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Archiv "Frankreich: Regierung bittet zur Kasse" (02.07.2004)

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A1940 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 272. Juli 2004

M

it einer breit angelegten Gesund- heitsreform will die französische Regierung die nationale Kran- kenversicherung sanieren, die derzeit ein Defizit von 14 Milliarden Euro hat. Ne- ben leichten Beitragserhöhungen wird auch die Selbstbeteiligung der Patienten bei ärztlichen Behandlungen erhöht. Um die Koordination zwischen den verschie- denen behandelnden Ärzten zu verbes- sern, werden alle Patientendaten in einer zentralen Patientenakte gespeichert. Die Reform, die seit Ende April von Gesund- heitsminister Philippe Douste-Blazy vor- bereitet wurde, sieht außerdem vor, eine Art „Primärarztmodell“ einzuführen, dass jedoch für die Versicherten nicht ver- pflichtend sein wird. Patienten, die sich von ihrem Hausarzt zum Facharzt über- weisen lassen,werden aber eine geringere Selbstbeteiligung leisten müssen als die, die sich direkt an den Facharzt wenden.

Das Reformpaket soll ab Ende Juni im Parlament diskutiert und abgestimmt werden und könnte bereits Ende dieses Jahres in Kraft treten.

Obwohl seit Mitte der 70er-Jahre gut 20 Sparpläne umgesetzt wurden, schreibt die 1946 gegründete „Sécurité sociale“

fast ständig rote Zahlen. Douste-Blazy mahnte, dass das Defizit derzeit jede Mi- nute um 23 000 Euro steigt. Ohne die Re- form drohe dem System die Pleite, erklär- te der Minister.

Neue Einkommensquellen

Um das Defizit der Krankenversicherung bis spätestens 2007 auszugleichen, will die Regierung finanzielle und strukturelle Maßnahmen ergreifen. Neue Einkom- mensquellen sollen jährlich zehn Milliar- den Euro in die Kassen spülen. Daneben sollen mithilfe struktureller Maßnahmen und des Erschließens von Rationalisie- rungsreserven jährlich fünf Milliarden

Euro gespart werden. So werden die Krankenversicherungsbeiträge der Rent- ner denen der Berufstätigen angeglichen.

Auch die Arbeitgeberbeiträge sollen leicht erhöht werden. Patienten, die sich ohnehin schon mit rund 30 Prozent an den Kosten für die Arzt- und Zahnarztbe- handlung beteiligen,werden zusätzlich ei- nen Euro je Arztkontakt zahlen müssen.

Nur Schwangere, Kinder und Patienten mit bestimmten chronischen Erkrankung werden von dieser Zuzahlung befreit.

Wegen der hohen Selbstbeteiligung, die auch für Arzneimittel gilt, verfügen mehr als 90 Prozent aller Franzosen über eine zusätzliche Privatversiche- rung, die den Unterschied zwischen den geleisteten Zahlungen und den Kassen- erstattungen übernimmt. Diese Privat- versicherer werden allerdings selbst ent- scheiden, ob sie den einen Euro „Praxis- gebühr“ übernehmen. Im Gegensatz zu Deutschland ändert sich durch die Ein- führung der Gebühr für die Ärzte nichts: Sie sind es gewohnt zu kassieren, denn in Frankreich treten die Patienten bei Ärzten und anderen Heilberuflern in Vorleistung. Die Kostenerstattung durch die Krankenversicherung erfolgt erst im Nachhinein.

Die Reform sieht außerdem vor, dass Patienten im Krankenhaus statt der zurzeit fälligen Tagespauschale von 14 Euro künftig 17 Euro bezahlen müs- sen. Eine weitere Erhöhung der Zuzah- lungen bei Arzneimitteln ist nicht ge- plant. Die Regierung will jedoch die Verschreibung von preiswerten Generi- ka, die innerhalb der vergangenen drei Jahre bereits deutlich zugenommen hat, weiter fördern. Strenger kontrolliert werden sollen Krankschreibungen.

Ärzten, die Patienten unbegründet eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus- stellen, drohen Sanktionen, die bis zur Kündigung ihres Kassenvertrags rei- chen können.

Als Kernpunkt der Reform gilt der Regierung aber die bis 2007 geplante Einführung der „Patientenakte“. Kon- kret bedeutet das, dass alle Patienten ab diesem Zeitpunkt eine Chipkarte bei sich tragen, die die wichtigsten Befunde und Behandlungsdaten enthält. Bei je- dem Arzt- und Krankenhausbesuch wird der Patient diese Karte vorweisen müssen. Weigert er sich, die Daten einer Behandlung in seiner Akte speichern zu lassen, darf die Kasse die Erstattung der Behandlungskosten ablehnen. Damit, so hofft die Regierung, können unnötige Doppeluntersuchungen vermieden und die einzelnen Behandlungsschritte bes- ser koordiniert werden.

Krankenhäuser verschont

Im Rahmen des geplanten, freiwilligen

„Primärarztmodells“ schreiben sich die Patienten bei einem „behandelnden Arzt“ ein. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieser Haus- oder Facharzt ist. Der „be- handelnde Arzt“ wird den Patienten je- weils zum anderen Facharzt überweisen.

Liegt eine Überweisung vor, rechnet der Facharzt den normalen Kassentarif ab.

Sucht der Patient jedoch einen Facharzt ohne Überweisung auf, darf dieser zula- sten des Patienten einen Zuschlag ab- rechnen. Aus Sicht der Regierung birgt dieses System zwei Vorteile. Zum einen wird die Eigenverantwortung der Pati- enten gestärkt, zum anderen erhalten die Ärzte eine leichte Honorarer- höhung, ohne dass die Kassen damit be- lastet werden.

Im Gegensatz zu früheren Sparplä- nen, die wie im Fall der Praxisbudgets vor allem eine Reduktion der Leistungsmen- ge vorsahen, haben die meisten Ärzte- verbände den Reformentwurf relativ po- sitiv beurteilt. Ihrer Ansicht nach stärkt die Reform die Eigenverantwortung der Patienten, ohne die Heilberufler zu Sün- denböcken für die Finanzmisere zu stem- peln. Jedoch erwarten die Ärzte mehr Details zum „Primärarztmodell“,für des- sen Aufgaben sie auch gesondert ver- gütet werden wollen. Darüber hinaus kritisieren die niedergelassenen Ärzte, dass die Reform ausschließlich den am- bulanten Sektor betrifft, während die Krankenhäuser weitgehend „verschont“

bleiben. Denis Durand de Bousingen

Frankreich

Regierung bittet zur Kasse

Gesundheitsminister Philippe Douste-Blazy setzt bei der

Gesundheitsreform auf die Eigenverantwortung der Versicherten.

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