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Eine Reihe von Semitisten schreibt der Mimation und Nunation ur¬ sprünglich indeterminierende Kraft zu

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(1)

in den semitischen Sprachen

Von Weener Diem, München

I.

1. Es gibt wohl nur wenige Probleme der Semitistik, die Anlaß zu so

vielen Theorien gegeben haben wie das oft erörterte Problem der Mima¬

tion und Nimation, jener Endungen m und n, wie sie in den semitischen

Sprachen in verschiedener Verteilimg im Auslaut des unverbimdenen

Nomens erscheinen, etwa akk. iarrw?»,,König",arab. ragulun „einMann"

hebr. mläkim „Könige". Weder besteht Einhelligkeit über die aktuelle

Fimktion der Mimation und Nunation in den Einzelspraehen, noch über

ihre Herkunft, ja nicht einmal darüber, ob und wie Mimation und Nuna¬

tion historisch gesehen zusammengehören.

2. Die Arbeiten und Äußerungen zu diesem Problemkreis sind im Lite¬

raturverzeichnis bibliographisch erfaßt. Hier sollen die verschiedenen

Änsichten lediglich in knapper Form skizziert werden.

Eine Reihe von Semitisten schreibt der Mimation und Nunation ur¬

sprünglich indeterminierende Kraft zu ; häufig wird dabei eine Entste¬

hung des Wl-Auslautes aus dem indefiniten Pronomen mä angenommen,

mit Bezug aufdie arabische Konstruktion rojfMZMw mä „ein Mann". Zu den

Vertretern dieser Theorie, die letztlich auf Osiandbe (1866, S. 231f.)

zurückgeht, gehören Müllee (1878), Beockelmann (1908, S. 453, 472),

Dhoeme (1913—14, S. 457), Bauee-Leandee (1922, S. 514, 529),

NouGAYEOL (1948—51), Pellat (1948—51) und Vycichl (1953).

Ändere wiederum sehen in der Mimation und Nunation genau das Gegen¬

teil, nämlich ursprüngliche Determination, so Feankenbeeg (1914, S.

132), Chbistian (1924, S. 143), Tagliavini (1929, S. 254), Gazelles

(1948—51), Schneidee (1948—51), Kueylowicz (1950) und Diako¬

noff (1965, S. 61 ff.). Baeth (1913, S. 130f.) unterschied eine „appeUa¬

tive" Mimation und Nunation, welche Indeterminiertheit ausdrücke,

und eine davon verschiedene determinierende Endung m bzw. n, die in

Ausdrücken wie arab. gadan „morgen" und Eigennamen wie arab.

Muhammadun erscheine. Nach Gelb (1930, bes. S. 259ff.), Gaebini

(1960, S. lllff.) und Moscati (1969, S. 100) hatte die Mimation dagegen

16 ZDMG 125/2

(2)

240 Webner Diem

ursprünglich mit Determiniertheit oder Indeterminiertheit nichts zu tun .

Anmerkimgsweise sei noch erwähnt, daß Nöldeke (1862, S. 758f.) ein¬

mal im Auslaut-u des Arabischen einen sekundär entstandenen „Schlu߬

nasal" sehen wollte.

Was das Verhältnis zwischen der singularischen Nunation des Arabi¬

schen imd der singularischen Mimation des Akkadischen und anderer

semitischer Sprachen betrifft, so \vird das m allgemeinen für das Ur¬

sprüngliche gehalten und das arabische n daraus abgeleitet, auch dies

eine Theorie, die letzten Endes auf Osiander (1866) zurückgeht. Brok-

KELMANN (1908, S. 472) begründete diese Entsprechung m — n mit einem

allgemeinen Wandel von auslautendem m zu n im Arabischen, konnte

dafür aber nur die Partikel 'in „wenn" (hebr. 'im) anführen, während das

Wort fam ,,Mund", in dessen m er ursprüngliche Mimation sah, diesen

Wandel nicht mitgemacht habe. Auslautendes m erscheint aber in be¬

stimmten Fällen: beim Verbum in Formen wie qum „steh auf ', beim

Pronomen in fium, -leum und 'antum und auf dem Gebiet der Partikeln in

'am „oder", kam „wieviel" und der Verneinungspartikel lam. Das m von

qum erklärte Brockelmann mit Systemzwang (vgl. qäma yaqümu) und

das m von Jium etc. damit, daß hum erst dann aus *humü ,, verkürzt

(wurde), als dies Gesetz nicht mehr in Kraft war". Nicht berücksichtigt

hat Brockelmann die Partikeln 'am., kam und lam, die in der Tat stark

gegen ein Lautgesetz m > n sprechen. Aber selbst dann, wenn man den

m-Auslaut dieser Wörter nicht als ursprünglich, sondem als eine nach

dem Wandel m > n eingetretene Verkürzung aus *mä ansehen sollte

— eine Theorie, die m.W. zwar nicht von Brockelmann, doch von ande¬

rer Seite geäußert worden ist^ —, bleibt Brockelmanns Annahme einer

lautgesetzlichen Entwicklung problematisch. Denn es hat wenig Sinn,

zur Erklärung einer lautlichen Erscheinung, in diesem Fall der Nunation,

ein Lautgesetz anzunehmen, das praktisch nur diese eine Erscheinung

umfaßt. Damit soll nicht gesagt werden, daß die arabische Nunation

nicht auf m zurückgehen kann (vgl. die Abschnitte 4 und 5), sondern

lediglich, daß ein solcher Wandel andere als phonetische Gründe gehabt

haben muß. Erwähnt sei noch, daß Tagliavini (1929) die Mimation und

die Nunation als ursprünglich nicht zusammengehörige, sondern nur

parallele Erscheinungen auffaßte. Vgl. ferner Fontinoy (1961) S. 185f.

Das andere formale Problem besteht darin, daß im Bereich des Plurals

der kanaanäischen Endung -im{a) in anderen semitischen Sprachen wie

dem Aramäischen und dem Arabischen -in bzw. -ünaj-ina entspricht.

Zwischen den beiden Elementen scheint Brockelmann (1908, S. 452,

453) keine Verbindimg gesehen zu haben. Den Ursprung des Auslautes

1 Vgl. H. Reckendorf : Die syntaktischen Verhältnisse des Arabischen.

Leiden 1895, S. 85, Nr. 6 und R. Hetzron in JSS 14 (1969), S. 20.

(3)

der kanaanäischen Endung -im sah er im Personalpronomen hem (S. 453),

worin ihm unter Vorbehalt Geay (1934, S. 55f.) folgte, oder wie bei der

Mimation des Singulars in einem Pronomen ?)iä, eine Theorie, die dann

später von Baubb-Leandee (1922, S. 514, 517, 529) verteidigt und auch

von Dhoeme (1951, S. 467) vertreten wurde. Nöldeke (1899, S.16)

führte die aramäische Endung -in auf -im, zurück, wie es im Kanaanäi¬

schen vorliegt, während für ihn beim Arabischen „die Entstehmig des

(intervokalischen) n aus m sehr unwahrscheinlich" war. Er nahm deshalb

an, daß die Endungen -im und -in „ursprünglich verschieden gewesen

(sind)".

3. Es erübrigt sich fast der Hinweis, daß nicht wenige der genannten

Theorien mehr oder weniger ad hoc gemacht sind. Die Vielfalt der An¬

sichten wirkt in gewisser Weise abschreckend ; fast scheut man sich, den

bisherigen Theorien wiederum Neues hinzuzufügen. Wenn ich mich den¬

noch entschließe, einige Gedanken zu äußern, dann sehe ich eine gewisse

Rechtfertigung dafür im methodischen Vorgehen : Es soll nicht, wie es

herkömmlicherweise geschehen ist, von vornherein die Frage nach der

ui-sprünglichen Funktion und Etymologie der Mimation/Nunation ge¬

stellt werden, sondern es soll zuerst das formale Verhältnis von Mimation

und Nunation zwischen den Sprachen und innerhalb der einzelnen Spra¬

chen untersucht werden. Erst dann sollen weiterreichende Fragen behan¬

delt werden.

II.

4. Es wird zunächst oine Übersicht über die Bildung von Mimation und

Nunation in den semitischen Sprachen geboten ; zu diesem Zweck werden

jeweils die Formen des Singulars, Duals imd maskulinen Plurals (im Fol¬

genden eüifach „Plural" genannt) angeführt. An Zeichen werden ver¬

wendet: [ ] = Interpretation als Mimation/Nunation unsicher; — =

Endung nicht erhalten ; ? = nicht belegt.

Sprache Singular Dual Plural /i, ^

Akkadischia -um, -im, -am -än, inj-en -ü, -i

Amorritisch^ -um, -im, -am ? ?; -i

Ugaritisch» -u, -i, -a; [-m] -m? -üma, -tma

>a Vgl. VON Soden (1952) S. 80f.

2 Vgl. Gelb (1958) S. 153f. und Gabbini (1960) S. Ul mit weiterer Lite¬

ratur.

3 Vgl. Gobdon (1947) S. 40ff. — Der o-Auslaut der Pluralendung geht

aus der Wiedergabe ugaritischer Plurale in akkadischer Keilschrift hervor, vgl. etwa die in den von J. Nougaybol in Ugaritica 5 (1968) veröffentlichten 16»

(4)

242 Webnek Diem

Sprache Singular Dual Plural

Altkanaanäisch* -m -ema -ima

Hebräisch^ [Akk. -äm] -ayim -im

Aramäisch —

-ayinj-en -in

Arabisch -un, -in, -an -äni, -aini -üna, -ina

Altsüdarabisch* -m -n, -yn u.ä. -n

Neusüdarabisch' -en -ü (< -ä) -in

Äthiopisch» [Akk. -em] -ä, -e -än

Die Elemente m und n unterliegen also folgender Verteilimg: Akka¬

disch und Altsüdarabisch im Singular m und im Dual bzw. im Dual rmd

Plural n ; Amorritisch im Singular m und im Plural kein Element (der

Dual ist nicht belegt) ; Kanaanäisch und Ugaritisch im Singular, Dual

imd Plural bzw. im Dual und Plural m; Arabisch und Neusüdarabisch

im Singular, Dual und Plural bzw. im Singular und Plural n, und Aramä¬

isch ebenfalls im Dual und Plural n. Das Äthiopische weist im Singular

Reste von m auf, deren Interpretation als Mimation allerdings fraglich

ist; der äthiopische Plural auf -än gehört einem anderen Typ an (vgl.

dazu Götze, 1946) und bleibt deshalb im Folgenden unberücksichtigt.

Diese Verteilung von m und n läßt sich in folgendem Schema zusam¬

menfassen :

Sprache Singular Dual Plural

Akkadisch 0

Altsüdarabisch n

Ugaritisch [ml

. , ^ m m

Kanaanäisch m

Arabisch n n n

babylonisch-ugaritischen Wortlisten erscheinenden Schreibungen Sa-mu-ma

„Himmel" (S. 246/7, Nr. 13'), ha-a-lu-ma „Meister, Herren" (S. 235, Nr. 14' und S. 244/5, Nr. 33') und ma-a-du-ma ,, zahlreiehe" (S. 244/5, Nr. 36').

Weitere Schreibungen von Pluralformen nennt A. Axt in ZA 52 (1957),

S. 330 unten. Akkadische Schreibungen des ugaritischen Duals sind bisher

m.W. nicht belegt, so daß offen bleiben muß, auf welchen Vokal der Dual

endete.

* Zur Mimation des Singulars in ägyptischen Schreibungen kanaanäischer

Wörter vgl. Jirku (1953), ferner Habbis (1939) S. 32f. Zur Endung -ema

und -Ima des Duals und Plurals in Kanaanismen der Amarnabriefe vgl.

Baubb-Leandee (1922) S. 514, zu ägyptischen Schreibungen vgl. Bubchaedt (1909) § 168.

* Vgl. Baueb-Leandeb (1922) S. 529, 513f.

« Vgl. Bbbston (1951) und (1962) S. 30, 32, 35.

' Vgl. Bittneb (1900—1914) I S. 45, 50, 60; III S. 77.

8 Vgl. Beockelmann (1908) S. 474, 457.

(5)

Sprache Singular Dual Plural

Neusüdarabisch n ^

Aramäisch n

Amorritisch m 0

Äthiopisch [m]

Es ergibt sich somit, daß bestimmte Sprachen im Singular m und im

Dual bzw. im Dual und Plural n (Akkadisch, Altsüdarabisch), andere

Sprachen durchgehend m (Ugaritisch, Kanaanäisch) und wieder andere

Sprachen durchgehend n (Arabisch, Neusüdarabisch) aufweisen. Keine

Sprache zeigt dagegen im Singular n vmd im Plural m. Wenn man davon

ausgeht, daß die bei den verschiedenen Sprachen auftretenden Elemente

innerhalb der Kategorien Singular, Dual und Plural historisch gesehen

jeweils zusammenhängen, kann es deshalb nur einen Schluß geben : daß

der Befund des Akkadischen und des Altsüdarabischen die m-sprüng-

licheren Verhältnisse repräsentiert und der Befund der anderen erwähn¬

ten Sprachen das Ergebnis von analqgischer Ausgleichung zwischen

Singular rmd Dual/Plural ist. Nur so und nicht anders erklärt sich näm¬

lich zwanglos die für die verschiedenen Sprachen bzw. Gruppen von

Sprachen verschiedene Verteilung von m und n : Im Akkadischen und

im Altsüdarabische erhielten sich die beiden Elemente getrennt, im

Ugaritischen imd im Kanaanäischen glich sich das n des Duals und Plu¬

rals dem m des Singulars und im Arabischen und Neusüdarabischen um¬

gekehrt das m des Singulars dem n des Duals und Plurals an. Das ur¬

sprüngliche n des Duals und Plurals erscheint auch im Aramäischen, das

m des Singulars im Amorritischen und möglicherweise in Resten im

Äthiopischen.

Die Annahme eines morphologischen Ausgleichs zwischen einem m des

Singulars rmd einem n des Duals und Plurals erlaubt es, auf das oben

(Abschnitt 2) erwähnte problematische Lautgesetz m > w zu verzichten,

das Bbockelmann zur Erklärung der arabischen Nimation für notwendig

hielt. Der von Bbockelmann neben der Nunation noch angeführte Aus¬

laut der arabischen Konjunktion Hn kann so erklärt werden, daß das

ursprüngliche Hm in Analogie zum Ersatz der Endungen -um, -im, -am

durch -un, -in, -an ebenfalls durch die Neubildung 'in ersetzt wurde. Des

weiteren erübrigt sich die Erklärung des auslautenden m von hebr. -im

durch das Personalpronomen hem, wie sie Bbockelmann zur Diskussion

stellte.

5. Als voreinzelsprachliche Form muß für den Singular m angesetzt

werden, weil alle Sprachen m bzw. n ohne Auslautvokal zeigen. Schwieri-

(6)

244 Weeneb Diem

ger ist dagegen die Rekonstruktion beim Dual und Plural, denn hier wei¬

sen die einzelnen Sprachen nach dem m bzw. n z.T. verschiedenen Aus¬

lautvokal auf. Die betreffenden Sprachen sind das Akkadische, das Uga¬

ritische, das Altkanaanäische und das Arabische ; für die anderen Spra¬

chen sind kurze auslautende Vokale nicht überliefert, so daß sie außer

Betracht bleiben müssen. Der Befund ist in der folgenden Übersicht zu¬

sammengefaßt.'

Sprache Dual Plural

Akkadisch -än, -inl-en -ü, -i

Ugaritisch -m? -üma, -ima,

Altkanaanäisch -ema -ima

Arabisch -äni, -aini -üna, -ina

Wemi man vom Akkadischen zunächst absieht, ergibt sich für den

Plural der „jungsemitischen" Sprachen das gemeinsame Element na,

während beim Dual dem arabischen ni das — allerdings nur im Wort

sanmma ,, Himmel" belegte —- kanaanäische Element ma gegenübersteht.

Will man das Element des Duals und das Element des Plurals mitein¬

ander identifizieren, so bleibt keine andere Möglichkeit, als es als *na

anzusetzen und das auslautende i des arabischen Duals als das Ergebnis

einer innerarabischen Entwicklung, möglicherweise einer Dissimilation

(Beockelmann, 1908, S. 456) anzusehen. Der Auslaut des arabischen

Duals ist in der Tat nicht ohne Parallele: im unflektierten Typ ja'äli

folgt auf ä ebenfalls i.

Mit der für das Jungsemitische rekonstruierten Porm *na läßt sich nun

aber die akkadische vokallose Endrmg n des Duals nicht unmittelbar

' Mit den im folgenden genannten nominalen Elementen sind in einigen

Sprachen Elemente formgleich, die am Verbum erscheinen, vgl. z.B. arab.

qafsäbüna und yaqsibüna (vgl. dazu Abschnitt 9). Auffälligerweise erscheint im Altsyrischen vor Suffixen (bis auf das Suffix -ek der 2. Fem. Sing.) ein langes ä, z.B. neqtlünän ,,sie töten mich" und neqtlünäkön ,,sie töten euch".

Th. Nöldeke: Beiträge zur semitischen Sprachwissenschajt. Straßburg

1904, S. 28 Z. 19 und naoh ihm A. Denz: Strukturanalyse der pronominalen Objektsuffixe im Altsyrischen und klassischen Arabisch. Diss. München 1962,

S. 31f. (vgl. auch S. 47,-1) sowie schon Beockelmann (1908, S. 567 Z. 13:

,,im Syr. vor Suff, noch ünä") setzen deshalb die ursprüngliche Form des

Elements als *-ünä an, was im Widerspruch zu den unten genannten nomi¬

nalen Formen stehen würde. Die syrischen Formen auf -ünä- lasson sich aber als Neubildungen erklären : Das Verhältnis von isolierter und mit Suffix ver- ■ sehener Form bei qtal (< *qatalä) — qatläkön und qtaln {<*qatalnä) — qtal-

näkön konnte zur neqtlün (wie auch zu teqtlln und neqtlän) Formen mit ö

erzeugen. Die vor Suffix stehende Form neqtlünä- muß also zur Gruppe

sekundärer Bildungen (nach der Einteilimg von Denz zu Gruppe 2, S. 32)

gezählt werden.

(7)

gleichsetzen, da das Akkadische auslautende ktu-ze Vokale bewahrt und

damit ebenfalls na zeigen müßte, wenn die gemeinsemitische Vorform na

gelautet hätte. Gerade der Befund des Akkadischen deutet lungekehrt

daraufhin, daß das Element ursprünglich nur n lautete und der Auslaut¬

vokal der anderen Sprachen eine Neuerung darstellt. Eine solche Neue¬

rung läßt sich für das Arabische ohne Schwierigkeit erklären. Im Gegen¬

satz zum Akkadischen duldete die Vorstufe des klassischen Arabisch

keine überlangen Silben. Sollten die Endungen *-ün, *-in, *-än, *-ain

nicht zu *-un, *-in, *-an verkürzt werden (vgl. yaqümu — yaqum,

yabi'u — yabi', yahäfu — yahaf, laisa — lastu), wodurch sie formal mit

den Endungen -un, -in, -an des Singulars zusammengefallen wären,

dann mußte ein Vokal folgen^*. Es besteht einige Wahrscheinlichkeit,

daß die beim Arabischen so deutlich erscheinende Kürzung von langem

Vokal und von Diphthong in geschlossener Silbe für die Vorformen auch

der anderen jung.semitischen Sprachen kennzeichnend war. Unter diesen

Umständen kann das gemeinsemitische Element des Duals und Plurals

als *w angesetzt werden,

6. Die formale Gemeinsamkeit der Elemente des Singulars, Duals und

Plurals liegt darin, daß sie jeweils nur außerhalb des Status constructus

erscheinen. Die Parallelität wird allerdings dadurch gestört, daß das

Pluralelement in der am ältesten bezeugten und in vieler Hinsicht alter¬

tümlichsten semitischen Sprache, dem Akkadischen, nicht erscheint.

Das Akkadische weist bekanntlich zwar beim Singular -um, -im,

-am und im Dual -än, -inl-en, beim Plural dagegen nur -ü, -i ohne ein

zusätzliches Element auf. Damit steht das Akkadische nicht allein ; auch

im Amorritischen zeigt der Singular Mimation, während der Plural un-

vermehrt. ist. (Ein Dual ist nicht belegt.) Zur Beseitigung dieser stören¬

den Lücke nimmt Diakonoff (1965, S. 65) an, daß der akkadische Plural

ursprünglich Mimation — so setzt er das erweiternde Element an — be¬

sessen und erst später verloren habe. Für einen solchen Verlust lassen

sich aber weder lautliche noch morphologische Gründe finden. Gegen ihn

spricht nicht zuletzt die Aporie, daß die Formen des Duals eine solche

Entwicklung trotz gleicher Bedingungen nicht mitgemacht hätten. Unter

diesen Umständen bleibt nur der Schluß, daß der akkadische und amor-

ritische Befund den sprachgeschichtlich älteren Zustand repräsentiert.

Das aber bedeutet zweierlei: 1. das Plural-w, wie es in den jungsemiti¬

schen Sprachen erscheint, muß eine sekundäre Entwicklung sein. Zwi¬

schen dem m-Element des Singulars und dem ?i-Element des Plurals kann

somit genetisch gesehen keine ursprüngliche Beziehung bestehen. Die

" Diese Auffassung hat auch W. Fischeb (1969, S. 66) auf Gnmd anderer

Überlegungen vertreten. Vgl. femer Moscati (1954) S. 182.

(8)

246 Webner Diem

Frage nach der Herkunft des Pluralelements und nach seinem Verhältnis

zum w-Element des Duals wird noch zu stellen sein, vgl. die Abschnitte

9—10. 2. Die m- und w-Elementc können keine Funktion gehabt haben,

die den Singular, Dual und Plural gleichermaßen umfassen müßte. Es ist

unter dieser Voraussetzung z.B. unmöglich, daß die Mimation des Singu¬

lars ursprünglich etwas mit Determination oder Indetermination zu tun

gehabt hat, wie so häufig angenommen wird (vgl. Abschnitt 2), denn eine

Differenzierung zwischen Determination und Indetermination müßte

sich auch auf den Plural erstrecken. Auch die Herleitung der Mimation

aus der Partikel mä ist damit hinfällig ; gegen diese Etymologie sprach auch

bereits der Umstand, daß als Element des Duals und Plurals ein «-Ele¬

ment rekonstruiert wurde, das sich auf keinen Fall aus *ma ableiten ließe.

7. Was aber kann dann, so könnte man zu fragen versucht sein, die

ursprüngliche Funktion der Mimation des Singulars gewesen sein? So

häufig diese Frage gestellt worden ist, so sehr ist sie dennoch im Ansatz verfehlt. Sie setzt nämlich voraus, daß die Mimation eine Funktion hatte,

und das ist keineswegs sicher. Der herkömmliche Ansatz, der zu dieser so

oft wiederholten Frage nach der ursprünglichen Funktion der Mimation

geführt hat, läßt sich nicht anders denn wissenschaftsgeschichtlich ver¬

stehen. Die erste semitische Sprache mit erhaltener Nunation, mit der

sich die Semitistik beschäftigte, war das klassische Arabisch, in dem die

Semitistik lange Zeit auch dann noch die dem ,, Ursemitischen" ähn¬

lichste semitische Sprache sehen wollte, als schon eine älter bezeugte und

altertümlichere Sprache wie das Akkadische bekannt geworden war. Nun

sieht im Arabischen die Verteilung von Nunation und Nunationslosigkeit bei den triptoten Nomina" so aus, daß den nunationslosen Kasusvoka¬

len, wie sie am Nomen im Status constructus und in Verbindung mit dem

bestimmten Artikel al- erscheinen, Kasusvokale mit Nvmation beim in¬

determinierten Nomen entsprechen, z.B. baitu r-raguli „das Haus des

Mannes", al-baitu „das Haus" — baitun „ein Haus". Für das Arabische

konnte damit der Eindruck entstehen, daß ein Element n, eben die Nuna¬

tion, an den msprünglich für sich stehenden Kasusvokal angetreten sei.

Ging man nm vom Arabischen aus, dann lag die Frage nah, welche Funk¬

tion denn dieses Element habe, und diese Art von Fragestellung wurde

dann auf den gesamtsemitischen Bereich übertragen. Nun hat es sicher

seine Berechtigung, vom deskriptiven synchronischen Gesichtspunkt aus

die Frage nach der Funktion der Nunation im System des Arabischen zu

stellen. Falsch aber ist es, aus den Ergebnissen historische Folgerungen

zu ziehen und etwa die arabischen Verhältnisse, die mit dem erst inner-

11 Die nunationslose Diptosie bildet ein innerarabisches Problem, auf das hier nicht eingegangen werden kann.

(9)

arabisch eingeführten bestimmten Artiliel verquickt sind, für lu-sprüng-

lich zu halten. Daß im Arabischen die Nunation nach dem bestimmten

Artikel fehlt, kann nämlich mit Diakonoff (1965, S. 61 f.) einleuchtend

so erklärt werden, daß die nunationslose Form des Status constructus

{baitu r-raguli) abstrahiert, als Zeichen der Determiniertheit atifgefaßt

und auf die mit dem bestimmten Artikel versehene und damit ebenfalls

determinierte Form des Wortes übertragen wru-de {al-baitu statt *al-

baitun). Dagegen ist es nicht möglich, für das Arabische eine ursprüng¬

lich freie Opposition ,, Nunation — Nunationslosigkeit" (etwa baitun

„ein Haus" — *baitu „das Haus") anzusetzen, da dann die Entwicklimg

des bestimmten Artikels zum Ausdruck der Determination nicht notwen¬

dig gewesen wäre. Damit reduziert sich das Problem für das Arabische

darauf, daß den nunationslosen Kasusvokalen des Status constructus

Kasusvokale mit Nunation außerhalb des Status constructus gegenüber¬

stehen. Auch diese konditionierte Opposition muß aber nicht ursprüng¬

lich sein. Es ist nämlich trotz Bkockelmanns Behauptung (1908, S. 475,

476) keineswegs sicher, daß die volle Kasusflexion des Singulars im Sta¬

tus constructus, wie sie das Arabische zeigt, ursprünglich ist. Das Äthio¬

pische, das den Status constructus mit dem imveränderlichen Vokal a

bildet und das Akkadische, welches das singularische Nomen im Status

constructus nicht oder nur zum Teil flektiert, zeigen ein anderes Bildir.

Es ist hier nicht der Ort, eine historische Analyse der komplizierten

Bildung des akkadischen Status constructus zu versuchen ; sie muß

'Berufeneren überlassen bleiben. Fest steht aber, daß die akkadischen

Verhältnisse im Rahmen der akkadischen Lautgesetze nicht ohne weite¬

res als „Reduktion" einer ursprünglich vollen Kasusflexion aufgefaßt

werden können. Eher ist denkbar, daß sich die akkadischen Ansätze zu

einer Flexion des Status constructus aus einem ehemals unflektierten

System entwickelten und daß diese Tendenz zum Ausgleich nach der

außerhalb des Status constructus stehenden Kasusflexion im Arabischen

seine Systematisierung fand. Zieht man diese Möglichkeit in Betracht, so

ergibt sich für die Frage der Mimation die Folgerung, daß es ursprünglich

keine Opposition „Kasusvokal — Kasusvokal + Mimation" gab, die die

Frage nach der Funktion jenes zusätzlichen Elements m aufgab, sondern

daß die Opposition vielmehr „keine Kasusendung — Kasusendung" lau-

tetei», mit anderen Worten, daß die Mimation nicht an die für sich vor-

" Von der Büdung des Status constructus unterscheidet sich in beiden Sprachen wiederum die Bildung des Status pronominalis.

1* Damit soll nicht gesagt werden, daß der Status constructus ursprüng¬

lich nicht einen Vokal aufgewiesen haben könnte. Wesentlich ist, daß keine

Parallehtät zwischen den Formen des Status constructus und den freien

Formen bestand.

(10)

248 Weener Diem

handenen Kasusvokale antrat, sondern von vornherem ein fester Teil der

Kasusendung -um, -im, -am des Singulars war.

8. Es ist klar, daß dieses Ergebnis der herkömmlichen Auffassung

widerspricht. Gewöhnlich werden die Kasusendungen des Singulars \ir-

semitisch als Vokale angesetzt, und zwar von Beockelmann (1908,

S. 460) als anzeps, von Babth (1899, S. 597) und von Moscati (1958;

1969, S. 94) als kurz. Die Kürze fordert Moscati deshalb, weil sonst im

Nominativ und Genitiv keine Opposition zwischen dem Singular und

dem Plm-al (Nom. -ü. Gen. -i) bestanden hätte, eine Ansicht, der man

zustimmen muß, falls man für die Kasus des Singulars überhaupt Vokale

annimmt. Daß aber als Kasusendungen überhaupt Vokale angenommen

wmden, erklärt sich dmch nichts anderes als die im vorhergehenden Ab¬

schnitt behandelte Tendenz, den arabischen Befund mit der konditio-

) nierten Opposition -un - — u für den altertümlichsten zu halten. Diese

' Äuffassung war aber schon immer insofern nicht unangreifbar, als zwar

den als Kasusendungen angenommenen Vokalen u und i des Nominativ

und Genitiv Singulars die Vokale ü und i des Nominativ und Genitiv

Plmals entsprachen, andererseits aber der Vokal a des Aklrasativ Singu¬

lars ohne Entsprechimg im Plural war. Das formale Verhältnis der Kasus¬

endungen des Singulars und jener des Plmals läßt sich also keineswegs

auf den einfachen Nenner einer Quantitätsopposition bringen, welche

den Ansatz von Endungen -um, -im, -am für den Singular von vornherein

verbieten würde. Andererseits hat dieser letztere Ansatz noch manches

andere für sich. Der akkadische Stativ lautet für die dritte Person Singu¬

lar Maskulin und Feminin Sar(r) bzw. Sarrat, weist also eine Form ohne

Kasusendung des Nominativs auf. Daß es sich dabei um einen msprüng¬

lichen, keineswegs erst sekundär dmch Abfall einer Endung entstande¬

nen Zustand handelt (wogegen an sich schon spricht, daß das Akkadische

auslautende kmze Vokale bewahrt), zeigen die Entsprechungen im ,, Per¬

fekt" der anderen semitischen Sprachen, die ebenfalls keinen Kasusvokal

u aufweisen, z.B. arab. kataha^*, katabat. Auch hier besteht somit eine

Opposition ,, Kasusendung — keine Kasusendung", wie sie oben (Ab¬

schnitt 7) für das ursprüngliche Verhältnis von flektierter freier Form

und Status constructus-Form als wahrscheinlich erwiesen wmde, und

1* Das auslautende a, das auch für andere jungsemitische Sprachen direkt oder indirekt bezeugt ist (Ugaritisch, Hebräisch, Aramäisch, Äthiopisch), kann nicht als ehemaliger Kasusvokal aufgefaßt werden, sondern muß anders

erklärt werden. Vgl. zu diesem Problem M. I. J. Gelb: The Origin af the

West Semitic qatäla Morpheme. In : Symbolae linguisticae in honorem O. Kury¬

lowicz. Breslau-Warschau-Krakau 1965, S. 72—80 und dazu F. Rundoben

in OS 14/15 (1965/66), S. 62—74.

(11)

nicht etwa eine Opposition-Mwi — *-u. Schließlich sollte auch der wichtige

Umstand nicht übersehen werden, daß in keiner semitischen Sprache

Reste einer ehemals freien Opposition zwischen Pormen mit und Formen

ohne Mimation nachweisbar sinS,' wie sie doch zumindest in der einen

oder anderen Sprache erscheinen müßten, we nn die Mirng tipn eine wie

auch immer geartete Funktion gehabt hätte. (Arabische Oppositionen

Avie mu'äwiyatun Part. Sing. Fem.'' — Mu'äwiyatu Eigenname sind se¬

kundär.) Auf Grund dieses einzelsprachlichen Befundes hebt Moscati

(1969, S. 100) zwar hervor, daß „originally there existed a mimation of

nouns independent of any semantic function as regards definiteness or

indefiniteness", aber er sieht, wie erwähnt, die Mimation andererseits

doch wieder als zusätzliches, an die Kasusvokale antretendes Element

an. Daß dieser sein Ansatz widersprüchlich ist, weil ein eigenstän¬

diges Element, wie es nach ihm die Mimation also doch ist, auch

einmal eine bestimmte Funktion gehabt haben müßte, scheint ihm nicht

bewußt geworden zu sein.

Anm.: VoN Soden (1952, S. 80d) führt für das Akkadische eine Oppo¬

sition zwisohen abum ,, Vater" und abu als Bezeiehnung einer Gottheit an

und erklärt das Fehlen der Mimation im Eigermamen damit, daß die Namen

„in einer qualifizierten Weise determiniert" werden sollten. Aueh Gelb

(1961, S. 145) weist darauf hin, daß in altakkadisohen Eigennamen — und

zwar nur in Eigennamen — bisweilen die Mimation fehlt, nennt daneben aber

interessanterweise orthographisohe Doubletten von Eigennamen mit und

ohne Sohreibung der Mimation. Diesen Befund erklärt Prof. Dr. D. Edzabd

(München) in einer Überlegung, die Verf. überzeugt hat, die hier aber nicht

im einzelnen wiederholt werden kann, damit, daß im ältesten Stadium der

Keilschrift bestimmte Schwierigkeiten bestanden, die Mimation in der Sehrift

auszudrücken, daß der konsequente orthographische Ausdruok der Mimation

vielmelu- erst später entwickelt wurde. Danach wäre anzunehmen, daß die

Mimation im Altakkadischen regelmäßig vorhanden war imd nur in be¬

stimmten Fällen nicht geschrieben wurde. Zum späteren Verlust der Mima¬

tion im Akkadischen vgl. Abschnitt 11.

9. Wir kommen zur Frage der erweiternden Elemente des Duals und

Plurals zurück. Auffälligerweise erscheinen in verschiedenen Sprachen in

der 3. Person Maskulin des Plurals und Duals (soweit er erhalten ist) der

Präfixkonjugation des Verbums die nämlichen Elemente, wie sie dem

Nomen angefügt sind. So entsprechen etwa im Arabischen den nominalen

Formen qassäbüna und qassäbäni die verbalen Formen yaqsibüna und

yaqsibäni. Da es sich dabei kaum um eine zufällige Entsprechung ohne

gemeinsamen Hintergrund handelt, bleiben prinzipiell drei Möglichkeiten

der Erklänmg : 1. Die Elemente wmden im Nomen und im Verbum un¬

abhängig voneinander auf Grund eines gleichen Prinzips suffigiert.

(12)

250 Webner Diem

2. Die Elemente sind vom Verbum her auf dasNomen übertragen. 3 jy^^

Elemente sind vom Nomen auf das Verbum übertragen. Eine Erklärung ^

muß berücksichtigen, daß im Plural und im Dual der Sufixkonjugation Ä-"

(z.B. akk. Sarrü ,,sie sind/waren Könige", arab. katabü ,,sie schrieben"

etc.) in keinem Fall, es sei denn sekundär^^, ein solches Element erscheint,

und sie muß der arabischen Differenzierung von yaktubüna, yaktubäni

(Indikativ) — yaktubu, yaktubä (Subjunktiv, Apocopatus) Rechnung

tragen.

Hinsichtlich des formalen Verhältnisses zwischen Nomen und Verbum

lassen sich die Sprachen in verschiedene Gruppen aufteilen :

1. Das Akkadische weist beim Dual des Nomens das Element n, beim

Plural kein solches erweiterndes Element auf. Im Dual und Plm-al des

Verbums erscheint kein erweiterndes Element (iprusä, iparrasä;

iprusü, iparrasü).

2. Die übrigen Sprachen haben beim Dual (soweit erhalten) und beim

Plmal des Nomens n bzw. m, dagegen beim Dual (soweit erhalten) und

beim Plmal des Verbums

a) n (Ugaritisch: yqtln; Altsüdarabisch: yqtlvm),

b) kein Element n (Äthiopisch: Ind. yeqatelü, Subj. yeqtelü; Neusüd¬

arabisch [Mehri]: Ind. yitiberem, Subj. yitberem}^),

c) je nach Kategorie n oder kein n (Arabisch : Ind. yaqtuläni, yaqtu-

lüna, Subj./Äpocop. yaqtulä, yaqtulü; Altaramäisch: ,, Langimper¬

fekt" ygiZw, ,,Kmzimperfekt" yqtluP; Hebräisch: vorwiegend ohne

n, daneben Reste von Bildungen mit w^*).

Die Zusammenstellung zeigt, daß in den einzelnen Sprachen jedem

M-Element des Verbums jeweils ein n- (bzw. beim Ugaritischen ein m-)

Element des Nomens entspricht, daß aber einem n-Element des Nomens

nicht unbedingt ein solches beim Verbum entsprechen muß, imd schlie߬

lich, daß es keine Sprache gibt, in der das Verbum ein w-Element auf¬

wiese und das Nomen nicht. Auch wenn die Möglichkeit nicht ausge-

1** Es ist interessant, daß Nöldeke (^1899, S. 16 Fn. 3) für das Arabische an eine solche Möglichkeit "dachte. Sein Gedanke ist später nicht mehr

aufgegriffen worden, wie überhaupt auffällt, daß die maßgeblichen semi¬

tistischen Arbeiten dem Problem der formalen Übereinstimmung bei den

Pluralendungen des Nomens und der Präfixkonjugation, wie sie in bestimm¬

ten Sprachen erscheint, wenig Aufmerksamkeit gewidmet haben.

" So ist syr. qtatün sekundär zu qtal (< qatalü) nach dem Imperfekt

neqtlün gebildet. Anders Nöldeke: Beiträge S. 18.

1° Daa auslautende m, das auch im Perfekt erscheint {tebörem), ist vom

Personalpronomen her übertragen. Analoge Formen finden sich in arabi¬

schen Dialekten im Perfekt.

" Im späteren Aramäisch ist das ,, Langimperfekt" verallgemeinert worden.

" Vgl. Bauer-Leandeb (1922) S. 300.

(13)

schlössen werden kann, daß Verbalformen ohne n eist sekimdär nach

dem Muster der Suffixkonjugation für ursprüngliche Formen mit n ein¬

geführt wurden, deuten die Entsprechungen doch eher darauf hin, daß

dag w-Ele ment primär zum Nomen gehörte und in einigen, nicht allen

jungsemitischen Sprachen yom Nomen sekundär auf das Verbum über¬

tragen wurde. Der Grund für eine solche Übertragung könnte darin ge¬

legen haben, daß in den jungsemitischen Sprachen das Verbum der Prä¬

fixkonjugation im selbständigen Verbalsatz, so wie das Nomen im

Nominalsatz, dBrGegenwart zugeordnet ist^». Die Annahme einer Über¬

tragung des verbalen w-Elements vom Nomen her kann auch erklären,

warum die entsprechenden Formen des Perfekts und des arabischen

Apocopatus Subjunktivs kein solches Element aufweisen : diese Formen

sind nicht der Gegenwart, sondem im Falle des Perfekts und des Apoco¬

patus der Vergangenheit und im Falle des Subjunktivs keiner bestimm¬

ten Zeitstufe zugeordnet. Deshalb bestand kein Anlaß, die nominalen

Elemente auf sie zu übertragen. Das Analoge mag für das Aramäische^

und vielleicht ursprünglich auch für das Hebräische gegolten haben. —

Im Ugaritischen muß das nominale Element in das Verbum über¬

nommen worden sein, bevor sich das Element beim Npmen an dieMima-j

tion des Singulars anglich, ^"ft^fe tXvt'<^''' ^; v, r-.-.'I / ^

Anm.: Die Endung -ln{a) der 2. Fem. Sing, im Arabischen, Ugaritischen und Aramäischen kann als Analogiebildung erklärt werden, yaktubü-.yaktu- büna= taktubl-.x; x= taktublna.

10. Wenn sich die nominalen w-Elemente des Duals und Plurals nicht

aus dem verbalen Bereich ableiten lassen, sondern gerade der umgekehrte

Vorgang Wahrscheinlichkeit für sich hat, muß die Untersuchung auf dem

nominalen Gebiet weitergeführt werden. Das Pluralelement der jung¬

semitischen Sprachen ist, wie oben (Abschnitt 6) angedeutet, eine sekun-~

däre Entwicklung, da das Akkadische und Amorritische eine unver-

? mehrte Pluralendung zeigen {-ü, -i). Der sekundäre Charakter des Ele¬

ments zeigt sich auch daran, daß sich abgesehen von der konditionierten

Opposition zwischen den Status constructus-Formen -ü, -i und den

unverbundenen Formen -üna, -ina (bzw. -mna, -ima) keine irgendwie

geartete Funktion des erweiternden Elements feststellen läßt. Eine freie

Opposition zwischen Formen mit n und solchen ohne n existiert nicht.

1' VieUeicht ist es auch kein Zufall, daß der arabische Indikativ im Singu¬

lar und in der 1. Pers. Plur. auf u endet und damit denselben Vokal wie der Nominativ des Nomens aufweist.

2» Vgl. die Funktionsanalyse bei R. Deoen : Altaramäische Orammatik.

Wiesbaden 1969, § 75 (S. lOSff.).

(14)

252 Weener Diem

Das nämliche gilt mm aber auch vom Dual. Auch bei seinem jj-Element

läßt sich in den Einzelspraehen keine Funktion außer der konditionier¬

ten Opposition zwischen der w-losen Form -ä, -ai des Status constructus

und der unverbundenen Form -än, -ain feststellen. Die Opposition zwi¬

schen Status constructus-Form und unverbundener Form kann aber

nicht die ursprüngliche Funktion des Elements gewesen sein, da sich eine

solche Opposition auch auf den Plural hätte erstrecken müssen, bei dem

sie im Akkadischen fehlt. Es drängt sich deshalb die Frage auf, ob nicht

das ?;-i'>lcment des Duals ebenfalls eine sekundäre Entwicklung^ sein

fcinnte. Für eine solche Annahme spricht auch, daß der Dual in der Ver¬

balflexion und im Stativ des Akkadischen sowie im Perfekt und im Sub-

junktiv/Apocopatus des Arabischen auf das unvermehrte Element -ä

endet, und daß die Zahlwörter für 20 bis 90 im Akkadischen und Äthiopi¬

schen sowie das Wort für ,,zwei" im Akkadischen (Hna) und im Neusüd¬

arabischen (Mehri trüftrü < trä) ebenfalls das unvermehrte Element -ä

aufweisen. Selbst wenn man die von Reckendobf (ZDMG 48 [1894],

S. 380; vgl. auch Bbockelmann, 1908, S. 457) mit guten Gründen vor¬

gebrachte Auffassung, daß es sich bei den Zahlwörtern 20^—90 des Akka¬

dischen und Äthiopischen um Dualbildungen handle, ablehnt und sie mit

von Soden (1961) für Status absolutus-Bildungen des Feminins hält,

sowie akk. Hna und Mehri trü entsprechend beurteilt, bleibt immer noch

die unvermehrte verbale Dualendung ä. Damit stellt sich aber die Frage,

von welcher Seite her das Dual (und Plural-) Element n übertragen sein

könnte.

Es wäre nicht ausgeschlossen, daß den Ausgangspunkt die gemein¬

semitische Pluralendung -än bildete, die mit ihrer Funktion als eine "Art

pluralis paucitatis, die sie im Akkadischen hat, Berührungspmikte so¬

wohl mit dem Dual als auch mit dem Plural aufgewiesen haben muß. Die

Entwicklung muß dabei so gesehen werden, daß im Akkadischen nm der

Dual und in den anderen semitischen Sprachen (den jungsemitischen

Sprachen bzw. ihren altsemitischen Vorgängern) sowohl der Dual als

auch der Plural beeinflußt wnirde. Daß zwischen den beiden verschiede¬

nen Plmaltypen Beeinflußungen möglich waren, zeigt das Akkadische

noch an anderer Stelle. Der äw-Plm"al muß als Morphem *-än (möglicher¬

weise mit Kasusendung des Singulars) rekonstruiert werden, denn in

dieser Form -än erscheint er noch im Äthiopischen^^. Das Akkadische

*i Eine Zusammenstellung für den än-Plural in den einzelnen Spraohen

gibt Brockelmann (1908, S. 450f.). Es ist fast überflüssig, zu betonen, daß die Pluralendung än ursprünglich ist und keineswegs eine Zusammensetzung

aus einem Element ö und der Nunation darstellt, wie W. Müller (ZDMG 124

[1974], S. 218, 1) annimmt und Diakonoff (1965, S.63) immerhin für mög¬

lich hält.

(15)

zeigt dagegen die Form -äiiü (von Soden, 1969, S. 11** zu § 61 i), die als

Zusammensetzimg der Pluralendung -än mit der Pluralendung -ü auf¬

zufassen ist. Im Akkadischen ist demnach zwar der it-Plural unbeein¬

flußt geblieben, hat aber andererseits den äw-Plural beeinflußte^. Eine

Wechselwirkung zwischen den beiden Pluraltypen war also durchaus

möglich, und das nämliche kann auch bei dem äm-Plural und dem Dual

der Fall gewesen sein.

11. Ein Umstand bleibt hinsichtlich der Mimation des Singulars noch

zu besprechen : die allen semitischen Sprachen gemeinsame Tendenz, sie

aufzugeben. Das Problem besteht dabei darin, daß — zumindest in eini¬

gen semitischen Sprachen — nicht die ganze Endung auf einmal verloren

ging, sondern daß zunächst mimationslose Formen erscheinen und dann

erst die Kasusvokale aufgegeben werden. Herkömmlicherweise wird

diese Entwicklung so gesehen, daß das m auf phonetischem Wege ,, ab¬

gefallen" sei. Diese Auffassung ist aber weniger eine Erklärung des Pro¬

zesses denn eine formale Beschreibung. Man muß sich fragen, ob nicht

vielleicht eher andere als rein phonetische Gründe dahinter standen. Es

sei übrigens betont, daß das Problem des Verlustes der Mimation ganz

unabhängig von der Frage erklärt werden muß, welcher Art die Mima¬

tion ursprünglich war. Selbst wenn man annimmt — was hier abgelehnt

wird —, daß die Mimation ursprünglich eine von den Kasusvokalen

getrennte Funktion hatte, stellt sich das Problem ihres Verlustes nicht

anders als bei der Annahme, daß sie m'sprünglich Teil der Kasusendungen war. Denn auch im ersteren Fall ist nach dem Befund der Einzelspraehen

als Vorstufe des Verlustes ein Stadium anzusetzen, in dem die Mimation

generell vorhanden war. Bestand aber keine formale Opposition zwi¬

schen Formen mit Mimation und solchen ohne Mimation entsprechend

einer angenommenen grammatischen Differenzierung, dann kann der

Verlust der Mimation auch nicht mit dem angenommenen Verlust einer

solchen grammatischen Differenzierung in Zusammenhang gebracht

werden.

Wie oben (Abschnitt 7) gezeigt, ist arabisches al-baitu sicher nicht so

entstanden, daß von dem vorauszusetzenden *al-baitun das n lautgesetz¬

lich abfiel (dagegen spricht schon, daß es in baitun erhalten blieb), son¬

dem die Form al-baitu muß eine analogische morphologische Übertragung

aus dem Status constractus sein. Auch die weiteren Stadien der arabi¬

schen Entwicklung lassen sich als Resultat morphologischer Analogie

bzw. morphologischen Ausgleichs erklären. So ist etwa die klassisch¬

arabische Pausalform bait von baitun kaum durch phonetischen Abfall

22 Auch das syrische -äne ist eine Zusammensetzung, und zwar mit der

Endung -e des Status emphaticus des maskulinen Plurals.

(16)

254 Webnbb Diem

der Nunation bzw. der Endung entstanden (so Beockelmann, 1908,

S. 83 oben), sondern dürfte eine analogisohe Neubildung nach dem

Muster der Pausalform al-bait von al-baitu sein. Die Pausalform al-bait

erklärt sich allerdings ihrerseits als das Ergebnis der phonetischen Regel

JU'^-*^*!^ klassischen Arabisch, kurzen Vokal in Pausa abzuwerfen. Auf

/ \>P Weiteres kann im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden.

•3 Das Hebräische, Aramäische und Neusüdarabische zeigen in ihren

' geschichtlich faßbaren Formen keine Kasusendungen des Singulars

mehr; beim Altsüdarabischen stehen Schreibungen mit und ohne Mima¬

tion wahllos nebeneinander (Beeston, 1962, S. 30f.), was die Schreibun¬

gen mit Mimation als historische Orthographie erweist (so schon Nöl¬

deke, 1894, S. 369). Bei diesen Sprachen ist es ebenfalls unwahrschein¬

lich, daß auf lautgesetzlichem Wege etwa *baitum (bzw. *betum) zu

*baitu (bzw. *betu) wurde, dessen Auslautvokal dann wie alle kurzen Aus¬

lautvokale abgefallen wäre. Auch die Aufgabe der Kasusflexion kann

nicht zum Abfall der Endungen geführt haben, denn sie allein hätte nur

bewirken können, daß schließlich eine der drei Formen baitum, baitim,

baitam hätte kasusindifferent verwendet werden müssen. Die Ursache

für den Gebrauch endungsloser Formen ist vielmehr wieder auf dem

Gebiet morphologischer Ausgleichung zu sehen^». Zwei Entwicklungen

sind möglich: 1. Die kurzen Vokale des Status constructus fielen ge¬

meinsam mit den anderen auslautenden kurzen Vokalen ab, und diese

endungslose Form des Nomens wurde auf den Bereich außerhalb des

Status constructus ausgedehnt. Ob zu diesem Zeitpunkt noch alle drei

Endungen -um, -im, -am bestanden oder ob das Kasussystem bereits auf¬

gegeben rmd eine Endung verallgemeinert war, spielt dabei keine Rolle.

2. Es ersetzten zunächst die Kasusvokale des Status constructus die

Endungen -um, -im, -am, und dann fielen innerhalb und außerhalb des

Status constructus die kurzen Vokale lautgesetzlich ab. Diese zweite

mögliche Entwicklung muß für das Ugaritische angenommen werden, das

im Singular keine Mimation mehr, wohl aber noch Kasusvokale aufweist.

Im Akkadischen wurden im Laufe seiner literarisch bezeugten Ge¬

schichte die Endungen -um, -im, -am durch -u, -i, -a ersetzt (von Soden,

1952, S. 80d, e). Der Fall des Alikadischen ist insofern etwas problema¬

tisch, als den Formen mit Mimation, wie sie außerhalb des Status con¬

structus auftreten, die Formen ohne Mimation im Status constructus

nicht regelmäßig entsprechen. Die Annahme einer analogischen Über¬

tragung aus dem Status constructus hat deshalb nicht so viel Wahr-

2' Diese Erklärungen hat im Grunde schon Sabauw (1907, S. 187) fast

getroffen, als er neben rein lautlichem Schwund der Mimation auf die Mög¬

lichkeit hinwies, daß ,,von Haus aus unmimierte Formen die mimierten ver¬

drängt haben" könnten.

(17)

scheinlichkeit für sich wie hei den anderen Sprachen, wenn sie auch nicht

rmmöglich ist. Der Ausgleich könnte z.B. von den im Status constructus

triptotisch flektierten Nomina des Typs ahü in Verbindung mit Personal¬

pronomina und von der Genitivendung des Status constructus, die vor

Personalpronomina i lautete, ausgegangen sein. Auch ein Ausgleich mit

der Pluralendung -ü kann nicht ausgeschlossen werden.

Der Gnmd dafür, daß die Mimation bzw. die Nunation der Kasus¬

endungen des Singulars überhaupt so ohne weiteres aufgegeben werden

konnte, kann in ihrer Redundanz gesehen werden. Auch die übrigblei¬

benden km-zen Vokale allein waren von den Endungen des Plurals hin¬

reichend differenziert.

Eine weitere Frage muß behandelt werden : Obwohl zumindest einige

semitische Sprachen, wie oben gezeigt, das ?» des Singulars aidgaben und

die Kasusvokale beibehielten, ist doch kein Fall bekannt, in dem das

Gleiche rait den formal parallelen Elementen n bzw. m des Duals und

Plurals geschehen wäre. Das Arabische beispielsweise hat neben der Neu¬

bildung al-baitu, die altes *al-baitun ersetzte, keineswegs eine Form *al-

qassäbü für al-qassäbüna gebildet. Die Ursache für diesen Mangel an

Parallelität dürfte auf dem Gebiet der Betonung zu suchen sein. Die

Betonung des Altarabischen ist noch nicht in allen Punkten geklärt. Den¬

noch kann als sicher gelten, daß die Neubildung al-baitu dieselbe Akzent¬

stelle aufwies wie ihre Vorform *al-baitun und wie die dazugehörige

indeterminierte Form baitun. Anders dagegen beim Plural und Dual:

Während die Formen qassäbüna und al-qaissäbüna aller Wahrscheinlich¬

keit nach auf der vorletzten Silbe betont wurden {[al-]qassäbuna), hätte

eine Neubildung *al-qassäbü auf dem ä betont werden müssen {*al-

qassdbü wie qälü). Damit wäre die Parallelität zwischen den indetermi¬

nierten und den determinierten Formen zerstört worden.

Als wie wünschenswert gleiche Betonung morphologisch paralleler Formen

aufgefaßt wird, zeigt sich an der Art und Weise, wie die Status constructus-

Formen des Plurals auf -ü vor Nomina im heutigen Hoeharabisch betont

werden. Weil das ü vor folgendem Personalpronomen betont ist (z.B.

muwazzafühu ,, seine Angestellten"), wird es von vielen Sprechern gegen die

allgemeinen Betonungsregeln auoh vor folgendem indeterminiertem Nomen

betont, z.B. muwazzafti ma.snaHn „die Angestellten einer Fabrik". Um die

Länge des ü vor folgendem bestimmtem Artikel zu wahren, wird häufig

die Form 'al gewählt, z.B. muwazzafü 'al-masnaH, auoh dies aus Gründen

morphologischer ParoUelität boi der Pluralendung.

III.

Zusammenfassung

1. Die in den semitischen Sprachen in verschiedener Verteilung am

unverbundenen Nomen erscheinenden m- und w-Elemente können auf

17 ZDMG 125/2

(18)

256 Webneb Diem

ein gemeinsemitisches Schema mit m im Singular und n im Dual und

Plural zurückgeführt werden, das in verschiedenen Sprachen nach m,

oder n ausgeglichen wurde (Abschnitte 4—5).

2. Nach dem Zeugnis des Akkadischen und Amorritisehen mit ihrer

unvermehrten Pluralendung -U können das m-Element des Singulars und

das TO-Element des Duals und Plurals keine Funktion gehabt haben, die

Singular, Dual und Plural umfassen müßte, wie z.B. Determination

oder Indetermination (Abschnitt 6).

3. Die herkömmliche Frage nach der ursprünglichen Funktion der

Mimation des Singulars entzündete sich an dem arabischen Gegensatz

von baitu r-raguli und al-baitu mit u zu baitun mit un, von denen aber die

erst innerarabisch entstandene Differenzierung baitun — al-baitu für das

Problem ohne Bedeutung ist. Unter der Voraussetzung, daß das Ursemi¬

tische das erste Glied des Status constructus nicht flektierte und in dieser

Hinsicht das Akkadische und das Äthiopische einen älteren Zustand

repräsentieren als das Arabische, ergibt sich statt der für die Status

constructus-Form und die unverbimdcne Form bisher angenommenen

Opposition ,,u — un" die Opposition ,, keine Kasusendung — Kasus¬

endung", d.h. das m der unverbundenen Form gehörte von vornherein

zur Kasusendung des Singulars und konnte insofern keine eigene Funk¬

tion haben. Zu diesem Ergebnis paßt, daß in keiner einzigen semitischen

Sprache eine freie Opposition zwischen Formen mit Mimation und sol¬

chen ohne Mimation nachweisbar ist (Abschnitte 7—8).

4. Die im Plural und Dual des jungsemitischen ,, Imperfekts" erschei¬

nenden M-Elemente sind wahrscheinlich vom NomenJier übertragen;

zumindest ist eine Herkunft de8.,iwniinalen Elements aus_dem verbalen

Bereich unwahirscheinlicli (Abschnitt 9). orii-<? aa^oja..^- ÖAjC^^v\-6jisi^jLyy^^ci^^

5. Ebenso wie das «-Element des Plurals, das dem Akkadischen und —

dem Amorritischen fehlt, dürfte das n des Duals sekundär sein. Als Aus¬

gangspunkt kommt der äw-Plural in Frage (Abschnitt 10).

6. Der Verlust der Mimation dürfte kein lautgesetzlicher Prozeß, son¬

dern eher das Ergebnis analogischen Ausgleichs mit den Formen des

Status constructus sein (Abschnitt 11).

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(21)

Toponyme. Ein summarischer Überblick

Von Johann Tischler, Gießen

Das Problem der Morphologie kleinasiatischer Namen und besonders

der dabei verwendeten Suffixe und Ableitungselemente nimmt seit

Fick* eine wesentliche -— um nicht zu sagen dominierende — Stellung

innerhalb des Problemkreises der Bestimmung der vorgriechischen

Spraehreste und der Bestimmung der prähistorischen Kulttuen Grie¬

chenlands und des ägäischen Raumes überhaupt ein, wobei teilweise

sicherlich weit über das Ziel hinausgeschossen worden ist.^ Eine beson¬

dere Rolle spielen dabei die ,,Leitsufiixe" -ydh- (bzw. -nd,- vmd -ni-) und -s{s)-, zu denen noch eine Anzahl „kleinerer Sufiixe" wie -r-, -l-, -m-, -n-

kommen, sowie Kombinationen wie -mn-, -rm-, -hr- -gr-, -rn- und -st-.

Außerdem scheinen ein- und mehrfache Kombinationen dieser Suffixe

möglich.

Ohne auf die in dieser Theorie implizierten Sclnvierigkeiten näher ein¬

gehen zu wollen», seien im folgenden einige Bemerkungen zur morpholo-

1 A. Fick : Vorgriechische Ortsnamen als Quelle für die Vorgeschichte Grie¬

chenlands. Göttingen 1905.

" Ausführlich zum gesamten Fragenkomplex F. Schachebmeyb : Prä¬

historische Kulturen Griechenlands. In: Paulys Realencyclopädie der classi¬

schen Altertumswissenschaft. Bd. 22,2: Halbbd. 44. Stuttgart 1954, bes.

Kap. XI: Die vorgriechischen Sprachreste, Spalte 1494—1548 und P. Hub¬

schmid in: Vox Romanica 16 (1960), S. 124—179 und 245—299. Außerdem

vgl. den Versuch einer statistisch begründeten Auseinandergliederung dieser Suffixe von D. A. Hesteb: Pre-Oreek place names in Greece and Asia Minor.

In: Revue Hittite et Asianique 61 (1957), S. 107—119.

^ Es sei lediglich auf die seltsame Natur bzw. Verwendungsweise des

Terminus ,, Leitsuffix" hingewiesen: Wer auoh immer diesen Terminus

geprägt hat, hatte dabei offensichtlich die ,, Leitfossilien" der Geologie, dio

ja auch wesenthch eine historische Wissenschaft ist, vor Augen. Dort ver¬

steht man unter ,, Leitfossilien" vornehmlich solche Organismen, die mög¬

lichst kurze Zeit existierten und daher besonders gute Zeitindikatoren dar¬

stellen. Darüber hinaus erreichten solohe Fossilien während ihrer Existenz geographisch eine sehr weite Verbreitung (vgl. Lotze : Geologie. 4. Aufl. Ber¬

lin 1968. (Sammlung Göschen 1313a), S. 92). Nur die zweite Eigensohaft,

nämlich die weite Verbreitung haben ,, Leitfossilien" und „Leitsuffixe" mit¬

einander gemein: Die Namen, die eines dieser Leitsuffixe enthalten, finden

sich in ganz Kleinasien, der Ägäis, Griechenland, Italien und auf dem ganzen

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