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Interaktion mit Chinonen und Funktion der Na<sup>+</sup>-transportierenden NADH:Chinon-Oxidoreduktase aus Vibrio cholerae

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Academic year: 2022

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Interaktion mit Chinonen und Funktion der Na

+

-transportierenden NADH:Chinon-

Oxidoreduktase aus Vibrio cholerae  

   

Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.)

 

 

vorgelegt von Ruslan Nedielkov

 

an der

 

 

   

Mathematisch-Naturwissenschaftliche Sektion

 

 

Fachbereich Chemie

Tag der mündlichen Prüfung: 14.12.2015 1. Referent: Prof. Dr. Heiko Möller 2. Referent: Prof. Dr. Hans-Jürgen Apell

Vorsitzender der Prüfungskommission: Prof. Dr. Jörg Hartig

Konstanzer Online-Publikations-System (KOPS) URL: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:352-0-320071

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Danksagung

Die vorliegende Arbeit entstand von Januar 2010 bis Juni 2014 an der Universität Konstanz in der Arbeitsgruppe für biomolekulare NMR-Spektroskopie von Prof. Dr. Heiko Möller im Fachbereich Chemie.

Ich möchte mich vor allem bei Prof. Möller für die Möglichkeit der Doktorarbeit in seiner Arbeitsgruppe und das interessante Thema bedanken. Von Anfang an wurde ich hervorragend betreut und unterstützt bei allein wissenschaftlichen, aber auch persönlichen Fragen. Ich habe seine fachliche Kompetenz und Kreativität immer geschätzt, welche für mich ein Vorbild waren.

Herrn Prof. Dr. Hans-Jürgen Apell danke ich für die Übernahme des Zweitgutachtens und für seine hilfreichen Diskussionen, sowie für Nutzung der Laborressourcen.

Frau Prof. Dr. Julia Fritz-Steuber danke ich besonders für die Leitung unseres Projektes im Rahmen der Baden-Württemberg-Stiftung, für die ständige Hilfsbereitschaft und Unterstützung beim Schreiben der Publikationen und Anregungen für die Forschung. Frau Prof. Dr. Christiane Berger-Schaffitzel und Herrn PD. Dr. Günther Fritz danke ich ebenfalls für die tolle Kooperation und Hilfe im Projekt.

Frau Prof. Dr. Claudia Stürmer und Frau Prof. Dr. Elke Deuerling möchte ich für die Möglichkeit danken, ihre Laboreinrichtungen in den Arbeitsgruppen mitzubenutzen. Der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Bernhard Schink und besonders Prof. Bodo Philipp danke ich für die Möglichkeit das S2-Labor zu nutzen. Prof. Dr. Jörg S. Hartig möchte ich für die Mitbenutzung des Biacore-Geräts danken.

Herrn Prof. Dr. Valentin Wittmann und seiner Arbeitsgruppe danke ich für die Seminare, in denen ich viel Praxiserfahrung beim Vortragen sammeln konnte und auch für die Unterstützung in allen Fragen.

Anke Friemel und Ulrich Haunz danke ich für die permanente Unterstützung bei den NMR- Messungen.

Allen Mitgliedern der ehemaligen Arbeitsgruppe von Prof. Möller danke ich für ein außergewöhnlich gutes Kollektiv und eine tolle Arbeitsatmosphäre im Labor und im Büro. Ein besonderer Dank gilt an Žarko Kulić, der bei meinem Einstieg in der Arbeitsgruppe eine enorme

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Hilfe geleistet hat, und auch für viele gemeinsame Freizeit- und Sportaktivitäten. David Witte möchte ich gern für die große Hilfe bei den SPR- und ITC-Experimenten danken, aber auch für unsere vielen tollen Fotografieausflüge außerhalb der Arbeit. Dominik Gauss danke ich für die angenehme Gesellschaft und Unterhaltung während unserer Spätschichten an der Universität.

Andreas Prestel und Christina Walker danke ich für eine freundliche Atmosphäre in Laboren.

Allen meinen Praktikanten, Bachelor- und Masterstudenten Sebastian Brodkorb, Philipp Ansorge, Tobias Dölle, Johanna Ude und David Siebert möchte ich für die große Hilfe bei der experimentellen Arbeit danken. Alexander Brosig danke ich für die Unterstützung bei den Experimenten mit Vibrio cholerae und Expression der isotopenmarkierten NqrA-377.

Der Baden-Württemberg-Stiftung möchte ich für die Finanzierung des Projektes und für viele hilfreiche Diskussionen bei unseren Treffen danken.

An das Welcome Center der Universität Konstanz und besonders an Herrn Dr. Johannes Dingler gilt ein großer Dank für die Unterstützung während meines Aufenthalts in Konstanz.

Mein innigster Dank gilt meinen Eltern Valentina und Viktor Nedielkov und meinen Schwestern Lena und Tanja für die ständige Unterstützung in allen Lebenslagen.

Meiner Freundin Denise möchte ich herzlich für ihre Hilfe beim Schreiben dieser Arbeit, sowie für das Korrekturlesen danken, aber auch für das Verständnis und die volle Unterstützung in schwierigen Momenten.

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Teile dieser Arbeit wurden bereits vorab veröffentlicht:

1. Casutt, M. S., Nedielkov, R., Wendelspiess, S., Vossler, S., Gerken, U., Murai, M., Miyoshi, H., Möller, H. M., Steuber, J. (2011). “Localization of Ubiquinone-8 in the Na+-pumping NADH: Quinone Oxidoreductase from Vibrio cholerae.” Journal of Biological Chemistry 286(46): 40075-40082.

2. Nedielkov, R., Steffen, W., Steuber, J., Möller, H. M. (2013). “NMR reveals double occupancy of quinone-type ligands in the catalytic quinone binding site of the Na+- translocating NADH:Quinone oxidoreductase from Vibrio cholerae.” Journal of Biological Chemistry 288(42): 30597-30606.

3. Vohl, G., Nedielkov, R., Claussen, B., Casutt, M. S., Vorburger, T., Diederichs, K., Möller, H. M., Steuber, J., Fritz, G. (2014). “Crystallization and preliminary analysis of the NqrA and NqrC subunits of the Na+-translocating NADH:ubiquinone oxidoreductase from Vibrio cholerae.” Acta Crystallographica Section F Structural Biology Communications 70(Pt 7): 987-992.

4. Vorburger, T., Nedielkov, R., Brosig, A., Bok, E., Schunke, E., Steffen, W., Mayer, S., Götz, F., Möller, H. M., Steuber, J. (2015). „Role of the Na+-translocating NADH:quinone oxidoreductase in voltage generation and Na+ extrusion in Vibrio cholera.“ Biochimica et Biophysica Acta (accepted).

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Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung ... V  Abkürzungsverzeichnis ... VII 

1  Einleitung ... 1 

1.1  Das Bakterium Vibrio cholerae und Cholera-Erkrankung ... 2 

1.2  Das Enzym Na⁺-transportierende NADH:Chinon-Oxidoreduktase (Na⁺-NQR)... 4 

1.3  Zielsetzung ... 7 

2  Methoden ... 9 

2.1  Proteinpräparation ... 9 

2.2  NMR-Spektroskopie ... 11 

2.2.1  Saturation Transfer Difference-NMR-Spektroskopie ... 11 

2.2.2  Interligand nuclear Overhauser-Effekt ... 14 

2.2.3  Heteronukleare 2D- und 3D-NMR-Spektroskopie von Proteinen ... 16 

2.2.4  In vivo 23Na-NMR-Spektroskopie ... 20 

2.3  Oberflächenplasmonresonanzspektroskopie ... 23 

3  Ergebnisse und Diskussion ... 25 

3.1  Proteinpräparation ... 25 

3.1.1  Die A-Untereinheit (NqrA) der Na⁺-transportierenden NADH:Chinon- Oxidoreduktase ... 25 

3.1.2  Na⁺-transportierende NADH:Chinon-Oxidoreduktase ... 34 

3.1.3  Zusammenfassung und Diskussion ... 39 

3.2  Interaktion der NqrA und der Na⁺-NQR mit Chinonen ... 40 

3.2.1  Bindung von Q1 an die NqrA-Untereinheit und an die holo-Na⁺-NQR ... 41 

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3.2.2  Bindung der Inhibitoren HQNO und DBMIB an die NqrA-Untereinheit und die

Na⁺-NQR ... 48 

3.2.3  Charakterisierung der Chinonbindestelle mit interligand NOEs ... 52 

3.2.4  Affinität der Bindung von Q1 und HQNO an die NqrA-Untereinheit mittels SPR-Spektroskopie ... 56 

3.2.5  Zusammenfassung und Diskussion ... 58 

3.3  Charakterisierung der Chinonbindestelle an der NqrA-Untereinheit ... 59 

3.3.1  Resonanzzuordnung im Rückgrat der NqrA-377 ... 59 

3.3.2  Chemical shift perturbation-Experimente ... 62 

3.3.3  Zusammenfassung und Diskussion ... 65 

3.4  Na⁺-Transport in lebenden V. cholerae-Zellen ... 66 

3.4.1  Na⁺-Transport des V. cholerae-WT-Stamms ... 66 

3.4.2  Na⁺-Transportaktivitäten von V. cholerae-WT- und Δnqr-Stämmen ... 68 

3.4.3  Zusammenfassung und Diskussion ... 70 

3.5  Schlussfolgerungen ... 71 

4  Experimenteller Teil ... 72 

4.1  Chemikalien ... 72 

4.2  Geräte ... 73 

4.3  Allgemeine mikrobiologische Arbeiten ... 75 

4.3.1  Verwendete Nährmedien ... 75 

4.3.2  Präparation der kompetenten Zellen und Transformation ... 78 

4.3.3  Plasmidpräparation und Sequenzieren ... 79 

4.3.4  SDS-PAGE ... 80 

4.4  Expression und Reinigung der NqrA-Untereinheit ... 81 

4.4.1  Expression ... 81 

4.4.2  Reinigung ... 83 

4.5  Expression und Reinigung des Na⁺-NQR-Komplexes ... 84 

4.5.1  Expression ... 84 

4.5.2  Reinigung ... 86 

(11)

4.6  Herstellung von Nanodiscs ... 87 

4.7  V. cholerae-Anzucht und Probenvorbereitung für Na⁺-Transportstudien ... 88 

4.8  NMR-Experimente ... 90 

4.8.1  In vivo 23Na-NMR-Experimente ... 90 

4.8.2  STD-NMR- und ILOE-Experimente ... 91 

4.8.3  2D- und 3D-NMR-Experimente von isotopenmarkierten Proteinen ... 93 

4.8.4  Resonanzzuordnung der NqrA-Untereinheit ... 95 

4.9  SPR-Experimente ... 96 

5  Literaturverzeichnis ... 98 

6  Anhang ... 107 

6.1  Sequenzen und Daten der Konstrukte ... 107 

6.2  NMR-Pulsprogramme ... 108 

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Zusammenfassung

Na+-transportierende NADH:Chinon-Oxidoreduktase (Na+-NQR) aus Vibrio cholerae ist ein Membranproteinkomplex und Teil der Atmungskette, der die Redox-Energie der NADH- Oxidation und der Chinon-Reduktion an den Na+-Transport durch die Zellmembran koppelt.

Die Na+-NQR (215 kDa) besteht aus den sechs Untereinheiten NqrA bis NqrF und enthält sechs Redox-Kofaktoren. Der genaue Verlauf des Elektronentransfers zwischen NADH und Chinon ist bis heute unbekannt. Während die NADH-Oxidation und die entsprechende Bindestelle an der NqrF-Untereinheit schon umfassend untersucht wurden, war die genaue Chinonbindestelle bislang unbekannt.

In der vorliegenden Arbeit wurde die Chinonbindestelle an der NqrA-Untereinheit nachgewiesen, untersucht und charakterisiert. So wurde mit STD-NMR-Spektroskopie die Bindung von kurzkettigem Ubichinon-1 (Q1) an die NqrA gezeigt, und mit SPR-Spektroskopie wurde die Affinität dieser Interaktion bestimmt. Während der STD-NMR-Studien mit Inhibitoren der Na+-NQR, HQNO und DBMIB, wurden Hinweise auf eine nicht-kompetitive Inhibition gefunden, so dass zwei Chinonbindestellen an der NqrA vermutet wurden. Mit interligand Overhauser effect (ILOE)-Experimenten wurde es gezeigt, dass zwei Chinone an die NqrA in unmittelbarer Nähe zueinander, gleichzeitig binden können. Dies führte zu der Vermutung über eine erweiterte Chinonbindestelle, in der mehrere Chinonmoleküle binden können. Zur Charakterisierung der Chinonbindestelle seitens des Proteins wurde die C-terminal verkürzte NqrA (NqrA-377) in der perdeuterierten 13C-15N-markierten Form hergestellt und mit NMR-Spektroskopie analysiert. Es konnten 45 % der Aminosäuren (56 % der Signale) im Rückgrat des Proteins zugeordnet werden. Mit Verwendung dieser Information und durch chemical shift perturabtion (CSP)-Experimente mit dem Inhibitor DBMIB konnten 15 Aminosäuren identifiziert werden, die an der DBMIB-Bindung beteiligt sind. Diese Aminosäuren bilden die mutmaßliche Chinonbindestelle an der NqrA. Da es um eine erweiterte Chinonbindestelle geht, sollten auch Q1 und andere Chinonanaloge an der gleichen Stelle binden. Schlussendlich wurde die Na+-NQR-Funktion anhand des Na+-Transports in lebenden V. cholerae-Zellen mittels 23Na-NMR-Spektroskopie quantitativ untersucht. Dabei konnten physiologische Unterschiede zwischen einzelnen V. cholerae-Stämmen, sowie eine wichtige Rolle der NqrB-Untereinheit bei der Na+-Translokation festgestellt werden. Diese Arbeit macht

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den ersten Schritt für das Verständnis des letzten Elektronentransfers in der Na+-NQR und des Mechanismus der Chinon-Reduktion.

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Abkürzungsverzeichnis

ATP Adenosintriphosphat

CRINEPT cross-correlated relaxation enhanced polarization transfer CSP chemical shift perturbation

DBMIB 2,5-Dibromo-3-methyl-6-isopropyl-p-benzochinon DDM n-Dodecyl-β-D-maltopyranosid

DFP diisopropyl phosphorofluoridate

DMPC 1,2-Dimyristoyl-sn-glycero-3-phosphocholin DMSO Dimethylsulfoxid

DOTP 1,4,7,10-Tetraazacyclododecan-1,4,7,10-tetra(methylenphosphonat) DTT Dithiothreitol

EC50 effective concentration 50, eine effektive Konzentration, bei welcher 50 % des Maximaleffekts erreicht wird.

EDC 1-Ethyl-3-(3-dimethylaminopropyl)carbodiimid EDTA Ethylendiamintetraessigsäure

FAD Flavinadenindinukleotid FMN Flavinmononukleotid FPLC fast protein liquid chromatography

HEPES 2-(4-(2-Hydroxyethyl)-1-piperazinyl)-ethansulfonsäure

His6-Tag Hexahistidin-Tag

HQNO 2-n-Heptyl-4-hydroxychinolin-N-Oxid

HSQC heteronuclear single-quantum correlation spectroscopy ILOE inter-ligand Overhauser effect

INPHARMA interligand NOE for pharmacophore mapping IPTG Isopropyl-β-D-thiogalactopyranosid

LB lysogeny broth

MOPS 3-(N-Morpholino)propansulfonsäure MSP membrane scaffold protein

MWCO molecular weight cut-off

Na+-NQR Na+-transportierende NADH:Chinon-Oxidoreduktase NADH/NAD+ Nikotinamidadenindinukleotid, reduzierte/oxidierte Form

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NHS N-Hydroxysuccinimid

NMR nuclear magnetic resonance, Kernspinresonanz NOE nuclear Overhauser effect

NOESY nuclear Overhauser effect spectroscopy OD600 optische Dichte bei 600 nm

PBS phosphate-buffered saline

PDB protein data bank

PMSF phenylmethanesulfonylfluoride

Q1, Q2, Q8 Ubichinon-1, Ubichinon-2, Ubichinon-8

RU response unit

SDS sodium dodecyl sulfate

SDS-PAGE sodium dodecyl sulfate polyacrylamide gel electrophoresis SPR surface plasmon resonance

STD saturation transfer difference

TEMED N,N,N',N'-Tetramethylethylendiamin

TRIS Tris(hydroxymethyl)-aminomethan TROSY transverse relaxation-optimized spectroscopy WT Wildtyp

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1 Einleitung

Die Untersuchung der Bakterien, der kleinsten und ältesten Organismen auf der Erde, verfolgt mehrere Ziele. Manche Bakterien werden wegen praktischer Ziele erforscht, wie z.B.

um Bakterien als Krankheitserreger zu neutralisieren oder in der Biotechnologie zu nutzen.

Andere Bakterien werden als Modellorganismen untersucht, um die grundlegenden Prozesse, die in den lebenden Zellen stattfinden, besser zu verstehen. Trotz intensiver Forschung auf diesem Gebiet sind zurzeit nur ca. 16000 Bakterienspezies bei einem geschätzten Reichtum von 107-109 Spezies bekannt (Stand: 2013)[1,2]. Das Untersuchungsfeld bietet also noch viele neue Entdeckungen, die in beiden Forschungsrichtungen neue Entwicklungen fördern werden und das Verständnis für die Evolutionsprozesse vertiefen werden.

In dieser Arbeit wurde das Vibrio cholerae-Bakterium untersucht. Die Erforschung von Vibrio cholerae-Bakterien ist relevant für beide oben genannten Forschungsschwerpunkte. Es ist ein verbreiteter Krankheitserreger und gleichzeitig ein gutes Beispiel für die Anpassungsfähigkeit der Organismen an harsche und wechselhafte Lebensbedingungen, weshalb Vibrio cholerae-Eiweiße interessante Objekte für Modellstudien sind.

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1.1 Das Bakterium Vibrio cholerae und Cholera- Erkrankung

Vibrio cholerae (kurz V. cholerae) ist ein gramnegatives Bakterium aus der Gattung der Vibrionen[4]. V. cholerae ist ein Meeresbakterium und kommt natürlicherweise sowohl in Süßwasser als auch in Meereswasser vor, hauptsächlich aber in Brackwasser oder in Küstengewässern. Das Bakterium hat die Form eines gekrümmten Stäbchens mit Flagellum und kann sowohl mit als auch ohne Sauerstoff leben, ist also fakultativ anaerob[5]. Durch das Flagellum ist das Bakterium sehr beweglich.

V. cholerae ist Erreger der Krankheit, die ebenso heißt – Cholera. Die Cholera bleibt auch heute noch gefährlich und ist relativ verbreitet in manchen Gebieten der Welt wie dem afrikanischen und asiatischen Kontinent. Von 3-5 Millionen Krankheitsfällen sind ca. 100- 130 Tausend Fälle mit Todesfolge (World Health Organisation, 2010). Die pathogene Wirkung von V. cholerae entsteht durch das Choleratoxin, einen Proteinkomplex, der vom Bakterium produziert und sekretiert wird. Das Choleratoxin stört die Ionenregulation im Darm und führt zum massiven Verlust von Wasser und Elektrolyten ins Darmlumen, wodurch die Cholerasymptome entstehen[6].

Es sind ca. 280 Stämme des V. cholerae-Bakteriums bekannt[7]. Für die Krankheit ist jedoch vor allem eine Serogruppe von V. cholerae verantwortlich – O1[8]. Die O1-Serogruppe beinhaltet den El Tor-Biotyp, der die meisten Cholera-Ausbrüche auslöst. Die O139- Serogruppe wurde erst 1992 von Rahim et al. identifiziert und ist im Südosten von Asien verbreitet[9].

Cholera wird hauptsächlich durch kontaminiertes Wasser verbreitet, das unbehandelt getrunken oder für die Zubereitung von Essen verwendet wird. Bei der Verbreitung der Cholera spielt die Fähigkeit, in süßem und in salzigem Wasser zu existieren, eine große Rolle. Das Bakterium kann außerdem in relativ breiten Bereichen von pH-Werten, Temperatur und Abbildung 1.1: Bakterium Vibrio cholerae, mit Rasterelektronenmikroskopie aufgenommen. Quelle:

R. Taylor, L. Howard[3].

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Kationkompositionen überleben[10]. So kann V. cholerae z. B. 70 Tage bei 25 °C ohne Nährstoffe in Meerwasser überleben[10]. Entscheidend ist dabei die Anwesenheit von Na+- Kationen, überwiegend im Form von Natriumchlorid. Der optimale Bereich des Salzgehalts liegt bei 0.25-3.0 % (w/v), in Na+-armen Umgebungen wird die Überlebensfähigkeit von V.

cholerae jedoch massiv verringert[10].

Die Energiegewinnung der meisten aeroben Bakterien, ebenso wie der meisten eukariotischen Zellen, bei denen der Prozess in den Mitochondrien stattfindet, beruht auf der oxidativen Phosphorylierung[11]. Dabei führt der oxidative Stoffwechsel von Nahrungsstoffen durch Citratzyklus und anschließende Atmungskette zur Synthese von ATP, das als universeller Energieträger in der Zelle dient. Dabei wird der, durch die Atmungskette erschaffene, H+- Gradient zwischen Zytoplasma und außerzellulärem Bereich (proton motive force, PMF) ausgenutzt. V. cholerae kann neben dem H+-Gradienten außerdem einen Na+-Gradienten über die Zellmembran ausbilden (sodium motive force, SMF)[12]. Dieser Na+-Gradient ist unter anderem für die große Überlebensfähigkeit unter den verschiedensten Umweltbedingungen von V. cholerae verantwortlich. So kann der Na+-Gradient unter basischen Außenbedingungen für die Aufrechterhaltung des H+-Gradienten durch H+/Na+-Antiporter, für den Substrattransport und zum Antrieb des Flagellums verwendet werden (Abb. 1.2)[13].

Abbildung 1.2: Schema zur Rolle der Na+-NQR in der Atmungskette und für weitere Transmembranproteine von Vibrio cholerae. Abbildung übernommen aus Häse et al.[13].

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4 Das Enzym Na⁺-transportierende NADH:Chinon-Oxidoreduktase (Na⁺-NQR) Abhängig vom pH-Wert kann die Erzeugung und Erhaltung des Na+-Gradienten durch verschiedene Mechanismen gewährleistet werden. So kann bei neutralem pH-Wert im extrazellulären Bereich der H+/Na+-Antiporter verwendet werden. Dafür wird jedoch das H+- Potenzial über die Membran benötigt. Vor allem unter basischen Bedingungen wird für die Na+- Extrusion ein dedizierter Membranproteinkomplex verwendet, nämlich die Na+- transportierende NADH:Chinon-Oxidoreduktase (Na+-NQR)[13].

1.2 Das Enzym Na⁺-transportierende NADH:Chinon- Oxidoreduktase (Na⁺-NQR)

Die Na+-transportierende NADH:Chinon-Oxidoreduktase (Na+-NQR) ist ein besonderer Membranproteinkomplex und das erste Enzym in der Atmungskette von V. cholerae[14,15] (Abb.

1.2). Na+-NQR oxidiert NADH aus dem Citratzyklus und gibt die Elektronen an Ubichinon weiter. Na+-NQR ist strukturell nicht verwandt mit dem Komplex I (H+-transportierende NADH:Chinon-Oxidoredukatse) auf dem Niveau der primären Struktur und im Gegensatz zu Komplex I ist die freigesetzte Redox-Energie an den Na+-Transport über die Membran, und nicht an den H+-Transport gekoppelt. Das reduzierte Chinon wird weiter vom bc1-Komplex oxidiert, der anschließend unter Beteiligung von Cytochrom c die Elektronen an cbb3- Cytochrom-c-Oxidase weitergibt. Die cbb3-Cytochrom-c-Oxidase wird im letzten Schritt von Sauerstoff oxidiert, welcher dabei zu Wasser reduziert wird. Die bc1- und cbb3-Enzyme koppeln die Energie des Elektronentransfers an den H+-Transport über die Zellmembran. In der Summe leistet also die Atmungskette von V. cholerae den Transport von Na+ und H+ über die Membran und die entstehenden H+- und Na+-Gradienten werden dann weiter für die Energieversorgung der Zelle verwendet. Die Na+-NQR ist ein primäre Na+-Pumpe in V. cholerae, jedoch kann die Na+-Extrusion ebenfalls unter Verwendung des H+-Gradienten erreicht werden, wobei H+/Na+- Antiporter eine aktive Rolle spielt[13]. Dies wurde während der Studien mit V. cholerae-Stamm mit dem deletierten Na+-NQR-Gen (Δnqr) bestätigt, wobei die V. cholerae-Physiologie deutlich betroffen war, jedoch nicht der Na+-Transport[16].

(21)

Die Na+-transportierende NADH:Chinon Oxidoreduktase (Na+-NQR) ist ein Membranproteinkomplex bestehend aus sechs einzelnen Polypeptiduntereinheiten und einer Reihe von Redox-Kofaktoren mit einem Gesamtmolekulargewicht von 215 kDa (Abb.

1.3A)[19]. Die sechs Untereinheiten werden als NqrA-F bezeichnet und sind miteinander nicht kovalent verbunden. Die Na+-NQR ist ein integrales Membranprotein, das sich in der inneren Membran von V. cholerae befindet. Der Komplex kommt neben dem Vibrio cholerae- Bakterium außerdem in Vibrio harveyi, Vibrio alginolyticus und anderen halophilen Bakterien vor[20-22].

Abbildung 1.3: A: Schema der Na+-NQR mit dem mutmaßlichen Elektronentransfer (rote Pfeile) [17,18]. Q: Ubichinon; RF: Riboflavin. B: Strukturformeln der Kofaktoren der Na+-NQR.

N N

N NH

CH2 O

O OH OH OH CH2 O H H H

P O- O

O P O-

O O

O

HO OH

N N

N N NH2

Ubichinon-n

O O O

O n

FMN

FAD Riboflavin

A

B

Zytoplasma

Membran

Periplasma

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6 Das Enzym Na⁺-transportierende NADH:Chinon-Oxidoreduktase (Na⁺-NQR) Zu Beginn dieser Arbeit war keine 3D-Struktur von Na+-NQR bekannt. Ende 2014 wurde jedoch eine Kristallstruktur mit einer Auflösung von 3.5 Å von Steuber et al. publiziert (PDB- Code: 4P6V)[18]. Aus der 3D-Struktur der Na+-NQR wird ersichtlich, dass Transmembranteil des Komplexes mit den Untereinheiten NqrB, NqrD und NqrE dargestellt ist. NqrC- und NqrF- Untereinheiten sind hydrophil und sind mit der Membran durch eine einzelne Transmembranhelix verbunden. NqrA ist ebenfalls hydrophil, ist jedoch mit der Membran nicht assoziiert. NqrA und NqrF befinden sich an der zytoplasmatischen Seite der Na+-NQR, wobei NqrC an der periplasmatischen Seite lokalisiert ist. Laut der Na+-NQR-Struktur ist die NqrA tief in der NqrB-Untereinheit verankert[18]. Es wurde jedoch beobachtet, dass die NqrA auch außer dem Na+-NQR-Komplex existieren kann[23]. Später konnte NqrA separat in V. cholerae exprimiert werden[24].

Wie es oben bereits erwähnt wurde, ist die Na+-NQR ein Teil der Atmungskette. Einerseits wird NADH in NAD+ oxidiert, anderseits wird Ubichinon in Ubichinol reduziert. Elektronen in Na+-NQR werden von NADH auf Chinon mit Hilfe von sechs bekannten Redox-Kofaktoren weitergegeben: zwei kovalent gebundene FMN in der NqrB und NqrC[25-27], ein nicht kovalent gebundenes FAD und ein 2Fe-2S-Cluster in der NqrF[20,28], ein nicht kovalent gebundenes Riboflavin in der NqrB[24] und ein weiteres Fe-Zentrum, das 2014 von Steuber et al. entdeckt wurde[18] (Abb. 1.3A und B). Der vermutete Elektronenweg nimmt seinen Anfang an der F- Untereinheit, die für die NADH-Bindung verantwortlich ist[29]. Die Elektronen von NADH werden an FAD übertragen, von wo sie an den 2Fe-2S-Cluster weitergegeben werden. Darauf folgend werden Elektronen auf das Fe-Zentrum, das sich zwischen den D- und E- Untereinheiten befindet, übertragen[18]. Danach werden die Elektronen vermutlich an das FMN der NqrC-Untereinheit und anschließend an das FMN der NqrB-Untereinheit transferiert[17,30]. Es wurde gezeigt, dass eine weitere Elektronenübertragung zum Riboflavin erfolgt, das an der NqrB lokalisiert ist[24]. Der finale Schritt im Elektronentransfer, Reduktion von Ubichinon, sowie die Bindungsstelle von Ubichinon waren zu Beginn dieser Arbeit unbekannt. Durch Studien mit Punktmutationen in der NqrB wurde postuliert, dass die katalytische Bindestelle für Chinone auf der NqrB-Untereinheit lokalisiert sein könnte oder zumindest, dass NqrB ein Teil des Reduktionsmoduls ist[31]. Später wurde diese Hypothese von Juarez et al.

weiterentwickelt und gezeigt, dass Mutationen in Aminosäureresten Gly140 und Gly141 in der NqrB die Reduktion des Ubichinons fast komplett verhindern[32]. Da Riboflavin sich auch auf NqrB befindet, ist es nahliegend, dass die Chinonbindestelle in der Nähe zum Riboflavin liegen könnte. Es gab auch die Annahme, dass Riboflavin direkt Ubichinon zum Ubichinol reduziert[17].

(23)

Auch wenn viele Aspekte des Elektronentransfers in Na+-NQR bekannt sind, ist es nicht klar, wie die Redox-Energie an den Na+-Transport gekoppelt ist. Obwohl es zahlreiche Beispiele von aufgeklärten Mechanismen in anderen Atmungskomplexen gibt[33-35], bleibt der fundamentale Mechanismus des Na+-Transports in Na+-NQR unbekannt. Die Mechanismen können sich stark unterscheiden, da die meisten Atmungskomplexe H+ transportieren und nicht Na+. Die Aufklärung dieses Mechanismus würde deshalb wichtige Informationen für das allgemeine Verständnis des Kationtransports in Organismen liefern[30].

1.3 Zielsetzung

Im Rahmen dieser Arbeit sollte die Interaktion mit Liganden und die Funktion der Na+- transportierenden NADH:Chinon-Oxidoreduktase (Na+-NQR) aus Vibrio cholerae mittels NMR-Spektroskopie untersucht werden. Die Na+-NQR koppelt NADH-Oxidation und Chinon- Reduktion und nutzt die freiwerdende Energie für den Na+-Transport durch die Zellmembran, um einen elektrochemischen Gradienten zwischen Zytoplasma und Zellumgebung zu schaffen.

Der entstandene Na+-Gradient wird von V. cholerae für die Energieversorgung und Bewegung, sowie den Substrattransport verwendet. Der genaue Verlauf des Elektronentransfers sowie dessen Kopplung an den Na+-Transport sind großenteils unbekannt.

Das Hauptziel dieser Arbeit war, die Chinonbindung an Na+-NQR zu untersuchen. In diesem Zusammenhang sollte die Untereinheit identifiziert werden, die für die Chinonbindung verantwortlich ist. Des Weiteren sollte die Chinonbindung ausführlich mit NMR-Spektroskopie und komplementären Methoden charakterisiert werden, inklusive Bindungskonstante und Stöchiometrie der Bindung. Auf Seite der Na+-NQR sollte die Chinonbindestelle lokalisiert und charakterisiert werden. Dafür mussten Na+-NQR und einzelne Untereinheiten in isotopenmarkiertem Zustand hergestellt werden. Da Na+-NQR für NMR-spektroskopische Verhältnisse ein sehr großer Membranproteinkomplex (215 kDa) ist, sollten spezielle Isotopenmarkierungs- und NMR-Methoden für die Na+-NQR angepasst und etabliert werden.

Zusätzlich sollte eine Solubilisierungsmethode für die Na+-NQR gefunden werden, die der natürlichen Membran möglichst ähnlich ist und gleichzeitig für NMR-Spektroskopie gut geeignet wäre.

Ergänzend zu den Studien an der isolierten Na+-NQR sollte auch der Na+-Transport in lebenden V. Cholerae-Zellen mit Hilfe der 23Na-NMR-Spektroskopie untersucht werden.

Untersuchung von modifizierten V. Cholerae-Stämmen, in denen einzelne Untereinheiten der Na+-NQR nicht vorhanden sind, sollte die für den Na+-Transport essenziellen Untereinheiten

(24)

ermitteln und nähere Informationen zum Na+-Transportmechanismus im Na+-NQR-Komplex liefern.

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2 Methoden

2.1 Proteinpräparation

Genexpression ist der natürliche Weg der Proteinsynthese in lebenden Organismen und der Übertragungsweg der von der in DNS gespeicherten Informationen in eine bestimmte Funktion.

Das Expressionsniveau ist dabei streng reguliert und vom funktionsbedingten biologischen Bedarf, der Aktivität und der Stabilität des Proteins abhängig. Natürliche Konzentrationen von Proteinen sind deshalb sehr oft gering. Unter- oder Überexpression eines Proteins führt häufig zu einer Störung der Funktion und somit zu verschiedenen Krankheiten und Abweichungen.

Durch die Verwendung von ringförmigen Plasmiden in Wirtsbakterien ist es aber möglich, die Regulation der Proteinsynthese zu steuern und Bakterien so für die Expression fremder Proteine einzusetzen. Solche Plasmide enthalten das Zielproteingen, Antibiotika-Resistenzen, Promotoren, Restriktionsstellen und anderes. Dadurch kann die Proteinsynthese zum gewünschten Zeitpunkt mit spezifischen Wirkstoffen induziert werden. Mit der Hilfe des Antibiotikums kann der plasmidenthaltende Stamm von nicht transformierten Bakterien selektiert werden, wodurch die Zielproteinsynthese gesichert wird. Als Ergebnis können sehr große, biologisch unnatürliche Proteinmengen produziert werden.

Als Wirtsbakterien für die Proteinherstellung werden heutzutage hauptsächlich modifizierte und optimierte Stämme von Escherichia coli verwendet. Am häufigsten wird der E. coli-Stamm BL21(DE3) in Kombination mit einem Plasmid des pET-Expressionssystems (Novagen) verwendet. Dieser Stamm enthält das T7-RNA-Polymerasegen und ist deswegen mit dem T7- Promotor kompatibel, der in pET-Plasmiden enthalten ist[36-38]. Neben dem T7-Promotor enthält der pET-Vektor ein Resistenzgen gegen ein Antibiotikum und ein lac-Repressorgen (lacI). Die Resistenz gegen ein bestimmtes Antibiotikum ermöglicht die Selektion des transformierten Stammes, der das Plasmid enthält. Der Lac-Repressor ermöglicht die Genexpression vom Zielprotein nur in Anwesenheit des Induktors, wodurch die Proteinsynthese gesteuert wird. In Abwesenheit des Induktors bindet der lac-Repressor an das Plasmid und blockiert die Bindung der T7-RNA-Polymerase und entsprechend die Genexpression. Als Induktor wird Isopropyl-β-D-thiogalactopyranosid (IPTG) verwendet, das mit dem lac-Repressor interagiert und die Genexpression einschaltet. Ein wichtiger Faktor für

(26)

die Proteinausbeute ist dementsprechend der Transport von IPTG durch die Zellmembran. Eine weitere Optimierung dafür ist ein spezieller E. coli-tuner(DE3)-Stamm (Novagen). Der Unterschied von diesem Stamm im Vergleich zu dem BL21(DE3)-Stamm liegt in der Mutation in der lac-Permease (lacY). Diese transportiert im normalen Zustand aktiv IPTG in die Zelle.

Bei der mutierten lac-Permease dringt IPTG dagegen passiv in die Zelle ein, allein durch den Konzentrationsgradienten. Somit wird eine gleichmäßigere IPTG-Absorption erreicht, und durch Regulierung der IPTG-Konzentration kann gesteuert werden.

Es sind auch Vektoren bekannt, die mit anderen Kohlenhydraten induziert werden, z. B. mit L-Arabinose. Der Mechanismus der Aktivierung ist dabei ähnlich wie mit dem Lactose-Derivat IPTG, lediglich wird in diesem Fall die Genexpression statt durch lac-Repressor durch den AraC-Regulator blockiert. Wird L-Arabinose zugeführt, bindet sie an den AraC-Regulator und deblockiert die Genexpression.

Die Einführung des Plasmids in die Wirtszellen erfolgt durch die sogenannte Transformation der Zellen. Die Wirtszellen müssen dafür eine sogenannte Kompetenz erhalten, indem die Zellmembran potenziell durchlässig für Plasmide wird (siehe 4.3.2). Das Eindringen des Plasmids in die Zelle findet letztendlich beim Hitzeschock statt. Danach werden die transformierten Zellen durch das Antibiotikum von den nicht transformierten Zellen selektiert.

Nur die Zellen, die das Plasmid enthalten, können die Antibiotikum-Behandlung überstehen.

Das Antibiotikum spielt auch bei den präparativen Kulturen eine wichtige Rolle, wo es dazu dient mögliche Kontaminationen mit anderen, nicht erwünschten Organismen zu vermeiden.

Durch den Induktionsmechanismus des pET-Plasmids kann die Proteinsynthese zum optimalen Zeitpunkt gestartet werden und dann in kurzer Zeit sehr große Menge von Protein produzieren.

Dies bezeichnet man als Überexpression.

Das pET-Expressionssystem lässt sich genauso gut für die Synthese von isotopenmarkierten Proteinen verwenden. So kann E. coli im Minimalmedium kultiviert werden, indem die einzigen Stickstoff- oder Kohlenstoffquellen in isotopenmarkierten Formen vorliegen, z.B. als

15N-NH4Cl oder 13C-Glucose. Auf diese Weise ist es auch möglich, perdeuterierte Proteine herzustellen, indem Wasserstoffquellen, vor allem Wasser selbst, mit deuterierten Verbindungen ersetzt werden. In der Literatur wurden grundsätzlich zwei Strategien zu Deuterierung von Proteinen beschrieben. Die erste Strategie sieht eine Gewöhnung und Selektion des E. coli-Bakteriums an das D2O-Medium vor[39,40]. In diesem Verfahren wird das Bakterium langsam bei steigendem D2O-Anteil auf den Agar-Platten selektiert, indem die bestwachsenden Kolonien ausgewählt und weiter genutzt werden. Die zweite Strategie nutzt keine Gewöhnung, wobei das Wachsen vom Bakterium in einem unmarkierten Medium erfolgt,

(27)

die Zellen anschließend in das D2O-Medium übertragen werden und die Proteinsynthese dann in dem markierten Medium stattfindet[41].

Wenn das gewünschte Protein in E. coli-Stämmen aus verschiedenen Gründen nicht exprimiert werden kann, werden auch andere Organismen verwendet, wie z.B. Hefe oder Insektenzellen. In einzelnen Fällen kann das Zielprotein auch im Ursprungsorganismus exprimiert werden, z.B. Proteine, die aus V. cholerae-Bakterium kommen, können auch in V.

cholerae-Bakterium produziert werden[23].

Nach der Überexpression werden die Zellen mit dem Zielprotein mechanisch oder chemisch aufgeschlossen, und die proteinhaltige Phase wird durch Ultrazentrifugation isoliert.

Wasserlösliche Proteine bleiben im Überstand, wobei hydrophobe Membranproteine mit den Zellmembranen im unlöslichen Pellet abgetrennt werden. Das Protein kann weiter mit FPLC durch Verwendung von Affinitäts-Tags (z.B. His-Tag), Größenausschluss-Chromatographie, Ionenaustauschchromatographie und anderen Methoden gereinigt werden.

2.2 NMR-Spektroskopie

NMR-Spektroskopie, oder auch Kernspinresonanzspektroskopie genannt, ist eine relativ junge Methode, die aber trotz geringen Alters eine wichtige Rolle in vielen Bereichen der Wissenschaft besitzt, unter anderem auch in der Biochemie. Das Grundprinzip der NMR- Spektroskopie erlaubt Information über die chemische Umgebung und Nachbarschaft der einzelnen Kernspins zu detektieren. Dadurch findet NMR-Spektroskopie in vielen Bereichen der Biochemie Anwendung, wie z.B. Strukturaufklärung und Dynamikstudien von Makromolekülen, Bindungsstudien unter Beteiligung von Makromolekülen und viele weitere[42]. Diese Aufgaben haben viele verschiedene Lösungswege und Umsetzungen, die abhängig vom Objekt der Untersuchung optimal ausgewählt und angepasst werden können.

2.2.1 Saturation Transfer Difference-NMR-Spektroskopie

Saturation transfer difference NMR-Spektroskopie (STD-NMR) ist eine schnelle Methode zur Untersuchung der Wechselwirkung zwischen Makromolekülen und kleinen Molekülen[43,44]. Diese Methode wurde vor allem für die Untersuchung von großen Ligandenbibliotheken entwickelt, da sie nur eine kleine Menge eines Liganden braucht und den Bindungspartner aus einer Mischung von potentiellen Liganden identifizieren kann. Ergänzend zur SPR-Spektroskopie, isotherme Titrationskalorimetrie (ITC) und neu entwickelter

(28)

MicroScale Thermophoresis (MST) kann STD-NMR wichtige Informationen auf dem molekularen Niveau über das Bindungsepitop des Liganden liefern.

Das Grundprinzip der STD-NMR-Spektroskopie kann aus Abb. 2.1 entnommen werden.

Das Rezeptormolekül, meist ein Protein, wird selektiv durch einen NMR-Puls gesättigt, bei dem die Gruppen von Protonen gesättigt werden, die eine komplett andere chemische Verschiebung aufweisen als die Protonen der potentiellen Liganden. Das ist in der Regel leicht möglich, weil Makromoleküle oft 1H-Signale bei 0 ppm oder sogar im negativen Bereich im Spektrum aufweisen, was sehr untypisch für kleine Moleküle ist. Durch die effektive Spindiffusion in Makromolekülen wird die Sättigung auf den ganzen Rezeptor verbreitet. Wenn der Ligand an den gesättigten Rezeptor bindet, wird ein Teil der Sättigung auf die in unmittelbarem Kontakt befindlichen Protonen des Liganden übertragen. Der Sättigungstransfer ist in Abb. 2.1 mit der Größe des H-Symbols dargestellt. Die Ligandenprotonen, die dicht am Rezeptor liegen, erfahren die stärkste Sättigung, wobei die weit vom Rezeptor liegenden Protonen des Liganden praktisch keine Sättigung bekommen. Die nicht bindenden Moleküle erfahren folglich auch keine Sättigung. Die Ligandenprotonen, die schon teilweise durch den Rezeptor gesättigt sind, befinden sich nicht mehr im Gleichgewichtzustand. Deswegen zeigen sie bei der darauffolgenden Aufnahme eines 1H-Spektrums verringerte Signalintensitäten im Vergleich zum normalen 1H-Spektrum ohne Rezeptorsättigung. Um diese Effekte deutlich zu Abbildung 2.1: Grundprinzip der saturation transfer difference NMR-Spektroskopie[43,44]. Durch einen selektiven Puls wird der Rezeptor gesättigt. Durch Spindiffusion verbreitet sich die Sättigung auf das ganze Molekül. An den bindenden Liganden wird ein Teil der Sättigung übertragen, was die finale Intensität der 1H-Ligandensignale verringert.

H H

H H

H

H H

H H

H

H H H

kon koff

Nicht bindendes Molekül

Freies Ligand Rezeptor-Ligand-Komplex

Zunehmende Sättigung Selektiver Sättigungspuls

H H3C

ohne SättigungA

mit SättigungB

Differenz: A - B STD-NMR-Spektrum

(29)

machen, wird das Spektrum mit der Sättigung von dem ohne Sättigung abgezogen, woraus sich ein Differenzspektrum ergibt.

Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Sättigung zwar im gebundenen Zustand übertragen wird, jedoch nur nach der Dissoziation des Liganden vom Rezeptor im Spektrum beobachtet werden kann. Der Grund dafür ist, dass der Rezeptor-Ligand-Komplex in der Regel zu groß ist, um scharfe Signale im 1H-Spektrum zu liefern. Der Ligand im freien Zustand, direkt nach der Dissoziation, gibt aber als ein kleines Molekül scharfe Signale und enthält immer noch die vom Rezeptor übertragene Sättigung.

2.1

Es gibt mehrere Faktoren, die die Größe der übertragenen Sättigung beeinflussen. Der wichtigste Faktor ist aber die Dissoziationsrate, koff (Formel 2.1). Bei einer hohen koff überträgt der Ligand, wie oben beschrieben, schnell die Sättigung vom Rezeptor in die Lösung, wo sie detektiert werden kann. Wenn gleichzeitig ein großer Überschuss des Liganden vorliegt, können während der Rezeptorsättigung sehr viele Ligandmoleküle an den Rezeptor binden und wieder dissoziieren und somit viel Sättigung übernehmen. Außerdem sinkt bei einem großen Ligandüberschuss auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein schon gesättigtes Ligandmolekül wieder an den Rezeptor bindet, so dass die allgemeine Effizienz der Sättigungsübertragung steigt. Es muss darauf hingewiesen werden, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen KD und Sättigungsübertragung gibt. Wenn der Ligand stark an den Rezeptor bindet und koff entsprechend niedrig ist, verbleibt der Ligand länger am Rezeptor und weniger in der Lösung.

Nur eine kleinere Anzahl der Ligandmoleküle kann so gesättigt werden und die Effizienz der Sättigungsübertragung sinkt trotz großer Affinität. Wenn jedoch die Bindung sehr schwach und koff entsprechend sehr hoch ist, bindet der Ligand wegen mangelnder Affinität nur wenig an Rezeptor und kann auch in diesem Fall nur wenig Sättigung empfangen. Es gibt somit einen optimalen Bereich von KD-Werten von etwa 1 nM bis etwa 10 mM, in dem die STD-NMR erfolgreich angewendet werden kann[44].

Als Rezeptor für den Sättigungspuls, kann jedes Protein verwendet werden, ohne Begrenzung in der Größe. Das Protein muss jedoch mindestens 10 kDa groß sein um eine effektive Spindiffusion zu gewährleisten. Die Membranproteine können dabei auch in verschiedene Membranmimetika eingebaut sein. Die Liganden dürfen dagegen nicht größer als ca. 2 kDa sein, um scharfe 1H-NMR-Signale zu erzeugen. Zusätzlich müssen die Liganden eine ausreichende Löslichkeit aufweisen (ca. 50 μM).

(30)

2.2.2 Interligand nuclear Overhauser-Effekt

Der nuclear Overhauser effect (NOE) ist ein wichtiges Phänomen in der NMR- Spektroskopie, welches zwischen zwei Spins durch dipolare Interaktion entsteht und mit dem Abstand zwischen den beiden Spins korreliert[45,46]. Im Gegensatz zur skalaren Interaktion müssen die zwei Spins miteinander nicht über chemische Bindungen verbunden sein. Somit liefert der NOE räumliche Informationen auf dem atomaren Niveau. Der NOE ist abhängig von r(AX)-6 – dem Abstand zwischen zwei Kernspins – und kann in der Regel bis ca. 5-6 Å beobachtet werden. Der NOE wird gewöhnlich bei 1H-Kernen beobachtet, kann jedoch auch zwischen anderen Kernen sowohl homonuklear als auch heteronuklear entstehen. Der NOE kann innerhalb eines Moleküls auftreten oder auch zwischen Spins in verschiedenen Molekülen. In diesen Fällen wird entsprechend von einem intramolekularen bzw.

intermolekularen NOE gesprochen. Der NOE findet eine breite Anwendung in der Biochemie, vor allem bei der 3D-Strukturaufklärung, bei der NOEs Informationen über Abstände zwischen Atomen (2D- und 3D-NOESY) und sekundäre Struktur liefern, aber auch bei den Bindungsstudien (transferred NOE).

Es gibt verschiedene Mechanismen, bei denen NOEs entstehen können, die in der Abb. 2.2 dargestellt sind. In der Abb. 2.2A wird zunächst ein einfacher Fall der NOE-Entstehung in einem kleinen Molekül in der Lösung illustriert (Abb. 2.2A). Wenn zwei Protonen HA und HB

sich in räumlicher Nähe zueinander befinden, entsteht ein schwacher positiver NOE. Der Effekt wird anhand der Kreuzsignale zwischen beiden Protonen in einem 2D-NOESY-Experiment identifiziert (Abb. 2.2A, blaue Punkte). Die Kreuzsingale besitzen in diesem Fall ein umgekehrtes Vorzeichen relativ zu den Diagonalsignalen.

(31)

Wenn ein kleines Molekül an ein Protein bindet (Abb. 2.2B), entwickeln sich in dem Protein- Ligand-Komplex starke negative NOEs, die für Makromoleküle charakteristisch sind. Wenn der Ligand fest an das Protein bindet, können seine Signale wegen der Linienbreite häufig nicht detektiert werden. Wenn der Ligand jedoch schnell zwischen gebundenem und freiem Zustand wechselt, trägt er immer noch die übertragene Polarisation auf den Protonen, die aus dem gebundenen Zustand stammt und die jetzt im freien Zustand in der Lösung detektiert werden kann. Dieser Effekt ist der sogenannte transferred NOE (trNOE)[47-51]. Die Kreuzsignale haben dabei das gleiche Vorzeichen wie die Diagonalsignale.

Abbildung 2.2: Mögliche Mechanismen der NOE-Entstehung im Protein-Ligand-System. A: Nuclear Overhauser effect (NOE) eines kleinen Moleküls in der Lösung; B: transferred NOE (trNOE) des Liganden, der an ein Protein bindet; C: Entstehung des interligand nuclear Overhauser effects (ILOE) mit zwei gleichzeitig nah einander bindenden Liganden; D: Entstehung des INPHARMA-Effekts bei einer kompetitiven Bindung.

H2 H1

HA HB Ligand

positiver NOE

Nuclear Overhauser Effect

negativer NOE; trNOE Protein

Protein

negativer NOE; ILOE

Ligand1 HB HA Protein

HA HB

Ligand HA

HB Ligand

HA HB Ligand1

HA HB Ligand1 HC

HD

Ligand2 HC

HD Ligand2

H*2 H*1

Ligand1 HB HA

H*2 H*1 Ligand2

HD HC

Ligand2 HD HC negativer NOE; INPHARMA

Protein Protein

F1

F2

HA

HB

F1

F2

HA

HB

F1

F2

HA

HB HC HD

F1

F2

HA

HB HC HD A

B

C

D

(32)

Wenn mehr als ein Ligand mit dem Protein interagiert, gibt es zwei mögliche Szenarien. In dem Fall, wenn die Bindungsstellen der Liganden räumlich dicht bei einander liegen, besteht eine Möglichkeit der Entstehung von interligand Overhauser effect (ILOE)[52,53]. Voraussetzung dafür ist die räumliche Nähe von Protonen (< 5 Å), die den gebundenen Liganden gehören (Abb. 2.2C). Wenn die Bindestellen weit voneinander entfernt sind (>> 5 Å), werden trNOEs beobachtet werden, aber keine ILOEs. Die andere Voraussetzung für die Entstehung des ILOEs ist, dass zwei Liganden gleichzeitig an das Protein binden. So wie bei trNOEs wird der NOE erst nach der Dissoziation der Liganden in die Lösung detektierbar, so dass Kreuzsignale zwischen Protonen der verschiedenen Liganden auftreten (Abb. 2.2C, grüne Punkte).

Ähnliche Ergebnisse wie beim ILOE, aber nach einem prinzipiell unterschiedlichen Mechanismus, werden durch sogenannte INPHARMA-Effekte (interligand NOE for pharmacophore mapping) hervorruft[54]. Dieser Effekt kann auftreten, wenn zwei Liganden kompetitiv an einer Stelle am Protein binden (Abb. 2.2D). Der Mechanismus des INPHARMA- Effekts sieht eine Übertragung der Polarisation von den Protonen der ersten Liganden auf die Protonen des zweiten Liganden durch Vermittlung von Protonen des Proteins vor. Das Protein dient dabei als Zwischenspeicher für die Polarisation für die Zeit, wenn der erste Ligand dissoziiert und der zweite Ligand bindet. Da das Protein bei der Entstehung des INPHARMA- Effekts beteiligt ist, ist es essentiell, dass das Protein protoniert ist. Wenn das Protein perdeuteriert ist, wird es nicht in der Lage sein, die Magnetisierung von einem Liganden auf den anderen zu übertragen. Die Entwicklung der ILOEs im Protein-Ligand1-Ligand2-Komplex wird im Gegensatz dazu durch die gleichzeitige Bindung der Liganden ermöglicht und ist deshalb praktisch unabhängig davon ob das Protein protoniert oder perdeuteriert ist. Dieser Unterschied zwischen ILOE und INPHARMA kann zur Identifikation des jeweiligen Effekts dienen.

2.2.3 Heteronukleare 2D- und 3D-NMR-Spektroskopie von Proteinen

Der natürliche Gehalt von 13C und 15N in Proteinen zusammen mit der begrenzten Proteinmenge erschweren die Verwendung der heteronuklearen NMR-Spektroskopie wegen der schlechten Empfindlichkeit. Jedoch eröffnet die Isotopenmarkierung neben den cryogenen Probenköpfen breite Möglichkeiten dafür, so dass die Empfindlichkeit stark steigt und 2D- NMR-Experimente auch mit relativ geringer Proteinkonzentration (50-100 μM) in kurzer Zeit durchgeführt werden können.

(33)

Proteine bestehen aus Aminosäureresten, die im Rückgrat Amid-Gruppen enthalten. Wenn das Protein in 15N-markierter Form vorliegt, können Korrelationen zwischen 1H und 15N des Amides in einem 1H-15N-HSQC-Experiment beobachten werden. Jede Aminosäure liefert dabei einen Peak, außer Prolin, das kein Amidproton enthält. Aminosäuren mit Amid- und Aminogruppen in den Seitenketten können ebenfalls Signale aufweisen. Da jede Aminosäure sich in einer eigenen chemischen Umgebung befindet, haben die 1H- und 15N-Kerne bestimmte, davon geprägte chemische Verschiebungen, die für eine breite Verteilung der Signale im 2D- Spektrum sorgt (Abb. 2.3). Schon allein der Spektrumcharakter kann Information über das Protein liefern. Ist das Protein richtig gefaltet, zeigt das Spektrum eine große Dispersion von Signalen (~6-11 ppm in 1H-Dimension). Wenn das Protein komplett oder teilweise ungefaltet ist, zeigt das Spektrum eine kleine Dispersion von Signalen (~7-9 ppm in 1H-Dimension). Wenn der Aminosäurerest in einem dynamisch flexiblen Bereich des Proteins liegt, kann das Amidsignal im 1H-15N-HSQC-Experiment dadurch sehr breit werden und im Spektrum ganz unsichtbar werden. Dieses Phänomen wird sowohl bei Dynamik-, als auch bei Bindungsstudien verwendet.

Da jede Aminosäure mit einem Signal im 1H-15N-HSQC-Experiment repräsentiert ist, dient das Signal als Indikator, wenn die entsprechende Aminosäure in eine andere Umgebung gerät, wie z.B. bei einer Struktur- oder Dynamikänderung, Bindung von Liganden o.ä. Oft wird dieser Effekt in Bindungsstudien verwendet, wenn ein kleines Molekül oder ein anderes Protein an markiertes Protein bindet. Signale von den, an der Kontaktfläche zum Liganden liegenden, Aminosäuren werden durch die veränderte Umgebung beeinflusst. Abhängig von der Bindungsaffinität und der Proteinnatur kann sich das Amidsignal im 1H-15N-HSQC- Experiment verschieben, Intensitätsänderung aufweisen, komplett verschwinden oder auch erst erscheinen. Dieser Effekt heißt chemical shift perturbation (CSP)[55-57]. Wenn die Amidsignale in einem 1H-15N-HSQC-Spektrum zu den zugehörigen Aminosäureresten zugeordnet sind, können anhand der CSP-Effekte die Aminosäuren bestimmt werden, die eine Bindetasche am Protein bilden und dadurch zur direkten Interaktion mit dem Liganden kommen. Ist die 3D- Struktur vom Protein bekannt, kann die Bindetasche direkt in der Struktur identifiziert werden.

(34)

Bei größeren Proteinen (> 30-40 kDa) wird das 1H-15N-HSQC-Experiment zunehmend ineffektiv, da die 1H-Magnetisierungsrelaxation in größeren Proteinen sehr schnell passiert und die Signale sehr breit werden bis sie überhaupt nicht mehr sichtbar sind. Um die Relaxation zu verlangsamen und schärfere NMR-Signale zu bekommen, wird das Deuterieren von Proteinen verwendet. Das bedeutet, dass das Protein in der Form hergestellt wird, in welcher möglichst alle 1H-Atome durch 2H-Atome ersetzt werden. Chemisch flexible Deuteriumatome an den Amid-Gruppen werden allerdings bei der Reinigung wieder durch Protonen zurückgetauscht und dadurch in 1H-15N-Korrelationsexperimenten detektierbar. 1H-15N-TROSY ist ein für perdeuterierte Proteine optimiertes NMR-Experiment[58].

Allein ausgehend aus dem 1H-15N-Korrelationsexperiment ist es jedoch nicht möglich die Signale im Spektrum der Aminosäuresequenz zuzuordnen, da die 1H- und 15N-chemischen Verschiebungen der Amidsignale keine eindeutige Korrelation zum Aminosäuretyp und Sequenzposition aufweisen. Hingegen liefern die 13C-chemischen Verschiebungen von Cα- und Cβ-Atomen der Aminosäurereste wertvolle Informationen zur Identifizierung der Aminosäuren.

Für die sequenzielle Zuordnung ist außerdem die 13CCO-chemische Verschiebung wichtig. Um eine Verknüpfung zum Amid herzustellen, wird ein 3D-Experiment durchgeführt, indem eine Abbildung 2.3: 1H-15N-HSQC-Spektrum von einem gut gefalteten Protein. Es ist eine große Dispersion der Signale in 1H-Dimension zu erkennen (zwischen 6.5 und 10 ppm).

10 9 8 7

130 125 120 115 110 105

δ(1H) [ppm]

δ(15N) [ppm]

(35)

gleichzeitige Korrelation zwischen 1HHN, 15NHN und 13Cα/13Cβ/13CCO dargestellt wird. Das Protein muss dazu allerdings zugleich 15N- und 13C-markiert vorliegen.

Es gibt eine Reihe von 3D-Triple-Resonance-Experimenten, die für eine Korrelation zwischen Amid und bestimmten 13C-Atomen zuständig sind (Abb. 2.4)[59-64]. Die Korrelation ist auch im Namen des Experiments dargestellt, z.B. ein 3D-HNCA[59,65,66] zeigt eine Korrelation zwischen

1H-15N-Amid und Cα-Atomen der Aminosäuren auf.

Es gibt zwei Arten von 3D-Experimenten für die Zuordnung von Proteinen. Bei der ersten werden Korrelationen mit der Aminosäure beobachtet, die in Richtung N-Terminus als nächste zum gegebenen Amid liegt. Die zweite Reihe von 3D-Experimenten zeigt Korrelationen sowohl zu der benachbarten Aminosäure als auch Korrelationen zu der Aminosäure selbst, zu welcher das Amid gehört. Die beiden Arten von Experimenten ergänzen sich gegenseitig und erlauben eine eindeutige Identifizierung der beiden Korrelationen. So werden im 3D-HNCA- Experiment zwei Cα-chemischen Verschiebungen beobachtet, die zu beiden, um das Amid liegenden, Cα-Atomen gehören. Im komplementären 3D-HN(CO)CA-Experiment[59,65] wird dagegen nur eine Cα-chemische Verschiebung der Vorgängeraminosäure beobachtet (Abb. 2.4).

Durch die Verwendung von solchen komplementären Paaren von Experimenten werden zwei Abbildung 2.4: 3D-Triple-Resonance-NMR-Experimente zur Zuordnung der Aminosäuresequenz in Proteinen. Die Wege der Magnetisierungsübertragung sind als Pfeile und die teilnehmenden Atomkerne sind als Kreise angezeigt. Atomkerne, die in den 3D-Experimenten beobachtet werden, sind mit den schwarzen Kreisen bezeichnet. Abbildung entnommen aus Cavanagh et al. 2007[67].

H H O H H O

N C C N C C

H C H H C H

H H O H H O

N C N C C

H C H C

C

H H

HNCA HN(CO)CA

H H O H H O

N N

H C H

C C

H C H

C C

C C

H H O H H O

N C N C

H C H H C H

HNCO HN(CA)CO

CBCA(CO)NH/HN(CO)CACB

H H

N C C

C

H O O

H C N

H H

H C H

C

HNCACB

H H O H H O

N C C N C C

H C H H C H

(36)

Sätze der chemischen Verschiebungen von 13Cα, 13Cβ und 13CCO für jedes Amid erfasst, die zusammen als ein System bezeichnet werden. Da in jedem System die Information über die Vorgängeraminosäure enthalten ist, werden einzelne Systeme zusammengestellt, so dass ein Sequenzfragment entsteht. Diese Fragmente, zuerst Aminosäuren-unspezifisch, werden schlussendlich anhand der charakteristischen 13Cα- und 13Cβ-chemischen Verschiebungen zur Proteinsequenz zugeordnet. Abhängig von der Qualität der NMR-Spektren und Eigenschaften des Proteins, können bis zu 100 % der Aminosäurereste in der Sequenz zugeordnet werden.

2.2.4 In vivo 23Na-NMR-Spektroskopie

Natrium kommt in Organismen ausschließlich in der Form von Na+-Ionen vor. In vielen Organismen wird der Na+-Haushalt aktiv kontrolliert, so dass ein elektrochemisches Membranpotential zwischen den intra- und extrazellulären Bereichen entsteht[13,68,69].

Die Untersuchung und Quantifizierung der Prozesse, in denen Na+-Ionen involviert sind, ist keine einfache Aufgabe, da die meisten Methoden, wie Atomabsorptionsspektrometrie und Atomemissionsspektrometrie, invasiv sind und eine Zerstörung des Organismus erfordern.

NMR-Spektroskopie ist im Gegensatz dazu eine nicht-invasive Methode. Die Messung kann unter Umständen sogar in vivo durchgeführt werden.

Natrium befindet sich in der Natur einzig als 23Na-Isotop, welches NMR aktiv ist. Das 23Na- Isotop hat einen Quadrupolkern mit einem Spin von 3/2 und eine relative Empfindlichkeit von ca. 10 % im Vergleich zum 1H-Kern. Die hohe Empfindlichkeit erlaubt schon in wenigen Sekunden die Aufnahme eines 23Na-Spektrums bei einer physiologischen Na+-Konzentration (100-150 mM).

(37)

Da das Na+-Ion in der Zelle hauptsächlich in freiem Zustand, lediglich von einer Hydrathülle umgeben, vorliegt, weist es dort eine chemische Verschiebung von ungefähr 0 ppm auf, wie auch der 23Na-NMR-Standard – NaCl. Na+-Ionen, die sich außerhalb der Zelle im Milieu befinden, sind ebenfalls in freiem Zustand und zeigen entsprechend praktisch die gleiche chemische Verschiebung. Es gibt jedoch ein Verfahren zur Unterscheidung des Natriums innerhalb und außerhalb der Zelle in einem 23Na-Spektrum. Mit Hilfe von sogenannten Verschiebungsreagenzien lässt sich das 23Na-Signal im NMR-Spektrum verschieben. Solche Reagenzien enthalten ein Lanthanoid-Ion, und das Prinzip beruht auf der paramagnetischen Verschiebung durch die hohe Anzahl von ungepaarten Elektronen in Lanthanoiden. Wenn ein Na+-Ion an so einen Komplex assoziiert, gerät es in das paramagnetische Feld des Lanthanoids und eine Veränderung der 23Na-chemischen Verschiebung ist die Folge. Als Beispiel für so ein

23Na-Verschiebungsreagenz kann Thullium(III)-1,4,7,10-tetraazacyclododekan-1,4,7,10-tetra- (methylenphosphonat), [Tm(DOTP)]5- dienen (Abb. 2.5)[70,71]. Als paramagnetisches Zentrum im Komplex ist ein Thullium-Ion anwesend. Durch die

große negative Netto-Ladung des Komplexes werden Na+-Ionen elektrostatisch mit dem Komplex assoziiert.

Dabei wird das 23Na-Signal in ein schwächeres Feld verschoben. Der Hauptvorteil von [Tm(DOTP)]5 ist dessen Undurchlässigkeit durch die Zellmembran.

Dadurch wird das NMR-Signal vom intrazellulären Natrium nicht beeinträchtigt, so dass zwei einzelne

23Na-Signale vom intra- und extrazellulären Natrium im Spektrum erscheinen. Na+-Ionen, die durch den aktiven oder passiven Transport die Zellen verlassen, werden sofort vom Verschiebungsreagenz beeinflusst und tragen dabei zum verschobenen, extrazellulären 23Na- Signal bei. Die Intensität des 23Na-Signals der intrazellulären Na+-Ionen sinkt dabei.

Da solche Verschiebungsreagenzien in der Regelnicht toxisch und völlig verträglich für Organismen sind, können auf diese Art 23Na-NMR-Studien in vivo durchgeführt werden, um z.B. die Na+-Extrusion aus einer Zelle zu untersuchen[72]. Zusammen mit der guten Empfindlichkeit des 23Na-Kerns in NMR erlaubt diese Methode, den Na+-Transport in Echtzeit zu beobachten, wodurch auch kinetische Messungen möglich sind.

Abbildung 2.5: [Tm(DOTP)]5-

N N

N N

P P

P P

O- O O-

O- O O-

-O O

-O

-O

-O O

Tm3+

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