile von Serie I der Annalen
Tabari's. Dabei sind — zwecks der Gewinnung einer Übersicht über die
Häufigkeito des Vorkommens auch der alltäglicheno arabischen Wörter
in der klassischen Dichtung — die MuSallaqät, die Mufaddalijät
und die Sechs Dichter (die zwei letzten SammlTtngen unter Ver¬
wertung des von Ahlwardt hinterlassenen , jetzt im Besitze der so
Berliner Kgl. Bibliothek befindlichen Manuskripts „Wortschatz*) der
arabischen Gedichtsammlungen The divans of the six ancient arahic
poets und Elmofaddalijjät. Verfaßt von W. Ahlwardt. Greifswald
1898') Wort für Wort ausgezogen worden und die Hamäsa fast
Wort für Wort (die allergewöbnlichsten Ausdrücke sind hier nur höch- 35
stens 1 oder 2 Mal berücksichtigt worden), während bei den übrigen
Texten nur die nichtalltäglichen Wörter verzettelt worden sind.
Verarbeitet sind ferner schon zu einem (wieder noch nicht sehr
erheblichen) Teile die Eintragungen in Thorbecke's Freytag, iveiter
eine Anzahl von Spezial gl ossären und lexikalischen Monographien, 40
das Sprachgut in Schwarzlose's „Waffen der alten Araber', Fraenkel's
„Aramäischen Fremdwörtern' u. ä.
Als meine Mitarbeiter sind bisher am Wörterbuch tätig ge¬
wesen : der ordentl. Dozent an der Universität Kopenhagen Dr. Jobs.
1) Ich beahsichtige auch den Wortschatz der bedeutendsten nachomaija- schen Dichter meinem Wörterbuche einzuverleiben.
2) Nur die arabischen Wörter, obne die Bedeutungen!
202 Fischer, Der Stand meines arahischen Wörterbuchs.
Pedersen, der Verfasser des wertvollen Buches , Der Eid bei den
Semiten in seinem Verhältnis zu verwandten Erscheinungen , sowie
die Stellung des Eides im Islam' (ununterbrochen seit 1913; sein
bisheriger Arbeitsanteil: 'AsmaSIjät und Sprach-QasTden, Mutalammis,
6 Labid , Ibn Qais ar-Ruqaijät, Qutämi, Kumait, Buhäri und Th«r-
becke's Eintragungen), die Ägypter Joh. L. Achnuch aus Manfalüt
(4 Monate lang 1915; sein Anteil: ^/j der Hamäsa) und Munir
Hamdl aus Kairo (seit April 1915; sein Anteil: Hamäsa (^js), Diwän
der Hudail, 3 Abid b. al-'Abras, IJirniq, SÄmir b. at-Tufail, Samau'al,
10 IJansä', Marätl sawäJir al-3arab , Hutai'a, Sanimäb, äUmar b. 'Abi
ßabläa, 'Aljtal, Quhaif und Mutanabbi) und Frau Amalie Roden¬
berg, Dr. phil. (seit ^/^ Jahre; ihr Anteil: Tabari, Wörterverzeichnisse
und Spezialglossare , Schwarzlose u. ä.). Ich schulde ihnen allen
Dank , insonderheit meinem treuesten , wissenschaftlich durchaus
16 zuverlässigen Gehilfen Herrn Dr. Pedersen. — Ihre Mitarbeit zu¬
gesagt hatten mir auch Prof. Dr. Arthur Schaade und mein letzter
Famulus vor Ausbruch des Krieges, cand. phil. orient. Erich Bräun¬
lich. Sie haben vorläufig andere, schwerere Pflichten zu erfüllen:
der erste kämpft z Z. mit in Palästina und der andre an der
20 Ostfront.
V
Wegen der großen Hilfe, die oft die Sawähid-Werke für das
Verständnis der alten Dichter gewähren , habe ich angefangen mir
einen Generalindex der Dichter und Reime aller in diesen
Werken enthaltenen Verse anzulegen. Da dieser sicher auch andern
25 würde nützen können , beabsichtige ich ihn nach Abschluß (etwa
Anfang Winter) dem Drucke zu übergeben.
Die philologisch-historische Klasse der Königl.
Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften hat mir
in ihrer Sitzung vom Juli 1916 eine Beihilfe von 6000 für
30 das Wörterbuch bewilligt, und in ihrer diesjährigen Februar-Sitzung
hat sie mir zugesagt mein Unternehmen auch in Zukunft nach
Möglichkeit zu unterstützen. Ich fühle mich ihr dafür tief ver¬
bunden ; ohne diese Hilfe würde ich von dem bisher erreichten Ziele noch weit entfernt sein.
S6 Ich schließe diesen kurzen Bericht mit der Erklärung (deren
Abgabe seinen Hauptzweck bildet!), daß ich die von uns fertig¬
gestellten Zettel — ungefähr 1 20000 — der Öffent¬
lichkeit schon jetzt zur Verfügung stelle, und zwar
in dem Sinne, daß ich mich erbiete Fachgenossen
«alles Material daraus mitzuteilen, das ihnen zur Über¬
windung von Schwierigkeiten lexikalischer Natur,
auf die sie bei ihren Arbeiten stoßen, von Nutzen
sein kann. (Natürlich stehen — in demselben Sinne — Arabisten
und Semitisten auch meine sonstigen lexikalischen Sammlungen.
46 Zettel, Eintragungen in ineinem Freytag, Lane. Dozy usf, jederzeit zur Verfügung.)
203
Die Entwickelungsstufe des Prakrits
in Bhäsa's Dramen und das Zeitalter Bhäsa's.
Von V. Lesn^.
T. Ganapati SästrT, der verdienstvolle Herausgeber der neu
aufgefundenen Dramen Bhäsa's, setzt den Dichter dieser Dramen
spätestens in das vierte Jahrhundert vor Christi*). A. A. Macdonell
bemerkte in der Anzeige der ersten zwei Dramen mit Recht, daß
ihm ein so hoher Ansatz bedenklich erscheint*). L. Suali ist zwar 5
geneigt dem indischen Herausgeber beizustimmen ^), aber schon die
Arbeit Sten Konows: ,Zur Frühgeschichte des indischen Theaters"
verlegt Bhäsa in das letzte Viertel des zweiten Jahrhunderts nach
Christi*). Der vorliegende Aufsatz, welcher nur ein kurzer Auszug
aus meiner tschechisch geschriebenen Abhandlung'*) ist, versucht lO
die Frage nach der Abfassungszeit der Dramen auf Grund sprach¬
licher Erscheinungen zu lösen. Bhäsa's Präkrit stellt nämlich, wie
aus dem Folgenden erhellt, entschieden eine jüngere Entwickelungs¬
stufe dar als das Präkrit des Asvaghosa und eine ältere als das¬
jenige des Kälidäsa. is
Im Präkrit des Asvaghosa*) zeigt sich nirgends ein Ausfall
von Konsonanten, in Bhäsa's Präkrit dagegen werden die Konso¬
nanten k, g, c, j, t, d, p, b, V und y zwischen Vokalen oft aus¬
gestoßen , wenn auch nicht so oft wie z. B. im Präkrit Kälidäsa's
(vgl. Pischel, Gramm. § 186). so
1) The Svapnaväsavadatta, S. XXVH. Trivandrum, Sankrit Series Mo. XV.
BhSsa's Works, No. 1. Trivandrum 1912.
2) Journal of the Koyal Asiatic Society 1913, S. 189.
3) Giornale della Socielä Asiatica Komana, ü. 25 (1913), 8. 95.
4) Aufsätze zur Kultur- und Sprachgeschichte vornehmlich des Orients, Krnst Kuhn zum 70. Geburtstage gewidmet, München 1916, S. 106 f.
5) ,Die Entwickelungsstufe der Präkritdialekte in BhSsas Dramen und die Datierung Bhäsas'. Abhandlungen der böhm. Akademie der Wiss., III. Klasse, No. 46, Prag 1917. Es konnten nur folgende Dramen berücksichtigt werden:
Svapnaväsavadatta, PratijnSyaugandharSyana, Pancarätra, Avimäraka, Bälacarita, Madhyamavyäyoga, Dutaväkya, Dutaghatotkaca, Karnabhära, Ürubhanga und Abhisekanätaka.
6) H. Lüders: Bruchstücke buddhistischer Dramen. Berlin 1911, S. 36.
42, 48, 60.