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Stellen wir uns nun die Frage, ob sich in afrikanischen Sprachen ähn¬ liche Erscheinungen der Nunation nachweisen lassen

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Academic year: 2022

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ÜBER NUNATION IN AFRIKANISCHEN SPRACHEN

Von J. Lukas, Hamburg

1. Nunation' wird in der semitischen Sprachwissenschaft als Terminus für

ein Suffixmorphem verwendet, das vor allem an einen großen Teil der No¬

mina des klassischen Nordarabischen antreten kann und Indetermination

bezeichnet. Das vom Namen des Buchstaben n (nuun) abgeleitete Wort hat

sich als brauchbare Bezeichnung für eine augenfällige Erscheinung einge¬

bürgert und soll auch im Folgenden für die Behandlung afrikanistischer

Probleme übernommen werden. Unter den Bestandteilen des Morphem¬

komplexes, den ein arabisches Nomen - wenigstens in vielen Fällen - dar¬

stellt, steht die Nunation an letzter Stelle; sie folgt also den Kasusmor¬

phemen, und diese der Nominalwurzel.

2. Stellen wir uns nun die Frage, ob sich in afrikanischen Sprachen ähn¬

liche Erscheinungen der Nunation nachweisen lassen. Versuche dieser

Art werden zunächst auf dem Gebiete der hamitischen Spraohen Erfolg

versprechen. In den folgenden Untersuchungen soll aber der Kreis der

behandelten Sprachen noch weiter eingeschränkt werden und nur die

wenig bekannten tschadohamitischen Sprachen umfassen.

3. In einer kürzlich erschienenen Arbeit hat Renate Lukas^ die Struk¬

tur des Nomens in der west-tschadohamitischen Sprache der Bade (Bäd6)

in Nord-Nigerien untersucht und gezeigt, daß diese Sprache viele Eigen¬

tümhchkeiten des Hamitischen in der Morphologie des Nomens bewahrt

hat. Dies gilt besonders von der Bewahrung des grammatischen Geschlechts

und vom Formemeichtum der Pluralbildung. Im Folgenden soll ein kurzer

Überblick über die Struktm des Nomens im Bade gegeben werden.

4. Das Nomen im Bade ist ein Komplex, d. h. es besteht aus mehreren

zu einer Einheit verschmolzenen Elementen. Der Minimalkomplex des

Badenomens setzt sich zusammen aus der Nominalwurzel, dem Stammvokal

und der Nunation. Die Nunation, d. h. das Suffix -n, ist Kennzeichen der

unbestimmten Form des Nomens. Innerhalb des Nominalkomplexes nimmt

sie die Endposition ein. Sie kommt sowohl in Singular- als auch in Plural¬

formen vor. Zizsammengesetzte Nomina mit mehr als einer Nominal wurzel

' Eine detaiUierte Darstellung dieses Themas erscheint in Kürze imter dem

Titel „Ntmation in afrikanischen Sprachen" im ANTHROPOS.

* Das Nomen im Bode (Nordnigerien). Afrika und Übersee Bd. LI, S. 91-116,

198-224.

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über Nunation in afrikanischen Sprachen 1093

haben nur eine Nunation, die dann auch grenzsignahsierende Funktion für

den Nominalkomplex hat. In der determiiüerten Form fehlt die Nunation.

Kennzeichen der Determination ist ein suffigiertes Element -uu, das zur

Nunation in komplementärer Distribution steht und so ein unmißver¬

ständliches Zeichen für die Bedeutung der Nunation im heutigen Sprach¬

zustand des Bade bildet.

5. Nach der Untersuchung des Bade, in dem eine bedeutungsvolle Nuna¬

tion faßbar war, fragt es sich, ob sich auch in anderen westtschadohami¬

tischen Sprachen ähnliche Phänomene greifen lassen. Eine Sprache, in der

von der Nunation allerdings nur nooh Spuren vorhanden sind, ist das Hausa.

Die Silbenstruktur des Hausa läßt am Silbenende nur eine verhältnismäßig

kleine Anzahl von konsonantischen Phonemen zu, unter denen sich n be¬

findet. Unter den auf -n endenden Wörtern des Grundwortschatzes be¬

findet sich auch das Wort für ,, Mensch" mutun, dessen konsonantisches

Wurzelgerüst vom Standpunkt des Hausa her gesehen aus mtn besteht,

was z. B. durch den Plural mutäanee bekräftigt wird. Ein anderes Bild er¬

gibt sich aber, wenn man dieses Hausa-Morphem mit dem bedeutungs¬

gleichen Morphem des Bade mdon vergleicht. Wie aus den oben gemachten

Ausführungen hervorgeht, besteht dieser Nominalkomplex aus der Wurzel

md, dem Stammvokal o und der Nunation. Vom Badewort ausgehend

kommen wir also zu dem Schluß, daß das Hausanomen aus einer im Hausa

nicht mehr lebendigen und durch einen Zusatz erweiterten Wurzel mut¬

besteht. Der Zusatz ist das Element -n, das der Nunation im Bade ent¬

spricht. Der Vergleich gewinnt noch an Überzeugungskraft, wenn man die

Plm-alformen nebeneinanderstellt, denn Bade md-a-n entspricht Hausa

mut-aa-n-ee ,, Menschen" bis auf das Pluralsuffix -ee.

6. Das Hansa-Nomen mutun ist ein Vertreter der auf Konsonant endenden

Nomina. Die Mehrzahl der Hausa-Nomina endet aber auf einen Vokal. In allen

diesen Pällen müßte die Nunation in das Morpheminnere verdrängt und als -n-

vor dem letzten Vokal erhalten sein, ohne vom vergleichenden Standpunkt aus

zur Wurzel zu gehören. Hier bieten sich zunächst drei Nomina an, bei denen

eine Nunation zu vermuten wäre, ohne daß allerdings eine Aussage über

ihre Funktion gemacht werden könnte. Das eine dieser Nomina ist suunaa

,,Name". Die ihm zu Grunde liegende Wurzel ist *sum-, dessen -m nach

einem morphophonemischen Wandel zu -u geworden ist. Das Nomen ist

infolgedessen in die Bestandteile sum-n-aa zu zerlegen . Nominalstammbilden¬

de Auslautvokale sind im Hausa weit verbreitet. Sie entsprechen, mit eini¬

gen Vorbehalten, den Stammvokalen des Bade, die in dieser Sprache aller¬

dings nicht am Ende des Morphemkomplexes stehen, sondern an vorletzter

Stelle vor der Nimation. Es handelt sich also hier um einen anderen Tat¬

bestand als im Hausa, wo die Nunation vor dem auslautenden Vokal stehen

muß. In der rekonstruierten Form sum-n-aa steht das Element -n- auch

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1094 J. Lukas

tatsächlich dort, wo wir es erwarten. Andere Wörter dieser Art sind hannuu

,,Hand" rmd tukunyaa ,, Kochtopf"; für beide Wörter ergäben sich etwa

folgende Zerlegungsmöglichkeiten: tuku-n-yaa bzw. han-n-uu. Auch hier

zeigt sich, daß die Wurzeln wohl ursprünglich kürzer anzusetzen sind, als

sie uns in ihrer heutigen Form entgegentreten. Der Vergleich mit den ent¬

sprechenden Bade-Nomina 'am-a-n ,,Hand" und gu-Skw-a-n ,, Kochtopf"

zeigt, daß das -n- im Hausa als Spur einer ehemals vorhandenen Nunation

anzusehen ist.

7. Die vorangegangenen Ausführungen mögen die Richtung andeuten,

in der man fortzuschreiten hätte, um im Hausa noeh weitere Spuren der

Nunation aufzudecken. Im Folgenden sollen einige Erscheinungen aus der

mittleren Gruppe der tschadohamitischen Sprachen, und zwar aus der

Sprache der Masa in Kamerun, untersucht werden, die im Zusammenhang

mit dem behandelten Thema von außerordentlichem Interesse sind. In

dieser Sprache finden sich die Morpheme -na und -ta. Sie sind nominale

Klassenanzeiger und kennzeichnen die maskulinen bzw. femininen Nomina,

sind jedoch gegenüber Determination bzw. Indetermination indifferent.

Es gibt aber zusätzlich Morpheme, mittels derer die Indetermination aus¬

gedrückt wird. Die Determination wird durch Demonstrativa gekennzeich¬

net. Es heißt also sa-na ,,Mann", mit dem Klassenanzeiger -na an den No-

minalstamm suffigiert. Die indeterminierte Form lautet sa'a ,,ein Mann".

Die determinierte Form, durch das Demonstrativ signalisiert, lautet san

keine ,, dieser Mensch". Der Abfall des Endvokals des Klassenanzeigers

kann unter bestimmten Bedingungen stattfinden, und zwar dann, wenn der

Nominalstamm airf Vokal endet. Entsprechend liegen die Verhältnisse be"

dem femininen Klassenanzeiger -ta, bei dem wir in Parallele zmr Nxmatioi

von einer Ta'ation sprechen können.

8. Die aus den Klassenzeichen resultierenden Elemente -n und -t lassei

sich mm durch Vergleich auch in anderen Sprachen der west-tschadoha¬

mitischen Gruppe aufspüren. Bemerkenswert ist hierbei, daß offensichtlich

die Zugehörigkeit zu einer der beiden Nominalklassen von Sprache zu

Sprache schwanken kann, so daß einer Nunation im Masana eine Ta'ation

etwa im Matakam oder Muzgu entspricht. Eine Funktion ist der Ta'ation

wie auch der Nimation in diesen Sprachen nicht mehr zuzuordnen.

9. Es scheint nunmehr deutlich zu sein, daß Zusammenhänge zwischen

der Nunation des Bade und den nominalen Klassenanzeigern des Masana

bestehen, obwohl die Funktion der Elemente in den einzelnen Sprachen

im heutigen Sprachzustand unterschiedlich ist. Die Entwicklung läßt sich

folgendermaßen nachkonstruieren: Die Klassenzugehörigkeit wurde ur¬

sprünglich auch im Bade durch morphologische Mittel gekennzeichnet;

durch Ausfall des Endvokals der Klassenanzeiger hat sich aus morpho¬

phonemischen Gründen auch das -t der femininen Nomina nicht gehalten.

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Uber Nunation in afrikanischen Sprachen 1095

so daß die für die Klassenunterscheidung wichtige Opposition -n ~ -t

verloren ging. Das Kennzeichen der ehemahgen Maskulina - etwa die

Hälfte der Nomina - hielt sich aber im Wortauslaut und war so charakte¬

ristisch, daß es schheßlich auf alle Nomina übertragen wurde. In diesem

Stadium hatte das Bade bereits eine determinierte Form auf -uu entwickelt,

und diesem standen nunmehr die Formen auf -n gegenüber und übernahmen

die Funktion der Indetermination. Die Nunation des Bade, in der eingangs

beschriebenen Form, war geboren.

10. Es zeigt sich hier wieder, wie sehr es sich bei vergleichenden Studien

empfiehlt, zunächst von einem eng gesteckten Rahmen auszugehen tmd

sich dm-ch Ähnlichkeiten oder sogar Identitäten bei räumhch weit getrenn¬

ten Sprachen nicht zu übereilten Rückschlüssen verleiten zu lassen. Äuf

räumhch engem Gebiet wird man eher die historische Entwicklung eines

Phänomens verfolgen und sie schärfer fassen können. Erst durch unsere

Untersuchung hat sich gezeigt, daß die Nunation im Bade gewiß keinen

direkten Zusammenhang mit der Nunation des klassischen Ärabisch hat.

Die Nimation im Bade und im Semitischen kann als Ergebnis unabhängiger

Entwicklungen in beiden Sprachbereichen angesehen werden, doch dürfte

das für die Nunation verwandte Morphem ein gemeinsames, uraltes Erb¬

stück sein.

73 Or.-Tg.

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EINIGE BEMERKUNGEN ZUM VOKALSYSTEM

DES MANDARA

Von Heide Mirt, Hamburg

1. Die folgenden Ausführungen handeln von der Sprache der Mandara'.

Dieses Volk lebt in Nordkamerun und ist aus der Literatur bekannt dm-ch

seine Vasallenschaft zum Reiehe von Bornu und die politische Rolle, die es

in Nordkamerun durch Jahrhunderte ausübte^. Aber nicht nur von diesem

Standpunkt aus sind die Mandara interessant. Rezente Untersuchungen,

die im Seminar für Afrikanische Sprachen und Kulturen der Universität

Hamburg durchgeführt wurden, zeigen die Beziehungen der Mandarasprache

zum tschadohamitischen Sprachkreis*.

2. Wenn ich weiter unten ein Problem aus der Phonologie dieser Sprache

herausgreife, so ist dies nicht zuletzt auch unter dem Gesichtspunkt ge¬

schehen, auf die Besonderheit dieses Problems innerhalb der westafrika¬

nischen Sprachen hinzuweisen*. Es handelt sich um das Vokalsystem des

Mandara. Die folgenden Ausführungen müssen jedoch präliminäre Ver¬

suche bleiben, da wir heute noch nicht imstande sind, die phonologische

Struktur der Mandarasprache völlig klarzulegen^.

' Das Material zu den Untersuchungen zu der Sprache der Mandara stammt

aus den Sammlungen von J. Lukas, das er mir zur Bearbeitung übergeben hat.

Es handelt sich hierbei um zehn Fabeln und ca. 5000 Zettel.

^ Siehe darüber besonders H. Barth, Reisen und Entdeckungen in Nord- und

Central-Afrika in den Jahren 1849 bis 1855. Gotha 1857/58. Bd. II, S. 338, 347, Bd. III, S. 112-146. Siehe ferner J. Vossart, Histoire du Sultanat du Mandara.

Etudes Camerounaises, No. 35-36 (1953). S. 19-52.

' Uber das Problem der tschadohamitischen Sprachgruppen sielie besonders

J. Lukas, The Linguistic Situation in the Lake Chad Area in Central Africa.

Africa, vol. IX, 3 (1936). S. 332-349. Ferner D. Westermann and M. A. Bryan, The Languages of West Africa. Handbook of African Languages Part II. London

1952. S. 153-177. (Worin das Mandara nach früheren Vorschlägen von J. Lukas

nooh in eino hypothetische ,, tschadische" Gruppo eingeordnet ist.) Und schlie߬

hch J. H. Greenberg, Tlie Languages of Africa. Part II des International Jour¬

nal of American Linguisties, vol. 29, 1 (1963). S. 42-65.

* In diesem Zusammenhang möchte ich auf die von F. W. Parsons hervor¬

gehobene, mir des öfteren von J. Lukas mitgeteilte Tatsache hinweisen, daß aueh

das phonologische Vokalsystem des Hausa, soweit es sich in der Wurzel zeigt,

Eigentümlichkeiten offenbart, die es mit der hamito-semitisehen Spraehfamilie verknüpfen. Zeigt es sich doch, daß in den Hausawurzeln ein Zweivokalsystem (a, i ~ u) wirksam ist.

' Die Aufzeichnungen von J. Lukas sind phonetisch niedergeschrieben, und

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