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Archiv "Kinder: Wer kann helfen?" (12.05.1995)

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ZIMM LESERBRIEFE

TRUM

Morbidität

Zu dem Beitrag „Alleinstehende woh- nungslose Menschen: Soziales Umfeld beeinflußt Gesundheitszustand" von Dr. med. Dipl.-Soz. Od. Gerhard Tra- bert in Heft 11/1995:

Verbesserung der Vorsorge dringend geboten

... Problematisch ist es, Morbiditätsraten auf eine so kleine und selektierte Stich- probe zu stützen. In der Ar- beit ist vermerkt, daß psychiatrische Erkrankungen bei nur fünf Prozent der un- tersuchten wohnungslosen Männer vorkamen. Im Wi- derspruch dazu soll ein „Ver- dacht auf gewohnheitsmäßi- gen Alkoholmißbrauch" bei 25 Prozent und „chronischer Alkoholismus" bei 17,5 Pro- zent nach den ICD- (ICD-9?

ICD-10?) Klassifikationskri- terien vorgelegen haben. Al- koholmißbrauch und -abhän- gigkeit sind nach den ICD- Klassifikationskriterien (und auch den Kriterien des Dia- gnostic and Statistical Ma- nual of Mental Disorders, DSM) als psychische Erkran- kungen klassifiziert.

Zahlreiche epidemiologi- sche Feldstudien mit moder- ner Methodologie zeigten weit höhere Morbiditätsraten für psychische Erkrankungen (mental disorders) in der Be- völkerung, als sie von Trabert für Wohnungslose angegeben wurden. So fand sich in einer großen amerikanischen mul- tizentrischen Studie eine Ein- monats-Prävalenz von 15,4 Prozent in der Bevölkerung über 18 Jahre (Regier et al., 1988), und in einer deutschen psychiatrisch-epidemiologi- schen Bevölkerungsstudie wiesen 20,8 Prozent der Stich- probe eine ausgeprägtere (behandlungsbedürftige) psy- chische Erkrankung auf (Fichter, 1990). In einer Un- tersuchung unserer Arbeits- gruppe in den Jahren 1988 bis 1990 wiesen 78,1 Prozent von 146 untersuchten alleinste- henden wohnungslosen Män- nern eine psychische Erkran-

kung auf. Am häufigsten la- gen Alkoholmißbrauch be- ziehungsweise -abhängigkeit, affektive Erkrankungen, Angsterkrankungen und Schizophrenie vor. Allein für Schizophrenie betrug die Sechsmonats-Prävalenzrate 8,9 Prozent! Die Darstellung von Trabert zu der schwieri- gen Versorgungssituation von Wohnungslosen stimmt in der Tendenz mit unseren Ergeb- nissen überein, doch dürfte das Problem, wie am Beispiel der psychischen Erkrankun- gen dargestellt, von Trabert deutlich unterschätzt worden sein. In einer gegenwärtig lau- fenden, im Rahmen des Münchner Forschungsver- bundes Public Health durch- geführten größeren Studie über psychische und somati- sche Erkrankungen und die Behandlungssituation bei Wohnungslosen deuten erste Erfahrungen darauf hin, daß sich die Anzahl der Obdach- losen seit 1989 deutlich ver- größert hat und sich durch die zwischenzeitlichen politi- schen Entwicklungen Verän- derungen in der Zusammen- setzung dieser Randgruppe ergeben haben. Die Entwick- lung von Konzepten zur Ver- besserung der Versorgungssi- tuation von Wohnungslosen und ihrer Resozialisierung ist derzeit in Deutschland drin- gend geboten.

Literatur beim Verfasser Prof. Dr. Manfred Fichter;

Klinik Roseneck, 83209 Prien

Seit zehn Jahren erfolgreich

Verwundert waren wir darüber, daß hier „erste Ver- suche, die theoretischen und praktischen Erfahrungen in einem entsprechenden Kon- zept umzusetzen", gemacht wurden. In Form unserer Praxis ist ein derartiges Konzept als sogenanntes

„Münchner Modell" erfolg- reich bereits seit mehr als zehn Jahren verwirklicht.

Unsere Praxis ist die erste und bislang einzige Einrich- tung dieser Art in der Bun- desrepublik gewesen. Haupt-

aufgabe unserer ärztlichen Tätigkeit ist die ambulante Betreuung Nichtseßhafter.

Die Institution ist räumlich im Unterkunftsheim an der Pilgersheimer Straße des Ka- tholischen Männerfürsorge- vereins München angesiedelt.

Pro Quartal betreuen wir et- wa 200 Patienten. Bestätigen können wir die hohe Rate multimorbider Patienten, wo- bei Erkrankungen der Herz- Kreislauf-Organe, der Leber, der Venen und insbesondere auch der Haut aufgrund des häufigen parasitären Befalls im Vordergrund stehen. Un- terschätzt wird in der Studie nach unserer langjährigen Er- fahrung die Rate der Alko- holabhängigkeit Nichtseßhaf-

Kinder

Zur Kinderfeindlichkeit, auch in der Berufsgruppe der Ärzte:

Wer kann helfen?

Noch immer scheint die Kombination alleinerziehen- de Mutter/Vater und Ärz- tin/Arzt ein unüberwindbarer Gegensatz zu sein. Wer ge- wollt oder ungewollt, „schul- dig" oder „unschuldig", mit dieser Problematik konfron- tiert wird, wird neben der Kinderfeindlichkeit unseres Landes eine weitere in unse- rer Berufsgruppe finden.

Die obligatorischen, von uns allen zu leistenden, unbe- zahlten Überstunden werden weiter von ihr/ihm erwartet, ebenso wie Nacht- und Wo- chenenddienste. Man ist ja kein Beamter. Das wußte man ja vorher. Halbtagsstel- len sind, außer in der Anästhesie, kaum zu finden.

Neben dem schlechten Gewissen, nicht ausreichend Zeit für die eigenen Kinder zu haben, kommen zusätzli- che Streßfaktoren durch Ta- gesmütter, die ihre 38,5-Stun- den-Woche verwirklicht se- hen wollen, wenn man das Glück hat, eine liebevolle zu finden (diese sind in der Re- gel sehr teuer). Glücklich die- jenigen, die auf helfende El- tern zurückgreifen können.

ter, die in unserem Kollektiv über 90 Prozent liegt. Da die Hemmschwelle, sich in eine

„normale" Arztpraxis zu be- geben, gerade bei Obdachlo- sen sehr hoch ist, wird das Angebot einer speziell für diesen Personenkreis ausge- richteten Praxis sehr gut an- genommen. Um den Gesund- heitszustand Nichtseßhafter nachhaltig zu verbessern, sollte nach unserer positiven Erfahrung die Einrichtung spezieller, mit der ambulan- ten Versorgung Obdachloser betrauter Praxen flächen- deckend unterstützt werden.

Dr. med. Susanne Strowitzki, Dorothea Heidler, Pilgers- heimer Straße 11, 81543 München

Und die anderen? Gibt es Selbsthilfegruppen für diese Problematik? Wer ähnliche Probleme hat, möchte sich doch bitte mit mir in Verbin- dung setzen. Vielleicht gibt es auch hilfreiche Geister, Frau- en, die gerne mithelfen wol- len, Kinder lieben und viel- leicht gar Verständnis für den dazugehörigen Elternteil ha- ben.

Sollte man das Motto

„Ärzte helfen Ärzten" nicht auch so verstehen dürfen?

Dr. med. Gabriele Görden, Ippendorfer Allee 89 a, 53127 Bonn

Budgetausgleich

Zu dem Beitrag „Budgetausgleich droht Praxen in die Pleite zu treiben"

von Josef Maus in Heft 16/1995:

Wahrheit noch viel bitterer

Der Artikel führt eine ganze Reihe von KV-Berei- chen auf, in denen unter- schiedlich hohe Ausgleichs- verpflichtungen — je Vertrags- arzt — prognostiziert werden.

Lediglich in den KV-Berei- chen Koblenz, Pfalz, Trier, Südbaden und Saarland wür- den die Budgets nicht über- schritten. Dieses dürfte aller- dings nur dann eintreten, A-1344 (6) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 19, 12. Mai 1995

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SPEKTRUM LESERBRIEFE

wenn der spätestens für das Jahr 1995 vorzunehmende Wechsel von der Fallwertme- thode auf die Erfassung der tatsächlichen regionalen Ausgaben von den Kranken- kassen voll ausgeglichen wird, so daß weder Vor- noch Nachteile aus einem solchen Wechsel resultieren.

Tatsache ist aber, daß das Arzneimittelbudget der KV Koblenz aufgrund der Fall- wertmethode um 4,63 Pro- zent, das sind rund 25 Millio- nen DM (!), zu niedrig ange- setzt worden ist.

Die KBV hat bei ihrer Prognose unterstellt, daß der spätestens für das Jahr 1995 vorzunehmende Wechsel von der Fallwertmethode auf die Erfassung der tatsächlichen regionalen Ausgaben metho- disch voll ausgeglichen wird.

Für den Bereich der KV Ko- blenz setzt dies die Akzep- tanz der Kassen zur einmali- gen Aufstockung des Arznei- mittelbudgets um rund 25 Millionen DM voraus.

Die Wahrheit dürfte — vor dem Hintergrund zu erwar- tender Schiedsamts- und So- zialgerichtsverfahren — noch viel bitterer sein, als im DÄ beschrieben. Die Auswirkun- gen des Budgets sind daher — auch im Bereich der KV Ko- blenz — als potentiell exi- stenzgefährdend anzusehen!

Helmut Schmidt, Geschäfts- führer der KV Koblenz, Emil-Schüller-Straße 14-16, 56073 Koblenz

Maß übervoll

Es darf doch wohl einfach nicht wahr sein, daß wir Kas- senärzte diese auf uns unge- bremst zurollende Katastro- phe einmal mehr in unserer üblichen schicksalsergebe- nen Art hinnehmen. . . Sind wir, oder sollte man sagen un- sere Standesvertretung, der- art in Passivität verfallen, daß wir alle zusammen einen exi- stenzbedrohenden Regreß einfach hinnehmen wollen?

Reicht der Punktwerteverfall nicht schon aus?

Wenn uns der Gesund- heitsminister tatsächlich im

Regen stehenlassen will, dann ist das Maß allmählich übervoll, dann muß jetzt ge- handelt werden. Wo sind un- sere Standesvertreter, wo unsere Juristen, wo ist eine Aufklärung der Bevölke- rung darüber, daß man uns von seiten der Kassen täglich zumutet, mit möglichst vol- len Händen medizinische Segnungen zu verteilen, um uns dafür dann hinterher in krimineller Weise dafür zu bestrafen? Woher nimmt man sich eigentlich das Recht, uns in Regreß zu neh- men, wenn nicht nur die Möglichkeiten, sondern of- fenbar der Wille fehlt, uns mit den nötigen Zahlen aus- zustatten?

Wenn wir uns jetzt nicht konsequent regen und schon im Vorfeld massiv tätig wer- den, dann haben wir es auch nicht besser verdient und sollten anfangen, Regreß- rücklagen zu bilden.

Dr. med. Rainer Mahl, Wie- denhofstraße 43, 58119 Ha- gen

Straffeldzug

Der kollektive Straffeld- zug gegen alle Ärzte, auch solche (die meisten), die ver- antwortlich und indikations- gerecht verordnen, ist ein Fall für das Bundesverfas- sungsgericht. Dieser Rückfall zu Sippenhaft-Methoden des.

Dritten Reiches dürfte kaum mit dem demokratischen bundesdeutschen Recht in Einklang stehen.

Ein Arznei- und Heilmit- telbudget, das allerorten überschritten wurde (bezie- hungsweise höchstwahr- scheinlich im Interesse der Patienten und der Volksge- sundheit überschritten wer- den mußte), kann ja wohl vom Ansatz her nur falsch sein! Erstaunlich, daß den ge- beutelten Krankenkassen trotzdem Millionenbeträge für fragwürdige Werbeaktio- nen übriggeblieben sind.

Ich frage mich, wann die von unserem Geld nicht schlecht lebenden „Standes- vertreter" ausgeschlafen ha-

ben und endlich energisch reagieren?

Dr. med. Hans-Wolfgang Tröger, Reichenbrander Straße 10, 09117 Chemnitz

Narkose

Zu dem Post-Scriptum-Beitrag in Heft 10/1995: Die Kunst, schlafen zu ma- chen — von Egidius Eng:

Texträtsel

Beim Post Scriptum zur Geschichte der Narkose wur- den mehrere inhaltliche Feh- ler so in den Text verwoben, daß man an ein Texträtsel denken kann, das vom Leser gelöst werden muß.

Es ist richtig, daß William T. G. Morton am 16. Oktober 1846 die erste öffentliche De- monstration einer Äthernar- kose durchführte. Diese wur- de jedoch nicht im General Hospital in Massachusetts, sondern im Massachusetts General Hospital in Boston vorgenommen. Vier Jahre zu- vor hatte Crawford W. Long nicht — wie behauptet — Lach- gas verwendet, sondern be- reits Äther als Anästhetikum benutzt. Auch setzte Long nicht — wie angeführt — das Anästhetikum für eine Zahn- behandlung ein. Er hat nach- weislich am 30. März 1842 un- ter Ätherinhalation dem Pati- enten James M. Venable ei- nen Nackentumor entfernt.

Der Patient verspürte dabei keinerlei Schmerzen und gab eine Amnesie für die Dauer der Operation an. Bei dem- selben Patienten entfernte Crawford W. Long am 6. Juni 1842 einen weiteren Tumor unter Äthereinfluß. Als dritte Operation unter Äthergabe führte er am 3. Juli 1842 eine Zehenamputation bei einem Negerjungen durch, welcher

„Eigentum von Mrs. S. Hem- phill" war.

Weiterhin wird im Post Scriptum angeführt, daß sich Lachgas bereits hundert Jah- re zuvor bei Gesellschafts- spielen großer Beliebtheit er- freute. Da Lachgas erst in den siebziger Jahren des 18. Jahr- hunderts von Joseph Priestley

entdeckt wurde, konnten sol- che Gesellschaftsspiele erst später stattfinden.

Der nächste inhaltliche Fehler findet sich bei der Gleichsetzung von Lachgas oder Stickoxydul mit Schwe- feläther. Beim Schwefeläther handelt es sich um Diäthyl- äther, der allgemein als Äther bekannt ist. Der Name

„Schwefeläther" entstammt dem Herstellungsverfahren, das von Johann Friedrich Dieffenbach 1847 folgender- maßen beschrieben wurde:

„Die Aetherarten werden durch Einwirkung stärkerer Säuren auf Alkohol erzeugt.

Der Schwefelaether, Aether schlechtweg, wird gewonnen, indem man ein Gemisch von neun Theilen concentrirter Schwefelsäure und fünf Thei- len Alkohol von 85 Prozent in einer Retorte bis zum Sieden erhitzt."

Priv.-Doz. Dr. med. Hubert Böhrer, Klinik für Anaesthe- siologie der Universität, Im Neuenheimer Feld 110, 69120 Heidelberg

Humanes Sterben

Zu dem Beitrag „Die Deutsche Gesell- schaft für Humanes Sterben: Neuori- entierung ohne Polemik" von Kurt Gelsner in Heft 13/1995:

„Aktive" Sterbehilfe

Die Neuorientierung der DGHS täuscht nach dem vor- liegenden Bericht nicht dar- über hinweg, daß es um „akti- ve" Sterbehilfe geht.

Jeder noch so klug ange- strebte Kompromiß der „Ver- bände" wird sich weiter der ethischen Frage stellen müs- sen: „Hat der Mensch Verfü- gungsgewalt über menschli- ches Leben?".. .

Selbstverständlich ist es geradezu, daß es de facto juri- stisch schwer oder auch nicht entscheidbare Grenzen gibt.

Wesentlich bleibt die ethische Gesinnung des Arztes, nicht Herr über das Leben sein zu wollen.. .

Dr. med. Karl Kleinschmidt, Looker Straße 7, 42555 Vel- bert-Langenberg

A-1346 (8) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 19, 12. Mai 1995

Referenzen

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