Zeitschrift für Allgemeinmedizin 9/94
70. Jahrgang • Heft 9 • 5. Mai 1994
D
Gastkommentar:
Sport für Diabetiker - obsolet oder modern?
Glatze: total ungefähr
lich, aber für viele sehr belastend!
Welche Sport- und Rheumasalben sind eigentlich wirksam!
Aktueller Überblick Psoriasis: Ursachen
und Medikamente Compliance bei topi
schen Kortikoiden - eine Studie aus der
Hausarztpraxis Wundermittel: kaum zu glauben, was da so
alles drin ist!
Interview: Nicht jeder Durchfall ist harmlos!
HIPPOKRATES VERLAG GMBH • STUTTGART
-
2
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den), Aorten- und/oder Mitralstenose, orthostatischen Kreislaufregulationsstörungen, erhöhtem intrakraniellen Druck (Anstieg bisher nur bei hoher i.v. Dosis beobachtet).In der Schwangerschaft und Stillzeit nur auf Anordnung des Arztes einzunehmen (tierexp. Unters, unauffällig). Nebenw.: Anfangs häufig Kopfschmerz und gelegentl. Hypotension mit Reflextachykardie, Benommenheit, Schwindel- und Schwächegefühl. Selten Übelkeit, Erbrechen, Flush, Hautallergien, Kollapszustände mit Bradykardie und Synkopen. In Einzelfällen exfoliative Dermatitis. Bei starkem Blutdruckabfall selten Verstärk, der Angina pectoris. Bei kontinuierl. Anw. von Nitroverbin
dungen innerh. v. 24 h Toleranz und Kreuztoleranz beobachtbar. Beeinträchtig, der aktiven Verkehrsteilnahme oder Maschinenbedien. möglich, insbes. im Zusammen
hang mit Alkohol. Wechselw.: Vasodilatatoren, Antihypertensiva, ß-Blocker, Ca-Antagonisten, Neuroleptika, trizyklische Antidepressiva und Alkohol können die Blut
drucksenkung verstärken. Bei Nitratvorbehandlungen ggf. höhere Dosis für gewünschte Effekte. Verstärkung der Dihydroergotaminwirkung. Wirkungsabschwächung von Heparin. Dos./Anw.: 1 bis 3 Spraygaben ggf. unter RR-Kontrolle wiederholt sublingual. Vor erstem Gebrauch und nach längerer
Nichtbenutzung 1 x ansprühen. Weiteres siehe Fachinfo. Hinw.: Inhalt und Verfalldatum beachten. Spray rechtzeitig ersetzen. Nach
Gebrauch nicht gewaltsam öffnen oder verbrennen. Nicht gegen Flammen oder auf glühende Körper sprühen. Handelst.: 1 Flasche PoHL BOSKAMP
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Glosse
Externer Zündstoff
Auch Schriftleiter haben so ihre kleine Sorgen. Von einer erzähle ich Ihnen hier kurz: Bei der Zusammenstellung des vorliegenden Heftes der ZFA- Zeitschrift für Allgemeinmedizin mit dem Leitthema »Externa« hatte ich ursprünglich vor, die Problematik über den Sinn bzw. Unsinn externer Venenmittel, also Salben, Gele etc., erneut aufzugreifen.
Die ZFA hatte zu diesem kontroversen Thema in ihrer Ausgabe 23 vom 20.
8. 1991 bereits eine Stellungnahme »Pro und Contra« gebracht, verschie
dentlich das Thema erneut aufgegriffen, sich jedoch jetzt um eine abschlie
ßende Klärung bemüht - leider zunächst vergeblich: Herr Kollege Prof. Dr.
med. V. Wienert, Leiter der Abteilung Dermatologische Phlebologie der Hautklinik der Rheinisch-Westfalischen Technischen Hochschule Aachen, erteilte mir mit folgendem Wortlaut eine freundliche Abfuhr:
»Sehr geehrter Herr Kollege,
vielen Dank für Ihren Brief, in dem Sie um einen Übersichtsbeitrag zur Thematik >Externe Venenmitteh in der Zeitschrift für Allgemeinmedizin nachfragen. Wie die meisten Phlebologen, so bin ich auch der Meinung, daß externe Venenmittel keine Wirkung haben und auch nicht haben können. Zu dieser Meinung bin ich aufgrund meiner praktischen Erfahrungen und meiner wissenschaftlichen Untersuchungen gekommen. Deshalb ist es mir nicht möglich, diesen Übersichtsbeitrag zu schreiben. Ich denke, dafür haben Sie Verständnis.
Mit freundlichen Grüßen Prof. Dr. med. V. Wienert«
Ich glaube, die Antwort unterstreicht die Brisanz des Themas. Aus Zeitgrün
den muß die endgültige oder auch weitere Aufarbeitung nun einer späteren Ausgabe Vorbehalten bleiben. Ich denke und hoffe, auch die vorliegenden Beiträge von Weiglein/Hamm, Hausen, Steinigen, Hungerberg und Weyers bieten Ihnen genügend Zündstoff.
/.
Prof. Dr. med.
Winfried Hardinghaus Med. Abteilung
Krankenhaus St. Raphael 49179 Ostercappeln (Landkreis Osnabrück)
-
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A^TH m A-^H^ i TT nicht .
UND MTH m A- il A l F
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uPEßXAupr NICHT A^Fn. A lle
( cönnten , M(r /^uroH/ALE)^®.
Den Wirkstoff dahin, wo er wirken soll.
Das ist der Anspruch. Aber Einspruch:
3 von 4 Patienten beherrschen die Inhalationstechnik bei einem herkömm
lichen Dosieraerosol nur unvollstän
dig^’. Sie brauchen den Autohaler®. Beim Autohaler® ist die Inhalation genial einfach. Der Atemzug löst den Sprüh
stoß aus. Ohne Koordinationsprobleme wird immer die gleiche Wirkstoffmenge inhaliert.
1) Epstein SW et al-. Can Med Assoc J 1979, 120, 813-816
Ob ß^'SyinP^homimetikum oder
Kortikosteroid,
der WirkStoff kann wirken, weil er ankommt.
Darum ist der Autohaler® der Einfall gegen den Anfall. Er macht's möglich:
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Inhaiieren wie von seibst
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Hippokrates Verlag GmbH Stuttgart 70. Jahrgang, Heft 9
Gastkommentar Sport für Diabetiker A. Wirth
317
Schwerpunkt
Möglichkeiten des Haarersatzes U. Weiglein und H. Hamm
319 Externa bei Sportverletzungen und rheumati-
sehen Erkrankungen W. Hungerberg
322 Pathogenese und Therapiekonzepte der Psoriasis 326 W. Weyers
Chronisch obstruktive Atemwegserkrankungen 333 Th. Hausen
Wundermittel - was steckt dahinter? 338 Mj Steinigen
Service Box Atemwegskrankheiten -27- Therapiestudie
Die phasengerechte Wundversorgung des Ulcus cruris venosum
H.-J. Grotewohl
351
Praxiskolleg
Optimierung der Theophyllintherapie (3) 358 Interview
Nicht jede Diarrhoe ist selbstlimitierend! 355 Ein Interview mit H. Ruppin
Ältere Patienten im Mittelpunkt 359 Ein Interview mit T. Schwan
Pharma-Spektrum
Levocabastin - ein topisch anzuwendendes Anti
histaminikum G. Buck
365
Serie
Ultraschallphänomene (36):
Geisterechos, Mehrfachechos H. D. Bundschu
Online Magazin Pharma News Kongreß extra Kongreßberichte Forum Qualität Buchbesprechungen Medizinische Raritäten Impressum
368 -7- 343 346 361 347 369 325, 337
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-8-
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5
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normalisiert die Kapillarpermea
bilität, erhöht die Kapillar
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thien, renale Hypertonie und Ödeme, Schwanger
schaftsnephropathien, Entzündungen und Spas
men der Harnwege, ungenügende Diurese, Pro
teinurie.
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-
6
- InhaltWer Sport treibt, ist verletzungsge
fährdet, dies gilt für den Breiten
sport ebenso wie für den Leistungs
sport. Und praktisch jede(r) Sporttreibende schwört bei stump
fen Verletzungen auf die hervorra
gende Wirkung »seiner« Salbe.
Was ist dran an den Externa, die ja auch in der Rheumatologie gerne eingesetzt werden?
Externa bei Sportverletzungen und rheumatischen Erkrankungen
Seite 322
Die Therapie der chronisch obstruktiven Atem
wegserkrankungen hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Trotz der immer noch existierenden Kortisonangst nimmt der Stellenwert vor allem der topisch inhalativen Anwendung zu. Zu Recht, meinen die Experten. Ob sich davon auch die Patienten überzeugen lassen, hängt stark davon ab, wie gut sie von ihren Ärzten informiert werden.
COPD - Therapieverhalten von Patienten unter topischer Kortikoidtherapie
Seite 333
Wenn sonst nichts mehr wirkt, dann hilft die
»göttliche Atombombe«. Um es mit Friedrich Schiller zu sagen »Um alles zu retten, muß alles gewagt werden. Ein verzweifeltes Übel will eine verzweifelte Arznei« - und davon gibt es auf dem obskuren Markt der Wundermittel genug. Gesund stößt sich in der Regel dabei nur einer: der Her
steller der teilweise unglaublichen, teilweise auch extrem gefährlichen Mixturen. Der Rat des Arztes
ist hier gefragt.
Wundermittel - was steckt dahinter?
Seite 338
Abbildungen:
Titelbild: W. Gorski
Seite -6- oben: © Trommsdorff, Mitte: ©Desitin, unten: R. Stockinger
online *** online *** online ***
-7-Einfluß der Östrogentherapie auf die Knochendichte bei älteren Frauen
Eine während oder nach der Menopause begonnene Östrogentherapie zur Osteo
poroseprophylaxe wird in aller Regel spätestens mit Erreichen des 60. Lebens
jahrs beendet. Wie lange sollte eine Östrogeneinnahme mindestens währen und wie lange ist ein Effekt auf die Kno
chendichte nachweisbar?
Im Rahmen der Framingham-Studie wurde ein Kollektiv von 684 Frauen im Alter von durchschnittlich 76 (68-96) Jahren zusammengestellt, bei denen In
formationen über die Knochendichte in Radius, Femur und Wirbeln und über eine Östrogeneinnahme nach der Meno
pause Vorlagen. 212 Frauen waren mit Östrogenen behandelt worden. Mit zu
nehmender Dauer der Östrogenein
nahme ging eine Zunahme der Knochen
dichte einher, doch war ein signifikanter Unterschied zu Frauen, die niemals Östrogene eingenommen hatten, erst bei einer mindestens 7-lOjährigen Östro
geneinnahme nachweisbar (um 8-19%
erhöhte Knochendichte, je nach Kno
chen). Eine 3-4jährige Einnahme hatte gar keinen meßbaren Effekt auf die Kno
chendichte. Mehr als zwei Drittel der Frauen waren zu kurz mit Östrogenen behandelt worden. Aber auch der Effekt einer mindestens siebenjährigen, selbst einer über zehnjährigen Östrogenein
nahme ließ sich nur bis zum 75. Lebens
jahr nachweisen. Das bedeutet, daß im Alter mit dem höchsten Frakturrisiko die Knochendichte derjenigen von Frauen entspricht, die nie eine Östrogenpro
phylaxe betrieben haben. (ChR) Felson. D., et al.: The effect of postme
nopausal estrogen therapy on bone den
sity in elderly women. N. Engl. J. Med.
1993; 329: 1141-1146.
Anklage wegen Verletzung der Rechte schwangerer Frauen
Die Medical University of South Carolina, USA, wurde im Januar angeklagt, die Rechte schwangerer Patientinnen ver
letzt zu haben.
Schwangere seien ohne deren Einwilli
gung auf Drogenmißbrauch hin unter
sucht, vertrauliche Informationen seien an die Polizei weitergegeben, und es seien illegale Versuche an Menschen durchge
führt worden. 1989 war mit Zustimmung der lokalen Regierung ein Drogentestpro
gramm begonnen worden, mit dem Ziel, durch Strafandrohung Frauen während der Schwangerschaft zu einem Verzicht auf harte Drogen zu bewegen. Über 40
Frauen sind seitdem verhaftet worden, zum Teil noch am Tag der Entbindung.
Mindestens drei dieser Frauen wurden wegen Drogenkonsums während der Schwangerschaft zu Gefängnisstrafen verurteilt. Mitarbeiter der Klinik vergli
chen in einer Publikation Schwanger
schaftsausgänge vor und nach Beginn des Programms. Dennoch bezeichnete ein Kliniksprecher das Programm als Be
handlung, nicht als Zustimmungspflich
tiges Experiment. Frauen wurden auf Drogen getestet, wenn sie kaum oder keine Schwangerschaftsvorsorge betrie
ben oder vorzeitige Wehen hatten oder anamnestisch Drogenmißbrauch be
kannt war. Bei positivem Testergebnis wurde eine Verhaftung in Aussicht ge
stellt, wenn die Frauen sich keiner Be- handlnug unterzögen. Das Programm sei ein Erfolg, so die Klinik, weil die Zahl der Frauen mit positivem Nachweis seit 1989 deutlich gesunken sei... ChR N.N.: Hospitals accused of experiments on pregnant women. BMJ 1994; 308:
291-292.
Postpunktionelles Syndrom nach Lumbalpunktion
Nach einer Liquorpunktion entsteht nicht selten ein postpunktionelles Syndrom (PPS). Es ist durch Symptome wie Kopf
schmerzen, Nacken-Schulter-Schmerzen und Übelkeit bis Erbrechen gekennzeich
net. Die Symptome treten vor allem bei aufrechter Haltung auf Selten kann es zu Tieftonschwerhörigkeit, Augenmuskel
paresen oder subduralem Hämatom kommen. Als Ursache wird ein Nach
sickern von Liquor durch das Punktions
loch angesehen. Nach neueren Untersu
chungen hat auf die Häufigkeit und Ausprägung des PPS neben der Nadel
dicke die Form der Nadelspitze einen we
sentlichen Einfluß. Gute Erfahrungen wurden mit der 0,8 mm (21 G) dicken
»atraumatischen« Nadel nach Sprotte gemacht. Beim Einsatz dieser sehr ela
stischen Nadel mit bleistiftförmiger Spitze empfiehlt es sich, zuerst die Haut mit einer 18-G-Kanüle zu perforieren und dann die Sprotte-Nadel durch diese Kanüle zu schieben. Bei 600 derart be
handelten Patienten wurden über 8 Tage die Beschwerden erfaßt. Bei 92% der Pa
tienten gelang die Lumbalpunktion pro
blemlos, bei 7% erst im 2. oder 3. Ver
such; in 4 Fällen war eine Röntgenkon
trolle notwendig. Das typische PPS mit lageabhängigen Kopfschmerzen trat bei 22 Patienten (3,6%), Übelkeit bei 3, Schwindel bei 2 und Ohrensausen bei 1 Patienten auf Schmerzen im Einstich
bereich hatten 15%. Das PPS klang innerhalb von 3 Tagen ab. In der Literatur wird die Häufigkeit des PPS nach diagnostischer Lumbalpunktion
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BASF Pharma
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-online *** online *** online *** online *** online
mit 30 bis 40% angegeben. Mit der
»atraumatischen« Punktionsnadel kön
nen Häufigkeit und Ausprägung des PPS
»auf ein Minimum« reduziert werden, so
die Autoren. (ChR)
Jäger. H., et al.: Lumbalpunktion - das postpunktionelle Syndrom. Schweiz, med. Wschr. 1993; 123: 1985-1990.
Zulassungsentzug für parente
rales Omeprazol droht
Das Bundesgesundheitsamt hat das pharmazeutische Unternehmen Astra darauf hingewiesen, daß es den Entzug der Zulassung für die parenterale Gabe von Omeprazol beabsichtige. Im Zusam
menhang mit Omeprazol-Behandlungen, zumeist parenteral, seien 19 Fälle von Sehstörungen und Blindheit sowie 4 Fälle von Hörstörungen und Taubheit aufge
treten. Im Frühjahr 1993 waren die bei
den ersten Fälle bekanntgeworden; die übrigen Fälle wurden gemeldet, nach
dem im arznei-telegramm und vom BGA Warnhinweise veröffentlicht worden wa
ren. Laut BGA soll die Produktinforma
tion für Omeprazol in Zukunft auf die
Möglichkeit von Blindheit und Taubheit, aber auch von allergischer Vaskulitis und medikamenteninduziertem Fieber hin- weisen. Weiter werden Tierversuche ge
fordert, mit denen der Entstehungsme
chanismus der allergischen Vaskulitis aufgeklärt werden soll. Möglicherweise liegt eine Vaskulitis dem Entstehen von Blindheit und Taubheit, ebenso von Herz- und Nierenschädigungen im Zusammen
hang mit einer parenteralen Omeprazol- Therapie zugrunde. (ChR) Schönhofer, P.: Intravenous omeprazole and blindness. Lancet 1994; 343: 665.
Falsche Strahlentherapie durch Computerprogramm
Mindestens 492 Patienten des englischen North Staffordshire Royal Infirmary ha
ben Schäden durch eine zu niedrigdo
sierte Strahlentherapie erlitten. 1982 war an dem Krankenhaus ein neues Compu
terprogramm installiert worden, mit dem die Strahlendosen für Pendelbestrahlun
gen berechnet wurden. Bei dieser Thera
pie rotiert die Strahlenquelle um den Tu
mor eines Patienten, so daß er aus drei oder vier verschiedenen Richtungen be
strahlt wird. Die zuständige Physikerin hatte einen Korrekturfaktor für die Ent
fernung zwischen Haut und Tumorzen
trum in das Programm eingegeben. Als neun Jahre später die Anlage zur Strah
lentherapie erneuert wurde, stellte sich heraus, daß das alte Computerprogramm bereits vom Hersteller aus einen Korrek
turfaktor enthalten hatte. 1045 Patien
ten, 6% aller in der Strahlenabteilung behandelten Patienten, waren mit min
destens um 20% zu niedrigen Dosen be
strahlt worden. Eine unabhängige Unter
suchungskommission gelangte jetzt zu dem Ergebnis, daß beispielsweise bei Pa
tienten mit Blasenkrebs die Rezidivrate während fünf Jahren nach der Behand
lung doppelt so hoch lag wie erwartet.
Bei Patientinnen mit Zervixkarzinom war die 5-Jahres-Überlebensrate um rund 20% vermindert. Der Programmierfehler war für die behandelnden Ärzte prak
tisch nicht zu bemerken. Mindestens 140 Patienten oder Angehörige verstorbener Patienten wollen die aufsichtsführende Gesundheitsbehörde wegen Schadener
satz verklagen. (ChR)
Dillner, L.: Radiotherapie error could have damaged 492 patients. BMJ 1993;
307: 888.
Zeitschrift für Allgemeinmedizin
German Journal of General Practice. Ehemals: Der Landarzt. Zugleich Organ der Vereinigung der Hoch
schullehrer und Lehrbeauftragten für Allgemeinmedizin e.V. und der DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allge
meinmedizin).
Schriftleitung: Dr. med. Heinz Harald Abholz, Cecilien- gärten 1, 12159 Berlin • Prof. Dr. med. Winfried Har- dinghaus, Chefarzt der Med. Abt., Krankenhaus St. Ra
phael, 49179 Ostercappeln. AG Gesundheitswissenschaf
ten Universität 49069 Osnabrück • Prof. Dr. med. Mi
chael M. Kochen, MPH, Abteilung für Allgemeinmedizin der Georg-August-Univ., Robert-Koch-Str. 40, 37075 Göttingen • Dr. med. Wolfgang Mahringer, Schelztorstr.
42, 73728 Esslingen • Priv.-Doz. Dr, med. U. Marsch- Ziegler, St. Gertrauden-Krankenhaus, Paretzerstr. 12, 10713 Berlin ■ Dr. med, Gertrud Volkert, Traubergstr.
16, 70186 Stuttgart.
Verlag: Hippokrates Verlag GmbH, Rüdigerstr. 14, 70469 Stuttgart, Postfach 300504, 70445 Stuttgart, Tel.
(0711) 8931-0, Telefax (0711) 8931-453.
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Anzeigen: Günter Fecke, Tel. (0711) 8931-448.
Redaktion/Produktion: Günther Buck (Chefredakteur), Tel. (0711) 8931-446. Ruth Auschra (Stellv. Red,-Ltg,), Tel. (0711) 89 31 -4 42. Dipl.-Wirt.-lng, (FH) Ingrid Schaul (Herstellung), Tel. (0711) 8931-445.
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer Druckerei GmbH -t- Co. Stuttgart. - Printed in Germany 1994. - © 1994 Hippokrates Verlag GmbH.
Die Zeitschrift erscheint zweimal monatlich.
Die Kartei der praktischen Medizin ist jedem 2. Heft der Kombi-Ausgabe zum Heraustrennen beigeheftet.
Diese Kartei referiert aus maßgebenden Fachzeitschrif
ten des In- und Auslandes unter den Aspekten: kritisch, kurz und praxisnah. Alle Preise und Versandspesen ent
halten 7% Mehrwertsteuer. Die Bezugsdauer verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn nicht eine Abbestellung bis zum 30. September vorliegt. Das Abonnement wird zum Jahresanfang berechnet und zur Zahlung fällig. Die Beilage »Die Arzthelferin« erscheint unregelmäßig, 15. Jahrgang 1994.
Bezug: Durch jede Buchhandlung oder eine vom Verlag beauftragte Buchhandlung. - Postscheckkonto: Stuttgart 6025-702. - Bankverbindung: Dresdner Bank, Filiale Stuttgart, Nr. 9014731. - Baden-Württembergische Bank Stuttgart, Nr. 1004527600. - Zahlungs- und Erfül
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wicklungen unterworfen. Forschung und klinische Er
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tig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosie
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post, die neue Anschrift dem Verlag mitzuteilen. Abon
nenten, die mit diesem Vorgehen nicht einverstanden sind, werden gebeten, dies dem Verlag mitzuteilen.
DEGAM
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin
m Jk Ärbeitsgemein-
Schaft Leseranalyse medizinischer
* ^ Zeitschriften e.V.
Unilair 200/300/4S0 Retardkapseln. Zu
sammensetzung: 1 Retardkapsel Unilair 200 enthält: Theophyllin 200mg. 1 Retard
kapsel Unilair 300 enthält: Theophyllin 300 mg. 1 Retardkapsel Unilair 450 enthält: Theophyllin 450 mg. Weitere Be
standteile: Methylhydroxypropylcellulose, Poly (ethylacrylat, methylmethacrylat), Talkum. Anwendungsgebiete: Behandlung und Vorbeugung von Atemnotzuständen aufgrund von Einengung bei chronisch obstruktiven Atemwegserkrankungen (z.B.
Asthma bronchiale, chronischer Bronchi
tis, Lungenemphysem). Gegenanzeigen:
Theophyllin darf nicht angewendet werden bei: frischem Herzinfarkt, akuten tachy- karden Arrhythmien, Überempfindlichkeit gegenüber einem der Bestandteile. Theo
phyllin sollte nur bei strengster Indikation und mit Vorsicht angewendet werden bei:
instabiler Angina pectoris, Neigung zu tachykarden Arrhythmien, schwerem Blut
hochdruck, hypertropher obstruktiver Kar
diomyopathie, Hyperthyreose, epilepti
schen Anfallsleiden, Magen- und Zwölf- fingerdarmgeschwür,Porphyrie (bestimm
te Stoffwechselstörung). Unilair sollte mit Vorsicht angewendet werden bei: Leber
und Nierenfunktionsstörungen, höherem Lebensalter (über 60 Jahre). Arzneimittel mit verzögerter Theophyllin-Freisetzung, wie Unilair, sind nicht zur Akutbehandlung des Status asthmaticus oder der akuten Bron- chospastik bestimmt. Anwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit: Während der Schwangerschaft, besonders während der ersten drei Monate und während der Stillperiode, sollte Theophyllin nur bei zwingender Indikation verwendet werden.
Nebenwirkungen: Kopfschmerzen, Erre
gungszustände, Gliederzittern, Unruhe, Schlaflosigkeit, beschleunigter bzw. unre
gelmäßiger Herzschlag, Palpitationen, Blutdruckabfall, Magen-Darm-Beschwer- den, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, ver
stärkte Diurese. Veränderungen der Se- rumelektrolyte,insbesondere Hypokali- ämie, Anstieg von Serum-Calcium und -Kreatinin, sowie Hyperglykämie und Hyper
urikämie, gastroösophagealer Reflux auf
grund einer Relaxation des unteren Ösophagus-Sphinkters und mögliche nächt
liche Asthma-Provokation durch Aspiration.
Verschlimmerung einer fibrozystischen Mastopathie. Verstärkte Nebenwirkungen können infolge einer relativen Überdosie
rung (bei individueller Überempfindlich
keit) oder einer absoluten Überdosierung (Theophyllin-Konzentration im Plasma über 20 n^ml) auftreten. Vor allem bei erhöh
ten Theophyllin-Plasmaspiegein von mehr als 20 M^ml können toxische Nebenwir
kungen wie Krampfanfälle, plötzlicher Blut
druckabfall, ventrikuläre Arrhythmien und schwere Magen-Darm-Erscheinungen (u.a.
gastrointestinale Blutungen) auftreten.
Uberempfindlichkeitsreaktionen gegen
über Theophyllin treten sehr selten auf.
Dosierung: Theophyllin ist individuell zu dosieren. Die Dosierung sollte idealer
weise anhand des Theophyllinspiegels im Plasma ermittelt werden. Je nach Lebens
alter sind folgende Erhaltungs-Dosierungen zu empfehlen: Unilair 200: Kinder von 6-8 Jahren (20-25 kg) 2-3 Kapseln täglich, Kinder von 8-12 Jahren (25-40 kg) 2-4 Kapseln täglich. Unilair 300: Kinder von 12-16 Jahren (40-60kg) 2-3 Kapseln täg
lich, Enivachsene (60-70 kg) 2-3 Kapseln täglich. Unilair 450: Kinder von 12-16 Jahren (4080 kg) 1-2 Kapseln täglich.
Erwachsene (6070 kg) 1-2 Kapseln täg
lich. Weitere Hinweise zur Dosierung ent
nehmen Sie bitte derjeweiligen Packungs
beilage. Art und Dauer der Anwendung:
Unilair soll nach den Mahlzeiten mit reich
lich Rüssigkeit eingenommen werden. Die Dauer der Anwendung richtet sich nach Art, Schwere und Verlauf der Erkrankung und wird vom behandelnden Arzt bestimmt.
Darreichungsform, Packungsgrößen und Preise: Unilair 200: 20 Retardkapseln (NI) DM 8,60; 50 Retardkapseln (N2) DM 19,50; 100 Retardkapseln (N3) DM 34,90; Ünilair 300: 20 Retardkapseln (NI) DM 10,60; 50 Retardkapseln (N2) DM 23,60; 100 Retardkapseln (N3) DM 40,80; Unilair 450: 20 Retardkapseln (NI) DM 13,90; 50 Retardkapseln (N2) DM 29,90; 100 Retardkapseln (N3) DM 54,80. Stand: April 1994.
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10
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kung der zentralen und peripheren Nebenwirkungen. Bei Kombination mit Chinidin Verstärkung der anticholinergen Wirkungen (AV-Überleitungl). Bei Kombination mit Levodopa Ver
stärkung von Dyskinesien; Verstärkung neuroleptikabedingter Spätdyskinesien. Verstärkung der zentalnen/ösen Nebenwirkungen von Pethidin. Zunahme des Alkoholeffektes. Wir- kungsabschwächung von Meloclopramid. Dosierung und Anwendungsweise: Individuell und einschleichend; siehe Fachinformation. Packungsgrößen und Preise (einschl.
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Gastkommentar ZEA.
317Alfred Wirth
Sport für Diabetiker
Obsolet oder modern?
Teutoburger-Wald- Klinik, Bad Rothenfelde
Wenngleich die klassischen Säulen der Diabe
testherapie wie Diät, Bewegungstherapie und Pharmaka seit langem bekannt sind und weltweit seit Jahrzehnten bewährt eingesetzt werden, so scheint die mittlere, die Bewegungstherapie, in Deutschland nie so richtig auf dem Boden ge
standen zu haben. Woran liegt das? An der man
gelnden Wirksamkeit, wie einige Diabetologen meinen (1)? An der schwierigen Durchführbar
keit, wie die wenigen ambulanten Sportgruppen zeigen? An unserem Gesundheitssystem mit un
genügender Vergütung gesundheitsbildender Maßnahmen und Geringschätzung nichtmedika
mentöser Therapien? Oder an der Unkenntnis vieler Ärzte hinsichtlich sportmedizinischen Wissens, wie man aus Lehrbüchern und Fort
bildungsveranstaltungen schließen könnte?
Die Diabetestherapie kann in diesem Jahrhun
dert gewaltige Fortschritte vorweisen. Der Dia
betiker ist heute vital weniger durch die Ent
gleisung im Sinne einer Hyper- oder Hypoglyk
ämie gefährdet als vielmehr durch die Entwicklung von makro- und mikroangiopathi- schen Folgeerkrankungen. In den letzten Jah
ren hat sich damit nicht nur der Schwerpunkt des Therapiezieles geändert, auch die Thera
pie ist anspruchsvoller geworden: Es geht nicht mehr nur um die »Einstellung«, um die Gluko
sehämostase, sondern um die Vermeidung von Spätschäden! Nicht jede Therapie, die den Blutzucker senkt, vermindert auch die Kom
plikationen (z. B. Sulfonylharnstoffe). Das the
rapeutische Hauptproblem in der Diabetologie ist heute nicht mehr der insulinspritzende Typ- I-Diabetiker, sondern der adipöse Typ-II-Dia- betiker mit einer Insulinresistenz; ca. 75% aller Diabetiker sind diesem Typus zuzuordnen.
Zum anderen kam auf die Ärzteschaft in den letzten Jahren eine neue therapeutische Auf
gabe zu: die Lebensqualität. Vor diesem Hin
tergrund ist die Sporttherapie zu sehen. Sie muß hinterfragt werden, was sie in bezug auf die Diabeteseinstellung, die Folgekrankheiten und die Lebensqualität zu leisten vermag.
Die Domäne der Sporttherapie in der Diabeto
logie ist beim nicht-insulinspritzenden Typ-
II-Diabetiker zu sehen. Hier erhöht Sport nicht nur die Lebensqualität und steigert die Lei
stungsfähigkeit, Sport ist eine wirksame The
rapie. Wir halten fest: Beim Typ-II-Diabetiker ist primär nicht der Insulinmangel Ursache für die Hyperglykämie, sondern die verminderte Wirksamkeit von Insulin, die meist mit einer
Bei insulinspritzenden Typ-I- und Typ-II-Dia- betikern dient die Bewegungstherapie in erster Linie der besseren Lebensqualität. Wird die kör
perliche Leistungsfähigkeit nicht durch kardiale Begleitkrankheiten oder andere Erkrankungen eingeschränkt, kann ein Diabetiker alle alltägli
chen Verrichtungen ausüben und Freizeitsport betreiben. Erforderlich ist, daß er hinsichtlich einer möglichen Hypoglykämie geschult ist und die blutzuckersenkende Wirkung der Muskelar
beit an sich selbst erfahren hat (4). Es gibt heute keinen rationalen Grund, weshalb man Diabe
tikern in dieser Hinsicht eine Außenseiterposi
tion einräumen sollte; besonders bedeutsam ist das für Jugendliche. Der körperlich aktive Dia
betiker muß jedoch bezüglich der Therapiean
passung bei Muskelarbeit umfassend informiert werden. Er muß wissen, ob, wieviel und zu welcher Zeit er zusätzliche Broteinheiten zu sich nehmen muß oder ob er seine Insulindosis re
duzieren oder gar eine Kombination von bei- dem vornehmen soll. Grundsätzlich gilt, daß ein normalgewichtiger Diabetiker zusätzliche BEs zu sich nehmen und ein adipöser Diabetiker die Insulindosis vor der Muskelarbeit vermindern soll. Schließlich macht es keinen Sinn, daß man Sport zur Gewichtsabnahme nutzt und den ver
mehrten Energieverbrauch durch eine ver
mehrte Energieaufnahme kompensiert. Es be
steht auch die Möglichkeit, vor körperlichen Ak
tivitäten von einem Normalinsulin auf ein Ver
zögerungsinsulin zu wechseln. Wichtig ist die Selbsterfahrung und Dokumentation! Schließ
lich ist bei hyperglykämischer Entgleisung, bei Blutzuckerwerten über 250 mg% und/oder beim Vorliegen einer Ketoazidose Sport kontraindi
ziert, da bei dieser Stoffwechselkonstellation der Blutzucker nicht abfällt, sondern ansteigt.
Wer jedoch meint, durch Bewegungstherapie könne man merklich Insulin einsparen oder eine bessere HbAj-Einstellung erzielen, wird mei
stens enttäuscht. Nur wenige große Studien konnten diesen Effekt bei Erwachsenen nach- weisen. Bei Kindern und Jugendlichen hingegen bessert Sport auch die Blutzuckereinstellung.
Bewegungs
therapie dient der besseren Lebensqualität!
Nicht jede The
rapie, die den Blutzucker senkt, vermin
dert auch die Komplikationen
Bei Kindern und Jugend
lichen bessert Sport auch die Blutzucker
einstellung
Z. Allg. Med. 1994; 70: 317-318. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1994
Wer regel
mäßig Sport treibt, senkt seine Insulin
spiegel und er
höht die Insu
linwirksamkeit
Hyperinsulinämie einhergeht. Die Hyperglyk
ämie ist durch zwei pathogenetische Mechanis
men verursacht, eine vermehrte Glukosepro
duktion in der Leber und eine verminderte Glukoseaufnahme in der Muskulatur. Ziel der Diabetestherapie sollte daher eine Steigerung der Insulinwirkung mit reduzierter hepatischer Glukoneogenese und erhöhter peripherer Glu- koseutilisation sein. Von klinischer Bedeutsam
keit sind hier nur zwei Therapieformen: Re
duktionskost und Ausdauertraining. Es ist heute unumstritten, daß eine hypokalorische Kost (die bei 90% aller Typ-II-Diabetiker indi
ziert ist) die Insulinspiegel im Plasma senkt und die Insulinwirkung durch Vermehrung der In
sulinrezeptoren sowie Auswirkungen von Insu
lin in der Zelle steigert (Postrezeptorwirkung).
Das gleiche gilt für das Ausdauertraining. Auch wer regelmäßig Sport treibt (Spazierengehen, Joggen, Radfahren, Schwimmen, Skilanglauf usw.) senkt seine Insulinspiegel und erhöht die Insulinwirksamkeit (5). Diese Effekte sind auch ohne Gewichtsabnahme nachweisbar. Eine Be
wegungstherapie korrigiert daher ebenso wie eine Reduktionskost die Pathogenese; es sind ursächliche Therapieprinzipien. Im Vergleich dazu sind die medikamentösen Behandlungs
methoden weitgehend als symptomatisch ein
zuordnen. Insulininjektionen und Sulfonyl
harnstoffe erhöhen die Insulinspiegel und tra
gen somit wahrscheinlich zu einem erhöhten Arterioskleroserisiko bei. Lediglich Biguaniden werden günstige Auswirkungen auf die Insu
linresistenz zugeschrieben. Die Auswirkungen von Acarbose auf die Kohlenhydratdigestion sind zu schwach, um überzeugende Effekte auf die Insulinresistenz zu zeigen.
Häufig tritt der Typ-II-Diabetes nicht allein, sondern im Rahmen eines metabolischen Syn
droms auf, also zusammen mit abdominaler Adipositas, Fettstoffwechselstörungen und Hy
pertonie. Wünschenswert ist dann nicht eine Monotherapie des Glukosestoffwechsels, son
dern eine Gesamtbehandlung aller Krankhei
ten. Was für den Typ-ll-Diabetiker gilt, trifft für das metabolische Syndrom erst recht zu: die Behandlung ist in erster Linie eine nicht-medi
kamentöse - durch Ausdauersport und Ernäh
rungsumstellung (5). Erst kürzlich ist eine Über
sichtsarbeit dazu von Diabetologen in einer be
kannten Zeitschrift erschienen, in der man zwar die Pathomechanismen korrekt, die Therapie jedoch verzerrt dargestellt hat (3). Beim Lesen gewann man den Eindruck, als könne man das metabolische Syndrom mit ACE-Hemmern, Al
phas-Blockern u. a. behandeln. Diätetische und bewegungstherapeutische Maßnahmen wurden hinsichtlich Umfang und Wichtigkeit nur neben
bei erwähnt. Die Sporttherapie wurde nicht ein
mal mit einem Literaturzitat versehen, als gäbe es diesbezüglich keine wissenschaftlichen Er
kenntnisse. Zuwenig ist offensichtlich bekannt, daß man durch Sport auch das Gewicht redu
zieren, das HDL-Cholesterin erhöhen sowie die Triglyzeride, freien Fettsäuren, Fibrinogen und den Blutdruck senken kann.
Also doch keine Änderung bei der Therapie des Diabetes? Erkenntnisse aus dem Ausland könnten helfen. In Schweden und den USA sind kürzlich drei große Studien veröffentlicht wor
den, die zeigen, daß körperlich Aktive seltener diabetisch werden. Helmrich (2) konnte bei 5990 Personen zeigen, daß die Neuerkran
kungsrate um bis zu 53% durch Sport in der Freizeit reduziert werden kann. Offensichtlich gilt auch für den Diabetes, was man hinsicht
lich des Herzinfarktes schon seit Jahrzehnten weiß: Sport wirkt prophylaktisch und thera
peutisch.
Anschrift:
Prof. Dr. med. Alfred Wirth, Teutoburger-Wald-Klinik, Teutoburger-Wald-Straße 33, 49214 Bad Rothenfelde.
Persönliche Daten:
Geboren am 22.12.1944 in CreglingenAVürttemberg.
Beruflicher Werdegang:
Medizinalassistentenzeit von 1973 bis 1974 in Heidel
berg und Hannover, 1978 bis 1983 Wissenschaftlicher Angestellter an der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg. 1980 Arzt für Innere Medizin, 1981 Zusatz
bezeichnung »Sportmedizin«, 1983 Habilitation, 1984 Teilgebietsbezeichnung »Kardiologie«, 1988 »Sozialme
dizin«.
Jetzige Tätigkeit:
Seit 1983 Ärztlicher Direktor der Teutoburger-Wald- Klinik (Schwerpunktklinik für Herz-, Gefäß- und Stoff
wechselkrankheiten) in Bad Rothenfelde.
Literatur
1. Gudat, U., Berger, M.: Dinosaurier der Diabetesbe
handlung? Herz + Gefäße 1992; 12: 296-302.
2. Helmrich, S.P., Ragland, D.R., Leung, R.W., Paffen- barger, R.S.: Physical activity and reduced occurrence of non-insulin-dependent diabetes mellitus, N. Engl. J.
Med. 1991; 325: 147-152.
3. Rett, K., Wicklmayr, M.: Das metabolische Syndrom.
Eine neue Aufgabe für die Präventivmedizin, Dtsch.
med. Wschr. 1993; 118: 1407-1411.
4. Wirth, A., Krone, W.: Sport für Diabetiker. Z. Allg.
Med. 1988; 64: 249-253.
5. Wirth, A., Krone, W.: Therapie der Insulinresistenz beim metabolischen Syndrom durch körperliches Trai
ning. Dtsch. Zeitschr. Sportmed. 1993; 44: 305-310.
Fortbildung
Ute Weiglein und Henning Hamm
Möglichkeiten des Haarersatzes
Universitätshautklinik Würzburg
Perücken
Die einfachste, nebenwirkungsärmste und bil
ligste Methode des Haarersatzes stellen Pe
rücken dar. Nicht wenige Patienten neigen dazu, ihre Alopezie durch Perücken mit besonders voluminöser, auffälliger Frisur zu überdecken.
Bei der Auswahl sollte jedoch berücksichtigt werden, daß unauffällige Frisuren das »Ent
decken« der Perücke erschweren. Perücken sollten aber nicht nur nach optischen Kriterien ausgewählt werden, sondern müssen auch, vor allem bei chronischen Erkrankungen der Kopf
haut, gut zu reinigen und ggf. desinfizierbar sein. In diesen Fällen sind Perücken aus Kunst
haar, die auf luftdurchlässigen Bändern oder grobmaschigem Tüll montiert sind, besser ge
eignet (1). Für eine gute Pflege benötigen die Patienten, außer bei nur vorübergehendem Haarausfall, mindestens zwei Perücken.
tischer Alopezie und narbiger Alopezie wie nach Radiatio) getroffen wird. Meist werden nach Chemotherapie oder Radiatio die Kunst
haarperücken bis 500 DM generell übernom
men. Bei Langzeitversorgung werden auch Zweitperücken fast immer erstattet. Falls eine Zweitperücke aus hygienischen Gründen erfor
derlich ist, kann auch diese nach einer kurzen Stellungnahme des behandelnden Arztes er
stattet werden. Die Kosten für die wesentlich teureren Echthaarperücken werden im allge
meinen nur bei medizinischer Indikation, z. B.
bei nachgewiesener Sensibilisierung gegen synthetische Materialien übernommen. Zu be
denken ist dabei, daß Echthaarperücken einen wesentlich höheren Pflegeaufwand als Kunst
haarperücken erfordern.
Bei Frauen und Kindern werden, unabhängig von der Ursache des Haarverlusts, die Kosten
Unauffällige Frisuren er
schweren das
»Entdecken«
der Perücke!
Die Kostenübernahme durch die Krankenkas
sen sollte noch vor der Anpassung der Perücke geklärt sein. Sie basiert auf § 182/1 RVO und einem gemeinsamen Rundschreiben der Kran
ken-, Unfall- und Rentenversicherungsträger zur Ausstattung der Versicherten mit Körper
ersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln vom 10. 6. 1975: »Hilfsmittel, die eine Entstellung des Versicherten mildern oder erleichtern, werden gewährt, damit das allge
meine Erscheinungsbild wesentlich verbessert wird. Die Ausstattung mit Perücken ist insbe
sondere bei weiblichen Versicherten, Kindern und Jugendlichen mit einer haararmen oder haarlosen Kopfpartie angezeigt. Bei erwachse
nen männlichen Versicherten setzt die Gewäh
rung einer Perücke im allgemeinen eine haar
lose Kopfpartie mit narbig deformierter Kopf
haut oder ähnlich entstellenden Veränderun
gen voraus.« In jedem Pall ist es empfehlens
wert, vor dem Kauf der Perücke einen Kosten
voranschlag bei der Krankenkasse vorzulegen.
Auf Nachfrage bei verschiedenen Krankenkas
sen wurde uns mitgeteilt, daß eine Unterschei
dung in Kurzzeitversorgung (kürzer als 1 Jahr, z. B. bei Ekzemen, medikamentöser Tumorthe
rapie, Alopecia areata) und Langzeitversorgung mit Perücken (lebenslang, z. B. bei androgene-
Es gibt kaum ein Symptom, das für den Pati
enten weniger gefährlich ist, ihn aber seelisch so stark belasten kann wie der Verlust des Kopfhaares. Dies gilt vor allem für die häufig
ste Ursache des erworbenen Haarverlustes, für die androgenetische Alopezie des Mannes und der Frau, wobei betroffene Patientinnen unter dem Haarverlust oft ungleich mehr leiden. In Anbetracht der limitierten therapeutischen Beeinflußbarkeit kommen hier verschiedene Möglichkeiten des Haarersatzes in Frage. Da
neben benötigen vor allem Patienten mit schwe
rer Alopecia areata und solche, bei denen sich nach Chemotherapie oder Radiatio des Schä
dels ein gravierender Haarverlust entwickelt, temporären oder dauerhaften Haarersatz. Zu den Krankheitsbildern, die operative oder nichtoperative Haarersatzmaßnahmen erfor
dern können, zählen ferner die narbigen Alo
pezien, wie sie beispielsweise bei Lichen (ru
ber) planopilaris, chronisch-diskoidem Lupus erythematodes, nach Verbrennungen und In
fektionen der Kopfhaut auftreten, sowie die kongenitalen Atrichien und Hypotrichosen. Im folgenden werden verschiedene Formen des
Haarersatzes dargestellt und diskutiert.
Zum Inhalt
Z. Allg. Med. 1994; 70: 319-321. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1994
Fortbildung Haarersatz
Dünne Haar
strähnen wer
den am proxi
malen Ende der Eigenhaare be
festigt
Einwehen von Haaren: auf
wendig, Resul
tate oft unbe
friedigend
Reduktions
plastiken sind besonders ge
eignet bei nar
biger Alopezie in einem um
schriebenen Areal
für Kunsthaarperücken, die dem »ortsüblichen Preisniveau« entsprechen, in fast allen Fällen erstattet. Bei Männern erfolgt die Kostenerstat
tung nur bei entstellenden Veränderungen oder im Einzelfall abhängig vom Beruf und der psy
chisch-seelischen Belastung.
Einweben von Haaren
Bei diesem aufwendigen nichtoperativen Ver
fahren werden einzelne Haare und dünne Haarsträhnen durch spezielle Knüpftechniken am proximalen Ende der Eigenhaare befestigt.
Bei korrekter Technik wird die Kopfhaut dabei nicht verletzt. Diese Methode wird in vielen Zeitschriftenanzeigen als »Hair weaving« von
»Haarstudios« oder »Haarinstituten«, die dem Patienten das Einweben von Haaren als Dau
erbefestigungsverfahren versprechen, propa
giert. Oft stehen jedoch Aufwand und Resultat in keinem vernünftigen Verhältnis. Die Me
thode ist allenfalls bei geringgradiger bis mä
ßig ausgeprägter diffuser oder androgeneti- scher Alopezie indiziert; in letzterem Fall kön
nen zum Teil Eigenhaare von okzipital oder temporal verwendet werden. Das erzielte Er
gebnis wird durch das Nachwachsen der »Trä
gerhaare« beeinträchtigt, da dadurch die ge
samte »Konstruktion« verschoben wird. Daher sind häufige korrigierende Sitzungen erforder
lich. Außerdem muß darauf hingewiesen wer
den, daß beim Einweben von Haaren durch den stärkeren Zug an den Eigenhaaren eine zusätzliche Traktionsalopezie der verbliebenen Resthaare induziert werden kann (5).
Reduktionsplastiken
Unter Reduktionsplastiken versteht man die operative Verkleinerung bzw. Entfernung alo- pezischer Areale mit anschließender Annähe
rung der angrenzenden Resthaarbezirke (7).
Bei kleinen Defekten bieten sich die einzeitige Totalexzision oder mehrzeitige Serienexzisio
nen bis zum spannungsfreien Wundverschluß an. Je nach Form des haarlosen Areals werden verschiedene Schnittführungen, z. B. Y- oder spindelförmige, gewählt. Aufwendiger sind Nahlappenplastiken mit einzeitiger oder mehr
zeitiger Verlegung von Nahlappen aus haartra
genden Donorzonen in Form von Rotationslap
penplastiken und Transpositionslappenplasti
ken. Diese Techniken eignen sich vor allem bei narbiger Alopezie in einem umschriebenen
Areal. Daneben kommen sie aber auch bei der Verkleinerung einer androgenetischen Alope
zie, möglicherweise in Kombination mit ein- oder zweizeitigen Stanztransplantationen, zur Anwendung. Die Eingriffe sind in den meisten Fällen in lokaler Infiltrationsanästhesie durch
führbar. Die Exzision erfolgt bis auf das Pe
riost. Nach ausreichender Unterminierung der Wundränder unterhalb der Galea aponeurotica dient eine versenkte Galeanaht dem span
nungsfreien Wundverschluß durch die Haut
naht.
Bei ausgedehnten haarlosen Arealen kann eine Reduktionsplastik mit dem Einsatz von Haut
expandern kombiniert werden. Diese Vorge
hensweise ist vor allem dann gut geeignet, wenn größere alopezische Flächen am Kapilli- tium bestehen, ohne daß die übrigen haartra
genden Anteile ausgedünnt sind oder Haaraus
fall in diesem Bereich zu erwarten ist, wie z. B.
nach der Exzision eines Tumors und vorläufi
ger Deckung mit einem Spalthauttransplantat.
Durch die Implantation der Expander besteht jedoch, v.a. während der mehrwöchigen Fül
lungsphasen, die Gefahr von Infektionen.
Für verschiedene Defektgrößen und Lokalisa
tionen stehen unterschiedliche Expandergrö
ßen und -formen zur Verfügung. Die Implanta
tion des Expanders kann in den meisten Fällen in Lokalanästhesie durchgeführt werden. Die anschließende Hautdehnung erfordert viel Er
fahrung, da der Druck nicht zu groß werden darf, um Nekrosen des Gewebes zu vermeiden;
andererseits muß die Dehnung der benötigten Fläche entsprechen. Meist werden die Expan
der 6 bis 10 Wochen belassen und einmal wö
chentlich über externe oder implantierte Ven
tile gefüllt (3). Während der Füllungsphase werden die Expander mit Zunahme ihres Vo
lumens dann mehr und mehr auffällig. Dies kann mitunter für den Patienten sehr belastend sein. Die anschließende Exzision des haarlosen Areals und die Defektdeckung durch die vorge
dehnte haartragende Haut wird je nach Größe des Defekts eine Vollnarkose erfordern.
Die Erfolge nach Einsatz von Hautexpandern am Kapillitium sind im allgemeinen gut (4), jedoch kann ein Fortschreiten des Haaraus
falls, z. B. bei der androgenetischen Alopezie, den Erfolg der Operation zunichte und die Nar
ben sichtbar machen.