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Blutwäsche bei chronisch entzündlicher Darmerkrankung

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Academic year: 2022

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ARS MEDICI 23 2010

S T U D I E R E F E R I E R T

Bei Patienten mit chronisch akti- ver IBD, bei denen keines der ver- fügbaren Medikamente anschlägt, kann mithilfe der Granulozyten- Monozyten-Apherese eine Remis- sion erreicht werden, gegebenfalls kann sie auch mehrfach angewen- det werden.

B M C G A S T R O E N T E R O LO GY

Für die Behandlung von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkran- kungen (IBD) steht zwar eine ganze Reihe von Medikamenten zur Verfü- gung, doch helfen diese nicht allen Pa- tienten. Der Anteil an Patienten mit chro- nisch aktiver IBD trotz Behandlung liegt bei etwa 6 (Colitis ulcerosa) bis 19 Pro- zent (Morbus Crohn). Die verfügbaren Medikamente sind überdies mit zum Teil gravierenden Nebenwirkungen verbun- den, besonders gefürchtet sind opportu- nistische Infektionen.

In der kürzlich publizierten Studie wur- den die Langzeitverläufe von 40 IBD-Pa- tienten dokumentiert, die sich mangels Erfolg der medikamentösen Therapien zwischen 2002 und 2006 mehrfach einer Granulozyten-Monozyten-Apherese un- terzogen. Die Idee dahinter beruht auf der Erkenntnis, dass diese Zellen eine zentrale Rolle bei den inflammatori- schen Prozessen der IBD spielen.

Studiendesign

15 der Patienten litten an Colitis ulce- rosa, 25 an Morbus Crohn. Vorausset- zung war eine mindestens 6 Monate an- dauernde Krankheitsaktivität ohne Re- mission trotz optimaler konventioneller medikamentöser Therapie (Kortikostero - ide, 5-Ami nosalizylate [5-ASA], Aza thio - prin, 6-Mer captopurin). Allen Morbus- Crohn- Patien ten hatte man eine Behand - lung mit Infliximab angeboten, doch die meisten verzichteten darauf aus Angst vor Neben wirkungen (16 von 25).

Die Granulozyten-Monozyten-Apherese (GMA) erfolgte mithilfe einer Filtersäule, die mit speziellen Zelluloseacetatkügel- chen gefüllt ist (Adacolumn®). Wenn Blut durch die Säule fliesst, bleiben Granulo- zyten und Monozyten hängen, während Lymphozyten und Erythrozyten passie- ren und wieder zurück in den Organis- mus gelangen. Die Blutwäsche erfolgt unter Zusatz von Heparin und dauert zirka eine Stunde. Bei allen Patienten wurde fünfmal im Abstand von je einer Woche eine GMA durchgeführt. Falls eine Remission ausblieb, erfolgten eine bis drei weitere GMA. Um die Einstich- stellen zu schützen, wurden diese mit EMLA®-Pflaster vorbehandelt.

Während der GMA-Therapie und dem Follow-up wurden 25 Patienten gleich- zeitig mit Azathioprin und 18 mit 5-ASA behandelt. Bei 7 Patienten in Remission wurde zu Beginn der Apheresebehand- lung Prednison in ausschleichender Dosierung gegeben (im Mittel 17,5 mg [5–40 mg]). Am Ende der Behandlung erhielt keiner der Patienten noch syste- mische Kortikosteroide.

Die Evaluation des Therapieeffekts er- folgte nach 5, 10 und 20 Wochen und wurde in drei Kategorien eingeteilt: kein

Effekt (keine Verbesserung oder Ver- schlechterung), partielle Besserung oder Verringerung der notwendigen Kortiko - steroiddosis, komplette Remission bezie- hungsweise (fast) keine klinischen Sym - ptome ohne vorherige Erhöhung der Kortikosteroiddosis. Darüber hinaus er- folgten endoskopische Untersuchungen und eine Evaluation der Lebensqualität mittels einer visuellen 100-Punkte-Skala.

Resultate

Nach der Therapie (5 GMA in 5 Wochen) fand sich bei 34 Patienten ein Ansprechen auf die Therapie (85%). 26 von ihnen (10 Colitis ulcerosa, 16 Morbus Crohn) er- reichten eine klinisch wie endoskopisch nachweisbare Remission (65%), die über 2 bis 58 Monate anhielt (im Mittel 14 Mo- nate). Von den Patienten in Remission nahmen während der gesamten Therapie- und Follow-up-Phase 11 weiterhin Aza - thioprin und 10 Patienten 5-ASA ein.

Bei 14 der 26 Patienten kam es im weite- ren Verlauf zu einem Rückfall. Sie erhiel- ten erneut eine GMA, was bei 13 von ihnen zu einer zweiten Remission führte.

Bei erneuten Rückfällen führte bei 7 Pa- tienten eine dritte GMA zur Remission, bei 3 Patienten waren vier, bei einem Patienten fünf GMA dafür nötig. Bei 2 Pa- tienten verschlechterte sich der Zustand nach der zweiten, beziehungsweise vier- ten erneuten GMA.

Die GMA wurde im Allgemeinen gut ver- tragen, schwere Nebenwirkungen traten nicht auf. 2 Patienten klagten vorüber - gehend über Kopfschmerzen, 4 über Mü- digkeit. Keiner der Patienten beendete die GMA-Therapie vorzeitig.

Blutwäsche bei chronisch

entzündlicher Darmerkrankung

Aussieben von Granulozyten und Monozyten ist hilfreich

Merksätze

Bei Patienten mit chronisch aktiver IBD trotz medikamentöser Behandlung ist die Granulozyten-Monozyten-Apherese eine Option.

Sie kann bei Rückfällen auch mehrfach

wiederholt werden.

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ARS MEDICI 23 2010

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Schlussfolgerungen

Die hohe Remissionsrate von 65 Prozent in dieser Beobachtungsstudie steht im Gegensatz zu einer vor 2 Jahren publi- zierten plazebokontrollierten Studie bei Patienten mit Colitis ulcerosa, in der die

GMA nicht besser abschnitt als Plazebo (eine scheinbare Blutwäsche). Die Auto- ren der vorliegenden Studie räumen ein, dass die fehlende Plazebokontrolle sicher ein Schönheitsfehler ihrer Studie sei, man aber bedenken müsse, dass all ihre Pa-

tienten eine chronische, therapierefrak- täre Entzündung aufwiesen. Dies sei so - mit ein anderes, homogeneres Patienten- kollektiv als in der oben genannten ne- ga tiven Studie. Während damals alle Patienten mit aktiver Erkrankung aufge- nommen worden seien (also auch solche mit fluktuierendem Krankheitsverlauf), habe man sich hier auf Patienten mit chronisch aktiver Entzündung konzen- triert. Möglicherweise spielten die Mono - zyten bei chronisch aktiver Erkrankung eine grössere Rolle als bei der fluktu - ierenden, was den positiven Effekt der GMA im «chronischen» Patientenkollek- tiv erklären könnte. Eine sichere Identi - fikation derjenigen Patienten mit der grössten Aussicht auf Erfolg mittels GMA sei nicht zuletzt auch wegen der Thera- piekosten wichtig. Die Autoren errechne- ten, dass in ihrer Studie, die in Stockholm durchgeführt wurde, ein Monat in Remis- sion mit zirka 1150 US-Dollar Mate rial - kosten für die Apharesesäule zu Buche

schlug.

Renate Bonifer Lindberg A et al.: Long-term follow-up with granulocyte and monocyte apheresis re-treatment in patients with chronically active inflammatory bowel disease. BMC Gastroenterology 2010;

10: 73.

Interessenlage: Die Autoren deklarieren Referentenhonorare des Herstellers der Apharesesäulen, der auch die statistische Aus - wertung der Daten finanzierte. Auf Studiendesign, Daten erhebung und -auswertung sowie den Entscheid zur Publikation und das Verfassen des Manuskripts hatte der Hersteller keinen Einfluss.

Granulozyten-Monozyten- Apherese: Top oder Flop?

Die ersten Berichte über die Granulozyten- Apherese aus Japan liessen aufhorchen: hohe Remissionsraten mit zum Teil lang anhaltendem Erfolg und dies bei zu vernachlässigenden Nebenwirkungen. Infolge dieser Pilotstudie wur- den weltweit etliche Studien initiiert, die leider sehr unterschiedliche Ergebnisse erbrachten. In der Tat ist das Bedürfnis für weitere Therapie- möglichkeiten bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa vor handen, da ein Teil der Patienten auf die konventionelle Therapie mit Kortiko - steroiden, Immunsuppressiva oder TNF-alpha- Blo ckern nicht anspricht. Somit wäre ein alterna- tives Therapiekonzept wie die Säulenapherese, welche zu einer selektiven Absorption von Gra- nulozyten und Monozyten auf den Zellulose - azetatpartikeln führt, eine willkommene Alter- native. In der vorliegenden Studie fand sich eine

klinische Antwort bei 85 Prozent der Morbus-Crohn- und Colitis-ulcerosa- Patienten, eine komplette Remission wurde bei 65 Prozent der Patienten erreicht. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass die vor - liegende Studie einige Schwächen aufweist: Es war keine plazebokon- trollierte, randomisierte Blindstudie und auch die eingeschlossenen Patienten sind in dieser Studie relativ schlecht charakte risiert. Eine grosse Multizenterstudie, welche plazebokon- trolliert durchgeführt wurde, hatte leider keinen signifikanten Effekt dieser Therapie gezeigt. Es gibt unterschiedliche Erklärungsmöglichkeiten bezüglich Studiendesign inklusive Patienten- auswahl, die für dieses negative Studienergeb- nis verantwortlich sein könnten.

Sowohl Untersuchungen wie diese, als auch etliche weitere Studien scheinen dennoch zu zeigen, dass einzelne Patienten von der Säulen - apherese profitieren. Leider ist derzeit nicht klar, welche Subpopulation von Patienten auf diese Therapie ansprechen wird. Insgesamt be- darf es weiterer Studien mit höheren Patienten- zahlen bis diese Therapie den Gastroenterolo- gen und ihren Patienten ausserhalb von Zentren

empfohlen werden kann.

K O M M E N T A R

Prof. Frank Seibold, Gastroenterologie Spital Tiefenau, Spital Netz Bern

S T U D I E R E F E R I E R T

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