A-1393 Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 22, 29. Mai 1998 (65)
V A R I A RECHTSREPORT
Die Rechtsprechung der Zivilgerichte, wonach die ver- tragliche Arzthaftung auch den Unterhaltsanspruch des Kindes umfaßt, verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit Verfassungsbeschwer- den zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes befaßt.
Dieser hatte entschieden, daß ein Arzt bei einer fehlgeschla- genen Sterilisation oder bei fehlerhafter genetischer Bera- tung die Unterhaltspflicht für ein anschließend zur Welt ge- kommenes Kind zu überneh- men hat.
Diese Rechtsprechung der Zivilgerichte begegnet nach Ansicht des Bundesverfas- sungsgerichts (BVG) keinen verfassungsrechtlichen Be- denken. Eine vertragliche Haftung für den Kindesunter- halt und auch ein Schmer- zensgeld wegen einer gegen
den Willen der Frau eingetre- tenen Schwangerschaft und Geburt beruhe auf den seit langem entwickelten Grund- sätzen zur allgemeinen Ver- tragshaftung. Nach Meinung des BVG sind die zivilrechtli- chen Vorschriften und ihre Auslegung durch die Recht- sprechung bei diesem Schnitt- punkt von ärztlicher Verant- wortlichkeit und Familien- sphäre auf eine gerechte La- stenverteilung angelegt. Sie haben nicht zur Folge, daß elementare Persönlichkeits- bereiche kommerzialisiert werden. Die Anwendung des Schadensersatzrechts auf per- sonale Beziehungen mache nicht den Menschen als Per- son oder seine Persönlich- keitsrechte zum Handelsgut.
(Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 12. November 1997, Az.: 1 BvR 479/92 und 1
BvR 307/94) Be
Die Zulassung eines Arz- tes, der das 55. Lebensjahr vollendet hat, ist auch in den Fällen eines Umzugs von ei- nem Planungsbereich in ei- nen anderen ausgeschlossen.
Lediglich innerhalb eines Zu- lassungsbezirks kommt eine schlichte Verlegung eines Vertragsarztsitzes ohne er- neutes Zulassungsverfahren in Betracht.
Auch ein Ausnahmefall, der zur Vermeidung von un- billigen Härten nach § 25 Satz 2 Ärzte-Zulassungsverord- nung die Erteilung einer Zu- lassung gebieten könnte, liegt nach Meinung des Landesso- zialgerichts Sachsen-Anhalt nicht vor. Nicht etwa schon die Unmöglichkeit, außer- halb der vertragsärztlichen Tätigkeit eine der persönli- chen Selbstverwirklichung dienende berufliche Betäti-
gung zu finden, oder der Wunsch nach Zulassung am Ort eigener Wahl kann eine unbillige Härte begründen.
Unter die Härteregelung fal- len vor allem Ärzte, die aus wirtschaftlichen Gründen wei- terhin zwingend auf eine Erwerbstätigkeit angewiesen sind. Bei Ärzten, die bereits zur vertragsärztlichen Ver- sorgung zugelassen waren, kommt dann eine unbillige Härte in Betracht, wenn sie ihre vertragsärztliche Tätig- keit unfreiwillig, etwa wegen Krankheit oder aus anderen persönlichen Gründen, auf- geben mußten. Der Umzug in einen anderen Planungsbe- reich aus persönlichen Grün- den fällt hier nicht unter die Härtefallregelung. (Landes- sozialgericht Sachsen-An- halt, Urteil vom 12. Novem- ber 1997, Az.: L 4 Ka 3/96)Be