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Archiv "Leserbrief" (04.12.1998)

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™ Angriffe auf die Qualität der Berufs- und Lebenssituation: Man er- hält degradierende, sinnlose oder überfordernde Aufgaben. Man wird

„kaltgestellt“.

š Angriffe auf die Gesundheit:

Zwang zu gesundheitsschädlichen Ar- beiten, sexuelle Belästigungen oder körperliche Angriffe.

Mobbing verläuft in vier Phasen.

Der Ursprung liegt in schlechter Kon- fliktverarbeitung (erste Phase). Das Opfer ist „Katalysator“ für unverar- beitete Konflikte am Arbeitsplatz. Es folgt gezielter psychischer Terror, und der eskaliert in der dritten Phase mit Rechtsübergriffen und Kränkungen.

Zuletzt kommt es zu Personalmaß- nahmen, zum Beispiel Kündigung oder Versetzung.

Die Beispiele sind nur bei häufi- ger Wiederholung als Mobbing zu be- zeichnen. Aber der Ausschluß aus dem Operationssaal oder die Verwei- gerung, an der Diagnostik (Endosko- pie, CT usw.) zur Weiterbildung teil- zunehmen, weil man Ärger mit dem Chef oder Oberarzt hat, sind Mob- binghandlungen. Auch das ständige Bloßstellen bei der Patientenvorstel- lung gehört dazu.

Streßsymptome

Die gesundheitlichen Folgen des Psychoterrors treten recht frühzeitig auf mit Streßsymptomen, wie allge- meines Unwohlsein, Magen-Darm- Probleme, Ängste und Schlafstörun- gen, Depressionen bis hin zum Suizid.

Nach Angaben von Leymann hat in Schweden etwa jeder fünfte Suizid ei- nen solchen Hintergrund. Das Opfer wird immer unsicherer, das Selbst- bewußtsein wird systematisch de- montiert, das Opfer wird zur offizi- ellen Unperson gestempelt, die Kolle- gen/-innen distanzieren sich vom

„Gemobbten“ und werden so zumin- dest passive Mittäter. Es entsteht der Eindruck, daß es an der Persönlich- keit des Opfers selbst gelegen hat, zum Sündenbock zu werden, das Op- fer sei zu einer vernünftigen Zusam- menarbeit nicht in der Lage.

Es kommt zunehmend zu Fehlzei- ten und geht bis zur Kündigung oder Frühberentung. Die Folgekosten sind enorm. Bis zu 150 000 DM kann ein einziger Mobbing-Fall den Betrieb kosten. Der TÜV Rheinland (Köln) schätzt, daß 2,1 Millionen Arbeitneh- mer von Mobbing betroffen sind.

Abhilfe und ein gutes Mittel zur Prävention ist die Supervision. Es sollte Betriebsvereinbarungen geben, die beinhalten, welche Formen der Konfliktlösung nicht erlaubt sind. In- tegrieren statt intrigieren.

In Deutschland hat sich einiges getan, sich dem Problem zu stellen:

Ortskrankenkassen haben zusammen mit der DAG und einem Kirchlichen Dienst seit 1992 ein Netzwerk zum Thema „Mobbing“ aufgebaut. Eine Broschüre klärt auf. Darüber hinaus gibt es ein Beratungstelefon, geleitete Gesprächsgruppen sowie Selbsthilfe- gruppen. „Profile“, eine weitere Netz- werkorganisation in Hannover, Frank- furt und Berlin, ist eine Beratungsstel- le, die mit der Ärztekammer Berlin und dem Marburger Bund zusam- menarbeitet. „Profile“ bietet Fortbil- dungsseminare für Ärzte an.

Gesunde Fair-play-Konkurrenz spornt zu Leistungen an, kann eine po- sitive, konstruktive Herausforderung sein. Aber Mobbing ist destruktiv und führt zum Qualitätsverlust. Gerade die Assistenzärzte sollten für bessere Rahmenbedingungen im Kranken- haus kämpfen und an einem Strang ziehen. Das wäre gut für die gesamte Ärzteschaft. Stefanie Rolland Literatur zum Thema

Leymann H: Mobbing, Psychoterror am Ar- beitsplatz. Rororo Aktuell, 1993.

v. Eisenhart-Rothe B: Mobbing, das Gesund- heitsproblem am Arbeitsplatz. Berliner Ärzte 2/97.

Schambortski H: Mobbing – Wenn die Arbeit zur Hölle wird. Pflege aktuell 2/95.

Richelma D: Mobbing auch unter Pflegenden.

Krankenpflege Soins Infirmiers 7/97.

Görsdorf T: Mobbing. Kinderkrankenschwe- ster. 15. Jg. (1996) Nr. 9.

Grund U, Jahn R, Dick U, Möckel U, Ley- mann H: Mobbing, Psychoterror am Arbeits- platz. 4. Aufl. 9/97 AOK und DAG, Hamburg.

Borowski R, Henke R: Mobbing-Fälle sind die Spitze eines Eisbergs. Marburger Bund, Pres- semitteilung 7/98.

Auch in Krankenhäusern wird mit immer här- teren Bandagen gemobbt. Ärzte-Ztg. 17. 7. 98.

Lawrence JM: Stress and the doctor’s health.

Australian Family Physician Vol. 25, No. 8, 8/96.

Baldwin PJ, Dodd M: Young doctor’s health.

How do working conditions affect attitudes, health and performance. Soc. Sci. Med. Vol.

45, 1997.

Wagner RE, Hexel M, Bauer W: Crying in hos- pitals. Med. J. Aust., Jan 6 1997; 166:13-16.

McKevitt Ch, Morgan M, Dundas R: Sickness absence and working through illness. J Public Health, Sep 1997.

Schmitt F: Mobbing – eine Momentaufnahme.

Ärztl. Nachr. Nr. 4, Marburger Bund 3/97.

Psycho-Terror. Ärztl. Nachr. Nr. 4, Marburger Bund 3/97.

Schmitt F: Mobbing – Schikanen am Arbeits- platz. Ärztl. Nachr. Nr. 11, Marburger Bund 8/95.

A-3122 (34) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 49, 4. Dezember 1998

T H E M E N D E R Z E I T BERICHTE

Leserbrief

Leider ist das Thema Mobbing im Gesundheitswesen ein viel zu sel- ten angesprochenes, obwohl es gera- de in diesem Bereich siebenmal höher als im Durchschnitt liegen soll.

Besonders für die Universitätsklini- ken kann ich massives Mobbing nur bestätigen. Merkwürdigerweise hat man den Eindruck, als würde es von den Chefs fast gefördert. Ganz stark trifft dies für den forschenden und den operativen Bereich zu. For- schende Kollegen werden unauffäl- lig von den anderen mit Diensten zu- geschüttet, von wichtigen Informa- tionen ferngehalten, ihre Post sabo- tiert etc., so daß sie „zumindest kli- nisch ausgebootet“ sind. Forschungs- ergebnisse werden schließlich ge- klaut und unter fremden Namen pu- bliziert, dies häufig sogar von den Vorgesetzten nach dem Motto: du hast zwar die Arbeit gemacht, aber

ich bin dein Oberarzt und habilitiere zuerst. Im Operativen wird der Druck über die Zuteilung bestimm- ter notwendiger OPs ausgeübt, wo- durch die Kollegen in jeder Hinsicht erpreßbar sind. Nicht zuletzt halte ich auch die ständige Nichtachtung des Arbeitszeitgesetzes für Mobbing, da von seiten der Vorgesetzten und der Verwaltung allein durch die Wei- gerung, Überstunden anzuordnen oder dokumentieren zu dürfen, eine Einhaltung unmöglich gemacht wird.

Alles seit langem öffentlich bekannt, aber nicht bekämpft. Denn Abhilfe schaffen könnte man nur über eine Änderung der Rahmenbedingun- gen, von einer bedarfsgerechten Ärz- tezahl über eine Trennung von Klinik und Forschung während der Fach- arztweiterbildung bis hin zu für Vor- gesetzte verbindlichen Ausbildungs- plänen der Assistenten, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

(Verf. ist der Redaktion bekannt)

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