Spezielle Komplikationen nach Bypass-Operation
Bei Diabetikern besteht im Vergleich zu Nichtdiabetikern postoperativ eine höhere Inzidenz an pulmonalen (32) und neurologischen Komplikationen wie zum Beispiel einem perioperativen Schlaganfall (8, 25, 35).
Herlitz et al. (17) beschreiben Diabe- tes mellitus als unabhängigen Risiko- faktor für neurologische Komplikatio- nen nach einer Bypass-Operation mit einem perioperativ um den Faktor zwei erhöhten Risiko.
Die Inzidenz perioperativer renaler Funktionsstörungen ist ebenfalls in der Gruppe der Diabetiker mit 3,1 Prozent versus 0,1 Prozent bei Nichtdiabetikern signifikant höher (31), wobei renale Funktionsstörungen als Notwendigkeit einer postoperativen Dialyse oder Er- höhung der Diuretika-Dosis aufgefasst wurden. Die erhöhte Inzidenz postope- rativer Komplikationen sowohl des re- nalen als auch des zerebrovaskulären Systems bei Diabetikern ist auf die für das Grundleiden charakteristische Mi- kro- und Makroangiopathie zurückzu- führen.
Vermeidung perioperativer Komplikationen
Die perioperative Mortalität sowie die Inzidenz an Schlaganfällen, Wundhei- lungsstörungen und renalen oder pul- monalen Komplikationen sind bei Dia- betikern höher als bei Nichtdiabetikern.
Um das erhöhte Risiko diabetischer Pa- tienten bei der koronaren Bypass-Ope- ration hinsichtlich kardialer Probleme, Organkomplikationen und Wundinfek- tionen zu berücksichtigen, bieten sich einige diagnostisch-technische und the- rapeutische Maßnahmen an. Eine prä- operativ schlechte Blutzuckereinstel- lung – sichtbar am HbA1c-Wert – prädis- poniert zu Komplikationen (11). Bei elektiven Patienten kann man daher ei- ne Verschiebung des Operationstermins bis zur Verbesserung der Stoffwechsel- lage diskutieren.
Bei Diabetikern kann der postopera- tive Einsatz eines Insulinperfusors mit einer strengen Blutzuckereinstellung zu einer signifikanten Senkung schwerer
Sternuminfektionen von 2,0 auf 0,8 Pro- zent führen (12). Eine genauere Über- prüfung des postoperativen Therapie- plans bei Diabetikern hinsichtlich der Vermeidung potenziell nephrotoxi- scher Medikamente und eine genauere Bilanzierung der Flüssigkeitstherapie ist bei Diabetikern notwendig, um einer eventuell präoperativ bestehenden Ein- schränkung der Nierenfunktion gerecht zu werden.
Auch durch Ausrichtung der chirur- gischen Technik auf weniger Invasivität kann eine Reduktion der perioperati- ven Komplikationsrate bei Diabetikern erreicht werden. Die Verwendung bei- der Aa. mammariae sollte unter Berücksichtigung der zentrumseigenen Infektionsraten genau überprüft wer- den.
Nach Präparation der A. mammaria mit möglichst wenig umgebendem Ge- webe („skelettierte IMA“) werden ster- nale Infektionen seltener beobachtet (14). Als Grund wird die Destruktion des periostalen Gewebes durch Ent- nahme eines breiten Pedikels mit kon- sekutiver Verminderung der sternalen Durchblutung diskutiert. Möglicher- weise besteht auch ein Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Kno- chenwachs und Elektrokautern und der Heilungstendenz des Sternums (14).
Zur Vermeidung eines perioperati- ven Schlaganfalls ist eine genaue Kenntnis des Karotisbefunds und des Verkalkungsgrads der Aorta ascendens unerlässlich. Dies kann unter Umstän- den die Durchführung eines präoperati- ven Thorax-CT oder einer intraoperati- ven, transösophagealen oder epiaorta- len Echokardiographie der Aorta erfor- dern. Eine präoperative Evaluation der Halsschlagadern mittels Doppler- oder Duplexsonographie ist grundsätzlich notwendig.
❚Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 2001; 98: A 919–923 [Heft 14]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.
Anschrift für die Verfasser:
Dr. med. Andreas Böning Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie Klinikum der Universität Kiel Arnold Heller-Straße 7, 24105 Kiel E-Mail: aboening@kielheart.uni-kiel.de
M E D I Z I N
Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 14½½½½6. April 2001 AA923
Die prophylaktische Gabe cholesterin- senkender Statine verringert nicht das Risiko, eine Knochenfraktur zu erleiden.
Zu diesem Ergebnis gelangt eine Teilaus- wertung einer großen randomisierten placebokontrollierten Doppelblindkon- trollstudie aus Neuseeland und Australi- en („LIPID“-Studie). Insgesamt erhiel- ten 9 014 Patienten beiderlei Geschlechts mit ischämischer Herzkrankheit und ei- nem medianen Alter von 62 Jahren täg- lich Pravastatin oder ein Placebo. Beob- achtet wurde sechs Jahre lang. Mit 175 Frakturen unterschied sich die Pravasta- tin-Gruppe nicht signifikant von der gleich großen Kontrollgruppe, in der 183 Frakturen festgestellt wurden. Die Zahl der Frakturen, die eine stationäre Be- handlung erforderlich machten, lag bei den Placebopatienten mit 101 niedriger als die aus der Pravastatin-Gruppe mit 107. Eine Verringerung von Frakturen unter Pravastatin konnte auch weder für die Teilgruppe der Frauen noch für die der über 65-Jährigen beobachtet werden.
Den Statinen wird, ebenso wie den Aminobisphosphonaten, eine positive Wirkung bei der Osteoporose zuge- schrieben. Klinische Beobachtungen ei- ner höheren Knochendichte und gerin- geren Frakturfrequenz infolge der Ga- be von Statinen konnten in der LIPID- Studie jedoch nicht bestätigt werden.
Die Autoren weisen aber darauf hin, dass die untersuchten Patienten hin- sichtlich osteoporotischer Befunde nicht ausgewählt waren, und dass die Frakturhäufigkeit kein verlässliches Maß für Änderungen im Knochenstoff- wechsel darstellt. Sie empfehlen, Stati- ne so lange nicht zur Osteoporosebe- handlung einzusetzen, bis randomisier- te Kontrollstudien ihre Wirksamkeit bei dieser Indikation nachweisen. brm Reid I R, Hague W, Emberson J et al.: Effect of pravasta- tin on frequency of fracture in the LIPID study: secondary analysis of a randomised controlled trial Lancet 2001;
357: 509–512.
Prof. Ian R. Reid, Department of Medicine, University of Auckland, Private Bag 92019, Auckland, New Zealand.
E-Mail: i.reid@auckland.ac.nz
Nach Statinen nicht weniger Frakturen
Referiert