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Archiv "Finanzierungen: Baugeld mit Risiko" (08.12.2000)

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Academic year: 2022

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ine typische Immobilienfi- nanzierung ist konserva- tiv aufgebaut: Der Kunde muss nicht nur über ein ange- messenes Einkommen, son- dern auch über ein Eigenkapi- tal von zehn bis 30 Prozent des Immobilienwertes verfügen.

Das fehlende Kapital wird von der Bank als Darlehen beige- steuert. Die Fremdmittel wer- den marktgerecht verzinst und mit anfänglich ein bis drei Pro- zent der Darlehenssumme ge- tilgt. Die durchschnittliche Til- gungsdauer beträgt 30 Jahre.

Alternativen zum

„klassischen“ Darlehen Daneben gibt es die Mög- lichkeit der Lebensversiche- rungsfinanzierung. Das Darle- hen wird verzinst, aber nicht getilgt. Stattdessen fließen die Rückzahlungsraten in eine Ka- pital-Lebensversicherung mit dem Ziel, das Darlehen nach 15, 20 oder mehr Jahren aus der fälligen Kapital-Lebens- versicherung zurückzuzahlen.

Interessant ist das Modell bei der Finanzierung vermieteter oder betrieblich genutzter Im- mobilien. Während die Dar- lehenszinsen als Werbungsko- sten geltend gemacht wer- den können, bleibt der Ertrag aus der Kapital-Lebensversi- cherung steuerfrei. Mit dem Überschuss lässt sich die Diffe- renz zwischen Darlehenszins und Versicherungsertrag ab- decken.

Viele freie Vermittler offe- rieren eine weitere Finanzie- rungsmöglichkeit: die Koppe- lung an einen Investmentspar- plan. Auch hier bleibt das Darlehen tilgungsfrei. Die für die Tilgung vorgesehenen Ra- ten fließen in ein Investment- anlagekonto, zum Beispiel in Aktienfondsanteile. Nach ei-

ner Laufzeit von meist 15 Jah- ren wird das Darlehen (gemäß der Musterrechnungen) mit dem Fondskapital getilgt.

Die Zahlen, mit denen die Vermittler werben können, sind durchaus überzeugend. In den vergangenen Jahrzehnten erzielten Aktienanlagen zehn bis zwölf Prozent Jahresrendi- te, während ein Darlehen auch nach dem jüngsten Zinsanstieg immer noch weniger als sieben Prozent Effektivzins kostet.

Selbst wenn es nur wenigen Fonds gelingt, langfristig (bei Berücksichtigung der Ge- bühren) zumindest dieselbe Wertentwicklung zu erzielen wie der DAX, bleibt ein Er- tragsüberschuss für eine vor- zeitige Entschuldung. Legt man ein „klassisches“ Darle- hen über 100 000 DM zugrun- de, das mit 6,5 Prozent verzinst und zwei Prozent getilgt wird, liegt die Restschuld nach 15 Jahren bei knapp 50 000 DM.

Investierte der Anleger das Geld indes via Fondsmodell, hat sich seine Restschuld bei einem Ertrag von zehn Prozent auf 36 750 DM reduziert.

Besonders leicht verkäuflich sind derar- tige Koppelungsmodel- le in guten Börsenzei- ten. Viele Vermittler ver- weisen derzeit auf den DAX- Anstieg um knapp 40 Prozent im Jahr 1999 und signali- sieren damit, dass Kunden ih- re Restschuld bei rechtzeiti- gem Einstieg vor Jahresfrist bereits um 40 Prozent redu- ziert hätten. Verschwiegen wird allerdings, dass dieser Ef- fekt erst bei fortgeschrittenen Finanzierungsmodellen einge- treten ist; nämlich dann, wenn das Investmentkapital bereits ebenso hoch war wie das Darlehen. Wurde der Vertrag

erst vor Jahresfrist geschlos- sen, hat nur das niedrige An- sparkapital des ersten Jahres von der Hausse profitiert.

Gerne verschwiegen wer- den auch die Risiken, die mit einer Koppelung an einen In- vestmentsparplan verbunden sind. Tatsache ist zwar, dass Aktien und Aktienfonds lang- fristig eine überdurchschnittli- che Verzinsung erwarten las- sen, mit der sich jeder Finan- zierungszins abdecken lassen sollte. Der Erfolg eines solchen Modells hängt aber entschei- dend von der Wertentwicklung der Fondsanteile in den letzten beiden Jahren der Finanzie- rung ab. Erzielte ein Fonds bei- spielsweise 14 Jahre lang eine Rendite von durchschnittlich zehn Prozent pro Jahr, verliert er im 15. Jahr aufgrund einer Aktienbaisse 40 Prozent, ist der Vorteil dieser Konstrukti- on zunichte gemacht. Gelingt es dem Fondsmanagement dann nicht, an die ertragsstar- ken Jahre anzuschließen, ko- stet die Finanzierung mögli- cherweise erheblich mehr als ein herkömmliches Darlehen.

Noch größer wird das Ver- lustrisiko, wenn der Kunde nicht nur seine Tilgungsra- ten in Fondsanteile investiert, sondern auch das Eigenkapi-

tal entsprechend anlegt. Eine 300 000-DM-Immobilie wird mit einem Darlehen über 300 000 DM finanziert; gleich- zeitig wird das Eigenkapital von 100 000 DM bereits zu Anfang in Fondsanteilen in- vestiert. Läuft die Börse gut, profitiert der Anleger schnell vom Zinseszinseffekt, erhöht sich der Wert seines Kapitals überdurchschnittlich. Bricht jedoch die Börse im ersten Jahr um 40 Prozent ein, redu- ziert sich der Wert des Fonds-

kapitals auf 60 000 DM – es entsteht eine Finanzierungs- lücke in Höhe von 40 000 DM, die geschlossen werden muss.

Noch weitere Risiken sind zu bedenken. Viele Anbieter werben mit den Steuervortei- len von Aktienfondsanlagen.

In der Tat unterliegt derzeit nur der vergleichsweise gerin- ge Zins- und Dividendenanteil der Ausschüttung der Besteue- rung, während Kursgewinne steuerfrei ausgezahlt werden.

Niemand garantiert jedoch dafür, dass diese Steuervorteile langfristig erhalten bleiben.

Auch im Fall eines vorzeiti- gen Ausstiegs – etwa aufgrund einer Scheidung – kann es zu einem bösen Erwachen kom- men. So fällt die meist zu zah- lende Vorfälligkeitsentschädi- gung generell höher aus als bei einem herkömmlichen Darle- hen, da keine Tilgungen er- bracht wurden. Zudem droht ein möglicherweise beträchtli- cher Verlust, sollte die Börsen- lage zum Ausstiegszeitpunkt ungünstig sein. Schließlich steht dann einem unverändert hohen Darlehen nur ein ver- gleichsweise geringes Sparka- pital gegenüber. Fraglich, ob der Wert der Immobilie dann ausreicht, um die Differenz in vollem Umfang abzudecken.

Dies zeigt, dass eine Fi- nanzierung mit Invest- mentfonds nur für Kunden interessant ist, die über ausrei- chendes Einkommen und Vermögen verfügen, um auch eine Baisse am Akti- enmarkt durchstehen zu kön- nen. Sind die finanziellen Mit- tel begrenzt, ist die „klassi- sche“ Finanzierung die besse- re Alternative. Auch hier kön- nen Kunden von einem An- dauern der Hausse profitieren:

Wird statt eines Tilgungssatzes von zwei oder drei Prozent le- diglich eine Tilgung von einem Prozent vereinbart und wird das eingesparte Geld in einen Aktienfonds oder direkt an der Börse angelegt, lässt sich auch damit ein durchaus be- trächtliches Kapital aufbauen, mit dem die Darlehensrest- schuld getilgt werden kann – bei wesentlich geringerem Ri-

siko. Peter Jobst

V A R I A

A

A3356 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 49½½½½8. Dezember 2000

Finanzierungen

Baugeld mit Risiko

Finanzierungsmodelle mit zwischengeschalteten Fondssparplänen finden guten Absatz – die Risiken dieser Darlehensform werden oft verschwiegen.

Wirtschaft

Fluch oder Segen? Dax-abhängige Finanzierun- gen sind riskant. Zeichnung: Dirk Meisner

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