Die gesetzliche Regelung der Präimplantationsdiagnostik auf dem Prüfstand – § 3a ESchG
Jelena Marlene Patzke
Nomos
Schriften zum Medizinstrafrecht 13
Schriften zum Medizinstrafrecht herausgegeben von
Professor Dr. Christian Jäger,
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Professor Dr. Matthias Krüger,
Ludwig-Maximilians-Universität München Professor Dr. Hans Kudlich,
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Professor Dr. Brian Valerius,
Universität Bayreuth Band 13
BUT_Patzke_6624-6.indd 2
BUT_Patzke_6624-6.indd 2 09.04.20 09:2309.04.20 09:23
Jelena Marlene Patzke
Die gesetzliche Regelung
der Präimplantationsdiagnostik auf dem Prüfstand – § 3a ESchG
Nomos
BUT_Patzke_6624-6.indd 3
BUT_Patzke_6624-6.indd 3 09.04.20 09:2309.04.20 09:23
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Zugl.: Heidelberg, Univ., Diss., 2019 ISBN 978-3-8487-6624-6 (Print) ISBN 978-3-7489-0703-9 (ePDF)
1. Auflage 2020
© Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2020. Gedruckt in Deutschland. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.
Onlineversion Nomos eLibrary
BUT_Patzke_6624-6.indd 4
BUT_Patzke_6624-6.indd 4 09.04.20 09:2309.04.20 09:23
Meinem Vater Dr. Martin Patzke und
meinem Großvater Reinfried Patzke
Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2019 von der Rechts- wissenschaftlichen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis Ja- nuar 2020 berücksichtigt werden.
Herzlich bedanken möchte ich mich bei meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Gerhard Dannecker, für die Gewährung des erforderlichen wis- senschaftlichen Freiraums und die Erstellung des Erstgutachtens. Auch danke ich Herrn Prof. Dr. Ralph Ingelfinger für die Erstellung des Zweit- gutachtens und die wertvolle Kritik.
Meinen Geschwistern Jonas und Johanna und meiner guten Freundin Christine danke ich für die vielen hilfreichen Korrekturarbeiten.
Der größte Dank gebührt schließlich meiner Mutter, die es mir durch ihre fortwährende Unterstützung erst ermöglicht hat, die Dissertation mit besonnener Ruhe anzufertigen.
Widmen möchte ich die Arbeit meinem Vater, Dr. Martin Patzke, und meinem Großvater, Reinfried Patzke. Gedanklich haben auch sie mich be- gleitet.
Hamburg, im März 2020 Jelena M. Patzke
7
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 17
Die medizinischen Grundlagen der PID und ihre praktische Bedeutung
1. Kapitel:
21 Die Grundlagen der menschlichen Genetik: DNA, Gene und
Chromosomen A.
21 Der Embryo und seine Entwicklung
B. 23
Was ist ein Embryo?
I. 23
Die Entstehung eines Embryos
II. 24
Die Entstehung genetischer Defekte
C. 27
Chromosomenstörungen
I. 27
Numerische Chromosomenstörungen
1. 27
Strukturelle Chromosomenaberrationen
2. 29
Monogen bedingte Erkrankungen
II. 30
Autosomal-rezessive Erkrankungen
1. 31
Autosomal-dominante Erkrankungen
2. 31
X-chromosomale Vererbung
3. 32
Multifaktorielle Erkrankungen
III. 33
Der Begriff der PID
D. 34
Das Verfahren der PID
E. 35
Ablauf eines PID-Behandlungszyklus
I. 36
Ablauf der IVF/ICSI
1. 36
Die Biopsie embryonaler Zellen
2. 37
Polkörperbiopsie
a. 38
Blastomerenbiopsie
b. 39
Blastozystenbiopsie
c. 40
Untersuchung des genetischen Materials
3. 41
FISH-Technik
a. 42
Array-CGH
b. 43
PCR-basierte Nachweismethoden
c. 43
Implantation und Schwangerschaft
4. 44
Zahlen und Fakten der PID-Praxis
II. 45
Die Praxis der PID in Deutschland
1. 47
9
Reproduktions-Tourismus
2. 49
Die Praxis der PID im Ausland
3. 52
Medizinische Risiken der PID
III. 54
Indikationen für die Durchführung einer PID
F. 56
Die Geschichte der PID
G. 58
Ethische Aspekte der PID
2. Kapitel: 63
Der moralische Status des Embryos in vitro
A. 64
Die Begründung des moralischen Status
I. 65
Das Speziesargument
II. 66
Das Kontinuitätsargument
III. 70
Das Identitätsargument
IV. 73
Das Potentialitätsargument
V. 76
Das Zusammenspiel der SKIP-Argumente und ihre Überzeugungskraft
VI.
78 Die Dammbruchargumentation
B. 80
Die grundsätzliche Wertigkeit der Dammbruchargumentation I.
81 Das logische (oder begriffliche) Dammbruchargument
1. 82
Empirische Dammbruchargumente
2. 83
Die allgemeine Überzeugungskraft der Dammbruchargumente
3.
84 Die Dammbruchargumentation mit Blick auf die PID
II. 85
Die PID als Routineverfahren der positiven Selektion
1. 86
Schleichende Ausweitung der Indikationen
a. 87
Die PID als Massenverfahren
b. 88
Die PID als Weg in eine neue Eugenik
c. 89
Stigmatisierung geborener Behinderter durch die PID
2. 91
Die PID als Türöffner für die verbrauchende Embryonenforschung
3.
92 Zwischenergebnis
4. 94
Inhaltsverzeichnis
10
Rechtlicher Rahmen der PID
3. Kapitel: 96
Die PID in Deutschland
A. 96
Die Entwicklung der rechtlichen Regelung der PID in Deutschland
I.
96 Die rechtliche Bewertung der PID vor Einführung des
§ 3a ESchG 1.
96 Hintergrund des ESchG
a. 96
Einschlägige Normen des ESchG
b. 99
§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ESchG
aa. 99
§ 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG
bb. 103
§ 2 Abs. 1 ESchG
cc. 105
Entnahme der embryonalen Zellen
(1) 106
Absterbenlassen oder Wegschütten/
Vernichten der Embryonen mit positivem Befund
(2)
107 Das Urteil des BGH
2. 110
Zum Sachverhalt
a. 110
Entscheidungsgründe
b. 111
Rezeption der Entscheidung des BGH
c. 114
Drei Gesetzesentwürfe – drei mögliche Richtungen
3. 117
Gesetzesentwurf der Abgeordneten Göring-Eckardt, Kauder, Kober u. a.
a.
117 Gesetzesentwurf der Abgeordneten Flach, Hintze,
Reimann u. a.
b.
119 Gesetzesentwurf der Abgeordneten Röspel, Hinz,
Meinhardt u. a.
c.
120 Die Rechtslage zur PID heute
II. 121
§ 3a ESchG
1. 122
§ 3a Abs. 1 ESchG – das grundsätzliche Verbot
a. 122
Zellen eines Embryos
aa. 123
Totipotente Zellen als „Zellen eines Embryos“ i. S. d. § 3a ESchG
(1)
124 Auslegung nach dem Wortlaut der
Norm und unter Beachtung des Telos (a)
125 Systematik des ESchG
(b) 127
§§ 2, 8 ESchG
(aa) 127
§ 6 Abs. 1 ESchG
(bb) 132
Historische Auslegung
(c) 135
Zwischenergebnis
(d) 136
Inhaltsverzeichnis
11
Trophoblastenzellen des Trophektoderm als
„Zellen eines Embryos“ i. S. d. § 3a ESchG (2)
137 Genetische Untersuchung
bb. 141
Das Merkmal „vor seinem intrauterinen Transfer“
cc.
142
§ 3a Abs. 2 ESchG – die Ausnahmetatbestände
b. 144
Der Ausnahmetatbestand des hohen Risikos einer schwerwiegenden Erbkrankheit aa.
144 Das hohe Risiko einer schwerwiegenden
Erbkrankheit (1)
145 Schwerwiegende Erbkrankheit
(a) 146
Hohes Risiko
(b) 154
Untersuchung zur Herbeiführung einer Schwangerschaft
(2)
156 Mit schriftlicher Einwilligung der Frau, von der die Eizelle stammt
(3)
157 Nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik (4)
158 Der Ausnahmetatbestand der hohen
Wahrscheinlichkeit einer Tot- oder Fehlgeburt bb.
159 Die verfahrensrechtlichen Anforderungen des § 3a
Abs. 3 S. 1 ESchG c.
162 Aufklärung und Beratung (Nr. 1)
aa. 163
Adressat der Aufklärungs- und Beratungspflicht
(1)
163 Zielsetzung der Aufklärungs- und
Beratungspflicht (2)
164 Eigenständiger Regelungsgehalt der
Beratungspflicht (3)
168 Zustimmende Bewertung der Ethikkommission
bb. 170
Die Organisation der Ethikkommission und die Rechtsnatur ihrer Entscheidungen (1)
172 Die PID-Kommission als Behörde i. S. v.
§ 1 Abs. 4 VwVfG (a)
172 Die Entscheidung der PID-Kommission als Verwaltungsakt i. S d. § 35 S. 1 VwVfG
(b)
176 Einrichtung, Zusammensetzung,
Verfahrensweise und Finanzierung der Ethikkommission
(2)
177 Inhaltsverzeichnis
12
Prüfungsmaßstab, Beurteilungsspielraum und Ermessen der PID-Kommission (3)
181 Rechtsschutz gegen ablehnende
Entscheidungen der Ethikkommission (4)
185 Widerspruch
(a) 186
Anfechtungsklage
(b) 187
Verpflichtungsklage
(c) 187
Das Problem des Kommissionstourismus
(5) 188
Die demokratische Legitimation der Ethik- Kommission
(6)
191 personell-organisatorische Legitimation
(a) 192
materielle Legitimation
(b) 195
Das Verhältnis der Legitimationsformen zueinander; zugleich Zwischenergebnis (c)
197 durch einen für die PID qualifizierten Arzt in
einem hierfür zugelassenen Zentrum cc.
198 Dokumentationspflichten
d. 200
Verordnungsermächtigung
e. 201
Gewissensklausel
f. 202
PID-Verordnung
2. 204
Die PID im europäischen Kontext
B. 205
Das Urteil des EGMR v. 28. August 2012 – Az.: 54270/10 – Rechtssache Costa und Pavan/Italien
I.
206 Die Bioethik-Konvention des Europarates vom 4. Apr. 1997
II. 209
Art. 3 Grundrechte-Charta der Europäischen Union
III. 212
Zwischenergebnis
IV. 215
Tatsächliche und rechtliche Unzulänglichkeiten des neuen § 3a ESchG?
4. Kapitel:
216 Praktische Folgeprobleme
A. 216
Die Dreier-Regel
I. 216
Der Umgang mit überzähligen Embryonen
II. 221
Der Umgang mit Überschussinformationen
III. 226
Der Umgang mit spätmanifestierenden Krankheiten
IV. 231
§ 3a ESchG im System bestehender Regelungen
B. 235
Die Widerspruchsfreiheit des Rechts als Vorgabe an den Gesetzgeber
I.
236 Inhaltsverzeichnis
13
Wertungswidersprüche zwischen § 3a ESchG und anderen Regelungen zum Embryonenschutz
II.
237 Wertungswidersprüche zwischen § 3a ESchG, den
Regelungen des Schwangerschaftsabbruchs und der Straffreiheit der Anwendung nidationshemmender Verhütungsmittel
1.
237 Die Regelungen der §§ 218 ff. StGB
a. 237
Das Vorliegen eines Wertungswiderspruchs
b. 239
Widersprüchlicher Schutzumfang zugunsten des Embryos in vitro und in utero?
(1)
240 Wertungsinkonsistenz bei den Regelungen der PID und des Schwangerschaftsabbruchs?
(2)
242 Wertungswidersprüche zwischen § 3a ESchG und den
Regelungen der PND 2.
245 Die gesetzliche Regelung der PND
a. 245
Das Vorliegen eines Wertungswiderspruchs
b. 246
Erforderlichkeit einer Indikation
(1) 250
Umfang der Informationsermittlung
(2) 252
Die verfassungsrechtliche Bewertung der PID
5. Kapitel: 254
Der verfassungsrechtliche Status des Embryos in vitro
A. 255
Die Aussagekraft der Verfassung zum Beginn menschlichen Lebens
I.
255 Die Rechtsprechung des BVerfG
II. 257
Das erste Urteil zum Schwangerschaftsabbruch v.
25. Februar 1975 1.
258 Das zweite Urteil zum Schwangerschaftsabbruch v.
28. Mai 1993 2.
260 Bedeutung der Urteile für den verfassungsrechtlichen
Status des Embryos in vitro 3.
263 Die unterschiedlichen Ansätze der Literatur zum
verfassungsrechtlichen Status menschlicher Embryonen (in vitro)
III.
268 Voller Grundrechtsschutz mit Kernverschmelzung
1. 269
Grundrechtsschutz ab einem nach der Kernverschmelzung liegenden Zeitpunkt 2.
270 Nidation
a. 270
Individuation/Ausschluss der Zwillingsbildung
b. 271
Einsetzen der Hirnfunktion
c. 272
Einsetzen der Empfindungsfähigkeit
d. 273
Inhaltsverzeichnis
14
Geburt
e. 273
Gestufter Lebensschutz
3. 274
Theologische Betrachtung des menschlichen Lebens
IV. 275
Stellungnahme
V. 277
Vereinbarkeit des PID-Verbots mit der Verfassung
B. 286
Betroffene Grundrechte, Eröffnung der und Eingriff in die Schutzbereiche
I.
286 Grundrechte der Eltern
1. 286
Die Menschenwürde: Schutzbereichseröffnung und Eingriff
a.
287 Das Recht auf körperliche Unversehrtheit:
Schutzbereichseröffnung und Eingriff b.
288 Das Recht auf Fortpflanzung:
Schutzbereichseröffnung und Eingriff c.
289 Das Selbstbestimmungsrecht:
Schutzbereichseröffnung und Eingriff d.
292 Grundrechte der beteiligten Mediziner/
Humangenetiker 2.
292 Berufsfreiheit: Schutzbereichseröffnung und Eingriff
a. 293
Freiheit der Wissenschaft und Forschung:
Schutzbereichseröffnung und Eingriff b.
293 Zwischenergebnis
3. 294
Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
II. 295
Das Recht auf Leben aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG
1. 295
Die Menschenwürdegarantie aus Art. 1 Abs. 1 GG
2. 298
Das Verbot der Diskriminierung Behinderter aus Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG
3.
300 Zwischenergebnis
4. 303
Verhältnismäßigkeit
III. 303
Legitimer Zweck
1. 303
Geeignetheit
2. 304
Erforderlichkeit
3. 305
Angemessenheit
4. 305
Die Angemessenheit des Eingriffs in die Rechte der Eltern
a.
307 Die Angemessenheit des Eingriffs in die Rechte der Ärzte und Wissenschaftler
b.
313 Berufsfreiheit
(1) 313
Wissenschaftsfreiheit
(2) 314
Zwischenergebnis
5. 315
Inhaltsverzeichnis
15
Zusammenfassung, Fazit und Ausblick 316 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
A. 316
Zu den medizinischen Erkenntnissen
I. 316
Zu den ethischen Aspekten der PID
II. 317
Zur Entwicklung der Rechtslage in Deutschland.
III. 319
Zur Rechtslage heute
IV. 320
Zu den Ungereimtheiten des § 3a ESchG
V. 322
Zur verfassungsrechtlichen Bewertung der PID
VI. 325
Fazit
B. 326
Ausblick
C. 327
Literaturverzeichnis 335
Inhaltsverzeichnis
16