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Archiv "Auslegung des Arbeitszeitgesetzes: Die EU-Kommission soll es richten" (27.04.2001)

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as Arbeitsgericht Gotha hat als er- stes deutsches Gericht ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Oktober 2000 bestätigt, wonach der Bereitschaftsdienst im Kranken- haus als Arbeitszeit zu werten ist. Die Thüringer Richter hatten zu beurteilen, ob der Rahmendienstplan Rettungs- dienst beim DRK-Kreisverband I hin- sichtlich der vereinbarten durchschnitt- lichen wöchentlichen Arbeitszeit von 49 Stunden gegen die EG-Richtlinie 93/104 vom 23. November 1993 ver- stößt. Da auch Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit Ar- beitszeit sei, werde die höchstzulässige wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stun- den überschritten, heißt es im Beschluss 3 BV 1/0 1.

DRK-Kreisverband geht nicht in die nächste Instanz

Der Vorsitzende des Marburger Bun- des (MB), Dr. med. Frank Ulrich Mont- gomery, spricht von einem „Sieg der Vernunft“. Jetzt seien die Arbeitgeber gefordert, ihr „Taktieren“ aufzugeben und in Tarifverhandlungen einzutreten.

Auch das Bundesarbeitsministerium müsse aktiv werden, um eine Regelung im Arbeitszeitgesetz zu ändern, die Be- reitschaftszeit als Ruhezeit definiere.

„Wie oft muss man noch vor ein Gericht ziehen, damit die Arbeitgeber von Bund, Ländern und Gemeinden bereit sind, in konstruktiven Verhandlungen nach einem Ergebnis für bessere Ar- beitsbedingungen in unseren Kranken- häusern zu suchen?“ fragt Lutz Ham- merschlag, Tarifexperte des MB-Bun- desverbandes.

Der von der Gothaer Entscheidung betroffene DRK-Kreisverband wird

wohl nicht vor dem Landesarbeitsge- richt dagegen klagen. „Da es nur um ei- ne Stunde geht, sind Verhandlungen si- cher der vernünftigere Weg“, sagte Ge- schäftsführer Hans-Jürgen Schmidt.

Hartmut Reiter, Sprecher des Thürin- ger DRK-Landesverbandes, hält eine Klärung auf Bundesebene für notwen- dig: „Wenn der Gesetzgeber sich nicht bewegt, wird die Frage bis zum Bundes- arbeitsgericht gehen müssen.“

Die Deutsche Krankenhausgesell- schaft (DKG) vertritt die Auffassung, dass das Urteil des Europäischen Ge- richtshofs (EuGH), welches sich auf ei- ne Klage spanischer Ärzte bezieht, in Deutschland für die Auslegung des Rechts keine unmittelbare Wirkung entfaltet. In einer Stellungnahme heißt es: „Wie aus Teilziffer 27 des EuGH- Urteils hervorgeht, ist die Richtlinie 93/104 in Spanien nicht ordnungsgemäß in innerstaatliches Recht umgesetzt worden. Der EuGH hatte nationales Recht zu prüfen, das schon zeitlich ge- sehen die Richtlinie nicht berücksichti- gen konnte. Dies ist als ein entscheiden- der Unterschied zu der Situation in Deutschland oder in anderen Mitglied- staaten der EU anzusehen.“ Zudem sei der Sachverhalt in Spanien nicht mit den Bereitschaftsdiensten in deutschen Krankenhäusern zu vergleichen. Wäh- rend es sich in Spanien offenbar um Sonderarbeitszeiten mit einer tatsächli- chen Beanspruchung bis zu 100 Prozent handele, könne die Heranziehung zur Arbeit während des Bereitschaftsdien- stes in Deutschland nicht mehr als 49 Prozent betragen.

Das Bundesarbeitsministerium woll- te am 6. März 2001 bei einem Treffen mit den beteiligten Verbänden keine Aussage dazu treffen, ob das EuGH- Urteil unmittelbare Auswirkungen auf

die Auslegung des deutschen Rechts habe. Eine Klärung könne nur auf eu- ropäischer Ebene erfolgen. Zur Frage einer möglichen Änderung der zugrun- de liegenden EG-Richtlinie 93/104 ver- wies das Ministerium ebenfalls auf das Initiativmonopol der EU-Kommission.

Mai-Gespräche könnten Klarheit schaffen

Den für Mai terminierten Gesprächen zwischen Vertretern der EU-Kommissi- on und der Mitgliedstaaten kommt vor diesem Hintergrund eine große Bedeu- tung zu. Sollte die europäische Exekuti- ve festlegen, dass der Bereitschaftsdienst in den Krankenhäusern gesetzlich nicht mehr als Ruhezeit gewertet werden darf, wird es teuer. Die DKG rechnet vor, dass dies bundesweit zu Mehrkosten in Höhe von ein bis zwei Milliarden DM jährlich führen würde. Diese Mehrkosten ergä- ben sich dadurch, dass die Arbeitszeit- gestaltung mittels Bereitschaftsdien- sten in der herkömmlichen Art nicht mehr Bestand haben könnte. Folgerich- tig müsste in erheblichem Umfang zu- sätzliches Personal eingestellt werden.

Die Einführung von Schichtdiensten würde zusätzliches Geld kosten.

Der Marburger Bund will verhin- dern, dass überall ein Drei-Schicht-Mo- dell eingeführt werden muss. Eine „in- telligente Dienstplanung“ könne die notwendige Kontinuität der Patienten- betreuung sichern. Dies setze selbstver- ständlich mehr Personal voraus, was Geld koste, meint Hammerschlag.

Geld, das gerade auch vor dem Hinter- grund der Einführung der Diagnosis Related Groups noch in diesem Jahr in die Budgetkalkulationen einfließen

müsse. Jens Flintrop

P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 17½½27. April 2001 AA1093

Auslegung des Arbeitszeitgesetzes

Die EU-Kommission soll es richten

„Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit“, urteilte jetzt auch ein Thüringer Gericht.

Der Marburger Bund fordert neue Stellen.

Die DKG hofft hingegen auf die EU-Kommission.

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