EU-RICHTLINIE ZUM ZAHLUNGSVERZUG
Längere Frist für Krankenhäuser
Lieferanten beklagen, dass Krankenhäuser in einigen EU-Staaten Rechnungen nur schleppend begleichen. Eine überarbeitete EU-Richtlinie soll Abhilfe schaffen.
U
nternehmen und dieöffentli- che Hand in der Europä- ischen Union (EU) müssen künftig pünktlicher zahlen. Dies gilt auch für Krankenhäuser. Unterhändler des Europaparlaments (EP) und der Mitgliedstaaten einigten sich Mitte September auf eine neue EU-Richt- linie zum Zahlungsverzug. Damit will die EU vor allem den Gläubi- gerschutz kleinerer und mittlerer Unternehmen auch im Gesund- heitswesen verbessern.Denn die Zahlungsmoral ist nichtüberall so gut wie in Deutsch- land. Krankenhäuser in den EU- Mittelmeerländern gehören zu den größten Verzugssündern. Offene Rechnungenüber Monate oder so- gar Jahre hinweg sind hier keine Seltenheit. So dauert es beispiels- weise in Griechenland im Durch- schnitt 580 Tage, bis ein Kranken- haus Lieferanten von Medizinpro- dukten die Rechnungen bezahlt. In Italien sind es 224 Tage. Deutsch- lands Kliniken liegen mit durch- schnittlich 30 Tagen auf Platz eins im internationalen Ranking. Im EU-Durchschnitt werden Rechnun- gen nach 122 Tagen beglichen.
Schlupflöcher schließen
„Es ist sehrüberraschend, dass Län- der wie Brasilien und Mexiko ihre Lieferanten schneller bezahlen als manche europäischen Länder. Damit Europa hier aufholt, muss die Richt- linie Schlupflöcher schließen und zu frühzeitigen Zahlung ermutigen, in- dem sie Strafen auferlegt“, sagt John Wilkinson, Generaldirektor von Eu- comed, dem europäischen Verband der Medizinprodukteindustrie.
Nach der neuen EU-Richtlinie sollen sowohl private als auch öf- fentliche Krankenhäuser künftig 60 Tage Zeit haben, Rechnungen zu begleichen. In Ausnahmefällen sol- len sich die Vertragspartner auf län- gere Fristen einigen dürfen.
Den Einrichtungen wird somit eine längere Frist eingeräumt als Behörden. Hier tritt der Zahlungs- verzug grundsätzlich bereits nach 30 Tagen ein. Die fälligen Verzugs- zinsen sollen acht Prozent betragen.
In Deutschland ist ein Verzugszins von sieben Prozentüber dem Basis- zinssatz der Europäischen Zentral- bank üblich. Gläubiger sollen bei Zahlungsverzug zudem unabhängig vom Rechnungsbetrag eine Min- destentschädigung von 40 Euro für eine Mahnung erhalten.
Die EU-Kommission hatte ur- sprünglich eine Staffelung bei den Verzugsstrafen vorgesehen. So soll- ten bei Summen zwischen 1 001 bis 10 000 Euro 70 Euro fällig werden.
Bei höheren Beträgen sollte sich die Mahngebühr auf ein Prozent des Rechnungsbetrags belaufen. Säu- migen Schuldnern, zum Beispiel bei Krankenhausneubauten, wäre dies teuer zu stehen gekommen.
Der Kommission zufolge gibt es derzeit in der EU etwa 90 Milliar- den Euro an unbezahlten Rechnun- gen. Zwei Drittel davon entfallen auf die öffentliche Hand und ein Drittel auf Unternehmen.
Die Summe der nichtbezahlten Rechnungen beträgt allein im
Medizinproduktebereich nach An- gaben von Eucomed elf Milliarden Euro.
Regelung tritt 2013 in Kraft
Die neue Richtlinie sollte ursprüng- lich nur für öffentliche Institutio- nen gelten. Private Unternehmen sollten untereinander eigene Ver- tragsklauseln bestimmen dürfen.Einige Mitglieder des EP wollten darüber hinaus den Gesundheits- bereich komplett aus der Richtlinie herausnehmen. Die zuständige Be- richterstatterin im Europäischen Parlament, die deutsche Sozialde- mokratin Barbara Weiler, hatte al- lerdings darauf gedrängt, auch die privaten Krankenhäuser in Europa den Regelungen zu unterwerfen. Sie wollte damit sicherstellen, dass es zu keinen Wettbewerbsverzerrungen kommt, wenn für private undöffent- liche Krankenhäuser unterschied- liche Zahlungsregelungen gelten.
Das Europäische Parlament wird die neue Richtlinie voraussichtlich am 19. Oktober verabschieden. Nach ei- ner formalen Billigung durch den Rat kann die Richtlinie im kommenden Jahr in Kraft treten. Ab 2013 gelten dann die neuen Bestimmungen. ■ Petra Spielberg
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