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Kann die bessere Therapie weniger kosten?

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S T U D I E É T U D E

J A M A

Würde hoher Blutdruck ge- mäss vorgeschlagenen Richt- linien behandelt, so rechnen Michael A. Fischer und Jerry Avon im JAMA vor, dann sparte dies nur schon bei den über Siebzigjährigen 1,2 Milli- arden Dollar Medikamenten- kosten pro Jahr ein.

Das Sozialversicherungssystem der USA ist völlig anders als das der Schweiz. Oft hin- ken daher Vergleiche zwischen den beiden Ländern, wenn amerikanische medizin- ökonomische Untersuchungen unreflek- tiert auf die Schweiz übertragen werden.

Zumindest teilweise können hingegen die Ergebnisse von Studien übernommen werden, die berechnen, inwiefern das Verschreibeverhalten der Ärzteschaft Medi- kamentenkosten beeinflusst. Solch eine medizinökonomische Arbeit der Harvard Medical School, 2004 im JAMA erschie- nen, untersuchte, wie viel eingespart wer- den könnte, wenn Hypertonikerinnen strikt nach den Richtlinien des 7. Berichts des Joint National Committee on Preven- tion, Detection, Evaluation and Treatment of High Blood Pressure (JNC 7) behandelt worden wären.

Mehr als zwei Millionen Rezepte wurden geprüft, welche von einem grossen Kollek- tiv von 133 624 Patientinnen* mit einem Durchschnittsalter von 79,8 Jahren einge- löst worden waren. Aufwändig und genau wurden Komorbidität und Medikamenten- anamnese der einzelnen Patientinnen er- hoben, doch da die Autoren nicht die Pa- tientinnen untersuchten oder befragten und keinen Kontakt mit den verschreiben- den Ärztinnen aufnahmen, räumten sie ein, dass in einigen Fällen Kontraindika- tionen gegen eine evidenzbasierte Medi- kation hätten vorliegen können. Es wur- den zwei Gruppen gebildet: eine mit behandelten Hypertonikerinnen ohne wei- tere Leiden und eine mit Patientinnen mit zusätzlichen Erkrankungen wie Diabetes mellitus (45,3%), Herzinsuffizienz (55,6%), Status nach Myokardinfarkt (45,9%), Asthma und/oder COPD (43,4%), Angina pectoris (44,4%), Nephropathie (14,3%) oder benigne Prostatahyperplasie (11,5%).

Sowohl in der Gruppe der Patientinnen mit Begleiterkrankungen wie in der Gruppe mit unkompliziertem Bluthochdruck wurde dann geprüft, ob ein Thiaziddiuretikum zum aktuellen Zeitpunkt eingenommen wurde oder ob schon früher einmal damit behandelt worden war. War dies der Fall, wurde keine theoretische Substitution vorgenommen. War es nicht der Fall, wurde bei den Patientinnen, die ausschliess- lich eine Hypertonie aufwiesen, ausgerech- net, was es gekostet hätte, wenn man gemäss den JNC-7-Richtlinien Thiaziddiu- retika gegeben hätte. Bei der Gruppe mit Komorbidität wurden gemäss Richtlinien und unter Beachtung der bestehenden zusätzlichen Leiden die Kosten für das

eigentlich angezeigte Antihypertonikum berechnet.

Laut JNC-7-Richtlinien sind Thiaziddiure- tika die erste Wahl bei Patientinnen, die keine Kontraindikationen dafür aufwei- sen oder die nicht wegen Begleiterkrank- ungen ein anderes Antihypertonikum be- kommen sollten. Bei diesen Patientinnen wurden zudem die Kosten für Kalium- kontrollen und -medikation addiert. ACE- Hemmer sind für Patientinnen mit Herz- insuffizienz oder Diabetes mit Nephropa- thie die angezeigte Therapie, für Letztere kommen ebenfalls als Mittel der ersten Wahl Angiotensin-Rezeptoren-Blocker in Frage. Betablocker wurden bei Patien- tinnen mit ischämischen Herzleiden als Mittel der Wahl einkalkuliert, es sei denn, dass sie zusätzlich unter Asthma, COPD oder Herzinsuffizienz litten.

815 316 Verschreibungen, also zirka 40 Pro- zent des untersuchten Kollektivs, waren nicht nach dem neuesten Stand des Wis- sens erfolgt. Gemäss evidenzbasierten Richtlinien wäre eine andere Medikation angezeigt gewesen, und in den meisten Fällen, nämlich bei 631 951 Verschreibun- gen (31% aller Rezepte), wäre diese sogar

Kann die bessere Therapie weniger kosten?

Evidenzbasierte Hypertonie-Medikation: Ökonomische Auswirkungen ärztlichen Rezeptierverhaltens

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●Viele Ärzte verschreiben Anti- hypertensiva nicht nach den Empfehlungen des JNC-7.

●Durch eine den Leitlinien ange- passte Verschreibung liesse sich (in den USA) etwa ein Viertel der Kosten für die Behandlung des Hochdrucks einsparen.

* 83,4 Prozent der Untersuchten waren Frauen. Mit sämtlichen weiblichen Formen im Text sind auch Männer mitgemeint.

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preisgünstiger gewesen. Höhere Kosten durch evidenzbasierte Medikation wären bei 9 Prozent entstanden.

11,6 Millionen Dollar liessen sich einsparen

Insgesamt hätte evidenzbasiertes Verschrei- ben 11,6 Millionen Dollar im Studienjahr eingespart, was 24 Prozent der Gesamt- kosten für Antihypertonika gleichkommt.

Am häufigsten wurden Kalziumantago- nisten zu Unrecht verschrieben, nämlich bei fast der Hälfte der Rezepte. Die grösste Ersparnis wäre zu bewerkstelligen gewe- sen, wenn zugunsten von Thiaziddiuretika auf Kalziumantagonisten und Kombina- tionen, die Kalziumantangonisten enthal-

ten, verzichtet worden wäre. 23 Prozent der verschriebenen ACE-Hemmer wären durch Thiaziddiuretika ersetzbar gewesen.

Falsch verschriebene Betablocker, die durch ACE-Hemmer hätten ersetzt wer- den sollen, schlugen mit potenziellen Mehrkosten von 570 000 Dollar zu Buche.

Ist das Verschreibeverhalten von Schweizer Ärztinnen mit dem von amerikanischen Ärztinnen vergleichbar? Werden auch hierzulande zu viele teure Antihyperten- siva rezeptiert? Könnte das schweizeri- sche Gesundheitswesen auch Medika- mentenkosten einsparen, wenn man sich an geltende Richtlinien halten würde?

Diese Fragen sollten medizinökonomische Studien beantworten. Doch was sind die Gründe für das Abweichen von evidenz-

basierten Guidelines? Vermutlich hierzu- lande genau dieselben, wie die Autoren es für die USA postulieren: unter anderem das aggressive Vermarkten von neuen, teureren Produkten durch die pharmazeu- tische Industrie, was Ärztinnen wie Patien- tinnen gleichermassen beeinflusst. ●

Fischer M.A., Avorn J.: Economic Implica- tions of Evidence-Based Prescribing for Hy- pertension. JAMA 2004; 291: 1850–1856.

Annette Thommen

Interessenlage: Die JAMA-Autoren geben keinerlei Interessenkonflikte an.

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