DIE ARZNEIMITTELKOMMISSION DER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT INFORMIERT:
Neubewertung von Nutzen und Risiko der
Butazone und des Indoprofen durch das BGA
Wie in der Information der Arz- neimittelkommission vom 27.
Januar 1984 (DÄ Heft 4/84) an- gekündigt, lud das Bundesge- sundheitsamt die betroffenen Hersteller, die Stufenplanbe- teiligten und die Öffentlichkeit zu zwei Anhörungen zur Neu- bewertung des Nutzen/Risiko- verhältnisses von Antiphlogisti- ka aus der Gruppe der Butazo- ne und des Indoprofen am 15.
und 16. März nach Berlin ein.
Erstmals lagen für Phenylbuta- zon und seine Derivate zur An- hörung Angaben zur Abschät- zung des exponierten Bevölke- rungsanteils vor, bei der ge- nannten Arzneistoffgruppe ist mit 120 Millionen mittleren Ta- gesdosen pro Jahr zu rechnen.
Im Gegensatz zur Bundesrepu- blik liegen für Großbritannien auf die Verordnungshäufigkeit bezogene Angaben im Ver- gleich mit einem anderen ge- bräuchlichen nicht-steroidalen Antiphlogistikum vor. So wur- den dort auf 1 Million Verord- nungen Indometacin 1,4 To- desfälle, bei Phenylbutazon 5,8 und bei Oxyphenbutazon 13,7 Todesfälle beobachtet. Das entspricht in etwa den Propor- tionen der Berichte aus der Bundesrepublik. Hier wurden insbesondere bei Gabe von Oxyphenbutazon mehrere Fäl- le von lebensbedrohlichem Ly- ell-Syndrom (S. der verbrühten Haut) beobachtet. Bei lokaler Anwendung insbesondere in Kombination mit Kortikostero- iden sah man relativ häufig schwerere Reaktionen an der Injektionsstelle. Für die weite-
ren Butazon-Derivate gab es wenig „harte Daten". Die rheu- matologischen Fachvertreter aus dem In- und Ausland waren sich weitgehend darüber einig, daß angesichts bislang risiko- ärmerer neuerer Antiphlogisti- ka Phenylbutazon und seine Derivate nur bei deren Versa- gen bzw. in bestimmten kriti-, schen Situationen eingesetzt werden sollten.
Es wird erwartet, daß das Bun- desgesundheitsamt entspre- chend den Wünschen der Rheumatologen die derzeiti- gen Anwendungsbeschränkun- gen für Phenylbutazon um eini- ge wenige wichtige Indikatio- nen lockert und die zeitliche Beschränkung relativiert. Ob Oxyphenbutazon weiter erhält- lich sein wird, wird von der weltweiten Entscheidung des Herstellers abhängen, ob er gegen das Verbot in Großbri- tannien Rechtsmittel einlegt.
Die Anhörung zu Indoprofen, die am nächsten Tage statt- fand, unterschied sich von der vorausgegangenen insofern, als der Hersteller eine größere Erhebung über Häufigkeit un- erwünschter Wirkungen vor und nach der Einführung vorle- gen konnte, die aber keinen Vergleich mit anderen nicht- steroidalen Antiphlogistika zu- ließ. Hier wird mit weiteren In- dikationsbeschränkungen, be- sonders bei der Anwendung als Analgetikum gerechnet, wenn auch die Entwicklung in Groß- britannien auf die Entschei- dung des Amtes Einfluß haben könnte.
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
BEKANNTMACHUNG DER BUNDESÄRZTEKAMMER FÜR SIE GELESEN
Schützt Aspirin vor Herzinfarkt?
Kontrovers diskutiert wurde im New England Journal of Medicine (1984, 310:122) die Arbeit von. H.
W. Lewis et al. über die protektive Wirkung von Aspirin bei Patienten mit instabiler Angina pectoris. Die Untersucher hatten zwei Gruppen mit Patienten gebildet, die unter einer definierten Koronartherapie standen und wovon die eine Aspi- rin und die zweite Placebo erhielt.
Die mit Aspirin behandelte Patien- tengruppe hatte eine signifikant erniedrigte lnzidenz von akuten Myokardinfarkten. Es wurden Zweifel geäußert, inwieweit ande- re Medikamente, wie z. B. Beta- blocker oder Nitrate, den Effekt von Aspirin überlagert haben.
Weiterhin war bei der zitierten Ar- beit nicht erwähnt worden, ob die Behandlung mit Aspirin einen Ein- fluß auf die klinische Symptomatik der Angina pectoris und auf die Notwendigkeit invasiver diagno- stischer und therapeutischer Maß- nahmen hat.
In einer Stellungnahme wiesen die Autoren darauf hin, daß die Patienten beider Gruppen etwa die gleichen Mengen an Betablok- kern und Nitraten, meist Propra- nolol und lang wirkende Nitrate, erhielten und daß eine Überlage- rung der Aspirinwirkung durch diese Substanzen unwahrschein- lich ist. Aspirin zeigte keinen Ef- fekt auf die Frequenz und den Schweregrad der Angina-pecto- ris-Anfälle. Da die Studie nach 12 Wochen abgeschlossen war, konnten keine Aussagen über mögliche Einflüsse der Aspirinbe- handlung auf weitere diagnosti- sche und therapeutische Maßnah- men gemacht werden. hbr
Lewis, H. D.; Davis, J. W.; Archibald, D. G.: Pro- tective effects of aspirin against acute myo- cardial infarction and death in men with unsta- ble angina pectoris: results of a Veterans Ad- ministration Cooperative Study. N. Engl. J.
Med. 309 (1983) 396-403 — Veterans Adminis- tration Medical Center, Kansas City, MO 64128, USA
Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 13 vom 30. März 1984 (53) 993