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Ueber die Liedverfasser des Rigveda.
Nebst Bemerkungen über die vedische Chronologie
und über die ueschichte des Rituals.
Von H. Oldenberg.
Die Zeugnisse über die Autoren von rigvedischen Liedern und
Liedcomplexen zerlegen sich in folgende Gmppen :
1) In den Liedern selbst enthaltene Aeussemngen über die
Verfasser.
2) Zerstreute Angaben der jüngeren vedischeu Texte (Brähmanas,
Sütras etc.) und mit dieser Klasse von Zeugnissen, wie wir zeigen
werden, zusammengehörend die in den Verfasserhsten des Rigveda
und der übrigen vedischen Paralleltexte enthaltene Tradition oder
vorgebhche Tradition.
3) Technische Benennungen der an gewisse Texte geknüpften
Melodien (Säman) , welche auf die mit den Verfassern der Texte
vielfach als identisch gedachten Verfertiger jener Melodien hinweisen.
4) Die in Sütratexten (so bei Asvaläyana) und in mannich¬
faltigen späteren Redactionen vorliegenden Pravara-Listen , welche
zwar die in ihnen erwähnten Personen nicht direet als Autoren
vedischer Lieder nennen , aber doch über einen grossen Theil der
anderweitig als Liedverfasser bezeichneten Männer Angaben ent¬
halten, so dass ein Heranziehen auch dieser Quellen für die gegen¬
wärtige Untersuchung imerlässlich wird.
Wir besprechen jede Kategorie von Zeugnissen möglichst für
sich; nur die zweite und dritte gehören, wie sich zeigen wird, zu
einer natürlichen Einheit zusammen.
Aeusserungen der Riglieder über ihre Verfasser.
Bekanntlich findet sich in jedem der Mandalas II — VII eine
in mehreren Pällen ziemlich erhebliche Reihe von Stellen, welche
auf einen bestimmten Rishi oder auf seine Nachkommen als die
Verfasser vou Liedern des betrelfenden Mandala hinweisen: So ist
im zweiteu Mandala stehend vou den Gritsauiadas , im fünften von
200 Oldenberg, Ueber die Liedverfasser des Rigveda.
Atri und den Atris, im siebenten von Vasisbtba oder den Vasisbthas
die Rede. Nicht minder bekannt ist es, dass bei einer Reihe der
kleineren Liedersammlungen, aus welchen die Mandalas I, VIII und
X bestehen, die gleiche Erscheinung wiederkehrt.
Die Namen, um welche es sich dabei handelt und die im
Vordergrunde jeder üntersuchung über die vedischen Liedverfasser und über die geschichtlichen Verhältnisse der vedischen Zeit stehen
müssen, erscheinen bald im Singular, bald im Plural; zuweilen
finden wir Ableitungen von diesen Namen, deren patronymische
Bedeutung keinem Zweifel unterworfen ist. So erwächst uns die
Aufgabe, zu untersuchen, wie sich das, was die einzelnen Stellen
besagen , zwischen den Stammvätern jener Geschlechter und ihren
Abkömmlingen vertheilt. Es hegt auf ^er Hand, von welcher ent¬
scheidenden Bedeutung für das geschichtliche und literaturgeschicht¬
liche Bild der Rigveda-Zeit es ist, dass für diese Prage die Ant¬
wort mit möglichster Bestimmtheit ermittelt wird.
Wir besprechen die betreffenden Daten des Rigveda zunächst
und vor Allem in Bezug auf die Bücher II — VII. Es empfiehlt
sich jedes dieser Bücher einzeln zu erörtern ; die traditionelle Reihen¬
folge derselben innezuhalten ist überflüssig.
An die Spitze stellen wir das zweite Buch , welches in der
Anukramani fast in seinem ganzen Umfange dem G r i t s a m a d a zu¬
geschrieben wird. Die Lieder selbst haben stets den Plural: die
Gritsamadas haben dir, o Indru, ein Gebet, künsthche Werke
gezimmert, — die Giitsamadas haben den Asvin ein Preis¬
lied gemacht u. s. w. (4,9; 19,8; 39,8; 41,18). Neben dem
Namen der Gritsamadas finden wir in ähnlicher Verwendung, ohne
Zweifel als eine zweite Bezeichnung derselben Pamilie '), die S u n a - h 0 1 r a s ; auch ihr Name erscheint nur im Plural 2). Es sei noch
bemerkt, dass die patronymischen Ableitungen Gärtsamada und
Saimahotra sich im Rigveda nicht finden, und ferner, dass beide
Namen dort nirgends ausserhalb des zweiten Buches begegnen.
So existirt für uns, wenn wir uns allein an die im Text der
Lieder selbst vorliegendeu Zeugnisse halten, nur das Geschlecht der
Gritsamadas ; auf diese geheu mehrere Hymnen des zweiten Buches
oder, wie wir nach der Vertheilung der Namen annehmen dürfen,
das ganze zweite Buch zurück. Von Gritsamada selbst hören wir
im Rigveda nichts. Ist es gestattet, sehon hier der später in
vollerem Zusammenhang zu gebenden Kritik der Anukramani-Listen vorzugreifen, so werden wir geneigt sein , die in jenen vorliegende
Zurückfühmng des zweiten Buches auf Gritsamada für einen durch
ein ziemlich greifbares Missverständniss getrübten Refiex des Pactums
1) Vgl. 11, 41, 14. 17 mit Vers 18.
2) 18, ü; 41, 14. 17.
Oldenherg, Ueber die Liedverfasser des Rigveda. 201
zu halten, dass das Buch den Gritsamadas gehört. Wenu also
Grassmann in Bezug auf das zweite Buch von „Liedern des
Gritsamada und seiner Familie" spricht, so sagt er oflFenbar mehr,
als uns die Ueberlieferung, wenn anders unsere Kritik derselben
auf dem richtigen Wege ist, zu sagen erlaubt: wir wissen nur von
der Pamilie der Gritsamadas, vermuthlich der Nachkommenschaft
eines Gritsamada, aber von diesem selbst wissen wir nichts.
Der geringe Umfang des zweiten Mandala und das spärliche
Vorkommen von Eigennamen iu demselbeu muss uns allerdings
hindern, Aufstellungen , die allein auf diesem Buche beruhen , mit
vollem Vertrauen zu betrachten oder gar für den ganzen Rigveda
zu verallgemeinern. So wenden vrir uns zu einem an Zeugnissen
weit reicheren Mandala, dem siebenten.
Wir finden den Namen, welcher in diesem Mandala im Vorder¬
grund steht, an überaus zahlreichen Stellen desselben im Plural,
an nicht minder zahlreichen im Singular : bald Väsishth äs, Va-
sishthäsas, bald Vasisbthas.
Oft wird gesagt: „Wir Vasisbthas gehen den Agni an"; ,die
leuchtende Morgenröthe wird gepriesen von den Vasisbthas*; „wir
Vasisbthas wollen um Gnade rufen, Indra und Väyu" u. dgl. mehr
(Vn, 7, 7; 12, 3; 23, 6; 37, 4; 39, 7; 40, 7; 76, 6. 7; 77, 6;
80, 1; 90, 7; 91,7; aus den anderen Mandalas: X, 15, 8;
66, 14; 122, 8)'). Nicht minder häufig lesen wir: ,So hat Va¬
sishtha (oder der Vasishtha, s. sogleich) den Agni gepriesen"; „Va¬
sishtha, bringe dera Varuna ein glänzendes, liebliches Lied"; „so besingt Vasishtha den Indra beim gepressten Sorna", und dgl. mehr
(Vn, 9, 6; 22,'3; 23, 1; 26, 5; 42, 6; 59, 3; 70, 6; 73, 3; 86, 5;
88, 1; 95, 6; 96,1; aus den andern Mandalas gehört hierher X,
65, 15 (=66, 15); 150, 5).
Wie haben wir dieses Auftreten dos Singulars neben dem
Plural zu erklären?
Es ist eine verbreitete Auffassung, dass der Name Vasishtha
im Singular den Rishi Vasishtha selbst, im Plural das Geschlecht
des V. bezeichnet ; der zu diesem Plural der Bedeutung nach ge¬
hörige Singular aber soll das Patronymicum Väsishtha („der Vasish-
thide") sein -')• Mir scheint, eine Ansicht, die don Singular.nicht als eine Bezeichnung desselben Begriffs in der Einzahl gelten lässt, welcher
in der Mehrzahl durch den entsprechenden Phu-al bezeichnet wird.
L; Wir ilbergolien bei diesur Aut'zähluiit; der Citate für den Plural Vasisli- thäs und ebenso boi der sogleich zu gebcndon der Citate für don Singular Vasisbthas einige Stellen. ^\'olche alshald speciell besprochen worden müssen.
ü; Vgi. Pänini 11, 4, Kö; v. Bradke, Dyaus Asura, AhuraMazda und die Asuras (Halle 1885), S. 91. Siehe auch das Petersburger WB. und Grass¬
mann unter Vasishtha.
1 7
202 Ohlenberg, Ueber die Liedverfasser des Rigveda.
kann von vornherein nicht ohne einen gewissen Zweifel betrachtet
werden. Wenn Vasishthäs heisst „die Vasishthiden", ist es offenbar
das Natürlichere, dem Singular Vasisbthas nicht allein die Be¬
deutung zu geben „Vasishtha", sondem auch „der Vasishtha", d. h.
der Vasishthide. In der That wird man die einzelnen Stellen, an
welchen der Singular erscheint, sich nicht ohne Zwang zurechtlegen
köunen, wenn man nicht die letztere Bedeutung in weitem Umfang
zulässt. So lesen wir VII, 23 1: „den Indra erhöhe in der Pest¬
versammlung, Vasishtha (Voc. sing.)" ; aber in V. 6 desselben Hym¬
nus heisst es : „So besingen den Indra mit Liedern die Vasisbthas".
Sollen wir uns das eine Mal das Priestergeschlecht der Vasishthiden,
das andere Mal den Stammvater dieses Geschlechts in eigner Person
als gegenwärtig denken ') ? Oder sollen wir glauben , dass unter
den in jeder Hinsicht so gleichartigen, nach absteigender Länge
geordneten, Lied für Lied mit den gleichen Worten schliessenden
Hymnenreihen dieses Mandala diejenige, welche den Asvin gewidmet
ist, von dem Stammvater der Vasishthiden, die der Ushas aber von
den Nachkommen herrührt, da sich in jeuer Reihe nur der Sin¬
gular, in dieser nur der Plural Vasishthäs findet^)? Sollen wir,
im Vertrauen auf die Alterthümhchkeit der Texte noch über die
Anukramani hinausgehend , annehmen , dass der Dichter und Puro¬
hita , welcher in einem Liede des zehnten, also des spätesten
Mandala (150, 5) davon spricht, dass Agni den Atri und seinen
Sprössling, den Gavishthira, dass er Bhäradväja, Kanva, Trasadasyu
beschützt hat — dass dieser Dichter Vasishtha in eigner Person ist ?
Wir heben hier von den für den Gebrauch derartiger Singulare
characteristischen Stellen der übrigen Mandalas wenigstens einige
hervor. I, 78, 1: Wir Gotamas loben dich mit unserm Liede;
aber Vers 2 (mit demselben Refrain wie V, 1): So verherrlicht
dich (der) Gotama mit seinem Liede. — VIII, 20, 19: Die jungen
Stiere (die Marut), o Sobhari , besinge mit neuestem Liede. Aber
V. 8: Mit Milch wird der väna der Sobharis gesalbt. —
VIII, 34, 1: Indra, komm zu dem schönen Preise des Kanva').
Aber V. 4 : Die Kan vas rufen dich herbei. — I, 62, 13 (das Lied
gehört einer Gruppe von Hymnen an, in welchen mehrfach die Go¬
tamas im Plural und als einzelner Sänger Nodhas begegnet) : Dir
Indra hat (der) Gotama ein neues Gebet gezimmert, dir Nodhas.
Also uuter den Gotamas nennt sich ein einzelner Poet Nodhas, deu
1) Aohnlicli X, 60, 14 Vasishthäsali piti-ivad väcain akrata; aber V. 15 (= X, 65, 15): devän Vasishtho amiitäu vavande. Diesen Nom. sing, auf den Dichter des Liedes selbst zu beziehen ist wenigstens das Natiirliche.
2) 70, 6; Ti, 3; dagegen 70, 0. 7; 77, 6; 80, 1.
3) Hierzu Grassmann (I, S. 4411) sehr nchtig: „Wonn sich dor Dichter in Vers 1 Kanva nennt, so will or sich, wio man aus Vors 4 sieht, damit nicht als den Stammvater sondern als oinon Aiigohiirigon jenes Geschlechts bezoichiion". Vgl. auch v. Hradko a.a.O. 45; Ludwig III, S. 127 zunächst in Bezug auf die Atri; Bergaigne Kol. vtid. II, 464 A. 1 etc.
1 7
Oldenberg, Ueber die Liedverfasser des Rigveda. 203
Gotama. — X, 115, 8: So verehrt dich (Agni) die männliche
Stimme des Upastuta. Aber V. 9: So haben zu dir, Agni, die
Söhne des Vrishtihavya, die Upastutas, die Rishis geredet.
Es ist richtig, dass bei den Namen einiger unter den vedischen
Sängergeschlechtern der Sprachgebrauch da , wo es sich um einen
einzehien Abkömmling des betreffenden Stammhauptes handelt, das
patronymische Derivativum bevorzugt: so meistens Känva neben
dem Plural Kanväs , Vaiya^va neben Vya9väs '). Aber bei den
meisten dieser Namen kennt der Rigveda jenes Derivativum über¬
haupt noch nicht; die Bezeichnungen Ätreya, Gautama, Vais-
vämitra, Väsishtha sind der ältesten Hymnensammlung fremd. Die
eben gegebenen Auseinandersetzungen werden, meine ich, hinreichend
sein, die Ueberzeugung zu begründen, dass, wenn die Kanviden so
oft von den Gebeten des Känva, aber die Vasishthiden nicht von
den Gebeten des Väsishtha, sondern von den Gebeten des Vasishtha
sprechen, hierin nichts als ein rein zufälliger Unterschied des Sprach¬
gebrauchs liegt ; in der That fehlt es den Vasishthiden des Rigveda
so wenig wie den Kanviden an einem Ausdruck um den Einzelnen
ihres Geschlechts zu bezeichnen, oder an der Gelegenheit, diesen
Ausdruck zu gebrauchen : sie sagen Vasisbthas , während die Kan¬
viden nur selten Kanvas, meistens aber Känvas sagen.
Wenn wk nun auf Grund dieses Resultates erwägen, wo wir
im siebenten Buch dem Vasishtha, wo seinen Abkömmlingen be¬
gegnen, so fehlt in der That, wie mir scheint, nicht viel daran,
dass die Gestalt jenes Rishi, welche als eine so beherrschende in¬
mitten der vedischen Welt zu stehen schien '^) , sich vor unsem
Augen in Nebel auflöst. Die Art, wie sich durch das ganze Buch
hindurch völlig gleichartige Stellen mit dem Singular und mit dem
Plural des Namens vermischt fiuden , begründet die Präsumtion,
dass der Singular in der Regel von einzelnen Vasishthiden zu
verstehen sein wird. Musste es doch in einem Liede, das ein Va¬
sishthide nicht für sich allein , sondern als selbstverständliches Ge¬
meingut aller seiner Geschlechtsgenossen dichtete, weit näher liegen,
vom Gebet des Vasishtha (d. h. des Vasishthiden), von der gött¬
lichen Gnade gegen den Va.sishtha zu reden, als den gleichgültigen
Namen des Einzelnen zu nennen, der heute das Lied vortrug, um
es morgen einem Andem seiner Sippschaft zum Vortrage zu über¬
lassen.
Einige Stellen, an denen Vasishtha selbst, der Stammvater des
Geschlechts, gemeint ist, heben sich leicht unter den Uebrigen her-
1) V. Kradke (a. a. 0. S. 91) vergloicht das Verhältniss von asur/ili und äsurah; auch hier übrigens findet sich der Singular asurali gleichbedeutend mit Äsurah (S. 102).
2) So nennt Zimmer (Altindischos Loben S. 412) den Vasishtha einen Mann, der „das Zeug hatte ein Zarathustra seines Volkes zu werden". War der Dichter dar Varuim-Licdor dos siebenten Buches wirklich Vasishtha selbst?
204 Oldenberg, Ueber die Liedverpisser des Rigveda.
vor; sie sind — bis auf einige gleich zu erörternde Fälle — nicht
derart, dass sie auf Gleichzeitigkeit des Liedes mit jenem Rishi
hinführen könnten. So VII, 96,3: Sarasvati, die (von uns) ge¬
priesen wird , wie Jamadagni (sie gepriesen hat) , und besungen
wii-d, wie Vasishtha (sie besungen hat). VII, 88, 4: Den Vasishtha
setzte Varuna in das Schiff; er machte ihn zum Rishi. Aus den
übrigen Mandalas gehört hierher L 112, 9; X, 95, 17 '); 181, 1.
Die bisher besprochenen Zeugnisse lassen die Möglichkeit
durchaus offen, dass der angebliche Vasishtha überhaupt uichts
andres als der fingirte, ideale Repräsentant des Geschlechts der
Vasisbthas sein könnte, welcher vielmehr seinen Namen von diesen
erhalten hätte, als diese den ihrigen von ihm. Aber wir haben
bis jetzt noch nicht eine Gruppe wichtiger Stellen berührt, deren
Auffassung zweifelhaft sein kann: die in den Liedern VII, 18 und
33 sich findenden Aeusserungen über die Betheiligung des Va¬
sishtha und der Vasisbthas an den Kämpfen des Königs Sudäs.
Die engen Beziehungen des Vasishtha zu Sudas werden in der
späteren Tradition, vrie bekannt, häufig hervorgehoben. In der
That gilt es von den Erwähnungen des Sudäs im Rigveda genau
so wie es von den Erwähnungen des Vasishtha und seines Ge¬
schlechtes gilt, dass die weit überwiegende Mehrzahl der betreffenden Stellen sich im siebenten Mandala findet ^) ; einige derselben (s. so¬
gleich) lassen über die priesterliche Betheiligung, sei es des Va¬
sishtha, sei es der Vasishthiden, an den Kämpfen des Sudäs keinen
Zweifel Ein Theil der Lieder spricht von Sudäs in einer Weise,
die den Eindruck der Gleichzeitigkeit macht (VII, 18, s. sogleich ;
60, 8. 9; 64, 3)*); für andre Lieder liegt er offenbar in der Ver¬
gangenheit (19, 3. 6; 33, s. sogleich; 83, 1. 4. 6. 7. 8; zweifel¬
haft ist 20, 2; 25, 3; 32, 10; 53, 3). Wir weisen schon hier
darauf hin, dass , wie später eingehender ausgeführt werden muss,
anscheinend sämmtliche Erwähnungen des nächst Sudäs am meisten
hervortretenden Fürsten im Rigveda , des Trasadasyu , diesen als
eine Person der Vergangenheit zeigen ; mit dem Vater dieses Tra¬
sadasyu, Purukutsa scheint Sudäs gleichzeitig gewesen zu sein (I,
63, 7). Die Epoche des Sudäs - Purukutsa - Trasadasyu giebt.
n Zeitschrift der D. M. G. XXXIX, 74.
2) Ausserhalb desselben nur I, 47, 6; 63, 7; 112, 19, sowie die ein¬
gehender zu besprechenden Stellen in III, o.S.
3) Die in der späteren Tradition so sehr hervortretende Feindschaft der Vi.svämitras und Vasishthäs dagegen, die aus Rivalitäten in Uezug auf die Puro- hitastellung bei Sudäs hervorgegangen sein soll , ist im Rigveda noch nicht bezeugt. Was wir im Rigveda lesen ist nur , dass die Vasisbthas sich ihrer priesterlichen Thätigkeit bei Sudäs rühmen , und dass die Visvämitras das¬
selbe thun.
4) Diese Stellen würden sich wohl vermindern, wenn man gegen die Täuschungen, weicbe bei jenem Eindruck im Spiel sein können, sich zu sichem im Stande wäre.
Oldenberg, Ueber die Liedverfasser des Rigveda. 205
wie ich zu zeigen versuchen werde, einen wichtigen und für uns
noch wohl erkennbaren Markstein in der Chronologie des Rig¬
veda ab.
Ist es nun Vasishtha selbst , den wir als Zeitgenossen des
Sudäs und als priesterlichen Begleiter in seinen Schlachten antreffen, oder sind es Vasishthiden?
Im Vordergrunde unter den Zeugnissen über die Siege des
Sudäs steht das Lied VII, 18. Man kann dasselbe nicht lesen,
ohne den Eindruck zu empfangen, dass es den Ereignissen, welche
es feiert, unmittelbar nahe steht. Es ist voU von individuellen
Zügen , welche den übrigen Aeusserungen des Rigveda über die
Zehnkönigsschlacht fehlen. Die Beschreibung der Kämpfe selbst
lait der Nennung langer Reihen von sonst vergessenen Stämmen,
die Schilderung, wie die Feinde die Parushni auszutrocknen be¬
absichtigten und wie sie da selbst im Pluss ihr Verderben ge¬
funden haben, wie auch der Schnelle sich nicht retten konnte und
die Vernichteten dem Sudäs ihre ganze Habe lassen mussten : alles
dies trägt das Gepräge gegenwärtigster Realität, von deren Er-
regrmg das Lied noch durchzittert ist. Der Dichter preist die
Kühe, die Wagen und die geschmückten Rosse, die er als Geschenk
des Sudäs erapfangen hat ; wohl mögen wir glauben , dass er in
der That an der Schlacht theilgenoramen und aus der Siegesheute
seinen Opferlohn empfangen hat '). Wer aber ist der Dichter ?
V. 4 heisst es: „Dich (Indra) wie eine Kuh auf guter Weide zu
melken hat (der ?) Vasishtha seine Sprüche zu dir gesandt ; dich
nennt Jeder mir einen Herrn der Heerden; möge zu unserm schönen
Gebet Indra herzukommen'. V. 21: „Die von dem Hause weg
dich erfreut haben '), dir anhangend , Parä.sara , Satayätu , (der ?) Vasishtha etc." ■•) Der zweite dieser drei Namen ist bis jetzt ander¬
weitig nicht bekannt; die Paräsaräs sind in den Pravara-Listen ein
Zweig der Vasishthiden, abstammend von Paräsara*). Was den
Namen Vasishtha selbst anlangt, so wird man sich dera Eindruck
nicht entziehen können, dass die ungezwungenere Deutung des¬
selben, wie er hier neben Paräsara und Satayätu, allem Anschein
nach dieseu Naraen coordinirt auftritt , in der That die auf Va¬
sishtha selbst ist. Dürfen wir die genealogische Tradition über
1) Vgl. Z. D. M. G. XXXIX, 8C, A. .1, wo ich vorgeschlagen habe, drei Theile des Liedes, oder richtiger drei Lieder zu unterscheiden; Vers 1—4 Gebet vor der Schlacht. —21 Loblied nach gewonnenem Sieg, 22—25 Preis der erhaltenen Gaben.
2) Dhenum na tvä snyavase duduksliann upa brahmäni sasrije Vasishthai).
— Beruht auf diesen Worten (und etwa noch auf X, la.'i. 7?) die Legende von Vasishtha's Wunschkuh?
3) D. h. die dich (Indra) von deinem Hause durch Soma zu .sich ge¬
lockt haben? Vgl. VII, 33, 2.
4) Pra ye grihäd amamadus tuäyä Paräsarah Satayätur Vasishfliah.
5) Asvaläyana Srautasütra XII, 15, 1 2.
1 7 *
206 Oldenberg, Ueber die LiedverfasKer den Rigveda.
Paräsara für begründet balten, so hätten wir uns demnach den
Stammvater des Vasishthiden-Geschlechts zusammeu mit dem einen
oder dem andern seiuer Abkömmlinge als in der Umgebung des
Sudäs befindlich zu denken.
Durch Erwägungen, die wir über das Auftreten der Bezeich¬
nung der Tritsu anzustellen haben werden, sowie durch die Dis¬
cussion der analogen auf Visvamitra bezüglichen Daten des dritten
Buchs wird die hier hingestellte Auffassung von der persönlichen Gegen¬
wart des Vasishtha in eineni der ältesten Lieder des siebenten
Mandala eher bekräftigt als erschüttert werden. Wir müsseu aber
hier zunächst auf das zweite von der Zehnkönigsschlacht sprechende
Lied hinweisen, VH, 33. Die Stellung dieses Sükta und eine Reihe
andrer Indicien ') erweisen die junge Herkunft desselben , und so
entbehrt hier auch die Beschreibung der Schlacht jener concreten,
den Stempel der Gegenwart tragenden Züge, welche dem Liede
VII, 18 eigen sind. Als die Handelnden erscheinen zunächst die
Vasishthäs; „auf euer Gebet, ihr Vasishthäs, ist Indra in der Zehn¬
königsschlacht dem Sudäs gnädig gewesen', V. 3 (vgl. V. 1. 2. 4.
7—9); vermischt mit dem Plural finden wir einigemale (V. 5. 6)
den Singular. In V. 10 fgg. ist sicher von Vasishtha selbst und
von seiner überirdischen Herkunft die Rede: als Mitra und Varuna
ihu erblickten, wie er leuchtend aus dem Blitze hervorkam, das
war seine Geburt; die beiden Götter haben ihn erzeugt, deu ge¬
meinsamen Samen in die Kufe ergiessend; die Apsaras hat ihn ge¬
boren. Man sieht, wie weit für dies späte Lied die Gestalt des
Vasishtha in vorweltliche Himmelsfernen entschwunden ist. Auch
würden die Nennungen jenes Rishi in demselben an und für sich
uns keinen Anlass geben, ihn persönlich als in den Schlachten des
Sudäs gegenwärtig zu denken. Doch da sich uns von andrer Seite
her diese Auffassung als nicht unwahrscheinlich herausstellt, werden
wir dies Lied kaum als ein gewichtiges Gegenargument ansehen
dürfen; Vasishtha in V. 5 und 6 mag auf den Rishi, Vasishthäs
auf ihu sammt dem Paräsara u. s. w. gehen.
Blicken wir auf das Besprochene zurück, so dürfen wir nicht
versuchen , für das Resultat eine bestimmtere Ausdrucksweise zu
wählen, als zu der uns die Beschaffenheit unsrer Quellen das Recht
giebt. Wir haben gefunden , dass , wie wir im zweiten Buch nur
den Gritsamadas , nicht dem Gritsamada selbst begegneten , so es
auch hier im Grossen und Ganzen Vasishthiden sind und schwer¬
lich Vasishtha selbst , die wir als Lieddichter anzusehen haben,
während die Gestalt des Vasishtha iu der Vergangenheit hinter der
Entstehung der Lieder zurückliegt. Dass doch für die ältesten der¬
selben ein andrer Sachverhalt anzunehmen ist, stellt sich als nicht
unwahrscheinlich , wenn auch andrerseits nicht als durchaus ge¬
sichert heraus. Vasishtha in eigner Person — und ähnlicb , wie
1) Grassjnann Bd. 1, S. 552.
1 7 *
Oldenberg, Heiter die Liedverfasser des Rigveda. 207
wir sogleich sehen werden , Visvämitra — wird durch Zeugnisse,
die zwar nicht über jeden Zweifel erhaben , aber immerhin nicht
ungewichtig sind , mit historischen Tbaten einer historischen Per¬
sönlichkeit in Verbindung gebracht: mit Thaten, die der Gegenwart
des Liedes VII, 18 anzugehören scheinen. Entschliessen wir uns
übrigens dazu, an die geschichtliche Realität dieser Männer zu
glauben , so ist damit selbstverständlich über die Auffassung der
andern Geschlechtshäupter noch keineswegs ohne Weiteres ent¬
schieden
Wir dürfen diese Erörterung über Vasishtha und die Va¬
sishthiden nicht beenden, ohne einen Namen untersucht zu haben,
welcher mit dem der Vasishthiden ofienbar in engstem Zusammen¬
hang steht, denjenigen der Tritsu. Es ist bekannt , dass dieser
Narae nur iu drei Liedern des siebenten Mandala vorkommt '); die
Ti'itsu erscheinen dort von solchem Ruhm umgeben, dass die Nicht¬
erwähnung ihres Namens im ganzen übrigen Rigveda und der
sonstigen Literatur, wo doch des Sudäs nicht selten gedacht wird,
auf den ersten Blick höchst auffallend sein muss. Dass in der
Zehnkönigsschlacht die Tritsu auf der Seite standen, wo Sudäs und
Vasishtha (oder dessen Nachkomraen) kämpften und beteten, zeigen
die betreffenden Stellen mit Sicherheit. Man nahm nun an , dass
die Tritsu das von Sudäs beheiTschte Volk waren. Da sich aber
ferner herausstellte , dass Sudäs König der Bharata war, hat
Ludwig^) die Identität der Tritsu mit den Bharata behauptet,
und ich selbst ^) habe, den von ihm eingeschlagenen Weg verfolgend,
diese Annahme weiter zu befestigen versucht. Ich glaube jetzt,
dass eine Modification derselben geboten ist. Es ist, raeine ich,
durch die erwähnten Erörterungen in der That gezeigt worden,
dass es auf eins herausläuft, wenn die vedischen Sänger von einem
Erfolg der Tritsu oder von einem Erfolg der Bharata oder des von
dem Priestergeschlecbt der Vasishthäs begleiteten Bharata-Königs
Sudäs reden. Aber statt die Tritsu mit den Bharata zu identi¬
ficiren, kanu mau sie auch dem bi£ngergeschlecht der Bharata. den
Vasishthäs srleidisetzen *). Den Erwägungen, welche Ludwig und
uicli zu jeuer Identification veranlasst hatten , wird auch durch
diese Annahme uicht minder Genüge geleistet ; ich meine aber, dass
ilieselbe mehrere Stellen besser erklärt, als jene ältere Hypothese.
Zuvörderst VII, 83, 4: brahmäni eshära sruiutam havunani, satyä
'l'ritsünäm abhavat purohitil> ^) ; die Tritsu sind es , welche ihre
Gebetssprüche (brahmäni) zu den Göttern senden, welche der Pu-
1) VII, 18, 7. Vi. 15. 10; 33, 5. 6; 83, 4. 6. 8.
2; Kigveda, Bd. III, S. 175.
3) Buddlia. sein Leben, seine Lehre, seine Gemeinde, S. 413.
4) Die Priorität in der Erkenntniss hiervon kommt Bergaigne (Rel.
ved. II, 362) zu.
5) Vgl. V. 7: satyä nviiiam admasadam upastutih.
208 Ohlenberg, Ueber dw Liedmrfasser des lligveda.
rohitawürde walten. Sodann V. 8 desselben Liedes : svityanco
yatra namasä kapardino dhiyä dhivanto' asapanta Tritsavah. Hier
passen die Worte namasä, dhiyä dhivanto' asapanta offenbar besser
auf Priester, als auf das ganze Volk; vor Allem aber sind es die
Epitheta svityancah, kapardinah, welche die Identität der Tritsu
mit den Vasisbthas erweisen, denn als svityanco dakshinataskapardäh
werden VII, 33, 1 die Vasishthäs bezeichnet, und überhaupt wird
die eigenthümliche Haartracht, auf welche hier hingedeutet ist,
stehend als dem Geschlecht der Vasisbthas angehörig erwähnt, wie
andre Priestergeschlechter ihre andern Besonderheiten der Haar¬
tracht besitzen ').
Die Identificirung der Tritsus mit den Vasishthäs statt mit
deu Bharatas scheiut mir nun auch die Erklärung dafür an die
Hand zu geben , warum der Name der Tritsus eben an jenen we¬
nigen Stellen der Hymnensammlung so ausserordentlich im Vorder¬
gründe steht, anderswo aber nirgends erwähnt wird. Die Bharatas
werden durch den ganzen Rigveda gekannt und genannt; warum
nicht auch die Tritsus, wenn sie mit jenen identisch waren? Von
den Vasisbthas dagegen ist fast nur im siebenten Mandala die
Rede , und unter den Stellen , an welchen ihr Name erscheint,
grenzt sich wiederum deutlich erkennbar ein engerer Kreis ab,
innerhalb dessen ihnen zugleich jener andre Name gegeben wird:
die Stellen, welche sich auf die Zehnkönigsschlacht beziehen. Sehen
wir, wie wir wohl dürfen, die Epoche des Sudäs und der Zehn¬
königsschlacht an als in den Anfang der Zeit fallend, in welcher
die Rig-Hymnen gedichtet sind , so wird es uns verständlich , dass
der off'enbar alterthümliche, später durch die Bezeichnung Vasishthäs
verdrängte Name der Tritsu eben nur da erhalteu ist, wo von
jenem Ereigniss gesprochen wird. Nahm Vasishtha selbst in eigner
Person an den Kämpfen des Sudäs theil, so mag bald nach jener
Zeit, vielleicht eben als eine Consequenz der damals dem Vasishtha
zugefallenen Erfolge, die Verdrängung des Namens und Begriffes
der Tritsu durch den der Vasisbthas sich vollzogen haben: das
Hervortreten eines bestimmten Tritsu und seiner Abkömmlinge,
deren Ruhm und Einfluss die übrigen Genossen jenes Stammes in
den Hintergrund drängte. Wir meinen hier der Spur von Vor¬
gängen zu begegnen , wie wir sie ähnlich noch innerhalb eines
zweiten jener Priestergeschlechter wahrscheinlich machen können;
wie sich Vasishtha zu den Tritsus verhält, so verhält sich offenbar,
wie sogleich zu zeigen sein wird , Visvämitra zu den Kusikas. In
jedem Fall wird in der vollständigen Zurückdrängung des Namens
der Tritsu durch den der Vasishtha (ausser an den auf die Zehn¬
königsschlacht bezüglichen Stellen) ein für die Chronologie des
Rigveda nicht unwesentliches Moment zu erkennen sein. Die Haupt-
11 Indische Studien .\, 9.'); Gribyasamgraha II, 40 (Z. D. M. G. XXXV, 57 ü) und Bloomfield's Noten dort.
Oldenberg, Ueber die lAedverfmser des Rigveda. 209
masse der Lieder des siebenten Bucbs muss lange genug nacb dem
Auftreten des Vasisbtba verfasst sein, dass durcb deu Rubm dieses Tritsu alle Spuren der Tritsu , sov?eit dieselben nicht Vasisbthas vsfaren, so durchaus haben verdunkelt werden können.
Vom siebenten Mandala geht unsre Untersuchung am natür¬
lichsten zum dritten über; auch bei diesem kommt die Stellung
des leitenden Rishi zu Sudäs und zu dessen Kämpfen in Prage.
Wir finden die beiden Namen der Kusikäs und Vis väm i-
t r ä s neben einander ; der erstere, in der späteren Literatur zurück¬
tretend, ist wohl der ältere und vielleicht auch der umfassendere;
ofienbar ist es Visvämitra selbst, welcher in dem vermuthlich als
Äkhyäna ') zu verstehenden 33. Hymnus (V. 5) als Kusikasya sünuh
bezeichnet wird. Mit Ausnahme dieser Stelle und des gleich zu
besprechenden 53. Liedes -) begegnen beide Namen ausschliesslich im Plural ^) : Agni wird von den Visvämitras entflammt ; wir Kusikas
— hier hat sich die ältere Bezeichnung ofi'enbar länger erhalten
als in dem Falle der Tritsu — rufen den Gott an, und dergl. mehr.
Spuren von der Gleichzeitigkeit Visvämitra's selbst — und
vollends von derjenigen Kusika's , wenn ein solcher je existirt
hat — mit der Abfassung der Hymnen liegen nicht vor; überall
ist es das Geschlecht des Visvämitra, das in denselben erscheint.
Von Visvämitra ist, abgesehen von dem oben erwähnten 33. Liede,
dem epischen Dialog des V. mit den Flüssen, nur im 53. Liede
die Rede, wie es scheint, einem Akhyäna-Hymnus *), aus dessen
Inhalt sich die Erzählung hervorhebt von der Hemmung eines
Plusses durch Visvämitra's Gebet und von dem Kampf, in welchem
Sudäs und seine Bharatas durch das Gebet des Visvämitra und
der Kusikas den Sieg erlangt haben. Visvämitra in eigner Per¬
son, der „mahän rishir devajä devajütah" (V. 9), ist hier aufs
Deutlichste als Zeitgenosse des Sudäs characterisirt; bald wird
sein Name im Singular, bald derjenige der Kusikas im Plural ge¬
nannt; nur einmal (V. 13), an einer Stelle, deren Zugehörigkeit zur
Erzäblung jener Begebenheiten übrigens nicht vöUig sicher ist, er¬
scheint der Plural Visvämiträs. Ofi'enbar ist das im Anhang der
Indra-Reihe stehende Lied nicht sehr alt; dass in demselben Vis¬
vämitra als Zeitgenosse des Sudäs behandelt wird, ist doch nicht
unerheblich, zumal das Lied 33, welches der geordneten Indra-
1) Z. D. M. G. XXXIX, 77.
2) Ausserhalb des dritten Maiidala noch X, 107, 4 in der Verbindung Visvämitra-Jaraadagni.
3) Siehe die Stellen bei Ludwig III, 121. Ausserbalb des dritten Mandala nur noch im zehnten (89, 17).
4) Z. D. M. G. XXXIX, 78; vgl. Ludwig III, 122, wo sehr treffend „die Trümmer von Liedern , die die Edda durch Prosaerzählung verknüpft" mit diesem Sükta verglichen werden.
Bd. XLII. 14
210 Oldenberg, Ueber die Liedverfasser des Rigveda,
Serie angehört, jenes Zeugniss verstärkt: nennt es allerdings den
Sudäs nicht, so schreibt es doch dem Visvämitra gleichfalls eine
Hemmung der Ströme zu (vgl. 63, 9) und erwähnt die auf einem
Kriegszug begriffenen Bharatas als die Ströme überschreitend. Man
wird bei der oben behandelten Frage nach der Gleichzeitigkeit des
Vasishtha mit Sudäs das hier hervorgehobene Pactum nicht unbe¬
rücksichtigt lassen dürfen, dass die Gleichzeitigkeit des Visvämitra
mit jenem König nicht gerade schwach beglaubigt ist. Für die
Lieddichter des dritten Mandala aber liegt wie für die meisten des
siebenten jene Epoche des Visvämitra-Vasisht-ba-Sudäs, so weit wir
sehen können, in der Vergangenheit.
Unter den noch nicht besprochenen Büchem des Kreises II
bis VII ist das sechste das reichste an Materialien für die uns hier beschäftigenden Fragen. Der characteristiscbe Name dieses Mandala ist, bald im Singular bald im Plural erscheinend, B h ara d väj a
das Patronymicum Bhäradväja findet sich nur au einer Stelle*).
Um zu ermitteln, wie sich die Erwähnungen des Bhäradväja
selbst von den auf Bharadväjiden bezüglichen abgrenzen, empfiehlt
es sich, zuvörderst den fürstlichen Helden zu besprechen, welcher
mit Bhäradväja in steter Verbindung erscheint'), den Divodäsa,
auch Atithigva*) genannt, den Bezwinger des Qambara. An
welchen Ort unter den vedischen Stämmen und Pürstengeschlechtern Divodäsa hingehört, ergiebt sich leicht ; er wird als Vater des Sudäs bezeichnet *), womit übrigens gemeint sein kann und wahrscheinlich iu der That nur gemeint ist, dass er ein . — sei es historischer sei
es mythischer — Ahnherr des Sudäs war. Sudäs war ein Bharata-
fürst; auch Divodäsa wird mehrfach in Verbindung mit den Bhara¬
tas in einer Weise genannt, die auf seine Zugehörigkeit zu diesem
Stamm, auf sein Herrscherthum über denselben hinzudeuten scheint ").
Unter den Gegnern des Sudäs in der Zehnkönigsschlacht stehen die
Turvasa und Yadu im Vordergrunde; es passt hierzu, dass beide
Namen seines uns hier beschäftigenden Ahnherrn iu feindlichen
Gegensatz zu jenen sonst meist in freundlichem Ton erwähnten
Stämmen gebracht werden ').
1) Siehe die Stellen bei Ludwig, III, 128. Ausserhalb des sechsten Buches nur , ähnlicb wie in den oben besprochenen Fällen , im ersten und zehnten: I, 59, 7; 112, 13; UG, 18; X, 150, 5; 181, 2.
2) VI, 51, 12: Bhäradväjah sumatim yäti hotä.
3) Rigv. I, 116, 18; VI, 16, 5; 31, 4. Vgl. Panc. Brähmana XV, 3, 7.
4) Die Identität des Divodäsa mit Atithigva scheint mir trotz der Be¬
merkungen von Bergaigne, Rel. yid. II, 342 fg. festzustehen.
5) VII, 18, 25.
6) VI, 16, 4. 5. 19. Vgl. noch Ludwig III, 176, Zimmer A.L. 126, meinen „Buddha", 413.
7) Für Divodäsa: IX, 61, 2; für Atithigva: VII, 19, 8. — Dass Divodäsa Atithigva nicht ein im ganzen Kreise der vedischen Welt gleichmässig geehrter
Oldenherg, üeher die Liedverfasser des Rigveda. 211
Fragen wir nun nach dem Zeitalter des Divodäsa, so er¬
weist der Character der auf ihn bezüglichen Stellen mit so grosser
Bestimmtheit, wie sie bei Zeugnissen dieser Art nur erwartet wer¬
den kann, dass dieser Fürst oder Stammheros der Bharata für die
vedischen Dichter in entfernter Vergangenheit lag; wir unsrerseits
können ihn vielleicht in das Reich des Mythus versetzen. Unter
den überaus zahlreichen Erwähnungen findet sich keine, die den
Stempel der Gegenwart trüge '). Vielmehr hat sich über seine
Kämpfe vmd Siege der Schleier der Sage gelegt; die neun und
neunzig Burgen, die er durch Indras Gnade zerstört, die dem Vritra
sich anähnlichende Gestalt seines Gegners Sambara , endlich der
stereotype Character der fast in allen Mandalas begegnenden '), in
ihrer ungeschichtlichen und unlebendigen Färbung von denjenigen
z. B. des Sudäs sehr fühlbar sich abhebenden Erwähnungen: alles
dies vereinigt sich, um ihn, ganz ebenso wie den genau in dem
nämlichen Lichte erscheinenden Kutsa, über die Zeit der vedischen
Dichtung hinaus mindestens in weite Vergangenheit zu rücken.
Hiermit ist über den, wie wir bemerkten, in stehender Ver¬
bindung mit Divodäsa genannteu Bhäradväja entschieden ; auch
diesen werden wir, so lange keine entscheidenden Zeugnisse wider¬
sprechen, wenn überhaupt für geschichtlich, so in jedem Falle für
älter als die uns vorliegenden Bharadväja-Lieder zu halteu haben.
Fürst oder Heros ist, zeigt sich in jenen bekannten Stellen, an welchen die Bewältigung des Atithigva und des so oft mit ihm unter den Schützlingen der Götter genannten Kutsa und des Äyu zu Indras Heldenthaten gerechnet wird (I, 53, 10; II, 14. 7; VI, 18, 13; VIII, 53, 2: Bergaigne Rel. vid. II, 337. 344; die häufige Verbindung von Kutsa mit Atithigva resp. Äyu, sowohl wo ihrer Siege wie wo ihrer Niederlagen gedacht wird, lässt eine Unterscbeidung Kutsas des Siegers von Kutsa dem Besiegten, Atithigvas des Siegers von Ati¬
thigva dem Besiegten nicbt als möglich erscheinen). Leider geht es übrigens nicht an, die vedischen Sängerfamilien in verschiedene Gruppen zu zerlegen je nachdem sie es vorziehen der Siege oder der Niederlagen des Kutsa und
des Atithigva zu gedenken. Offenbar hat häufig ein Sänger von einem andern eine derartige Erwähnung in mehr oder woniger stehend gewordener Form herUbergenommen; dieselben Gruppen von Liedern, mehrfach sogar dasselbe Lied enthalten Stellen der einen und der andem Art neben einander. — Beiläufig sei bemerkt, dass der Name des erfolgreichen Gegners des Kutsa und Atithigva, Tflrvayäna , den Gedanken an den Turva.sa-Stamm als einen mit jenen Helden verfeindeten nahe legt.
1) Dass seine Nennung VI, 47, 22. 23 sich nicht auf die Gegenwart des Dichters bezieht, sondern, sei es Akhyäna-artig , sei es in andrer Weise als eine Heranziehung vergangener Namen sich darstellt, scheint sicher. Treöend hat Ludwig (III, 122) dies Sfikta mit dem gleichfalls den Anhängen an die ursprüngliche Sammlung zugehörigen , sehr wahrscheinlich Akhyäna-artigen (Z. D. M. O. XXXIX, 78) Liede III, 53 zusammengestellt.
2) Vgl. Bergaigne, Rel. Vedique, II, 341 fgg.
3) Im zehnten Mandala hören die Erwähnungen des Divodäsa-Atithigva bereits nahezu auf; im Atharvaveda fehlen sie ganz. Ueberhaupt scheinen die Namen der älteren Fürsten und Helden schneller aus der vedischen Literatur zu verschwinden, als diejenigen der älteren Rishis.
U»
212 Oldenherg, Ueher dü Liedverfasser des Rigveda.
Dem steht in der That nichts entgegen: wo der Singular Bhärad¬
väja erscheint, handelt es sich entweder um vergangene Zeiten,
oder die Auffassung des Ausdruckes in der ohen erörterten Weise als
Bezeichnung eines Bharadväjiden ist zui!' ..ig. Auf den ersten
Blick könnte nur VI, 50, 15 Schwierigkeil zu machen scheinen:
evä napäto mama tasya dhlbhir Bharadväjä' abhi arcanti arkaih.
Hier scheint .Iemand von den Bharadväjiden zu saget a eine Nach¬
kommen' ; man hätte danach in dem Redenden Bhäradväja selbst zu
vermuthen. Aber offenbar ist das überheferte mama tasya ver¬
dorben. Ich vermuthe dafür Mamatasya: „so preisen die Nach¬
kommen des Mamata, die Bharadväjas mit ihren Gebeten, ihren
Preisliedern'. An einer andern Stelle desselben Bharadväja-Buchs
(VI, 10, 2) ist von dem Lied die Rede, das man dem Agni bringt
mamateva : d. h. wie Mamata, ähnlich vsde die Kanvideu Kanvavat
singen? Es sei hier auch auf die Bezeichnuug des Dirghatamas
als Mämateya, d. h. Sohn der Mamatä hingewiesen, unter welcher
wir vermuthlich eine Descendentin des Mamata, also eine Bharad-
väjiden-Tochter, zu denken haben werden. Tn keinem Pall kann
VI, 50, 15 als hinreichende Bezeugung dafür angesehen werden,
dass Bhäradväja in eigner Person als vedischer Sänger zu denken ist.
Jene Könige, deren Stellung in der Chronologie der vedischen
Lieder wir oben berührt haben, Sudäs, Purukutsa und Trasadasyu,
tinden sich im sechsten Mandala nicht genannt bis auf eine Stelle,
die in ziemlich insignificanter Weise der von Purukutsa mit Indras Hülfe errungenen Siege, offenbar als längst vergangener Ereignisse
gedenkt (VI, 20, 10). Wohl aber finden wir einen König erwähnt,
dessen ungefähre Gleichzeitigkeit mit jenen Pürsten wir nach VII,
19, 3') zu vermuthen berechtigt sind, Vitahavya, den König der
offenbar mit den Bharadväjiden - Sängern in besonders enger Ver¬
bindung stehenden Srinjaya ^). Er wird VI, 15, 2. 3 offenbar als
gleichzeitig erwähnt, und so haben wir, scheint es, auch in diesem Buch einen Anhaltspunct dafür, dass ältere Dichtungen des Rigveda
in die durch den Namen des Sudäs characterisirte Epoche zurück¬
gehen , während offenbar auch unter den Bharadväja-Liedern die
grosse Hauptmasse einer jüngeren Zeit entstammt.
Die zahheicben Stellen des fiinften Mandala'),• • A ' welche Atri
und die A trayas nennen — die Bezeichnung Atreya findet sich
im Rigveda noch nicht —, oder an denen der Ausdmck A tri vat
gebraucht wird, geben keinen Anlass, die Autorschaft des Atri in
1) Vgl. Taittiriya Samhitä V, 6, 5, 3.
2) Auch diose sind wie Divodäsa-Atithigva und Sudäs mit den Turvasa verfeindet, vgl. VI, 27, 7, meinen „Buddha" S. 412 und die ebendas. S. 409 iiber die Srinjaya angeführteu Stellen.
.1) Siehe Ludwig III. 120; Bergaigne, Rel. ved. II, 469.
Oldenherg, Ueber die Liedverfasser des lligveda. 213
Bezug auf irgend welche Lieder dieses Mandala für wahrscheinlicher
zu halten, als sich etwa bei Gritsamada oder Bhäradväja ergeben
hat. Die RoUe, welche Atri in der Sage von der Gewinnung der
Sonne und dem Kampf gegen den Dämon Suarbhänu spieltschiebt
seiue Gestalt in mythische Vergangenheit zurück. Wenn wir also
neben Stellen, die durch den Plural Atrayas oder durch die Wen¬
dung Atrivat deutlich als von Ätreyas herrührend characterisirt
werden, auch den Singular so gebraucht finden, dass er an sich
ebensowohl auf Atri wie auf einen Atreya gehen könnte , werden
wir zu der ersteren Deutung von vorn herein nur geringes Ver¬
trauen haben.
Die Erwähnungen des Atri ausserhalb des seiner Familie zu¬
gehörenden Mandala sind denjenigen der bisher besprochenen Rishis
nicht vollkommen gleichartig. Den vedischen Sängem, welche nicht
Ätreyas waren, sind Nennungen des Atri unverkennbar geläufiger, als
Nennungen des Vasishtha oder Bhäradväja den Nicht-Vasishthiden
und den Nicht-Bharadväjiden. Nicht nur in den Mandalas I imd X ^)
finden sich solche Nennungen, sondern auch im sechsten, siebenten'),
und besonders häufig im achten*). Zum Theil kommen diese Stellen
auf Rechnung der bekannten Rolle des Atri als Schützlings der Asvin
— auch die hierher gehörigen Züge sprechen eher für die weite
Entfernung des Atri von der Zeit der Vedendichtung als für seine
Gleichzeitigkeit —, zum andem Theil aber finden wir in ihnen
Spuren davon, dass die Familie der Ätreyas mit andern Sänger-
geschlechtem in engerer Verbindung gelebt haben muss : der Name
des Atri wird mit einem bestimmten Kreise andrer Rishinamen in
stehender Wiederkehr zusammen genannt, und in den entsprechen¬
den Liedergruppen jener Familien wird Atri, andrerseits wieder
bei den Ätreyas werden jene andern Rishis in einer Weise erwähnt,
welche die Annahme besonders enger Beziehungen zwischen den be¬
treffenden Geschlechtem nahe legt. Eine üntersuchung, welche von
den an der Entstehung der Rigveda-Poesie betheiligten Familien
ein Bild zu gewinnen sucht, darf derartige Spuren der engeren
Zusammengehörigkeit einzelner solcher Kreise nicht unbeachtet
lassen.
In erster Linie sind es die Kanvas, die mit den Atris ver¬
bunden erscheinen , sodann die mit den Kanvas eng zusammen¬
hängenden, möglicherweise sogar ihnen direet zugehörenden *) Priya-
medhas; es scheint, dass auch Gotamas und Käkshivatas
diesem Kreise nicht fremd waren. So ruft der Kanvide Praskanva
den Gott an ihn zu hören „Priyamedhavad Atrivat" (I, 45,
1) Bergaigne II, '468.
2) I, 4.5, 3; 51, 3; 112, 7. 16; 116, 8; 117, 3; 118, 7; 119, 6; 139, 9;
180, 4; 183, 5; X, 39, 9; 80, 3; 143, 1—3; 150, 5.
3) VI, 50, 10; VII, 68, 5; 71, 5.
4) VIII, 5, 25; 35, 19; 36, 6. 7; 37, 7; 38, 8; 42, 5; 73, 3. 7. 8.
5) Vgl. die Daten des achten Mandala.
214 Oldenberg, Ueber die Liedverfasser des Rigveda.
3). I, 139, 9 finden wir die Zusammenstellung: Dadhyaftc, An¬
giras, Priyamedha, Kanva, Atri, Manu. VHI, 5, 25 ist
von dem Schutz die Rede, welchen die A.svin dem Kanva, dem
Priyamedha, dem Upastuta, dem Atri, dem SiiSjära gewährt
haben. Atri und Kanva werden noch I, 118, 7 und X, 160, 5
zusammen genannt; die Atris reden von dem Gotte ,der den Kanva
zum Hotar hat' (V, 41, 4). Gotama erscheint I, 183, 5 zu¬
sammen mit Atri und Purumllba (über diesen sogleich), und
mindestens ein Lied der Gotamas (VIII, 88) hat im achten Man¬
dala Aufnahme gefunden. Pür Kakshivant vgl. V, 41, 4; X,
143, 1. Eine Reihe von Liedem, die auf Atris zurückgehen,
findet sich vermischt mit den Kanva-Liedem des achten Mandala ').
So zunächst die Syä väsva-Hymnen (VIII, 35 fgg.; der Name
Syäväsva kommt nur in diesen Liedern und im fünften Mandala
vor). Femer ist als Atreya oder doch mindestens als ein den Atris
nahestehendes Familienhaupt, welches in dem überwiegend den
Kanvas gehörenden Buch erscheint , Purumilha zu nennen. Wir
finden ihn mit Atri und Gotama an der eben erwähnten Stelle I,
183, 5 aufgeführt'''); sein Name erscheint im Atri-Buch an einer
dem Syäväsva-Kreise zugehörigen Stelle V, 61, 9; im achten Buche
(71, 14) endlich heisst es: „Preise den Agni, o Purumllba'. Sichere
Atriheder des achten Buches haben wir ferner in 73 und 74 vor
uns. Es sei gestattet, hier noch aus der Brähmana-Literatur einen
Beleg für die in jener Zeit fortdauernde Verbindung der besprochenen
Famihen anzuführen : als der Purohita des Königs Afiga, Udamaya
aus dem Geschlecht der Atris, ein grosses und in noch erhaltenen Slokas besungenes Opfer feierte, waren es die Praiyamedhas, welche als seine Priester fungirten (Ait. Br. VIII, 22).
Schliesslich seien einige Namen hervorgehoben, welche, selten
im Veda erscheinend, dadurch dass sie nur bei den Atris und im
achten Mandala auftreten, weitere Anhaltspuncte für die Verbindung
der Atris und der Kanvas ergeben. So R u s a m a und die Rusa-
mas'), V, 30, 12 fgg.," VIH, 3, 12; 4, 2; 51^ 9; Babhrü V, 30,
11. 14 und VIII, 22, 10; Asvamedha V, 27, 4 fgg., vgl. As-
vamedha VIII, 68, 15. 16.
Was die Namen der Könige und Volksstämme anlangt, die in
den Atriliedem erwähnt werden, so weisen dieselben, wie es scheint,
überwiegend auf die dem Sudäs und den Bharatas feindlichen Ge¬
biete hin; im Vordergrunde steht Trasadasyu; auch die Anu ge¬
hören wohl hierher. Wir werden bei Gelegenheit der Kanva-Hymnen,
welche auch in dieser Beziehung mit den Dichtungen der Atris sich
als zusammengehörig erweisen, hierauf zurückkommen.
1) Es ist wolil aucli kein Zufall, dass das Äprilied der Atris mit dem der Kanvas eiuen Vers gemein hat.
2) Vgl. auch die Zusammenstellung von Namen im Atharvaveda IV, 29, 4.
3) Vgl. Zimmer, A. L. 129; meinen „Buddha" 409.
Oldenberg, Veber die Liedverfasser des Rigveda. 215
Schliesslich darf nicht unerwähnt bleiben, dass, während Atri
selbst, wie wir sahen, allem Anschein nach ausserhalb des Kreises
der Liedverfasser steht, eine Reihe von Ätreyas als solche mit Be¬
stimmtheit characterisirt werden: so Gavishthira V, 1, 12; Vis-
vasäman 22, 1; Babhrü 30, 11. 14; Samvarana 33, lÖ;
Syäväsva 52, 1; 81, 5 (auch im achten Buch, s. oben); Arca-
nänas 64,7; vielleicht Bfihaduktha 19,3. Die Nennung des
Gauriviti 29, 11 könnte sich auf einen Frommen der Vorzeit
beziehen ').
Es verdient beachtet zu werden, dass unter den Ahnherrn der
Brahmanen vom Atri-Geschlecht, welche bei der Pravara-Ceremonie
angemfen werden, drei dieser Sänger begegnen, nämlich Arcanänas,
§yäväsva und Gavisht.hira *).
Das vierte Mandala ergiebt wenig für unsre üntersuchung.
Es ist an Nennungen von Sängern oder Sängerfamihen "überaus
arm. Dass wenn nicht durchgehend so doch überwiegend es Gota¬
mas sind, welchen die Autorschaft der Lieder zugeschrieben werden
muss, scheint klar. Sie nennen sich 32, 9 und 12 im Plural; 4,
11 spricht der Sänger von seinem „Vater Gotama'. Von Gleich¬
zeitigkeit des Stammhauptes Gotama mit der Abfassxmg von Liedem
dieses Buches findet sich keine Spm- '). Ein einzelner unter den
Abkömmlingen Gotamas wird es sein, der 16, 18, wie es scheint
als Verfasser des Liedes genannt ist, Vämadeva, der vielleicht auch 30, 24 („vämam devah") auf seinen Namen anspielt. Die Nennung
der 44, 6 wohl als Sänger erwähnten AjamÜhas führt unsre ünter¬
suchung nicht weiter.
Wenden wir uns zu den Daten des achten Mandala und der
Kanva-Abschnitte des ersten, und suchen wir die Stellung des
Kanva und jener übrigen Famihenhäupter sowie ihrer Abkömmlinge
zur Entstehung und Entstehungszeit der Lieder zu ermitteln.
In Bezug auf Kanva und die Kanviden ist das Resultat ein
überaus klares: Kanva selbst liegt vollkommen ausserhalb der
Sphäre der Rig-Verfasser ; diese sind vielmehr Kanvideu. Die Er¬
wähnungen des Namens zerlegen sich ihrer Hauptmasse nach in
drei Gruppen : Kanva im Singular, Kanva im Plural, uud Känva,
welches ausschliesslich im Singular begegnet. Der Singular Kanva
findet sich durchgehend in einem anders gearteten Zusammenhang
1) Ludwig's Liste (III, 126 fg.) entliält einiges Zweifelhafte oder nicht Hierhergehörige. Ueber Asura V, 27, 1, s. v. Bradke, Dyaus Asura S. 67.
PurÜvasu V, 36, 3 und Purüru 70, 1 sind zum mindesten äusserst zweifelhaft.
2) Asvaläyana Sraut. XII, 14, 1.
3) Ebeuso wenig in den Gotama-Stelleii ausserhalb des vierten Buches.
216 Oldenberg, Ueber die Liedverfasser des Rigveda,
als der Plural oder als die Ableitung Känva. Kanva ') begegnet
stebend in Wendungen, die etwa folgenden Typus zeigen : Agni,
den Kanva entflamnit bat — den Kanva hat Gott N. N. beschützt
— Segnet uns, ihr Maruts, wie ihr früher deu Kanva gesegnet habt.
Dagegen der Plural Kanväs ^) in Stellen der folgenden Art : Wir,
die Kanvas, preisen den Gott N. N. — Singt, ihr Kanvas — Trinke
Soma bei den Kanvas, u. dgl. mehr. Aehnhch der unverkennbar
mit diesem Plural der Bedeutung nach zusammengehörige Singular
Känva •'). So ist hier, wo auf der einen Seite eine besonders reich¬
liche Menge von Zeugnissen vorliegt, auf der andem Seite der
Sprachgebrauch durch die Benutzung des Patronymicums im Singu¬
lar die Unterscheidung zwischen Kanva und den Kanviden erleichtert,
das Ergebniss ein besonders in die Augen fallendes: in der Gegen¬
wart der Rig-Lieder erscheint nicht Kanva selbst, sondern Kanviden, Männer wie „des Kanva Sohn, Vatsa der ^ishi" (VIII, 8, 8) *). —
Nur an zwei Stellen ist der Singular Kanva auf den Sänger des
Liedes selbst bezogen, I, 48, 4: dies singt (der) Kanva, der Kanva- hafteste (Kanvatamah) ; VIII, 34, 1: Indra, komm herbei zum Preise
des Kanva. Man wird nach den Ergebnissen, die aus den übrigen
Stellen gewonnen sind, kaum bezweifeln, dass iu diesen beiden
keineswegs besonders alterthümlich aussehenden Liedern mit Kanva,
von dem sonstigen Sprachgebrauch allerdings abweichend , soviel
gemeint ist wie Känva ^), zumal an der ersten Stelle der Ausdruck
Känvatama, an der zweiten die Nennung der Kanväs in Vers 4
desselben Hymnus die Wahrscheinlichkeit, dass die Sänger Ab¬
kömmlinge des Kanva waren, noch verstärkt.
Aehnhch liegen die analogen Prägen in Bezug auf die kleineren
Sängerfamilien, welche als Zweige des Kanvidengeschlechts oder auf
andre Weise mit demselben liirt erscheinen. Bei den V y a s v a s
(VIII, 23— 2C) geht die Analogie so weit, dass, während Vyasva
1) I, 36, 8. 10. 11. 17. 19; 39, 7. 9; 47, 5; VIU, 5, 23. 25; 7, 18;
8, 20; 49, 10 r 50, 10. — Kanvavat: VIII, 6, 11; 52, 8. — Die Stollen, die ausserhalb der Kanva-Abschnitte stehen, werden für sich angeführt werden.
2) I, 14, 2. 5; 37, 1. 14; 44, 8; 46, 9; 47, 2. 4. 10; 49, 4; VIII, 2, 16. 38; 3, 16; 4, 2. 3; 5, 4; 6, 3. 8. 21. 31. 34. 43; 7, 32; 8, 3; 9, 14;
32, 1; 33, 3; 34, 4; 49, 5. Dazu Kanvasya sönavah I, 45, 5 und im Singular putrah Kanvasya VIII, 8, 4. 8; Känväyan&li VIII, 55, 4 (die einzige Namensform auf -äyana im Kigveda [Välakhilya !], neben Uksbanyäyana VIII, 25, 22). — ä tö shinca Kanvamantam VIII, 2, 22.
3) VIII, 1, 8; 2, 40; 4, 20; 7, 19; 9, 3. 9; 10, 2.
4) Auch die Erwähnungen des Namens in den übrigen Theilen des Kig¬
veda (im ersten und zehnten Mandala : ausserdem characteristischer Weise nur einmal in dem Buche der mit den Kanvas nahe befreundeten Atris) passen durchaus zu diesem Resultat: I, 112, 5; 117, 8; 118, 7; 139, 9; V, 41, 4;
X, 31, 11; 115, 5; 150, 5.
5) Vielleicht beruht der Unterschied der Ausdrucksweise auf Differenzen der verschiedenen Sammlungen von Kanva-Liedern. Känva tindet sich über¬
haupt nur in den beiden ersten Gruppen dos achten Mandala. Es scheint koin Zufall zu sein, dass von den hier in Rede stehenden Stellen die eine eiuer späteren Partie des achten, die andre dem ersten M. angehört.
Oldenberg, üeber die Liedverfaaser des Rigveda 217
den in der Vergangenheit liegenden Stammvater des Geschlechts
bezeichnet, fiir seine lebenden und opfemden Abkömmlinge im
Plural Vyasväs, im Singular aber Vaiyasva gesagt wird. Den
Namen eines solchen Vaiyasva lernen wir aus 23, 2; 24, 7 keunen :
es ist Visvamanas. Die Priyamedhas (ausser an zahlreichen
Stellen des achten Mandala auch I, 45, 3. 4 u. s. w.) nennen sich
oft im Plural; Priyamedha selbst, mit Kanva etc. zusammen ge¬
nanut, liegt in der Vergangenheit'). Die Upastutas begegnen
einige Male im Plural (VIII, 103, 8; X, 115, 9); Upastuta selbst er¬
scheint als der Vergangenheit angehörig*). Die Sobharis (VIII,
19—22), daneben auch im Singular ,der Sobhari' sind die gegen¬
wärtigen Dichter, und sie blicken auf den „pitä Sobhari' (22, 15)
als in der Vergangenheit lebend zurück. —
Indem wir hier noch auf die Stellung der Kanva und der ihnen
befreundeten Sängergeschlechter zu den vedischeu Stämmen und
Pürsten einzugehen untemehmen, wird dies die geeignetste Stelle
sein, die Zeugnisse über zwei der glänzendsten und am häufigsten
genannten Könige des Rigveda, über die Pümfürsten Purukutsa
und seinen Sohn Trasadasyu im Zusammenhang zu betrachten.
Ich übergehe eine Anzahl weniger significanter Stellen, an welchen
sich kurze Hindeutungen auf den diesen Königen zu Theil ge¬
wordenen göttlichen Schutz finden, bisweilen verbunden mit ähn¬
lichen Wendungen in Bezug auf Pürsten andrer, den Püras feind¬
hcher Stämme — so Divodäsa Atithigva, Sudäs, Vitahavya: I, 112,
7. 14; 174, 2; VT, 20, 10; VII, 19, 3. Uehiigens trägt an allen
diesen Stellen die Nennung des Purukutsa resp. Trasadasyu eine
Färbung, welche weuig Zweifel daran lässt, dass jene Könige vom
Standpunct der Liedverfasser aus der Vergangenheit zugehören;
auch ihre Erwähnung zusammen mit ihren Peinden zeigt, wie
Ludwig mehrfach mit Recht hervorgehoben hat , dass die be¬
treffenden Lieder aus einer Zeit herrühren, für welche jene Feind¬
schaft keine actuelle Bedeutung mehr besass. Wichtiger für uns
sind einige Stellen, welche Trasadasyu wiederholt und offenbar nicht zufälhg mit Kanva oder den Rishis der den Kanviden nahestehenden Geschlechter in Verbindung bringen. So in einem Liede des Kanviden
Vatsa Vin, 8,21: yäbhir narä Trasadasyum ävatam, nachdem im
vorangehenden Verse Kanva, Medhätithi, Vasa, Dasavraja, Gosarya
genannt waren. Aehnlich VIII, 49, 1: yathä Kanve maghavan
Trasadasyavi yathä Pakthe Dasavraje yathä Gosarye' asanor
Riji.?vani. Also ein stehender, bestimmt umgrenzter Kreis von
Namen, innerhalb dessen Trasadasyu mit Persönlichkeiten, unter
1) Die Bezeichnung Praiyamedha findet sich im Kv. nicht.
2) I, 36, 10. 17; 112, 15; VIII, 5, 25. Wenn'es X, 115, 8 heisst iti tvopas tutasya vandate vrishA väk, so zeigt der nächste Vers (iti tvägue
Vrishtihavyasya puträ' Upastutasa' rishayo' [ajvocan), was davon zu
halten ist und wie leicht, fiir sich allein betrachtet, eine Aeusserung, die eiu Stammhaupt als Lieddichter zu characterisiren scheint, irre fübren kann.
1 I
218 Oldenberg, Ueber die Liedverfasaer des Rigveda.
welchen sich für uns Kanva hervorhebt , verbunden wird •). Wir
sahen, dass das Sängergeschlecht der Atris zu dem der Kanvas in
besonders engen Beziehungen stand ; so kann es uns nicht befremden,
in jenen Atri-Liedem, welche sich zwischen Kanva-Liedem finden,
Atri in ähnlicher Weise wie sonst Kanva mit Trasadasyu verbunden
zu sehen. „Höre den Syäväsva," lesen wir (VIII, 36, 7 und ganz
ähnhch 37, 7), „wie du den Atri gehört hast ; den Trasadasyu hast
du beschützt (d. h. wohl: wie du den Atri gehört, den Tr. be¬
schützt hast) *).' — Wie unter den zuerst angeführten, so ist auch
unter diesen Stellen keine, an welcher Trasadasyu nicht den Character
eines Helden der Vergangenheit trüge; mit Rishis der Vergangen¬
heit wird er zusammen genannt.
Ueberblicken wir jetzt die Stellen, an welchen Trasadasyu oder Fürsten seines Hauses als die Patrone von Sängern und als Spender
von Opfergaben an dieselben genaimt werden. Wenn wir auf die
gentilicische Stellung der betreffent'en Sänger achten, so werden
wir wieder entschieden auf deu Kanva-Atri-Kreis geführt. Die
Sobhari, die Verfasser einer der kleinen, den Kanva-Hymnen bei¬
geordneten Sammlungen (VIII, 19—22), sagen: äganroa . . . sam-
räjam Träsadasyavam (19, 32), und an einer andern Stelle (22, 7)
nennen sie als diesen König aus Trasadasyu's Geschlecht deu Trikshi.
Weun vier Verse hinter der ersten jener beiden SteUen (19, 36)
der Poet die Gaben des „Paurukutsya Trasadasyu* rühmt, so wird
man kaum im Zweifel sein, dass hinter diesem Trasadasyu in der
That eben jener samräj Träsadasyava steckt '). Es kann kaum
Zufall sein, dass hier eben wie an den beiden jetzt zu erwähnenden
Stellen neben dem scheinbaren Trasadasyu ein Fürst aus dessen
Geschlecht sich genannt findet, in dem wir den thatsächlichen Zeit¬
genossen des Dichters zu suchen haben werden. Im Mandala der
Atris (V) wird zweimal von Verbindungen der Sänger mit Trasa¬
dasyu resp. mit Nachkommen desselben gesprochen. Zuerst 27, 3:
evä te' Agne sumatitn cakäno navishthäya navamam Trasadasyuh,
yo me giras tuvijätasya pürvir yuktenäbhi Tryaruno gfinäti. Auch
in den beiden ersten Versen des Liedes nennt der Dichter denselben Pürsten, Traivrishna Tryarana ; wenn er ihn in V. 3 als Trasadasyu bezeichnet, so wird die eben hingestellte Deutung dieser Ausdrucks-
1) Hier werde aucti auf X, 150, 5 verwiesen: prävan nah Kanvam Tra¬
sadasyum ähave. Ändre Namen allerdings gehen voraus und folgen.
2) Wie aus dieser SteUe die Oleichzeitigkoit des Syäväsva mit Trasadasyu gefolgert werden kann (Ludwig III, 127), ist mir unverständlich.
3) Es wird, meine ich, zugegeben werden, dass der Dichter sagen kann :
„Mich fahren die Rosse des Trasadasyu, des Purukutsa-Sprossen", wo gemeint ist : „Mich fahren die Rosse dieses Enkels des Trasadasyu, der an Gewalt selbst ein Trasadasyu ist" — ähnlich wie sich vielfach Wendungen etwa folgender Ärt tinden: „Vereint mit Kutsa tödte den Sushna", wo gemeint ist: „Erneuere für uns jene That, wie du mit K. den S. tödtetest".
1 I
Oldenherg, Ueber die Liedverfasser des ßigveda. 219
weise sich kaum abweisen lassenDie zweite jener Stellen ist
V, 33, 8, wo von den Gaben „Paumkutsasya süres Trasadasyoh"
die Rede ist; anch hier liegt es überaus nahe, nicht Trasadasyu
selbst, sondern seine Nachkommen, wohl den in der zweiten Vers¬
bälfte genannten Gairikshita zu verstehen. Deutet man diese Stellen
auf Trasadasyu selbst, so würden neben so vielen Aeusserungen,
welche den Tr. in die Vergangenheit versetzen, die ihn in Verbin¬
dung mit Kanva, Atri u. s. w. nennen, dies die einzigen sein, welche
selbst ans der fernen Vergangenheit jenes Königs stammten; und
um uns zu dieser Annahme zu bestimmen, scheinen diese Zeugnisse
in der That allzu unsicher und legen sie es allzu nahe, jene andren
Fürsten wie Tryaruna statt des Trasadasyu als Zeitgenossen des
Dichters zu denken. — Den besprochenen Stellen muss noch X,
33, 4 angereiht werden, wo der Dichter preisend von seiuem ver¬
storbenen könighchen Freuude, dem Kurusravana aus Trasadasyu's
Stamm redet (vgl. X, 32, 9); die benachbarte Stelle 31, 11 und der
Name Miträtithi 33, 7 (vgl. Medhyätithi, Ntpätithi) legen es nahe, in
dem Verfasser einen Dichter des Kanva-Geschlechts zu vermuthen.
Wir begegneten früher den Spuren davon, dass die Gotamas
in Verbindung mit den Häusem der Atri und Kanva gestanden
haben: die drei letzten hier zn erwähnenden Nennungen der uns
beschäftigenden Püra-Könige finden sich in Liedern der Gotamas
I, 63, 7 ; IV, 38, 1; 42, 8—9. Die letzte Stelle ist characteristisch
dafür, wie die Gestalt des Trasadasyu dem Dichter in femer Ver¬
gangenheit stehend erscheint : „nnsre Väter die sieben Rishis waren
es, welche der Gattiu Pumkutsas den Sohn TrEisadasyu, den Feinde¬
tödter, den Halbgott erwirkt haben'. Die erste jener drei Stellen
enthält ein noch bedeutsameres positives Datum: Indra hat dem
Purukutsa helfend die sieben Burgen zerstört; als er die Bedräng¬
niss dem Sudäs leicht hinwarf vrie eine Opferstreu (um das Opfer¬
feuer), hat er dem Püm die Bedrängniss in Freiheit verwandelt.
Also Purukutsa und Sudäs, die Könige der Püm und der ihnen
feindlichen (VII, 8, 4; 18, 13) Bharata, waren Zeitgenossen. Wir
fanden früher, dass in die Epoche des Sudäs die ältesten, knapp iu
der Ueberheferang vertretenen Partien der uns vorliegenden Hymnen¬
poesie binaufireicben, während für die grosse Masse der vedischen Dichtungen dieser König der Vergangenheit angehört: die Stellung,
die wir Pumkutsa und Trasadasyu in den Liedem der Kanvas,
Atris, Gotamas haben einnehmen sehen, passt zu jener Auffassung :
anch diese beiden Könige gehören in den ersten Anfang der Rig¬
veda-Zeit, in ein erheblich entfernteres Alterthum als die Lieder,
in welchen Sänger aus der Umgebung ihrer fürstlichen Nachkommeu
jener berühmten Namen feiemd gedenken.
Haben wir die Erwähnungen der beiden grossen Püra-Könige
hinsichthch ihrer Vertheilung unter den Liedern der verschiedenen
1) So auch Ludwig: Trasadasyufs Enkel]. Vgl. Ludwig III, 168.
220 Oldenherg, Ueber die Liedverfaaser des Rigveda.
Sängerfamilien geprüft, so liegt es nahe, ebenso in Bezug auf die
Volksnamen der Püru uud der mit ihnen eng zusammenhängenden
Stämme der Turvasa und Yadu zu verfahren. Bas Resultat ist
in Bezug auf die Püru selbst kein sehr significantes. Sie werden
in den verschiedensten Theilen der Hymnensammlung genannt, in
freundlichem Tone (VII, 5, 3; 19, 3; 96, 2) auch vou den ihnen
sonst feindlichen (8, 4; 18, 13) Vasishthiden. Immerhin scheinen die besonders zahh-eichen Stellen in den Gotamapartien characteristisch
(I, 59, 6; 63, 7; r\^, 21, 10; 38, 1. 3; 39, 2); ihnen müssen aus
den Kanva-Partien des achten Buches die Stellen angereiht werden,
welche das Wort Paura im Singular oder Plural enthalten, VIII,
3, 12; 50, 5; 54, 1.
Prägnanter heben sich die Beziehungen der Turvasa und
Yadu') zu bestimmten Eishi-FamUien hervor. Die stereotypen
Wendungen freilich von der Herbeiführung des Turvasa-Yadu aus
der Perne durch Indra u. dgl. finden sich unterschiedslos durch die
ganze Samhitä zerstreut. Achten wir aber auf Stellen, welche in
bestimmterer Weise auf Zugehörigkeit der Dichter zu jenen Stämmen,
auf ihre Verbindung mit Pürsten derselben scbliessen lassen, so
werden wir durchaus auf die Pamihe der Kanvas geführt. VIII,
7, 18 spricht der Sänger von dem göttlichen Schutz, der dem
Kanva, dem Turvasa Yadu zu Theil geworden ist, VIH, 9, 14 von
den Somatränken, welche deu Asvin bei dem Turvasa Yadu, bei
den Kanvas bereitet siud. Dichter von den Kanvas resp. Priya¬
medhas sind es, die VIII, 4, 19 (vgl. Vers 1 u. 7 desselben Liedes)
des freigebigen Königs Kurufiga und seiner Geschenke unter den
Turvasa gedenken; ein Kanva sagt I, 47, 7 zu den Asvin: ob ihr
in der Feme seid oder beim Turvasa. Ebenso gehören den
Kanvas die einzigen Stellen, an welchen der Name der Yadu für
sich aUein, von der Verbindung mit den Turvasa losgelöst, als zu
den Sängem in Beziehung stehend erscheint: VIII, 1, 31; 6, 46.
48. Auf der andem Seite fehlt es nicht an Zeugnissen der Feind¬
schaft andrer Sängergeschlechter gegen die Turvasa-Yadu; sie
rühren von denjenigen Pamilien her, welche auf der Seite der
Bharata und Srinjaya stehen und die Erinnerang an Divodäsa-
Atithigrva vorzugsweise in Ehren halten , den Bharadväjas und
Vasisbthas, VL 27, 7; VII, 18, 6; 19, 8 2). Für den mehrfach
neben deu Turvasa-Yadu genannten Stamm der Anu, welcher VII,
18 gleichfalls unter den Feinden der Bharata auftritt, scheint em
1) Beide fast stets zusammen genannt (Zimmer 124). Die Verbindung geht so weit, dass allem Anschein nach eine Persönlichkeit (Manu Sävarni der Dorfoberste) als Yadus Turvas ca bezeichnet wird (X , 62, 10). Vgl.
Ludwig III, 166. Leider lässt sich nicht bestimmen, aus welcher Familie der hier redende Sänger ist.
2) Vgl. noch IX, 61, 2, eino Stello von unbestimmbarer Familieu- zugehörigkeit.
Oldenherg, Ueber die lAedverfasser des Rigveda. 22t
specieller Zusammenhang mit den Freunden der Kanvas, den Atris
anzunehmen; vgl. V, 31, 4, VIII, 74, 4*). Dass die eiuzige Stelle,
an welcher sonst noch die Anu für sich allein genannt werden, die
Verwünschung gegen ,den verborgenen Unhold , das trügerische
Wort, den Anu-Sprossen' (VI, 62, 9) in einem Liede des Bharad¬
väja-Buchs steht, passt durchaus zu den bisher gewonnenen Resultaten.
In Bezug auf die noch übrig bleibenden Mandalas I. IX. X
können wir uns kurz fassen; die dort auftretenden Erscheinungen
sind zum einen Theil den bisher erörterten genau analog, zum
andern Theil werden sie geeigneter bei Untersuchungen über die
Anordnung der Sainhitä , welche ich demnächst an anderem Orte
vorzulegen beabsichtige, besprochen werden.
Ein Theil der kleinen Liedersammlungen des ersten Buchs
entbehrt überhaupt der Verfassernennungen. In Bezug auf die
Kanvas des ersten Buchs und ihr Verhältniss zu denen des achten
sowie über die Gotamas verweisen wir auf jeue Untersuchung
über die Sanihitäordnung *): der letztere Name , häufig im Plural
auftretend, erscheint daneben nicht selten im Singular in einer
Weise, welche den Schluss auf die persönhche Gegenwart des
Gotama in der Zeit der Lieddichtung mehrfach direet unzulässig,
überall unwahrscheinlich macht.
Die Erwähnungen des Kakshivant, auf dessen Familie die
Liedergruppe I, 116 — 126 zurückgeht, sind nicht derart, dass sie
die Gleichzeitigkeit dieses vielmehr in mythischer Ferne (IV, 26, 1)
dastehenden Rishi mit erhaltenen Liedern irgend wahrscheinhch
machen könnteuEbenso weuig sind die auf Dirghatamas
bezüglichen Stellen danach angethan, ihm selbst einen Antheil an
den seiner Familie zugehörigen Liedern (I, 140—164) zu vin¬
diciren.
Verhältnissmässig reich an Daten ist der letzte grosse Abschnitt
des ersten Mandala, die Lieder der Mäna-Pamilie (I, 165 fgg.).
Als Sänger haben wir durchaus die Mänas (169, 8; 171, 5; 182,
8; 184, 5) resp. einen Mänya*) oder Mftnasya sünu (165, 15
= 166, 15 etc.; 165, 14; 177, 5; 184, 4; 189, 8) zu denken;
so Mändärya Mänya (165, 15 etc.). Mäna selbst aber oder Agastya^)
1) Zimmer's Ansicht (S. 125), dass das Priestergeschlecht der Bhrigu zu den Anu gehört habe, ruht auf ganz unsicherer Orundlage.
2) Vgl. aucb Ludwig III, HO.
3) üeber I, 126, 2. 3 urtheile ich wie Bergaigne, Eel. v^d. II, 480 A. 1;
es handelt sich oifenbar um Nachkommen des K., nicht um diesen selbst.
4) Hier baben wir die patronymische Ableitung; Mäna für den einzelnen Mäniden findet sich nicht.
5) Die Identität von Mäna und Agastya geht aus VII, 33, 10. 13 und I, 117, 11 hervor. Vgl. Bergaigne, Rel. vid. II, 394.
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