• Keine Ergebnisse gefunden

Diabetische Poiyneuropathie

Im Dokument 9/94 (Seite 81-85)

Was wissen wir heute über Ätioiogie, Diagnose und Therapie?

Bei einer Veranstaltung der Fa.

Wörwag GmbH am 4. März 1994 in Frankfurt befaßten sich Experten mit der diabetischen Polyneuropa­

thie, einer der häufigsten und unan­

genehmsten Folgeerscheinungen des Diabetes mellitus. Bei konse­

quenter normnaher Einstellung des Diabetes läßt sich das Auftreten der Symptomatik zumindest weit hin­

ausschieben - ist sie aber einmal aufgetreten, muß konsequent thera­

piert werden, um das Fortschreiten zu bremsen oder zu verhindern.

Zur Stufentherapie der diabetischen Polyneuropathie gehört nach der straffen Diabetes-Einstellung an zweiter Stelle die Alpha-Liponsäure, die zu Beginn hochdosiert (z. B.

Thiogamma® 600 Injekt i.v. 600 mg über 14 Tage), anschließend oral (z.B. Thiogamma® 600 oral) fortge­

setzt gegeben werden muß. Damit können in den meisten Fällen zu­

mindest die äußerst unangenehmen Begleiterscheinungen der Polyneu­

ropathie beherrscht werden.

Ca. 6 Prozent der deutschen Bevöl­

kerung sind Diabetiker. Und davon haben zwischen 20 und 30, im hö­

heren Lebensalter bis zu 90 Prozent eine Polyneuropathie, erklärt Dr.

med. Detlef Claus aus der Neurologi­

schen Klinik und Poliklinik der Uni­

versität Erlangen. Die Prävalenz der diabetischen Polyneuropathie liegt zwischen einer halben und einer Million, es handelt sich also um eine sehr häufige Erkrankung. Auffallend ist ein klarer Zusammenhang zwi­

schen Diabetesdauer und Qualität der Stoffwechseleinstellung einer­

seits, sowie Häufigkeit und Schwere

der Symptomatik der Polyneuropa­

thie andererseits.

Wie sich die diabetische Polyneu­

ropathie äußert

Am häufigsten haben die betroffe­

nen Patienten unangenehme Krib­

belwahrnehmungen (»Ameisenlau­

fen«) beiderseits an den Füßen, Schmerzen und ein Kältegefühl, ob­

wohl die Füße warm sind. Diese letzte Tatsache unterscheidet den Fuß bei Polyneuropathie vom Fuß bei einer Durchblutungsstörung:

dort ist er tatsächlich kalt. Trotzdem wird häufig gerade diese Fehldia­

gnose gestellt und dementsprechend über Jahre hinweg falsch behandelt.

Die Schmerzen treten in Ruhe und nicht belastungsabhängig auf, auch dies im Unterschied zum schlecht durchbluteten Fuß. Weitere Kennzei­

chen sind ein Taubheits- und ein Un­

ruhegefühl in den Beinen. Der Pati­

ent kann nachts oft keine Bettdecke auf den Beinen ertragen und hat das Gefühl, die Beine seien eingeschnürt wie in einem Schraubstock. Dies tritt später auch an den Händen und im Bereich des Thorax und des Bauches auf. Wenn die Polyneuropathie vor­

anschreitet - und unbehandelt tut sie dies - kommt es später auch zu Lähmungen und zur Muskelatrophie, sowie zu schweren Veränderungen an den Füßen. Bei manchen Patien­

ten treten die Symptome an Händen und Füßen asymmetrisch auf — die sogenannten Schwerpunktsneu­

ropathien. Häufig wird dann die Fehldiagnose »Bandscheibenschädi­

gung« gestellt. Es können im Rah­

men der diabetischen Neuropathie auch nur einzelne Nerven betroffen sein, mit plötzlichen Ausfällen in ganz umschriebenen Gebieten. Bei manchen Patienten steht der bren­

nende Schmerz ganz im Vorder­

grund. Schon eine normalerweise nicht schmerzhafte Berührung wird als schmerzhaft wahrgenommen.

Obwohl sich sonst keine Störung fin­

det, sind diese Patienten natürlich keine Simulanten: sie haben eine isolierte Schädigung von Nervenfa­

serklassen, die die Schmerzwahr­

nehmung vermitteln - eine soge­

nannte »Small-fiber-Neurpathie«.

Crux: der »diabetische Fuß«

Die große Crux der diabetischen Po­

lyneuropathie, so Claus, sind die Fußveränderungen. Es kommt zu ei­

ner gestörten Schweißsekretion, kompensatorisch am Rumpf und im Gesicht zur vermehrten Schweißse­

kretion. Weil die Gefaßregulation nicht mehr funktioniert, ist der Fuß trocken und warm. Die Haut wird porös und ist empfindlich gegenüber Verletzungen. Dennoch nimmt der Patient - obwohl er brennende Parästhesien hat - den Schmerz nicht mehr wahr. Kleine Rhagaden, eine Pilzbesiedelung - Fuß- und/oder Nagelmykose - und Ödem sind häu­

fig. Es entwickelt sich das schmerz­

lose diabetische Ulkus, das eine schlechte Heilungstendenz hat. Auf­

grund der autonomen Störung kommt es zu einer Arteriosklerose der Fußgefäße, zu Knochenverände-Z. Allg. Med. 1994; 70: 361-364. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1994

362

'ZTA

rungen und pathologischen Fraktu­

ren. Es endet leider oft damit, daß der Fuß gangränös wird und daß Amputationen vorgenommen wer­

den müssen. 25 Prozent aller Am­

putationen sind Folge einer diabeti­

schen Polyneuropathie, und fünf Jahre nach der Amputation liegt die Mortalität der Betroffenen bei 70 Prozent! Zwei Drittel aller Fußulzera sind diabetischen Ursprungs - auch hier kommt es leider sehr häufig zur Fehldiagnose »Minderdurchblu­

tung«, die nur für 10 Prozent der Fußulzera verantwortlich ist (Tab. 1).

Tabelle 1: Ursachen von Fußulzera

Kongf^

Fragen, die man den Patienten stellen kann:

• Spüren Sie noch, wenn Sie Unter­

zucker haben?

• Spüren Sie, wenn Sie baden, am Fuß noch das Wasser und die Temperatur, oder müssen Sie dazu die Hand benutzen?

• Haben Sie eine Verletzung am Fuß nicht gespürt und nur zufällig wahrgenommen ?

• Wie oft müssen Sie Wasser lassen - so oft wie früher oder seltener?

• Wie ist es um die Potenz bestellt (bei etwa 50 Prozent der Männer mit einer diabetischen Polyneuro­

pathie im Alter über 50 Jahre kommt es zur erektilen Impo­

tenz)?

Weil das autonome Nervensystem mitbetroffen ist, treten als Folge der Polyneuropathie auch gefährliche Symptome auf, die dem Patienten gar nicht auffallen: Es kommt zu einer Innervationsstörung des Herzens und zu Rhythmusstörungen. Auch die Schmerzwahrnehmung aus den inneren Organen ist beeinträchtigt.

Als Folge kann ein Herzinfarkt beim Diabetiker schmerzlos verlaufen. Die Blasenentleerung ist gestört, dies ist besonders fatal, weil Patienten mit einem erhöhten Zuckergehalt im

Urin vermehrt zu Blaseninfekten nei­

gen.

Was wissen wir über die Entste­

hung der diabetischen Polyneuro­

pathie?

Man muß sich - wenn man die ver­

schiedenen Formen der Neuropathie sieht - schon fragen, ob dies alles über einen Mechanismus abläuft, oder ob es nicht vielleicht verschiedene Ur­

sachen gibt, so Prof Dr. D. Luft von der Medizinischen Universitätsklinik V in Tübingen. Derzeitiger Stand ist, daß man bei der Mononeuropathie als Auslöser eine Durchblutungsstö­

rung vermutet: Einzelne Gefäße wer­

den verschlossen und die Neuropa­

thie (z. B. eine Augenmuskelläh­

mung) tritt plötzlich auf, bildet sich aber in der Regel gut wieder zurück.

Der peripheren sensiblen und der autonomen Neuropathie liegen wahrscheinlich die gleichen Patho- mechanismen zugrunde, die Ursa­

chen sind hier nicht monokausal. Die zweite Frage ist, ob der Diabetes das Nervengewebe direkt schädigt, oder ob dies über die Schädigung anderer Gewebe geschieht. Bis vor kurzem war man überzeugt davon, daß die metabolischen Veränderungen beim Diabetes direkt im Nerven auftreten und diesen schädigen (metabolische Hypothese). Im Gegensatz dazu stand die vaskuläre Hypothese mit der Vorstellung, daß der Diabetes zu einer Angiopathie führt, die ihrer­

seits wieder die Komplikationen am Nerv verursacht (Abb. 1). Allerdings, so Luft, schließen diese beiden Hy­

pothesen einander ja keineswegs aus.

Bei den metabolischen Störungen hat die Polyol-Myo-Inositol-Hypo- these die breiteste Anerkennung ge­

funden. 1967 konnte man im Ratten­

versuch erstmals belegen, daß es im Nervengewebe von Ratten zu einer Anhäufung von Polyolen (Zuckeral­

koholen) kommt. Zucker kann leicht - ohne Insulin - in den Nerven ein- dringen, wo er normalerweise ver- stoffwechselt wird. Ist der Zuckerge­

halt im Blut und damit im Nerven zu

hoch, wird er nicht mehr über den üblichen Stoffwechselweg verarbei­

tet und es wird Sorbitol gebildet. Dies diffundiert aus den Nerven schlecht heraus und wird über die Sorbitde­

hydrogenase langsam zu Fructose verarbeitet. Es kommt bei der Hy­

perglykämie letztlich zu einer An­

häufung von Sorbit und Fructose im Nerven. Weiter wurde eine Störung im Myo-Inosit-Stoffwechsel - die sich in einer vemehrten Ausscheidung über den Urin manifestiert - festge­

stellt. Der Zucker hemmt vermutlich die Myo-Inosit-Aufnahme in den Nerven, wie auch die Sorbit-Anhäu­

fung die Myo-Inosit-Konzentration verringert. Dadurch aber soll der Membranstoffwechsel im Nerven ge­

schädigt werden, Folge ist eine Stö­

rung der Natrium-Kalium-ATPase- Aktivität und wiederum eine Verrin­

gerung der Myo-Inosit-Aufnahme.

Die Natrium-Kalium-ATPase-Aktivi- tät wird in Zusammenhang mit einer verminderten Nervenleitgeschwin- digkeit gebracht. Viele Untersuchun­

gen stützen diese Hypothese.

Eine Untersuchergruppe ist über­

zeugt davon, daß sie zu dieser Hypo­

these ein morphologisches Korrelat gefunden hat: Sie hat bei Untersu­

chungen in Nerven eine sogenannte axogliale Entkopplung gefunden, die eine verminderte Erregbarkeit zu Folge hat. Weitere metabolische Ver­

änderungen, die eine Rolle spielen können, sind die nicht enzymatische Glykosylierung. Möglicherweise be­

einträchtigt die Glykierung von Ner- veneiweiß die Funktion. Beim Diabe­

tiker ist weiterhin der Übergang von der Linolsäure zur Gamma-Linolen­

säure gestört, mit der wahrscheinli­

chen Folge einer Veränderung des Gefaßdurchmessers und der Gefaß- regulation - und damit auch einer Änderung der Durchblutung. Dies könnte für die Versorgung des Ner­

ven mit Glukose und Sauerstoff eine Rolle spielen. Bei diesen Reaktionen entstehen offenbar vermehrt Sauer­

stoffradikale, die zu einer Störung des Endothels führen können: zu ei­

ner Proliferation von glatten

Muskel-iS i

vKoi^

reß

363

Diabetes mellitus... ????

1. Vaskuläre Hypothese DM---► Angiopathie

► Komplikationen

-► Komplikationen 2. Metabolische Hypothese

DM---► Metabolite -► Komplikationen

Abbildung 1: Diabetische Polyneuropathie: Ätiologie und Pathogenese

zellen, zur Aktivierung von Plätt­

chen. Die resultierende Gefaßverän- derung könnte zu einer schlechteren Ernährung des Nerven führen.

Dies schlägt, so Luft, eigentlich schon die Brücke zur ältesten, der vasku­

lären Hypothese. Im Gegensatz zur früheren Auffassung kann es sich dabei allerdings nicht um eine Ma­

kroangiopathie handeln. Jedoch wurde 1959 nachgewiesen, daß in den endoneuralen Kapillaren eine verdickte Basalmembran vorhanden ist, und in den letzten Jahren gab es viele Einzelbefunde dazu, daß in den Gefäßen tatsächlich schädigende Prozesse ablaufen. Es gibt bei der Neuropathie eine Assoziation zu den anderen mikroangiopathischen Komplikationen Retinopathie und Nephropathie. Außerdem kann man in den endoneuralen Gefäßen eine Reihe von Veränderungen nachwei- sen: Der endoneurale Blutfluß ist vermindert, der Sauerstoffdruck im Nerven abgefallen und man kann - zumindest im Tierversuch - durch Sauerstoffgabe eine Neuropathie vermindern. In den letzten Jahren kam aufgrund von Beobachtungen eine immunologische Hypothese auf Daneben werden auch zuneh­

mend Störungen der Trophik der Nerven nachgewiesen.

Man kann sicher annehmen, daß die diabetische Neuropathie keine mo­

nokausale Genese hat - hergeleitet aus der Hyperglykämie -, sondern daß zur Entwicklung verschiedene Mechanismen beitragen, wobei der Stellenwert der einzelnen Faktoren noch unklar ist. Ganz im Vorder­

grund der Diskussion - so faßt Luft

die Hypothesen zusammen - stehen im Augenblick der Polyolweg und die Mikroangiopathie, hierzu gibt es auch die meisten Untersuchungen und Therapieansätze.

Alpha-Liponsäure: biochemische und zellbiologische Aspekte

Da die Alpha-Liponsäure in der Stu­

fentherapie der diabetischen Poly­

neuropathie nach der scharfen Stoff­

wechseleinstellung schon an zweiter Stelle steht, interessiert natürlich die Frage, inwieweit sie auf der Basis der Hypothesen zu einer Verbesse­

rung beim Diabetiker führt. Die ubi­

quitäre Verbreitung von Alpha-Li­

ponsäure, ihr Vorkommen in Multi­

enzymkomplexen des Energiestoff­

wechsels sowie die Tatsache, daß sie den Energiestoffwechsel der Zelle verbessert, lassen, so Prof Dr. J. Be­

reiter-Hahn von der GK Kinemati­

sche Zellforschung der Universität Frankfurt/Main, ein breites Wir­

kungsspektrum erwarten. Sie kommt vor allem in Enzymkomplexen vor, die für Redoxvorgänge zuständig sind. Über das Pyruvat wird über die Liponsäure-abhängige Pyruvatdehy­

drogenase das Acetyl-CoA gebildet, das in den Zitronensäurezyklus ein­

geschleust wird. Dazu muß es mit dem Oxalessig kondensieren. Im Dia­

betes findet sich eine Verschiebung vom Zucker- zum Fettstoffwechsel, es erfolgt ein erhöhter Abbau von Fettsäuren, der große Mengen von Acetyl-CoA liefert. Diese kann nur dann in den Zitronensäurezyklus kommen, wenn genügend Oxalace- tat vorhanden ist. Durch die erhöhte Betaoxidation tritt eine Verarmung

auf und es entstehen Ketokörper, de­

ren klinisches Korrelat die Ketose ist.

In gelöster Form kann die Lipon­

säure Acetyl-CoA ersetzen, es bildet sich Acetyl-Liponsäure. In dieser Form kann sie nicht in den Zitronen­

säurezyklus eingeschleust werden, verbraucht hier also auch keine Ox- alessigsäure. Ein weiterer Weg ist, daß die Pyruvatdehydrogenase ge­

hemmt wird. Wenn noch zum Teil eine Glykolyse vorhanden ist, führt dies zu einer Ansammlung des Pyru­

vats, woraus wiederum Oxalacetat resultiert. Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche weitere Möglichkei­

ten: die Liponsäure stellt ein Redox- System dar, sie ist außerdem ein Ra­

dikalfänger. Sie kann auch Komp­

lexe mit Metallen bilden, darauf be­

ruht ihre Schutzwirkung bei Schwermetallvergiftungen. Lipon­

säure hat eine ähnliche Wirkung wie ein Nervenwachstums-Faktor (ge­

prüft an Nervenzellen in der Kultur in hohen Konzentrationen). Sie führt dort zu einer erhöhten Bildung von Nervenfortsätzen und zu einer Erhö­

hung der Verzweigung. Auch wer­

den unter Liponsäure die Membra­

nen für Glucose dichter. Und nicht zuletzt ist unter Liponsäure der ATP- Gehalt in der Zelle und damit die zur Verfügung stehende Energie be­

trächtlich gesteigert - in Extremfal­

len bis zum Neunfachen.

Welche Rolle spielt oxidativer Streß?

Die oxidativen Belastungen des Men­

schen haben in neuerer Zeit zivilisa­

tionsbedingt zugenommen, erklärt Priv.-Doz. Dr. B. Kuklinski vom Kli­

nikum für Innere Medizin in Rostock.

Gerade beim schlecht eingestellten Diabetiker spielen diese Vorgänge eine große Rolle. Bei der Oxidation entstehen mit den Superoxid- und den Hydroxylradikalen hochtoxische Substanzen, die der Organismus für viele Prozesse benötigt. Damit diese Radikale keinen Schaden anrichten, existiert eine breite Kaskade von Ra- dikalföngern. Erkrankungen wie z. B. der Diabetes führen dazu, daß die Radikalenbildung im Organismus

364 Zlü^

erhöht wird. In noch viel stärkerem Maße ist dies beim schlecht einge­

stellten Diabetes der Fall. Diabeti­

ker, so Kuklinski, liegen immer in einem zu hohen Oxidationsgrad - ei­

ner der Gründe, weshalb sie schnel­

ler altern. Es tritt auch eine Verar­

mung an Polyen-Fettsäuren auf, die wichtig sind für die Stabilität der Nervenscheiden.

Ein Diabetiker, der schlecht einge­

stellt ist, weist also immer einen oxi­

dativen Streß auf. Zur Regulierung spielen Spurenelemente, Vitamine und Antioxidanzien eine Einheit dar, sie wirken synergistisch. a-Lipon- säure hat, wie mittlerweile bekannt ist, sehr ausgeprägte Radikallange­

reigenschaften. An 80 Patienten mit diabetischem Spätsyndrom wurde ihre Wirkung (600 mg/die, z. B. Thio­

gamma® 600 oral) geprüft. Bei der Kontrollgruppe kam es innerhalb der Behandlungszeit von drei Monaten in 25 Prozent zur Progression, unter dem Verum zu einer deutlichen Ver­

besserung der neuropathischen Symptome in zwei Drittel aller Fälle.

Die Neuropathie wurde unter Alpha- Liponsäure um 60 Prozent reduziert, gemessen an der Thermo- und der Vibrationssensitivität.

Therapeutische Prinzipien

Insbesondere die älteren Patienten mit einem Diabetes Typ II sind es, die häufig von einer klinisch relevan­

ten Neuropathie betroffen sind, er­

klärt Priv.-Doz. Dr. D. Ziegler aus dem Diabetes-Forschungsinstitut der Universität Düsseldorf. Die Mor­

talität von Patienten mit neuropathi­

schen Symptomen kann erhöht sein.

Neben den verschiedenen Formen der Neuropathie gibt es auch ver­

schiedene Stadien: a) Initial eine Funktionsstörung, gefolgt von b) ei­

nem Funktionsausfall und c) einer axonalen Degeneration und schließ­

lich d) nekrotischen Veränderungen.

Wo der »point of no return« liegt, d.h. ab wann die neuropathischen Veränderungen irreversibel sind, weiß man bis heute noch nicht,

ge-Kongr^

A cm

Schmerzen Parästhesien

Woche 3 Woche 15 Woche 3 Woche 15

a-Liponsäure (n=11) Vitamin B-| (n=12)

Abbildung 2: Rückgang der Scores für Schmerz und Parästhesien

nügend Anlaß also für eine frühzei­

tige Therapie, die einzige Chance, die Neuropathie zu verhindern oder doch zumindest hinauszuschieben.

Grundlage der Therapie in allen Sta­

dien ist die möglichst normnahe Dia­

betes-Einstellung: Beim Typ-I-Dia- betiker die Umstellung auf eine in­

tensivierte, beim Typ-II-Diabetiker u. U. der erstmalige Einsatz der In­

sulintherapie. Es kann aber sehr lange dauern, bis zu zwei Jahre, bis man eine Verbesserung der Neuro­

pathie sieht. Darüber hinaus steht momentan im klinischen Alltag nur die Reduktion des oxidativen Stres­

ses zur Verfügung, andere geprüfte Prinzipien haben entweder versagt, zu viele Nebenwirkungen, oder sind nicht ausreichend geprüft. Daneben sind natürlich (Typ-II-Diabetiker) die Gewichtsreduktion, die Alkohol- und Nikotinkarenz von Bedeutung. Wäh­

rend ältere Studien mit Alpha-Lipon­

säure noch mit 200 bis 300 mg/die per OS durchgeführt wurden, geht man heute davon aus, daß initial hochdosiert i.v. 600 mg/die (z.B.

Thiogamma® 600 injekt) gegeben werden sollten. Damit wurde u.a.

eine Besserung der Einschränkung der Herzfrequenz-Variation - deutli­

ches Zeichen einer autonomen Neu­

ropathie - wie auch eine Besserung der Symptome der Neuropathie be­

legt. In einer Studie in Düsseldorf mit initial 600 mg/die i. v. über drei Wo­

chen konnte der Schmerzscore (ge­

messen mit einer visuellen Analog­

skala) signifikant gebessert werden.

Der Erfolg hielt auch bei einer Fort­

setzung der Therapie mit 600 mg oral (Thiogamma® 600 oral) nach weiteren zwölf Wochen an (Abb. 2).

Auch der Summenscore aus Schmerz, Parästhesien und Taub­

heitsgefühl - Hauptsymptome der diabetischen Polyneuropathie - bes­

serten sich deutlich. In der Stufen­

therapie der Polyneuropathie steht die Alpha-Liponsäure somit an der zweiten Stelle. Bei Patienten, die darauf nicht ansprechen, kann ein Versuch mit Capsaicin (z.B. Capsa­

mol®, topisch, kurzfristig und inter­

mittierend) gemacht werden. In der dritten Stufe folgen trizyklische An­

tidepressiva (Imipramin, Amitryptin, Desipramin), ggf das Antikonvulsi- vum Carbamazepin (z.B. Carba­

gamma®), und in der Stufe 4 - quasi als Ultima ratio - unter regelmäßi­

gen EKG-Kontrollen das Ib-An- tiarrhythmikum Mexiletin.

Günther Buck Obere Grabenstraße 42 73235 Weilbeim an der Teck

Minden Pharma GmbH, 32419 Minden, Miroton® N forte

Zusammensetzung: Miroton® N forte: 1 Dra­

gee enthält: 42,30 mg Adonidis herbae extr.

fluid, stand, auf 0,18 mg Gesamtglykoside, be­

rechnet als Cymarin, 8,75 mg Convallariae herbae extr. sicc. stand, auf 0,18 mg Gesamt­

glykoside, berechnet als Convallatoxin, 0,13 mg Scillae var. alb. bulbi extr. sicc. stand, auf 0,09 mg Gesamtglykoside, berechnet als Pros- cillaridin. Enthält das Konservierungsmittel Me- thyl-4-hydroxybenzoat (Parabene). Miroton® N forte: 100 g Lösung enthalten: 4230 mg Ado­

nidis herbae extr. fluid, stand, auf 18 mg Ge­

samtglykoside, berechnet als Cymarin, 875 mg Convallariae herbae extr. sicc. stand, auf 18 mg Gesamtglykoside, berechnet als Convalla­

toxin, 13 mg Scillae var. alb. bulbi extr. sicc.

stand, auf 9 mg Gesamtglykoside, berechnet als Proscillaridin. Enthält das Konservierungs­

mittel Methyl-4-hydroxybenzoat (Parabene).

Enthält 25 Vol.-% Alkohol. 1 g Lösung = 30 Tropfen. Anwendungsgebiete: Leichte For­

men der Herzleistungsschwäche, Altersherz.

Gegenanzeigen: Therapie mit Digitalis-Glyko­

siden, Kalium-Mangelzustände. Die Einnahme von Miroton® N forte während der Schwanger­

schaft, besonders im ersten Drittel, und in der Stillzeit sollte in jedem Fall kritisch abgewogen werden. Nebenwirkungen: Aufgrund des pharmakologischen Profils der in Miroton® N forte enthaltenen Extrakte können folgende un- enwünschte Wirkungen auftreten: Übelkeit, Er­

brechen, Magenbeschwerden, Durchfall und Herzrhythmusstörungen (unregelmäßiger Puls). Aufgrund des Gehaltes an Parabenen (Konservierungsmittel) können bei entspre­

chend veranlagten Patienten in extrem selte­

nen Einzelfällen Überempfindlichkeitsreaktio- nen auftreten.

Wirkungsweise: Die Gesamtglykoside der in Miroton® N forte enthaltenen Pflanzenauszüge führen zu einer deutlichen und schonenden Steigerung der Herzkraft. Als Ausdruck dieser Wirkung kommt es unter anderem zu einer vermehrten Aus­

schwemmung im Körper vorhande­

ner Wasseran­

sammlungen und somit zu einer Ent­

lastung des Her­

zens und des ge­

samten Kreislaufs.

Eine infolge der Herzleistungs­

schwäche hervor­

gerufene zu schnelle Herz­

schlagfolge normalisiert sich; Miroton® N forte

schlagfolge normalisiert sich; Miroton® N forte

Im Dokument 9/94 (Seite 81-85)