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2   Methoden

2.2   NMR-Spektroskopie

2.2.3   Heteronukleare 2D- und 3D-NMR-Spektroskopie von Proteinen

Der natürliche Gehalt von 13C und 15N in Proteinen zusammen mit der begrenzten Proteinmenge erschweren die Verwendung der heteronuklearen NMR-Spektroskopie wegen der schlechten Empfindlichkeit. Jedoch eröffnet die Isotopenmarkierung neben den cryogenen Probenköpfen breite Möglichkeiten dafür, so dass die Empfindlichkeit stark steigt und 2D-NMR-Experimente auch mit relativ geringer Proteinkonzentration (50-100 μM) in kurzer Zeit durchgeführt werden können.

Proteine bestehen aus Aminosäureresten, die im Rückgrat Amid-Gruppen enthalten. Wenn das Protein in 15N-markierter Form vorliegt, können Korrelationen zwischen 1H und 15N des Amides in einem 1H-15N-HSQC-Experiment beobachten werden. Jede Aminosäure liefert dabei einen Peak, außer Prolin, das kein Amidproton enthält. Aminosäuren mit Amid- und Aminogruppen in den Seitenketten können ebenfalls Signale aufweisen. Da jede Aminosäure sich in einer eigenen chemischen Umgebung befindet, haben die 1H- und 15N-Kerne bestimmte, davon geprägte chemische Verschiebungen, die für eine breite Verteilung der Signale im 2D-Spektrum sorgt (Abb. 2.3). Schon allein der 2D-Spektrumcharakter kann Information über das Protein liefern. Ist das Protein richtig gefaltet, zeigt das Spektrum eine große Dispersion von Signalen (~6-11 ppm in 1H-Dimension). Wenn das Protein komplett oder teilweise ungefaltet ist, zeigt das Spektrum eine kleine Dispersion von Signalen (~7-9 ppm in 1H-Dimension). Wenn der Aminosäurerest in einem dynamisch flexiblen Bereich des Proteins liegt, kann das Amidsignal im 1H-15N-HSQC-Experiment dadurch sehr breit werden und im Spektrum ganz unsichtbar werden. Dieses Phänomen wird sowohl bei Dynamik-, als auch bei Bindungsstudien verwendet.

Da jede Aminosäure mit einem Signal im 1H-15N-HSQC-Experiment repräsentiert ist, dient das Signal als Indikator, wenn die entsprechende Aminosäure in eine andere Umgebung gerät, wie z.B. bei einer Struktur- oder Dynamikänderung, Bindung von Liganden o.ä. Oft wird dieser Effekt in Bindungsstudien verwendet, wenn ein kleines Molekül oder ein anderes Protein an markiertes Protein bindet. Signale von den, an der Kontaktfläche zum Liganden liegenden, Aminosäuren werden durch die veränderte Umgebung beeinflusst. Abhängig von der Bindungsaffinität und der Proteinnatur kann sich das Amidsignal im 1H-15 N-HSQC-Experiment verschieben, Intensitätsänderung aufweisen, komplett verschwinden oder auch erst erscheinen. Dieser Effekt heißt chemical shift perturbation (CSP)[55-57]. Wenn die Amidsignale in einem 1H-15N-HSQC-Spektrum zu den zugehörigen Aminosäureresten zugeordnet sind, können anhand der CSP-Effekte die Aminosäuren bestimmt werden, die eine Bindetasche am Protein bilden und dadurch zur direkten Interaktion mit dem Liganden kommen. Ist die 3D-Struktur vom Protein bekannt, kann die Bindetasche direkt in der 3D-Struktur identifiziert werden.

Bei größeren Proteinen (> 30-40 kDa) wird das 1H-15N-HSQC-Experiment zunehmend ineffektiv, da die 1H-Magnetisierungsrelaxation in größeren Proteinen sehr schnell passiert und die Signale sehr breit werden bis sie überhaupt nicht mehr sichtbar sind. Um die Relaxation zu verlangsamen und schärfere NMR-Signale zu bekommen, wird das Deuterieren von Proteinen verwendet. Das bedeutet, dass das Protein in der Form hergestellt wird, in welcher möglichst alle 1H-Atome durch 2H-Atome ersetzt werden. Chemisch flexible Deuteriumatome an den Amid-Gruppen werden allerdings bei der Reinigung wieder durch Protonen zurückgetauscht und dadurch in 1H-15N-Korrelationsexperimenten detektierbar. 1H-15N-TROSY ist ein für perdeuterierte Proteine optimiertes NMR-Experiment[58].

Allein ausgehend aus dem 1H-15N-Korrelationsexperiment ist es jedoch nicht möglich die Signale im Spektrum der Aminosäuresequenz zuzuordnen, da die 1H- und 15N-chemischen Verschiebungen der Amidsignale keine eindeutige Korrelation zum Aminosäuretyp und Sequenzposition aufweisen. Hingegen liefern die 13C-chemischen Verschiebungen von Cα- und Cβ-Atomen der Aminosäurereste wertvolle Informationen zur Identifizierung der Aminosäuren.

Für die sequenzielle Zuordnung ist außerdem die 13CCO-chemische Verschiebung wichtig. Um eine Verknüpfung zum Amid herzustellen, wird ein 3D-Experiment durchgeführt, indem eine Abbildung 2.3: 1H-15N-HSQC-Spektrum von einem gut gefalteten Protein. Es ist eine große Dispersion der Signale in 1H-Dimension zu erkennen (zwischen 6.5 und 10 ppm).

10 9 8 7

130 125 120 115 110 105

δ(1H) [ppm]

δ(15N) [ppm]

gleichzeitige Korrelation zwischen 1HHN, 15NHN und 13Cα/13Cβ/13CCO dargestellt wird. Das Protein muss dazu allerdings zugleich 15N- und 13C-markiert vorliegen.

Es gibt eine Reihe von 3D-Triple-Resonance-Experimenten, die für eine Korrelation zwischen Amid und bestimmten 13C-Atomen zuständig sind (Abb. 2.4)[59-64]. Die Korrelation ist auch im Namen des Experiments dargestellt, z.B. ein 3D-HNCA[59,65,66] zeigt eine Korrelation zwischen

1H-15N-Amid und Cα-Atomen der Aminosäuren auf.

Es gibt zwei Arten von 3D-Experimenten für die Zuordnung von Proteinen. Bei der ersten werden Korrelationen mit der Aminosäure beobachtet, die in Richtung N-Terminus als nächste zum gegebenen Amid liegt. Die zweite Reihe von 3D-Experimenten zeigt Korrelationen sowohl zu der benachbarten Aminosäure als auch Korrelationen zu der Aminosäure selbst, zu welcher das Amid gehört. Die beiden Arten von Experimenten ergänzen sich gegenseitig und erlauben eine eindeutige Identifizierung der beiden Korrelationen. So werden im 3D-HNCA-Experiment zwei Cα-chemischen Verschiebungen beobachtet, die zu beiden, um das Amid liegenden, Cα-Atomen gehören. Im komplementären 3D-HN(CO)CA-Experiment[59,65] wird dagegen nur eine Cα-chemische Verschiebung der Vorgängeraminosäure beobachtet (Abb. 2.4).

Durch die Verwendung von solchen komplementären Paaren von Experimenten werden zwei Abbildung 2.4: 3D-Triple-Resonance-NMR-Experimente zur Zuordnung der Aminosäuresequenz in Proteinen. Die Wege der Magnetisierungsübertragung sind als Pfeile und die teilnehmenden Atomkerne sind als Kreise angezeigt. Atomkerne, die in den 3D-Experimenten beobachtet werden, sind mit den schwarzen Kreisen bezeichnet. Abbildung entnommen aus Cavanagh et al. 2007[67].

H H O H H O

Sätze der chemischen Verschiebungen von 13Cα, 13Cβ und 13CCO für jedes Amid erfasst, die zusammen als ein System bezeichnet werden. Da in jedem System die Information über die Vorgängeraminosäure enthalten ist, werden einzelne Systeme zusammengestellt, so dass ein Sequenzfragment entsteht. Diese Fragmente, zuerst Aminosäuren-unspezifisch, werden schlussendlich anhand der charakteristischen 13Cα- und 13Cβ-chemischen Verschiebungen zur Proteinsequenz zugeordnet. Abhängig von der Qualität der NMR-Spektren und Eigenschaften des Proteins, können bis zu 100 % der Aminosäurereste in der Sequenz zugeordnet werden.