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PoU, tur Frage über die Classificalion der Sprachen. 287

Im Uehrigea dieat der neoe, auf dem Originale deutlicher erkennbare Miinztypus meiner Herleitung des Stückes aas Sarendsch zur voUslen Bestäti¬

gung. Wie auf dem in Tornherg's Werke abgebildeten Münzslück aus selbiger Stadl, isl das Wort aUI vom Anfang der Umschrift des Adverses in dem kjyij jJJI anch hier auf den kleinsten Umfang redneirt, fast unmerklich;

die Gestalt der Buchstaben in Grösse und Stärke auf beiden überhaupt ein¬

ander sehr Ehnlich.

Auf der Rückseite, deren Gepräge ungleich besser als das der Vorder¬

seite erhalten ist, bemerke ich nun noch einen Fehler des Stempelsehneiders:

er hat statt fälschlich Aa«L^1 graphirt.

Indem ich zu meinen frühern Bemerkungen nicbts weiter hinzuzufügen habe, als den Wunsch, dass die Abbildung, welche ein solches ganz seltenes Münzslück in hohem Grade verdient, recbt genau geliefert werden möge, verharre icb u. s. w.

Zur Frage Uber die ClassißcatioD der Sprachen,

mit besonderer Rücksicht auf die Sichrifl:

Ttie Cinssificttlion der Sprachen, dargestellt als die Enlwicheluug. der Sprach¬

idee von ür. H. Steinthal, Privatdoc. für Sprachwissenschaft an der Univ. zu Berlin. Berlin 1850. 91 SS. 8.

Von

Prof. Pom »)•

In der soeben genannten Schrift de'ä schon' dtirch attdere Arfctiteh «) rühmlichst bekannten Gelehrten werden zutlSc'hst S. 1—57 die bisherigen Sprachenclassificationen je nach dem phgsiölögischcn Principe der Sprachen, aus dessen Verschiedenheit sich auch die Verschiedenheit ihres Baues er¬

zeugte, nicht nacb dem genealogischen des Zerfallens in Familien, Stämme und Abtheilungen sonstiger Afliliations-Grade , d. h. namentlich die der beiden

Schlegel, Bopp's und vorzugsweise W. v. Bumhotdfs kritisch durch¬

gegangen und als noch ungenögende Versüche aufgewiesen. Von S. 58 aber beginnt des Vfs. eigenes positives Thun , jedoch an der gesteilten Asfgabe erst später , nach inmittelst abgethaner Erledigung der mit jener berühmten : Was ist Wahrheit? analogen und fiir den Sprachforscher um nichts weniger bedeutungsvollen Frage: Was ist Spt;acht? Sollte nun auch vielleicht dem Vf. die Enttäuschung nicht erspart werden, si^b^niohf gan^, ^r, j^ine.n zweiten Columbus anerkannt zu sehen für Entdeckung eines u^eK^cfcAtcMItcAen Slandpunlctes" (S. 63) abseilen Beanlworlung jener Frfige )- sollte durch'Hio-

1) Ursprünglicl) für di« biblio^apb. Anzeigen |^stimmt, iiber an* be¬

sonderen Gründen mit unwesentlichen Aenderungen in'diese Abtheilnng auf¬

genommen! D. R e dl

2) De itron. relal. I'M?; , Die Sprachwiss.> VTHh.' vj Ihti^ldtt and die Hegeische Philos. 1848; Der Ursprung'der .Spraebe >1861i;^ «uoh durch Heraus¬

gabe von Sehwartze's koptischer Grammatik.

19*

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288 foii, 2ur Frage über die Classificalion der Sprachen.

weis aor die Geschichle unserer Wissenschaft ihm von der Nenhoit seiner Entdeckung gar Mancherlei in Abzug gebracht werden ; ja er keineswegs auf unbedingte Zustimmung rechnen dürfen, vielmehr hier und dort, mit gutem Fug , auf Widerstand stossen : trotz dem Allen halte ich diese mittlere Partie für weitaus die gelungenste in dem sonst durchweg scharfsinnigen und be¬

achtenswertben Buche. Beleidigt nämlicb in der ersten Abtheilung zwar nicht das Auftreten gegen Humboldt ao sicb , wobl aber oft die Art des Auftretens mit einer etwas zu stark selbstbewussten und mitunter die Pflicht der Dank¬

barkeit verletzenden, zudem nicht einmal immer gerechten Kritik; sehen wir am Schlüsse den Vf., seiner grossen und zum Theil erfolgreichen Anstren¬

gungen ungeachtet, doch dem Ziele noch fern, insbesondere schon wegen völliger Ausserachtlassung des mit dem physiologischen Anordnungsprincipe der Sprachen in Bezug und, allem Vermuthen nach, auch in Einverständniss zu setzenden genealogischen Princips: so hat dagegen in der Mitte Hr. Sl.

mit der ihm eignen Schärfe und Tiefe des L'rtheils das Wesen der Sprache erfisst und in wenigen, aber markigen Zügen bestimmt und gezeichnet; dann ferner hierauf eine im Allgemeinen siegverheissende Polemik nicbt nur gegen die alte ganz empirische, ganz gedankenlose Grammatik, sondern, was gegen¬

wärtig in Deutschland fast uoch mebr noth thut, gegen jene in den „spani¬

schen Schnürstiefeln der Logik" stolz daher schreitende und anspruchsvolle Methode der Spra"chforscbung (S. 62) gegründet und eröffnet, die man von ihrem Haupturheber die Bcciter'sehe heissen mag.

Die Antwort aber auf die oben berührte Frage lautet: „Sprache ist die

Thätigkeit des GeUtes, sich — seine Anschaumgen und Begriffe — sich

selbst in einer selbstgeschaffenen allgemeinen Anschauung vorzustellat , welche Anschauung durch Geberde und Zeichen aller Art, besonders aber in der Laut¬

sprache durch deu articulirlen Laut festgehalten wird" u. s. w. — Ferner:

„Die Wörter enthalten nur Vorstellungen, und die Geschichte der Sprache ist die Geschichte der menschlichen Vorstellung." — „Die Formen dea Den¬

kens, der Anschauung und des Begriffs, sind die Lebensgeselze des Geistes, welche nicht der Mensch sich selbst gegeben hat. Die Form seiner SprachiB ist seine eigne (als Subject und Object) Schöpfung (act. nnd pass.)." Frei¬

lich hat selbst massigem Nachdenken nie ganz verborgen bleiben können, dass die Sprache mit VorsteUunaen fvgl. z. B. den Tortrefflichen , jedDch weit unter Verdienst gekandUn .4 ßemhardi, Anfangigr. der SprJichw.

S. II), „nicht mit den «ahrgcnommenen Dingen ap sich" (wie Steinth.

Sprachw. Humb. S. 106 108 äns ttamboldt citirt) es zu tbun b«he, -was Jemand stark, aber treffend so lusdrückte; von eintm Kameele sprechen heisse nichl das Kameel selber mit Haut und Haar in deo Mund nehmen ; freilich hal Hum¬

boldt es.nicbt nur gewusst. sondern auch, (EinU S. LXXIV) sehrteslim^ut aus¬

gesprochen und entwickelt, bei der L'nvermeidlicbkeit von Einmi«cbung mensch¬

licher Subjtctimtät ia alle objective Wahrnehmung lieee nothwendig ancb in jeder Sprache „eine eigenthümlicbe Weltansicht"; freilich, darf nach solch

einem Njimen noch an einen anderen erinnert werden,'habe ich selbst wohl erwagenif, wie eine Vorstellung wabr sein kann oder falsch, miudcslens nicht immer gleich klar ist, gleich lebhaft, gleicb treffend, aucb ihr Gegen¬

bild: Wort und, weiter ausgedehnt, als Snmme von Vorstellungen und ihrer

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PoU, mr Frage über die CUissi/ication der Sprachen. 289

Verbindangen : die gesammte Sprache , in einer allerdings vergessenen Anzeige von Becker's Wort S. 761 f. (Berl Jahrbb. Nov. 1833), jedoch unter nicht wörtlicher, aber thatsächlicher Zuslimmnng von Heyse , Ausf. Lehrb. der DeuUchen Spr. 1835. S. 122 Tur eine, ,, gegen den Begriff gehalten, fort¬

währende Lüge" erklärt. Vgl. auch Etymol. Forsch. I, 150. Die Wahrheit des Darzustellenden in ganzem vollen Umfange *) zn erreichen , ist die Sprache nicht verbunden, aber auch so wenig im Stande, dass vielleicht in tausend Sprachen sicb der Versuch des Strebens nach jenem Ziele hin wieder¬

holt , ohne , wenn anch mehr oder minder glücklich, je dnrchans zu gelingen.

Eine Verschiedenheit, die mau, wäre die Sprache selbst schlechthin einheit¬

liche und mehr als bloss subjective Wahrheit nnd in ihrer Form Noth¬

wendigkeit in dem Sinne , wie etwa die uns eingepQaazte gottvorlieiiene Logik, gradezu als eine — ITnmö^licAjlreit betracoten nnd anstaunen aiümte '). Den Grund der Spracbverschiedenheit und daneben ja trotzdem, its weftverbrei- teten Glanbens an eine viel grössere geistige Einerleiheit ni Congroenz der Sprachen , als wirklich vorbanden , uiit grosser prineipieller Bestimmtheit anf- gezeigt zu haben und aus Anwendung des Gefundenen mit starrer Consequenz allmälig auf da» gesammte Gebiet wenigstens der Hanptclassen von Sprachen Ernst zn machen , ist Hrn. Steintbala Meibendes «nd nicbt genug mit Lob auszuzeichnendes Verdienst und poen unausgesetzt IhStiges Bemühen. Nnr wünschte ich, er liesse sich nicht dureb seinen Scharfsinn, — ödei mischt sich diesem nicbt auch ein ganz 'klein wenig Kitzel von Paradoxic bei'? — nrancbmal zu Uebertreibungen und falscher Consequenzmacherei hinreissetf. Wenn er z. B. — auf die Lehre von der Dreifaltigieit der Sprache-fi)'6t dls auf sein ausschliessliches Eigenthum sich elwas zu Gutier thnend', «^as%s^ immerhin sein mag , trotzdem dass er nichts weniger als der Erste isl , welcher sie aufstellt ') , — als drittes der Momente die Thätigkeit der Zusammenfassung der beiden anderen (Deitkinhalt und Lant), oder die innere Spraehform, die ideelle Bezeichnung angiebt, und diese mit Recbt, ich werde es nicbt be-

1) Sie kann es immer nur in weit dahiattr nurückb^tbeader, bloss attdeiitender Weise, oder — ein Begriff, der in seiner fröliaren mechani¬

schen Aawendua|; allerdings mit Recht, sonst über Gebühr jetzt, in Misscredit gekommen ! .■— in eigentlich ununterbrochen fortlaufenden ElltpsSn, d. b. mit gewaltigen Zninttthnrrgen wiegen glillsrebsreigend ergÜRzenden und aust'dUenden, selbst aur rein Sprachlichen Vers^aadnisseai ajtijUiirerjiHler Lesen.

2) VgK weiten Ausfiihrung ae« :l'hamafs vor aer iK^rMh,vlsraohifldcalnjt,

^ed»ch nshr vermittelst. Mugpwählter instructivec aeispieJe. io. m«iaem Auf¬

satze ; Vntertchied »nn üprachielufe mul Wörterbuch tn absoluter oder in relativer Fassung Alle, Monatsschr. für Wiss. u. La.. Jiil. 1851. S. 19—30

3) Z, B Karl Chr., Tr. Krause, der sl« zwar inil underen Wbnen, aber , sonst (Abriss des Systemes der Phitos: fiint. 1825. 8. 55) sebr Hbnllch Aabtn bestimmt: „Z« jeder Sprocb« gebärt das Zubeaeichneuiit , it» ZeicLtn, nd die Bezeichiaung (Bt»e<cheabeit, Bedentuoi;)" und S. 56:„Dtürob diesef Wechselentspreohen aun des Zubezeichnendten und des Bezeichnenden ist das dritte ErtOrderniss der Sprache , d'ie Bezeichnung Bedeutung) ntöglich : denn erst die Setzung nnd Kieuntniss dieses Wechselverfaältnisses ^iebt Sprache ; z. B. boi der Lautspradle , duss man die WecfaselbeniebiHig Her Laute »ad Sachen kennt , w^dnntV eradere die letzteren aiubeigen."

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290 PoU, iur Frage über die Classificalion der Sprachen.

streiten , genau von Aer logisch-melnphgsischen Form des in der Sprache vor¬

bestellten Inhaltes ahsondcrt , so sollte cr doch nicht, hierauf gestützt, schlechterdings alle Fäden zwischen Grammatik und Logik abgeschnitten ver¬

langen. Schon allein ans seinen Abwehrungen S. 78 ersieht man , wie sauer ihm das auch in dem Maasse fruchtlose Bemühen wird, nicht irgendwo wieder durch die Hinterthür vorn hinausgeworfene logische Bestimmungen hereinschlüpfen zu lassen, w,is ihm doch z. B. S. 81 mit der Su6s/mis und Thäligkcil wirklich widerfährt. Man unterscheide streng zwischen Grammatik und Logik und , schon weil sie sehr oft sprachlich mit einander in Wider¬

spruch geratben , z. B. im Passiv , wo das grammatische Subject olfenbar eigentlich sachliches Object ist (vgl. Steinthal Sprachw. Humb. S. t(i7.

Anm. 27. und Mithr. IV, 316), — vermische sie nicht. Das schliesst nicbt aus, die Logik als hauptsächlichsten cinlteitlichen Hintergrund festzuhalten, anf welchem , freilich unter Hinzutreten noch anderer geistiger Kräfte , wie des Gefühls und vor Allen der auch sprachlich zumeist schiipferischen Ein¬

bildungskraft, zu den rein intellectuellen , — die Verschiedenheit der Sprachen spielt. Sprachen sind nämlich die individueller gefärbten Volksgeister, oder, nach Steinthals glücklichem Ausdruck , eine Mehrheit von Volkslogiken, gleich¬

sam prismalische Brechungen der einen , allen Völkern und Menschen ge¬

meinsamen mcnschhcitlichen Logik. Ganz vortrelflich wird S. 55 auseinander¬

gesetzt: philosophische uni historische Grammatik, obschon sie absolute Gegen¬

sätze bilden, baben doch, was eben so wahr ist, beide dieselben Voraus¬

setzungen, so dass man sie als die sich gegenseitig notbwendigen Momente eines bestimmten Gegensatzes zu erkennen hat. Gut; dann hat aber, wenn die sog. Allgemeine Grammatik im l'nrecht war , sich , wenn aucb nur schein¬

bar (denn es ist unmöglich), ganz und gar der historischen Berücksichtigung der Sprachen zu cntschlagen, umgekehrt kein Forscher das Itceht, sich so sehr auf das andere Extrem zu stellen , dass er von vorn bereiu sämmtliche allgemeine Kategorien dürfte als willkürliche Voraussetzungen ersterer ver¬

werfen , im Fall die gerade in Rede kommende Sprache zu deren Bezeichnung eigene grammalische Formen auszuprägen aus was immer für Gründen ver¬

säumte. Die Verbältnisse der /nft«rc«2 und Einstimmigkeit z. B. , sowie der Vejicndenz oder Abhängigkeit werden bleiben, auch wo die Sprache sie nicht durch eigens zu dem Ende gcscholfene Formen bezeichnet und unterscheidet;

— das gilt z. B. vom Adjecliv und audcren attributiven Wortclasscn , welcbc die wenigsten Sprachen durcb gleichsam reimende Anklänge , die bald hinten, bald, wie im Kalfer-Congo-Stamme , vorn antreten, der Substanz gleichartig macben und dadurcb ihr inbärirend setzen. Eben so, tiefer hinabzugehen, z. B. casucUe Verhältnisse (trotz des gänzlichen Mangels an Cusus-FomiCtt), etwa im Chinesischen. So wird ganz unzweifelhaft das gerade Verhältniss gleichsam souveräner Uuabhüngigkcil (Nominativ) unterschieden werden müssen von dem schrägen oder indireclen der Abhängigkeit uud letzteres , selbst in Sprachen, welche die Gränzen von Komen uud Keriium äusserlich zusammen- tüesscn lassen , noch wieder in den weiteren l'nlerschied zwischen nomineller (gleiehs. geniliver) und verbaler (gleicbs. nccusaliver) Dependenz auscinauder- ireten. Es sei, solche Verhältnisse werden nur dureh i'iti Slellung im Satze,

■/.. B. wie öfters im Französischen SiAject und Object durch das Vorausgehen

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PoU, zur Fraije über die Classificalion der Sprachen. 291

vor dem Verbum oder durcb das IIinterherschreiten , also durch das ganz lautlose räumliche N crhalten zum \ crbalbegriir, unterschieden ; diese Unter¬

scheidung, wie wenig befriedigend soust, genügt zum Auseinanderhalten in sich verschiedener iirammntischer Verhältnisse durcb die Gescbiedenbeit des Itaumes und der Zeitfolge und der aus dieser Gescbiedenbeit gleichfalls ent¬

springenden Verhältnisse. — Welcbes Volk ferner wäre wobl des Zeitunter¬

schiedes , der Unterscheidung vun Wirklichkeit und Unwirklichkeit nebst blosser Miiglicbkeit völlig unbewusst, und so stumpfen Geistes und rathlos.

nicbt irgend welche , wie kümmerliche Surrogate auch, für Tempora und Modi in seiner Sprache zu besitzen ? u. s. w. — Man schütte also nicht das Kind mit dem Bade aus.

Wie Dichten ein geistiges Zeugen und Schalfen in der Sprache und mit¬

telst ihrer ist- so verdankt die Sprache überhaupt selber einem grassartigen Scfaöpfungsarte der Menschheit, im Besonderen der Völker ihre Entstehung:

diese Völker waren die dichtenden Urheber ihrer Sprache, und diese Sprache ist jedesmal eine zwar im Geiste empfangene, aber vom Körper als Wort geborene und sinnlich wahrnehmbare noivois vun verschiedenartigem Charak¬

ter, von bald mehr bald minder gelungener Tiefe, Schönheit und Angemessen¬

heit. Darum zeigt sich auch die Sprache, was mich nicbt Wunder nimmt, von vorn herein und in ihren ersten Stadien durch und durch sinnlich-anschau¬

lich und dichterisch. Nicbt nur aber wird späterhin das Lehen immer weniger unmittelbar, d. h. auch unpoctischer : es erwachen ausserdem allmälig andere geistige Bedürfnisse, als die vom Sinnen auf Lebenserhaltung und von der Imagination aufgestörten , im Drang zum eigentlichen männlicheren Denken,

in wie weiter Ferne noch, jedoch auf dem Wege zur — Philosophie und

Wissenschaft. Von nun an olfenbart sich in der Sprache (wie in casten- artig obgeschlosseneren Kreisen, etwa des Handwerks) ein Streben nach feste¬

ren termini, ein entsinnlichcudes Verallgemeinern und doch damit in wider¬

spruchsvoller Weise verbundenes Verengern der Ausdrücke in einem mit dein Fortschreiten der Begrilfe und der Intelligenz parallelen \'orwärts unter Ab¬

wenden von der grösseren Pliissiffkeit der bisherigen Bedeutung der Wörter ungeachtet ihrer früher t»(iivi<<uei{-bestiminleren und lebendigeren Färbung, oder vielmehr eben durum. So wird die Sprache gewöhnlich in gleichem Grade undichterischer, wo philosophischer, und diu Dichtung schwerer, wo die Wissenschaft leichter. Weiss nun die Philosophie, die gleichsam auf dem zweiten , der Dichtung — mit vielen Thälern dazwischen — gegenüber emporragenden Gipfelpunkte des menschlichen Geistes thront, welches Werk- zettges sie. sich zn ihrer Olfenbarwerdung bedient, bedienen mues? und ferner hat sie ein Bcwusstsein darüber, wie sie den Gedanken jedesmal iu Kmc bestimmte Volkssprache, als •— die ungeheure Verschiedenheit «nd Mannicb¬

faltigkeit der Sprachen predigt's mit sehr eindringlicher .Mubnnng — in ein, dem Gedanken nichts weniger als gleichsam prädestinirt conforincs nnd ohne Weiteres zusagendes Gefäss zu giessen genöthigt ist, und dass diese gar nicht xu umgehende Schranke anch auf die Philosnphie »elbst nnmöglieli nbn»

merklichen Einiluss und Riickscfalag bleibon kannY In welche» Sprachen uml bis zu welchem Grade der Vollendung hin z. B. ist Darstellung der Philo¬

sophie inlweder in ursprünglicher Fassung «der durch reberlragung möglich?

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292 PoU , zur Frage über die Classificalion der Sprachen.

Wie sieht z. B. Chinesische Philosophie, uienn bei einer so durch und durch nüchternen und verstandesmüssig dürren Natur, wie die Cbinesitehe , über¬

haupt nur von Philosophie die Rede sein kann , wie sieht sie aus im Ver¬

gleich etwa zu Griechischer oder auch nur Indischer? Ohne Frage noch ungleicher, als ein Chinesisches soi-disant Schauspiel zu Dramen von Kalidasa oder Sophokles gehalten, l'nd zwar ganz entschieden wenigstens ehen so sehr in Folge der l'nbehülOichkeit ihrer Sprache, als des Charakters. Nur jenen wenigen begabteren, oder auch, wie man wolle, durch Ort, Zeit und Um- stüade —r am wahrscheinlichsten durch beides, durch die letzteren in Ge¬

meinschaft mit dem ihnen von der Natur in die Welt einmal mitgegebenen geistigen Angebinde — kurzum, sogar in körperlicher Hinsicht, bevorzugten Völkern ist gewissermaassen zu philosophisch geregeltem Wiederanssppechen des Geschanten die Zunge gelöst, sobald sie in tieferem Ringen nach Ent¬

wirrung der grossen Welt- nnd Lebensrüthsel , Anfangs in (ofl nnch gerades- wegs poetischer) Form mythisch-religiöser Speculation, nachmals unler immer mehr sich lüftendem Schleier die Wahrheit zu schauen bekamen oder zu erblicken glaubten. Wie dem nun sonst sein möge, kein Volk, dem nicht ein auch schon in der Anlage vortrelfliches Idiom als glückliches Loos zufiel, hat sich der Philosophie ernstlich zugewendet oder gar in ihr schöpferisch erwiesen; und mindestens würde die bisherige Erfahrung schwerlich viel dawider baben kiinnen , wenn Jemand , was bei Allem dem bedenklich bleibt, auch anderen als, so zu sprechen, dieser Aristokratie von Völkern den Beruf zu Philosophie abspräche. Immer aber bleibt der Wecbselbezug zwiscben Sprache und Gei^t der VSlker als ein sich hinüber nnd heräber ursächlich bedingender — ein Buf tiefnnterstem Grunde unerreichbarer nnd dunkler.

Vielleicht baben manche unserer Leser uns nicht ohne einen Zweifel begleitet, was denn das obige Buch sie angehe. Die classische Philologie auch dürfte es ziemlich unter ihrer Würde halten, sich mit dem dort be¬

handelten Thema zu befassen : ich denke aber , die orientalische Philo¬

logie , welcher so viele Sprachen und Lileratnreif zu thun geben, hat ein weiteres Herz. ' Und volleifds nun , wenn ich die nnter dem Titel : Das System der Sprachen als die Bntwichelang der Sprachidee S. 82 nach der

„Würdigkeit des physiologischen Princips" aufgestellte Rangliste von Spraehen bier wieder aufrolle,'wird man, auch ohne dass, schon um die Spannung der Wissbegier nicht vor dem eignen Lesen des Büches abzuschwächen,'sein 'giinzes <tiebermniss .in Betreff des J!|ustandekoinmens jener Liste zugleich mit

verrathen würde, genug sehen, um *u wis»oli,'yon welehein Belange eine Ctasiiflattion der Sprachen in Steinthal's Sinne, sein müsse, die, man wird es. kaum abstreiten dürfen, auch gewissermaassela Tur die in Belraoht kom^

menden Yslitcr. in intelleetueller Rücksicht eine Rangordnung einsohltesst , über - deren'HisMiehkeit ich' mir jedoch nicbts weniger . Uls die Angen verschliesse. Hr. St:' Ual ' ilbrigens' folgende , versteht si<!h , noeh nm manche Zwischenstufen'iBckenhafte Sprachenterrasse aafbaoen zn können ge¬

glaubt. I. Die IKnterlndiscÄcn Sprachen. II. Der malayiseh-polyncsisclte

•Sta'im. III. Die Sprache ierKaffcrn- und Konjfo-Stämne, IV. Uandschuisch- lUongolisch. V. Die türkischen Dialekte. Vi. Der uralische oder finnische Summ. VII. Das CbinesUche VIII. Das Mexikanische. IX. Die nordameri-

(7)

Correspondenzen. 293

konischen Sprachco. X. Das Baskische. XI. Das Aegyptische. XII. Das

Semitische. XIII. Das Sanskritische.

Halle, d. 22. Aug. 1851.

Aus einem Schreiben des Dr. Müller

an Prof. Fleischer.

Oxford d. 18. Nov. 1851.

Noues habe ich diesfmal nieht mitzutheilea, ausser etwa dass die BibHo- theea Indica nun wieder rüstig fortschreitet, und dass die letzte Nummer, JVr. 36, Ballantyne's Ausgabe des Säbitya Darpana enlbält, Text und Ueber¬

setzung. Es ist das populärste Lehrbuch der Indischen Rhetorik, nur muss man auch hier niebt Aristotelische Rhetorik erwarten, sondern nur was zum Schmuck der Rede gehört. Es zerfällt in zehn Abschnitte : 1) über das Wesen der Poesie; 2) über die verschiedenen Anwendungen eines Wortes; 3) Uber Geschmack ; 4) über die Gattungen der Poesie ; 5) wiederum über eine be¬

sondere Auwendung von Worten als weitere Ausführung von Nr. 2; 6) über das was in einem Gedicht gesehn, oder gehört werden soll; 7) über Fehler;

8) über den Styl; 9) über die Verbindung verschiedener Stylarten; 10) über Verzierungen. Nach Ballantyne in seiner Vorrede fängt der Indiscbe Unter- . rieht meist mit Nr. 10 an, und zwar mit dem Werke des Apyiya Dikshita,

Kuvalayünanda genannt, welcbes nur über die ornamentale Rbetorik handelt.

Das erste Fascikel umfasst die ersten 66 Begel« und ßUo scbon einen an¬

sehnlichen Thcil des dritten Buches. Die Uebersetzung ist gut und gründlich, nnd zeigt, wie vortbeilhaft es ist , wenn man die Pandits zur Seite hat. Der Veda wird von den Indisehen Redekünstlern übel behandelt. Es heisst näm¬

lich sogleicb zu Anfang, dass dieses Lehrbuch der Rbetorik (so wie jedes Lehrbuch in Indien) dem Menschen das „Summum bonum" verschaffe , diese Summum bonum ist, wie stets, Tugend, Reichtbum, Glück und himmlische Befreiung. Man lernt nämlicb aus den Gedichten , dass man wie Räma leben soll , und nicht wie Rävnna. Tugend nun erreicht man durch die Lectüre von Lobpreisungen Ndräyana's; Reichtbum durcb Wissenschaft; Glück durch den Reichtbum , nnd himmlische Befreiung durch Gedichte über diesen Gegenstand.

Diese vier Dingo kann man zver auch aus deu Vedas herausstudiren ; aber da dieselben so geschmacklos sind , so macht diess selbst gereiften Geistern viel Mühe , wäbrend die zart«sUn Seelen ohne Anstrengung die höchste Selig¬

keit aus der Poesie schöpfen. Nein, selbst die gereiften Geister, obgleich sie ihre Vedas haben , sollten sich lieber anf die Poesie legen ; denn wenn

eine Krankheit, die man mit bittern Latwergeii heilt, durch,Zuckerkand ge¬

hoben werden kann , wer würde da nicht zum Zuckerkand greifen ? Dr. Roer bat, wie ich;höre, eine Uebersetzung der Sänkhya-pravacana- sütras vor, uod hat für .das Aiialiscbe Journal einen Arlikel über die Säukbya- Philosophie geschrieben.

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