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Archiv "Reform des Medizinstudiums: Positive Erfahrungen an der Charité Berlin" (14.03.2003)

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er Berliner Reformstudiengang (Einzelheiten siehe www.charite.

de/rv/reform/) zeichnet sich eben- so wie der Studiengang an der Univer- sität Witten/Herdecke gegenüber ande- ren Reformmodellen dadurch aus, dass grundlagenmedizinische und klinische Inhalte von Beginn des Studiums an in- tegriert werden. Didaktisches Leitziel des Reformstudiengangs Medizin (RSM) ist ein kumulatives Lernen im Kontext.

Dies bedeutet, dass die Studierenden ihr Wissen möglichst nahe dem Kontext er- lernen, in dem sie es später anwenden sollen. Weiterhin sollen die Inhalte in Form einer Lernspirale solchermaßen wiederkehren, dass die Studierenden je- weils vertiefend auf bereits Gelerntem aufbauen können. Die Struktur des Cur- riculums und die Lehr- und Lernformen sind auf diese Zielsetzung abgestimmt.

Mit dem Modell der Charité soll ge- klärt werden, ob mit einem solchen, in- ternationalen Modellen angeglichenen Curriculum auch unter den Verhältnis- sen deutscher Fakultäten eine dem Re- gelstudiengang qualitativ zumindest vergleichbare Ausbildung möglich ist und mit welchem Aufwand (organisato- rischer Aufwand, Lehrbelastung, Aus- stattung und Räume) sie verbunden ist (5). Mit dem Sommersemester 2002 hat die erste Gruppe der Studierenden das sechste Semester vollendet, sodass nach der Hälfte ihres Studiums eine Zwi- schenbilanz gezogen werden kann.

Aufbau des Curriculums

Das Curriculum ist in zwei Studienab- schnitte gegliedert, die nach Themen- blöcken unterteilt sind. Der erste Studi-

enabschnitt orientiert sich an Organsy- stemen, der zweite an Lebensaltersab- schnitten (Textkasten). Inhalte und Ab- lauf der Lehr- und Lernveranstaltungen unterscheiden sich vom Regelstudien- gang, von denen hier nur einige aufge- führt werden sollen:

> Problemorientiertes Lernen (POL) in Kleingruppen;

> Ersatz der klassischen Fachsyste- matik durch interdisziplinäre Lehr- und Lernveranstaltungen;

> Interdisziplinäre Seminare und Praktika;

> Seminare in „Grundlagen ärztli- chen Denkens und Handelns“;

> Übungen in Kleingruppen;

> Dreistufige Ausbildung in Notfall- medizin;

> Theoretisch-praktische Einführung in die Pflege;

> Theoretisch-praktische Ausbildung in Interaktion und Kommunikation während des gesamten Studiums;

> Möglichkeiten zum praktischen Training in einem Trainingszentrum für ärztliche Fertigkeiten unter Einschluss von Simulationspatientinnen und -pati- enten;

> Wöchentliche Hospitation in einer ärztlichen Praxis im ersten Studienab- schnitt;

> Wissenschaftliche Wahlpflicht- praktika, vorbereitet durch und beglei- tet von Seminaren zu „Methoden wis- senschaftlichen Arbeitens“;

> Studium generale.

Bis zum zweiten Abschnitt des Staatsexamens sind die Staatsprüfun- gen durch theoretisch-praktische Seme- sterendprüfungen ersetzt. Die Erfas- sung des Lernzuwachses als interne Evaluation, aber auch als Vergleich zu den Fortschritten im Regelstudiengang erfolgt durch den einmal im Semester durchgeführten Progresstest (3, 6).

Zur organisatorischen Umsetzung und konzeptionellen Weiterentwick- lung wurde an der Medizinischen Fakul- tät der Humboldt-Universität eine Ar- T H E M E N D E R Z E I T

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A686 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1114. März 2003

Reform des Medizinstudiums

Positive Erfahrungen an der Charité Berlin

Mittlerweile sind an vielen medizinischen Fakultäten Initiativen zur Reform der medizinischen Ausbildung geplant und auch schon umgesetzt.

Gliederung des Curriculums

1. Studienabschnitt

Semester 1:Bewegung – Notfallmedizin I – Flüssigkeitshaushalt/Herz-Kreislauf

Semester 2:Atmung – Pflege – Ernährung/

Verdauung/Stoffwechsel

Semester 3: Blut – Entzündung/Abwehr – Sexualität/Geschlechtsorgane/Hormone Semester 4: Nervensystem/Koordination – Wahlpflicht – Elektrolyte/Niere

Semester 5:Haut – Notfallmedizin II – Sinnes- organe – Psyche/Erleben

2. Studienabschnitt

Semester 6: PP* – BP**-Gynäkologie – Schwangerschaft/Geburt – Säugling/Kleinkind Semester 7: PP* – BP-Pädiatrie – Schulkind – Adoleszenz – BZK*** – Lebensmitte I

Semester 8:PP – Lebensmitte II – BZK*** – BP- Neurologie – BP-Psychiatrie

Semester 9:PP* – BP-Innere Medizin – Lebens- mitte III / Alter – BZK*** – BP-Geriatrie Semester 10:Notfallmedizin III- BP-Chirurgie – Wahlpflicht – Prüfungsvorbereitung

Semester 11 und 12:Praktisches Jahr

* Propädeutische Woche zur praktisch-theo- retischen Einführung in das Semesterthema

** Blockpraktikum auf der Station

*** Berufs- und Zivilisationskrankheiten

Der „Reformstudiengang Medizin“ wird durch die Bund- Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungs- förderung gefördert und im Rahmen von wissenschaftli- chen Projekten durch eine Reihe von Institutionen und Förderern unterstützt (unter anderem: Robert Bosch Stif- tung, Volkswagen-Stiftung, Carl Gustav Carus-Stiftung, Deutsche Ärzte-Versicherung AG).

Walter Burger

Joachim W. Dudenhausen

Claudia Kiessling

Dieter Scheffner

Anetta Wilke

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beitsgruppe von in der Ausbildungsfor- schung erfahrenen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein- gerichtet, die schon an der mehrjährigen Planungsphase beteiligt war, ein Studi- en- und Prüfungsausschuss sowie Un- tergruppen für die Planung einzelner Blöcke und Themengebiete (zum Bei- spiel Interaktion, Grundlagen ärztlichen Denkens und Handelns, Prüfungsre- view) werden eingesetzt. Der Modell- versuch wird von einer international zu- sammengesetzten Gruppe von Exper- ten der medizinischen Ausbil-

dung kontinuierlich begutach- tet und begleitet.

Erfahrungen und Ergebnisse

Der Reformstudiengang wird seit 1999 als Modellversuch für 63 Studierende jährlich parallel zum Regelstudien- gang durchgeführt. Aus den über die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen, Dortmund, der Charité im Wintersemester zugeteilten Studienanfängerinnen und Studienanfängern werden in- teressierte Studierende für den Reformstudiengang zuge- lassen. Da in den letzten Jah- ren die Zahl der Interessenten für die verfügbaren Studien-

plätze doppelt so hoch war wie die Zahl der Studienplätze, erfolgte die Zutei- lung durch Los. Der Anteil der Studen- tinnen beträgt zwischen 59 und 67 Pro- zent, der Altersgruppe zwischen 18 und 22 Jahre gehören 78 bis 84 Prozent der Studierenden an. Nur fünf bis zehn Pro- zent sind älter als 26 Jahre. Als Basis ei- ner Vergleichbarkeit der Studienergeb- nisse zwischen Reform- und Regelstu- dierenden wurde im WS 2001/2002 ein soziodemographisches Profil der Stu- dienanfänger beider Gruppen erstellt.

Es ergaben sich keine Unterschiede im Alter (21,8 Jahre vs. 21,3 Jahre), Abitur- notendurchschnitt (beide 1,7), in der Wahl eher musischer oder naturwissen- schaftlicher Leistungsfächer in der Schule, im Anteil von Frauen (65 Pro- zent), in medizinischer Tätigkeit der El- tern, Studienmotivation, Notwendigkeit

beruflicher Tätigkeit zum Lebensunter- halt. Bei Reformstudierenden war ledig- lich ein statistisch signifikant höherer Anteil von Eltern in „sonstigen Gesund- heitsberufen“ tätig und der Anteil aus- ländischer Studierender geringer.

Studienerfolg

Eine abschließende und vergleichende Bewertung des Studienerfolgs anhand der Ergebnisse des zweiten und dritten

Abschnitts des Staatsexamens kann noch nicht erfolgen, da die erste Grup- pe der Studierenden mit dem Sommer- semester 2002 erst das sechste Semester vollendet hat. Die vergleichenden Un- tersuchungen des Lernzuwachses mit- hilfe des Humboldt-Universität-Pro- gress-Tests (HU-PT) (3), der in der Summe aller Fragen das erwartete me- dizinisch-klinische Wissen zum Ende der Ausbildung abbildet, zeigen, dass bei den Studierenden des Reformstudi- engangs und des Regelstudiengangs über die Semester hinweg ein signifi- kanter linearer Zuwachs an medizini- schem Wissen verzeichnet werden kann (p < 0,001).

In der Grafikwerden die Ergebnisse des HU-PT vom Sommersemester 2002 im Vergleich zum Regelstudiengang dargestellt. Teilnehmer waren Studie-

rende des zweiten, vierten und sechsten Semesters des Reformstudiengangs und des ersten und zweiten Semesters aus dem Regelstudiengang. Ein Ver- gleich der beiden zweiten Semester zeigt für die Reformstudiengangstudie- renden ein signifikant besseres Ergeb- nis (p < 0,002). Dies ist insofern nicht unerwartet, als es die curricularen Un- terschiede der beiden Studiengänge wi- derspiegelt. Im Reformstudiengang sind im Unterschied zum Regelstudi- engang schon vom ersten Semester an klinische Lerninhalte Gegen- stand des Unterrichts. Also kann es in den ersten Seme- stern nicht um einen lei- stungsmäßigen Vergleich bei- der Gruppen, sondern nur um die Sicherung eines konti- nuierlichen Lernzuwachses gehen. Für den Reformstu- diengang kann ein solcher im bisherigen Studienverlauf konstatiert werden, wobei das im sechsten Semester er- reichte Wissensniveau den internationalen Erfahrungen von Reformstudiengängen entspricht (6).

Prozessevaluation

Als Modellprojekt unterliegt der Berliner Reformstudien- gang einer kontinuierlichen Evaluation. Diese umfasst folgende Pa- rameter: Ergebnisse der Semesterend- prüfungen und des progressiven Wis- senszuwachses, Lernzufriedenheit. Dies beinhaltet eine differenzierte Evaluati- on jeder einzelnen Unterrichtsveran- staltung, aufgrund derer eine Optimie- rung des Curriculums durchgeführt wird. Die Evaluationsergebnisse kön- nen hier nicht im Detail vorgestellt wer- den.Allgemein zeigt sich eine hohe Stu- dienzufriedenheit und Akzeptanz der Unterrichtsveranstaltungen.

Zusätzlich ist der Reformstudien- gang wie auch der Regelstudiengang der Charité im Sommersemester 2002 Gegenstand der Studiengangsevalua- tion der Humboldt-Universität. Die Ergebnisse liegen noch nicht im De- tail vor, sie werden Anfang 2003 zu- sammen mit dem Ergebnis eines ex- T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1114. März 2003 AA687

Grafik

Ergebnisse des Humboldt-Universität-Progress-Tests im Reform- und Regelstudiengang der Charité

Ergebnisse des HU-PT im Reform- und Regelstudiengang der Chari- té. Die Ergebnisse sind in Form von Boxplots dargestellt: Die äuße- ren Begrenzungen zeigen die Werte der mittleren 75 Prozent, inner- halb des Kastens befinden sich die der mittleren 50 Prozent, und der schwarze Balken gibt jeweils den Median wieder.

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ternen Gutachtergremiums in einem abschließenden Bericht zusammenge- fasst.

Größeres Engagement

Die anfangs bei vielen Fakultätsmit- gliedern bestehende Befürchtung, die praxisorientierte Struktur des Reform- studiengangs würde Studierende her- vorbringen, die wenig Interesse an wis- senschaftlichen Fragen und Hinter- gründen hätten, hat sich inzwischen aufgelöst. Die im Reformstudiengang tätigen Fakultätsmitglieder konstatie- ren zurzeit eher umgekehrt bei den Studierenden des Reformstudiengangs ein spürbar größeres Engagement bei der Bearbeitung fundierter wissen- schaftlicher Fragen, als sie das aus dem Regelstudiengang gewohnt sind. In diesem Zusammenhang waren auch die guten und zum Teil verblüffenden Ergebnisse der wissenschaftlichen Wahlpflichtpraktika bemerkenswert, die in einer gemeinsamen Veranstal- tung von den Studierenden in mündli- cher und schriftlicher Form der Fakul- tät präsentiert wurden. Für die Initia- toren des Reformstudiengangs ist dies eine erfreuliche Bestätigung der er- warteten und international vielfach ge- fundenen Förderung der Eigenmotiva- tion durch problemorientierte Curri- cula (1, 2, 4).

Aufwand der Fakultät

Zur Sicherstellung einer ausreichen- den Anzahl von Kleingruppen- und Se- minarräumen an einem Ort sowie Räumen und Materialien zum Selbst- studium hat die Fakultät nach Muster der an vielen ausländischen Fakultäten bestehenden „skills labs“ ein Trai- ningszentrum für ärztliche Fertigkei- ten eingerichtet, das zurzeit 24 Räume umfasst und auch von Studierenden des Regelstudiengangs genutzt wird.

Der Unterricht sowie die Detail- planung für die einzelnen Blöcke und Unterrichtsveranstaltungen sowie die Erstellung der entsprechenden Mate- rialien wird von einer großen Anzahl von Fakultätsmitgliedern im Rahmen ihres Lehrdeputats durchgeführt. Bei

der Berechnung des zeitlichen Auf- wandes der Fakultät für den RSM ist zwischen der Planungs- und Lehr- tätigkeit der Fakultätsmitglieder und der Planungs- und Koordinationsar- beit der zentralen Arbeitsgruppe zu unterscheiden.

Aufwand zur Durchführung der Lehrveranstaltungen

Entsprechend der Studienordnung fin- det ein Teil der Unterrichtsveranstal- tungen (POL, Interaktion, Übungen zur Diagnostik und Therapie) in Klein- gruppen mit sieben Studierenden statt.

Eine Berechnung des Lehraufwandes im Reformstudiengang nach den Kri- terien des Kapazitätsrechts (gerichts- relevanter „Beispielstundenplan“ mit curricularen Normwerten, CNW) ist gegenwärtig nicht sinnvoll, da der CNW nur auf Seminarveranstaltungen und einen Teil der Praktika, die in Kursform stattfinden, zugeschnitten ist. Auch sind gerichtsfeste Normwerte für den Aufwand von Lehrveranstal- tungen, die in Form von POL-Unter- richt oder von Blockpraktika (mehr- wöchiger Stationseinsatz) abgehalten werden, zurzeit nicht gegeben. Eine er- ste Schätzung der Lehrbelastung nach CNW wird erst im Zusammenhang mit der Umsetzung der neuen Approbati- onsordnung möglich, in der Unter- richtsformen, wie sie auch für den Ber- liner Reformstudiengang typisch sind, geplant sind. Der Lehraufwand jeder Klinik oder jedes Instituts wird genau erfasst. Erste Abschätzungen der Lehrbelastung anhand der Kontaktzeit der Dozenten/innen mit den Studie- renden zeigen, dass trotz Umstruktu- rierungen und Neugewichtung der Un- terrichtsveranstaltungen, bezogen auf das Lehrdeputat, insgesamt keine we- sentliche Gesamtmehrbelastung der Fakultät auftritt, da durch die Reform- studierenden die Anzahl der Studie- renden im Regelstudiengang weniger wird.

Die Neuentwicklung des Curriculums mit Entwicklung von Konzepten für Ver- anstaltungen, die in dieser Form im Re- gelstudiengang Medizin bisher nicht exi- stierten, bedeutet eine Mehrbelastung.

Diese resultiert aus Mitarbeit in Studien-

und Prüfungsausschuss, Blockplanungs- ausschüssen, Konzeptgruppen zu „Inter- aktion“, „Grundlagen Ärztlichen Den- kens und Handelns“, „ökologisches Stoffgebiet“, Erstellen von POL-Fällen und Untersuchungsleitfäden, Durch- führung und Review von Prüfungen.

Neue Curricula erfordern auch neue Prüfungsverfahren und -strukturen.

Auch die Durchführung von Semester- endprüfungen unter Einschluss innova- tiver Prüfungsverfahren (zum Einsatz kommen zurzeit von der Fakultät selbst entwickelte MCQ [Multiple Choice Questions], MEQ [Modified Essay Ques- tions] und OSCE [Objective Structured Clinical Examination]) in Abstimmung auf die für die jeweiligen Blöcke festge- legten und in den Semesterbüchern ver- öffentlichten Lernziele bedeutet eine weitere erhebliche Arbeitsbelastung für die Fakultätsmitglieder. Dieser Mehr- aufwand der Fakultät für die Neuent- wicklung des Curriculums und der Prü- fungen wird anhand von 15 Parametern ermittelt und jeder beteiligten Einrich- tung angerechnet.

Unterstützung durch zentrale Arbeitsgruppen

Eine durch Planungs- und Entwick- lungsarbeit oder durch überproportio- nale Beteiligung an der Lehre (zum Beispiel POL) in der Phase der Um- stellung auftretende Mehrbelastung einzelner Abteilungen oder Institute wird anteilmäßig durch zentral über den Klinikumsvorstand verwaltete Zu- satzstellen ausgeglichen. Dafür waren für das Jahr 2002 zehn wissenschaft- liche Mitarbeiter/innen-Stellen vorge- sehen.

Für die Konzeptionsentwicklung, Detailplanung und Umsetzung des Curriculums bedarf die Fakultät dabei einer intensiven Unterstützung durch die zentrale Arbeitsgruppe, die zurzeit mit fünf festen Stellen für Wissen- schaftler/innen ausgestattet ist und durch weitere Drittmittelprojektstel- len (zum Beispiel für Multimedia, Si- mulationspatienten/innen-Programm) ergänzt wird. Es ist aber zu erwarten und auch gegenwärtig abzusehen, dass dieser Aufwand nach dem Abschluss des Studiums der ersten Kohorte T H E M E N D E R Z E I T

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A688 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1114. März 2003

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zurückgehen wird. Die zentrale Ar- beitsgruppe hat vor allem folgende Aufgaben:

die Sicherstellung der didaktischen Leitprinzipien;

die Qualifizierung der Fakultät in Fragen der Didaktik (zum Beispiel POL, Seminare) und der Prüfungen;

Unterstützung der Fakultät bei der Konzeption der Unterrichtsveranstal- tungen;

Durchführung der Evaluation;

Organisation des Trainingszentrums für Ärztliche Fertigkeiten.

Es ist das Ziel, durch weitere Profes- sionalisierung der Fakultät, immer

mehr dieser Aufgaben in einzelne Ab- teilungen zu verlagern und diese mit den dafür notwendigen Ressourcen auszustatten.

Ausblick

Die bisherigen Erfahrungen eines primär integrierten, problemorientier- ten Studiengangs weisen darauf hin, dass es den Studierenden mit diesem Konzept gelingt, ein den Regelstudie- renden zumindest gleichwertiges me- dizinisches Wissen aufzubauen und eine hohe Eigenmotivation zu ent- wickeln. Die frühzeitige Verknüpfung von Theorie und Praxis führt zu keinen erkennbaren Defiziten in der wissen- schaftlichen Ausrichtung des Denkens, praktische Fertigkeiten können schon früh erworben und in der Praxis (Pra-

xisvormittag und klinisches Block- praktikum) angewendet werden. Dies gilt auch für Fertigkeiten im Bereich der Kommunikation. Die Erfahrungen aus dem wissenschaftlichen Wahl- pflichtpraktikum zeigen, dass schon im vierten Semester Studierende in der Lage sind, wissenschaftliches Denken und Arbeiten zu erlernen und anzu- wenden. Die für die fachübergreifende Blockplanung notwendigen Diskussio- nen verbessern die interdisziplinäre Kommunikation in der Fakultät und führen zu einer auch aufseiten der Lehrenden wahrnehmbaren Verbesse- rung des Lehrklimas.

Der Aufwand der Fakultät in der Entwicklungsphase ist relativ hoch, aber quantitativ durchaus im Rahmen der Lehrverpflichtung zu bewältigen.

Zur Sicherung der Qualität der Lehre sind intensive Angebote zur Qualifi- zierung der Fakultät (zum Beispiel POL-Unterricht, Seminargestaltung, Interaktionsunterricht) für die erfolg- reiche Durchführung unumgänglich.

Die Erfahrungen im Berliner Modell unterstützen die internationalen Em- pfehlungen für eine zentrale Steue- rung und Koordination der Lehre, so- wohl hinsichtlich inhaltlicher wie auch didaktischer Aspekte. Um dies unter Einbindung der für die ver- schiedenen Fachrichtungen Verant- wortlichen sicherzustellen, ist die Eta- blierung einer Gruppe von in Fragen der Ausbildung erfahrenen Personen notwendig, auch um eine wissen-

schaftlich fundierte Begleitforschung zu gewährleisten. Ausgehend von den Berliner Erfahrungen sollte mit Ab- schluss der Modellprojektphase ein Strukturpapier erarbeitet werden, aus dem hervorgeht, wie gleichermaßen aufgebaute Curricula in interessierten Fakultäten eingeführt werden können und wie sich der dafür notwendige Aufwand im Detail gestaltet. Die in der neuen Approbationsordnung für Ärzte enthaltene Regelung für Mo- dellstudiengänge (§ 41 der Approbati- onsordnung für Ärzte) gibt dazu die rechtliche Grundlage. Ohne den end- gültigen Ergebnissen vorgreifen zu können, ist der bisherige Verlauf des Berliner Modells ermutigend. Eine Umstellung auf die an deutschen Fa- kultäten übliche Zahl von Studieren- den kann aber mit den verfügbaren Ressourcen nur schrittweise vollzo- gen werden. Ob eine solche Studien- struktur generell für alle Fakultäten und ihre Studierenden empfohlen werden kann, ist zurzeit noch nicht abzusehen.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2003; 100: A 686–689 [Heft 11]

Literatur

1. Albanese MA, Mitchell S: Problem-based learning:

A review of literature on its out-comes and implemen- tation issues. Acad Med 1993; 68: 52–81.

2. Burger W, Frömmel C: Der Berliner Reformstudien- gang Medizin. Zielsetzungen und erste Erfahrungen.

Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesund- heitsschutz 2002; 45: 152–158.

3. Duske K, Hoffmann J, Mertens A, Berger J: Raschke R, Kölbel S: Realization of a progress test at a german medical school. Ottawa Conference 2000, Kapstadt, Abstr. 435.

4. Kiessling C, Schubert B, Georg W, Müller-Nordhorn J:

Wahlmöglichkeiten im Medizinstudium. Erfahrungen mit wissenschaftlichem Arbeiten im Reformstudien- gang Medizin der Humboldt-Universität zu Berlin.

Medizinische Ausbildung 2002: im Druck.

5. Scheffner D: Reformstudiengang Medizin – Entwurf für ein neues Curriculum. Dtsch Arztebl 1993; 90:

A-1018–1021 [Heft 14].

6. Van der Vleuten CP, Verwijnen GM, Wijnen, WH: Fif- teen years of experience with progress testing in a problem-based learning curriculum. Med Teach 1996;

18: 103–109.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Walter Burger Reformstudiengang Medizin Medizinische Fakultät, Charité der Humboldt-Universität zu Berlin Augustenburger Platz 1 13353 Berlin T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1114. März 2003 AA689

´ TabelleCC´

Zusammensetzung der Gruppe der Studierenden im Verlauf

Erster Jahrgang Zweiter Jahrgang Dritter Jahrgang

1999 2000 2001

N % N % N %

Zulassung 63 100 63 100,0 63 100,0

Davon weiblich 39 61,9 42 66,7 37 58,7

Beurlaubungen –4 –6,3 –3 –4,8

Vorzeitige Exmatrikulation –3 – 4,8

Wechsel in den Regelstudiengang –2 –3,2 –1 –1,6

Wechsel in den Folgejahrgang –1 –1,6

Nachrücker + 1 + 1,6

Einstieg nach Beurlaubung + 1 + 1,6

Im WS 2001/2002 Studierende 55 87,3 58 92,1 64 101,6

Referenzen

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