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Archiv "Mediastinale Tumoren problematisch für die Diagnostik" (21.01.1987)

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(1)

Bevorzugte Lokalisationen primärer und sekundärer Mediastinaltumoren

Strumen Teratome Thymome

mesenchymale Tumoren lymphatische Erkrankungen Thymome

Teratome

mesenchymale Tumoren Perikardzysten

Pleurazysten

Trachea

Zwerchfell

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

neurogene Tumoren Chordome

Strumen

mesenchymale Tumoren

Heterogene anatomische Strukturen im Mediastinum bewirken die Vielfalt von Geschwulstformen

Mediastinale Tumoren problematisch für die Diagnostik

Thomas Böttger, Dieter Schröder und Edgar Ungeheuer

Ösophagusleiomyome

lymphatische Systemerkrankungen bronchogene Zysten

Metastasen

enterogene Zysten

Die Symptomatik bei me- diastinalen Tumoren wird, unabhängig von der histolo- gischen Zuordnung, we- sentlich durch die Verdrän- gung und Beeinträchtigung von Nachbarorganen ge- prägt Bei allen primären Geschvvulsten sollte eine Exstirpation angestrebt werden, während bei allen sekundären Tumoren, also bei Metastasen thorakaler oder extrathorakaler Tumo- ren oder bei Manifestatio- nen von Systemerkrankun- gen eine Strahlen- oder Che- motherapie bevorzugt wird.

D

as Mediastinum definiert sich topographisch als der Raum zwi- schen beiden Lungen mit den hier verlaufenden Organstrukturen. Ent- sprechend den unterschiedlichen anatomischen Strukturen, die sich im Mediastinum finden, ergibt sich eine Vielzahl möglicher Tumorgene- sen. Unter einem primären Media- stinaltumor wird definitionsgemäß eine Raumforderung verstanden, die ursächlich von einer der Organ- strukturen des Mediastinums aus-

Chirurgische Klinik (Direktor:

Professor Dr. med. Edgar Ungeheuer), Krankenhaus Nordwest, Frankfurt/Main

geht. Sekundäre Mediastinaltumo- ren sind definiert als Metastasen thorakaler oder extrathorakaler tu- moröser Prozesse sowie Manifesta- tionen von Systemerkrankungen.

Entsprechend dieser Vielzahl von Möglichkeiten ist insbesondere bei einer Tumorlokalisation im vor- deren oberen Mediastinum eine si- chere präoperative Klärung der Di- gnität und des Ursprungs problema- tisch. Symptomatik, Diagnostik und Therapie seien im folgenden basie- rend auf einer Erfahrung von 170 operativ behandelten primären und 600 sekundären mediastinalen Tu- moren der eigenen Klinik entwik- kelt.

A-134 (32) Dt. Ärztebl. 84, Heft 4, 21. Januar 1987

(2)

Primäre mediastinale Tumoren

Tumoren des Thymus

Thymome wachsen im vorderen Mediastinum, bevorzugt in ca. 80 Prozent im kranialen Bereich, wo sie

Abbildung 1: Operationspräparat des in trathorakalen Neurinoms

in etwa der Hälfte der Fälle für die Ausbildung primärer Mediastinaltu- moren verantwortlich sind (1) (Ta- belle 1). Sie werden in allen Lebens- abschnitten gefunden, vorwiegend jedoch im dritten bis sechsten Le- bensjahrzehnt, bei einem Durch- schnittsalter von 47 ± 18 Jahren oh- ne eindeutige Geschlechtsprävalenz.

Die schwierige Differentialdiagnose zwischen benignen und malignen Tumoren erfolgt allein intraoperativ aufgrund makroskopischer Krite- rien, wie denen eines invasiven Wachstums. In 10 bis 15 Prozent (1, 7, 12) wird eine derartige maligne Degeneration beschrieben, die wir in unserem Krankengut sogar in

über einem Viertel der Fälle (26,2 Prozent) nachweisen konnten (11, 42). Bei fortgeschrittenem Wachs- tum stieg sie auf über 60 Prozent an.

Teratome

Etwa 12 Prozent aller primären Mediastinaltumoren sind Teratome.

Die Mehrzahl der meist faust- bis kindskopfgroßen Teratome wächst ebenfalls im vorderen oberen Me- diastinum, nur drei bis acht Prozent im hinteren Mediastinum (10, 11) (Tabelle 1). Sie werden in jedem Le- bensalter beobachtet, jedoch über- wiegend im zweiten und dritten Le- bensjahrzehnt. Eine Geschlechtsbe- vorzugung war auch hier nicht nach- zuweisen. Bei jedem dritten bis zehnten Patienten muß mit einer malignen Variante gerechnet wer- den, die allerdings meistens bei Männern beobachtet wird. Das Al- phafetoprotein und HCG können in derartigen Fällen erhöht sein. Sie werden daher sowohl in der präope- rativen Diagnostik wie auch in der postoperativen Verlaufskontrolle nach erfolgter Exstirpation be- stimmt (10, 11).

Intrathorakale Strumen

Eine intrathorakale Struma hat definitionsgemäß keine Verbindung zur kollaren Struma. Dies sahen wir nur bei acht Patienten.

Demgegenüber wiesen ca. vier Prozent der 11 000 Patienten, die wir in den letzten 20 Jahren an der Schilddrüse operiert haben, einen großen retrosternalen beziehungs- weise intrathorakalen Anteil auf (Abbildungen 2 und 3). Im eigent- lichen Sinne zählen sie nicht zu den Mediastinaltumoren, sie müssen aber wegen ihrer Lage und aus diffe- rentialdiagnostischen Gründen hier angeführt werden (4).

Neurinome

Im hinteren Mediastinum sind die überwiegende Mehrzahl aller Tumoren (50 bis 75 Prozent) Neuri- nome (Tabelle 1). In der Hälfte der

Fälle wachsen sie rechts kraniodor- sal (Abbildungen 1, 4 und 5). Im ei- genen Krankengut fanden sie sich über alle Altersstufen gleichmäßig verteilt. Eine Geschlechtsbevorzu- gung konnte nicht nachgewiesen werden. Mikroskopisch unterschei- det man die am häufigsten (22/28) auftretenden Neurinome und Neu- rofibrome. Sie entwickeln sich aus den Schwanschen Zellen und Peri- neuralzellen. Vom Grenzstrang aus- gehend kommt es zur Bildung der seltenen Ganglioneurinome (3 von 28) oder deren maligner Form der Sympathikoblastome (Neuroblasto- me) (3 von 28). In ca. drei bis 25 Prozent (im eigenen Krankengut neun Prozent) wird eine maligne Entartung neurogener Tumoren be- schrieben.

Zysten

versprengter Organanlagen

Mediastinale Zysten haben ei- nen Anteil von 10 Prozent (17 von 170) an den primären Mediastinal- geschwülsten (Abbildung 6). Peri- kardzysten sind besonders rechts- und links-epidiaphragmal im Herz- Zwerch-Fellwinkel zu finden und Pleurazysten epidiaphragmal. En- terogene und Bronchialzysten wer- den vorwiegend im zentralen Media- stinum, meist mehr nach dorsal gele- gen, beobachtet (3, 8) (Tabelle 1).

Leiomyome des Ösophagus

Gutartige Ösophagustumoren sind an und für sich schon seltene Neubildungen, die im Verhältnis von 1:8 bis 1:130 zu den Karzinomen beschrieben werden. Zwei Drittel aller gutartigen Tumoren sind Leio- myome (15). Der Ursprungsort der Entstehung und die Wachstumsten- denz sind prägend für die Sympto- matik. Gehen die Prozesse von der inneren Wandschicht aus, führen sie relativ früh zur Dysphagie und im- ponieren selten als Mediastinaltu-

moren. Leiomyome der longitudina-

len Ösophagusmuskulatur hingegen können zu monströsen Mediastinal- tumoren heranwachsen, ehe sie Be- schwerden im Sinne einer mechani- Dt. Ärztebl. 84, Heft 4, 21. Januar 1987 (33) A-135

(3)

Abbildungen 2 und 3: Röntgen-Thorax an- terior-posterior: Tumor im vorderen obe- ren Mediastinum rechts, der sich szintigra- phisch als Struma bestätigen ließ

schen Verdrängung verursachen oder als Zufallsbefund entdeckt wer- den (Abbildungen 7 und 8). In die- sen Fällen besteht nur ein geringes Risiko der malignen Entartung. Bis-

her ist nur ein einziger Fall bekannt, bei dem gleichzeitig ein Sarkom ge- funden wurde. Die Indikation zur Operation besteht aus mechanischen Gründen. Wann immer möglich, ist

Abbildungen 4 und 5: Röntgen-Thorax und seitliche Schichtung. Intrathorakales Neu- rinom mit Ursprung aus einem Foramen in- tervertebrale

eine Enukleation unter Schonung der Schleimhaut anzustreben, was für uns der Grund ist, eine präopera- tiv endoskopisch-bioptische Vorun- tersuchung möglichst zu vermeiden.

Mesenchymale Geschwülste

Ein Viertel aller primären me- diastinalen Tumoren sind mesenchy- maler Herkunft (Tabelle 1). Fast 60 Prozent sind im oberen vorderen Mediastinum lokalisiert. Mesenchy- male Tumoren sind in allen Alters- gruppen nachzuweisen, Durch- schnittsalter 40 Jahre. Über die Hälfte dieser Prozesse (57,6 Pro- zent) mußte als maligne Variante hi- stologisch definiert werden. Bei drei Viertel unserer Patienten kam es zu einem infiltrativen Wachstum in die benachbarten Organe im Mediasti- num und damit zur lokalen Inopera- bilität. Obwohl eine sichere präope- rative Differenzierung häufig nicht möglich ist, muß man jedoch sekun- däre mediastinale Tumoren präope- rativ weitgehend ausschließen, da sich hier völlig andere therapeuti- sche Konsequenzen ergeben.

Sekundäre mediastinale Tumoren

Metastasen im Mediastinum

Bevorzugt befallen Bronchial- karzinome das Mediastinum. Beson- ders bei einseitigen Hiluslympho- men ist nach einem Bronchialkarzi- nom zu fahnden. Von etwa 2500 Bronchialkarzinomen, die wir in den letzten 22 Jahren stationär behan- delt haben, konnten wir bei 30 Pro- zent mediastinoskopisch Lymphkno- tenmetastasen paratracheal, im Bi- furkationswinkel oder im Parabron- chialwinkel nachweisen. Bei 17 Pa- tienten fanden wir mediastinosko- pisch Metastasen extrathorakaler Tumoren: 5 Mammakarzinome, 5 Hypernephrome, 3 Kolonkarzino- me , 3 Magenkarzinome, 1 C-Zell- karzinom und 1 Kollumkarzinom.

A-136 (34) Dt. Ärztebi. 84, Heft 4, 21. Januar 1987

(4)

Abbildung 6: Röntgen-Thorax anterior-po- sterior: Pleurazyste rechts epidiaphragmal

A-138 (36) Dt. Ärztebl. 86, Heft 4, 21. Januar 1987

Abbildungen 7 und 8: Ösophagus-Brei- schluckuntersuchung und Computertomo- graphie; kindskopfgroßes Leiomyom des distalen Ösophagus

Abbildung 9: Röntgen-Thorax anterior-po- sterior; Pancoast-Tumor links

Morbus Boeck — Sarkoidose

Zwei Drittel aller an einem Morbus Boeck erkrankten Patienten weisen keine Symptome auf. Die üb- rigen klagen über unspezifische Be- schwerden wie Husten, Auswurf und Atemnot. Röntgenologisch fin- det sich bei nahezu allen Patienten das typische Bild polyzyklischer beidseitiger Hiluslymphome, die in etwa einem Drittel mit einer klein- fleckigen schmetterlingsförmigen Lungenverschattung der Mittelfel- der einhergeht. Etwa acht Prozent unserer 2000 Mediastinoskopien wurden unter dem Verdacht einer Sarkoidose durchgeführt. In über 90 Prozent konnte der Nachweis bezie- hungsweise der Ausschluß einer Sar- koidose erfolgen. Nur in einigen we- nigen Fällen fand sich eine Tuberku- lose.

Morbus Hodgkin

Kommt es zum isolierten Befall des Mediastinums im Rahmen eines Morbus Hodgkin, der prinzipiell in jedem Alter auftreten kann, jedoch bevorzugt im zweiten bis vierten Le- bensjahrzehnt nachzuweisen ist, un- terscheidet sich die klinische Sym- ptomatik nicht von der anderer Tu- moren gleicher Lokalisation. Ergibt

sich jedoch im Zuge der erwähnten morphologischen Analyse der Hilus- lymphomverdichtung der Verdacht auf einen Morbus Hodgkin, so kann durch eine Mediastinoskopie ver- sucht werden, die Diagnose histolo- gisch abzuklären. Der Morbus Hodgkin an sich ist keine Opera- tionsindikation, jedoch gelingt seine Abklärung nicht in allen Fällen prä-

operativ. Sogar in einer intraoperati- ven Schnellschnittuntersuchung ist er nicht immer nachzuweisen.

Pancoast

-

Tumoren

Bronchialkarzinome insbeson- dere die 1932 von Pancoast beschrie- benen und nach ihm benannten

(5)

Tabelle 1:

Histologische Zuordnung primärer mediastinaler Tumoren in Abhängigkeit von der Lokalisation (n =170, davon maligne: 40)

% 1 Tumoren Anzahl

Oberlappenkarzinome sind gele- gentlich schwierig von primären Me- diastinaltumoren abzugrenzen (Ab- bildung 9). Sie wachsen infiltrativ in die kraniale Brustwand und führen zu Rippenusuren und Nervenläsio- nen im Bereich des Ulnarisverlaufs.

Teilweise kann es auch bei einem Befall des Ganglion stellatum zur Entwicklung eines Hornerschen Symptomenkomplexes kommen.

Von 1476 Bronchialkarzinomen, die im Zeitraum von 1963 bis 1983 tho- rakotoniert wurden, fanden wir bei 59 Patienten (4 Prozent) diesen Tu- mortyp. In ca. 75 Prozent der Fälle war eine Exstirpation möglich (2).

Die Langzeitprognose ist wegen des fortgeschrittenen Stadiums natur- gegebenermaßen schlecht. So be- richtete Paulson über eine Drei-Jah- res-Überlebensrate von 34 Prozent (2). Allerdings überlebte einer unse- rer Patienten länger als 10 Jahre.

Symptom atik

Die Symptomatik primärer und sekundärer mediastinaler Tumoren erklärt sich vornehmlich durch ihre jeweilige Größe und Lokalisation.

Charakteristischerweise führen Raumforderungen des vorderen Me- diastinums in nahezu zwei Drittel der betroffenen Patienten zu Be- schwerden, während die Verhältnis- se bei Tumoren des hinteren Media- stinums im gleichen Zahlenverhält- nis asymptomatisch bleiben. Ohne zulässige Rückschlüsse auf die histo- logische Zuordnung eines Tumors spricht man auch von einem „me- diastinalen Syndrom". Seine Ursa- che ist darin zu sehen, daß das ex- pansive Wachstum der tumorösen Prozesse in 60 Prozent aller Patien- ten zu einer Verdrängung und Be- einträchtigung von Nachbarorganen des Mediastinums führt. Daraus er- klären sich Beschwerden wie Dys- pno e , Zyanose , Einflußstauung , Dysphagie oder Herzrhythmusstö- rungen entsprechend den Organ- strukturen des Mediastinums und der jeweiligen Alteration. Maligne Tumoren können zu Nervenläsionen wie Rekurrens-, Phrenikusparesen oder einem Homer-Syndrom füh- ren. Die Symptomatik einer My-

Tumorlokalisation Ventral cranial:

davon maligne

Dorsal cranial:

davon maligne

Zentral:

davon maligne Dorsal caudal:

davon maligne

Ventral caudal:

davon maligne

asthenia gravis pseudoparalytica, meist in ihrer okulären Form mit Ptosis und Doppelbildern, zeigte sich bei jedem vierten Patienten mit einem Thymom (Tabelle 2).

Diagnostik

Inspektion, Palpation und die Anamnese führen auch bei diesem Krankheitsbild in über der Hälfte der Fälle zur Diagnose eines expan- siven Prozesses im Mediastinum.

Lokalisation und Größe können durch die Röntgen-Thorax-Aufnah- me in zwei Ebenen mit ergänzender Durchleuchtung, eventuell Zielauf- nahme weiter abgeklärt werden. Be- reits jetzt kann die wichtige Unter- scheidung zwischen einem primären und sekundären Mediastinaltumor in etwa 80 Prozent der Fälle geklärt werden (Abbildung am Beginn des Artikels). Eine weiterführende Dia- gnostik ist nur in seltenen Fällen an-

Teratome Thymome

mesenchymale Tumoren Parathyreoidadenom Neurinome rechts Neurinome links Sympathikoblastome mesenchymale Tumoren intrathorakale Strumen fibröses Mesotheliom bronchogene Zysten enterogene Zysten Neurinome rechts Neurinome links

mesenchymale Tumoren monströses Leiomyom des Ösophagus

Thymome Teratome

mesenchymale Tumoren Perikardzysten rechts Perikardzysten links Pleurazysten

gezeigt (12). Eine Röntgendarstel- lung des Osophagus durch Kontrast- mittelgabe hat bei einer Dysphagie oder bei Verdacht auf einen Oso- phagustumor ihre Berechtigung.

Die modernen bildgebenden Verfahren wie Computertomogra- phie oder Kernspintomographie las- sen weitere morphologische und to- pographische Rückschlüsse zu. Ge- naue Ausdehnung, der Ursprung und eine mögliche Infiltration der Nachbarorgane sind besser erkenn- bar. Die Messung der Dichte erlaubt eine weitgehende Differenzierung zwischen Zyste und Tumor, bezie- hungsweise Hinweise auf einen Tu- mor mit zystischem Anteil oder ei- nen völlig soliden Tumor. Ein thora- kales Aortenaneurysma kann durch gleichzeitige Kontrastierung der Ge- fäße ausgeschlossen oder nachge- wiesen werden.

Differentialdiagnostische Pro- bleme ergeben sich insbesondere bei Tumoren des vorderen oberen Me- Anzahl

72 27

39 5

14 0 13 1

27 7

37,5

12,8

7,7

25,9

16 36 19 1 15 4 3 6 8 3 8 6 7 2 2 2 6 4 6 2 5 4

Dt. Ärztebl. 84, Heft 4, 21. Januar 1987 (37) A-139

(6)

Tabelle 2:

Symptomatik primärer Mediastinaltumoren (1964 bis 1984; n = 170)

Anzahl Dyspnoe

Druckgefühl Husten

Myasthenia gravis pseudoparalytica Einflußstauung

Arrhythmie Horner-Syndrom Rekurrensparese Phrenikusparese Zufallsbefund

99 47 41 13 12 11 4 3 2 69

58,2 27,6 24,1 7,6 7,0 6,5 2,4 1,7 1,2 40,6 diastinums. Hier führt häufig eine

sorgfältige klinische Untersuchung mit Palpation der Schilddrüsenre- gion zur Vermutungsdiagnose einer Struma mit retrosternalem Anteil.

Die Schilddrüsenszintigraphie kann dann eine weitere Abklärung erbrin- gen. Oftmals stellt sich jedoch infol- ge schwerster regressiver Verände- rungen das wahre Ausmaß des in- trathorakalen Anteils einer Struma szintigraphisch nicht vollständig dar, was zu gelegentlichen Fehlbeurtei- lungen und Fehldeutungen der Szin- tigraphie führt. Eine präoperativ nachgewiesene Rekurrensparese läßt eine Struma maligna vermuten.

Die Mediastinoskopie halten wir beim primären Mediastinaltu- mor im engeren Sinne nicht für er- forderlich. Sie kann den intraopera- tiven Situs erheblich verändern und so zu einer deutlichen Erschwerung des Eingriffes führen. Darüber hin- aus hat eine präoperative Klärung der Dignität eines solchen Prozesses keinen entscheidenden Einfluß auf das weitere Vorgehen.

Indikation zur Operation

Indikation zur Thorakotomie ergibt sich einmal aufgrund des Ma- lignomrisikos und der mechanischen Komponenten (13, 14) des primären Mediastinaltumors. Auch im Falle einer erst intraoperativ nachweisba- ren Inoperabilität kann es wegen ei-

ner erheblichen Einflußstauung oder anderer Verdrängungserscheinun- gen notwendig sein, eine palliative Tumorverkleinerung anzustreben.

Die anschließend eventuell mögliche radioonkologische Therapie findet hierdurch wesentlich günstigere Voraussetzungen (6, 7, 8, 9). Die In- dikation zur Exstirpation mediasti- naler Zysten besteht wegen der Ge- fahr einer sekundären Infektion bronchialer Zysten, der Ulkusgefahr mit möglicher Perforation oder Blu- tung bei enterogenen Zysten und aus differentialdiagnostischen Erwä- gungen.

Beim Verdacht einer Systemer- krankung, zum Beispiel beim Mor- bus Hodgkin oder beim Morbus Boeck, oder beim möglichen Hin- weis auf eine mediastinale Metasta- sierung von Karzinomen, insbeson- dere des Bronchialkarzinoms, neh- men wir dagegen von einer primären Thorakotomie Abstand und befür- worten die erwähnte Mediastinosko- pie zur histologischen Verifizierung der Diagnose.

Therapie und Verlauf

Der operative Zugang erfolgt normalerweise durch eine Thorako- tomie, ventral gelegene Tumoren werden nach Sternotomie angegan- gen. Eine vollständige Exstirpation gelang bei 85 Prozent der Patienten.

Allerdings fällt auf, daß zum Zeit- punkt der Operation bereits 82,3

Prozent der malignen mesenchyma- len Tumoren inoperabel waren. Bei einem Teil gelang es dennoch, den Tumor zumindest zu verkleinern, um so zu einer Verbesserung der mechanischen Tumorfolgen, wie Einflußstauung, Druckbeschwerden und ähnliches zu kommen oder die anschließende radioonkologische Weiterbehandlung unter günstige- ren Voraussetzungen zu beginnen.

Die postoperative Komplikationsra- te nach Exstirpation primärer me- diastinaler Tumoren liegt bei 10 Pro- zent. Allein in 8,2 Prozent beobach- teten wir kleine, nicht punktionsbe- dürftige Restergüsse. Die Letalität betrug 3,3 Prozent.

Postoperativ werden Thymome nachbestrahlt, da sowohl mikro- skopisch als auch makroskopisch ei- ne Malignität nicht sicher auszu- schließen ist. So haben wir eine Pa- tientin fünf Jahre nach Exstirpation eines scheinbar benignen Thymoms erneut operieren müssen, nunmehr wegen eines malignen Thymoms im alten Operationsgebiet. Eine adju- vante Strahlentherapie erfolgt post- operativ bei allen strahlensensiblen Malignomen. Non-Hodgkin-, Hodg- kin-Lymphome, Teratokarzinome , Seminome, Chorionkarzinome und embryonale Karzinome können al- ternativ gleichwertig chemothera- peutisch behandelt werden (17).

Die Langzeitprognose dieses so inhomogenen Krankengutes läßt sich pauschal nicht angeben. Ein- deutig benigne Tumoren, wobei die Dignität gerade bei Thymomen schwierig zu beurteilen ist, können nach radikaler Exstirpation als ge- heilt angesehen werden. Die Lang- zeitprognose maligner Tumoren ist abhängig von Histologie und Tu- morprogredienz.

(Die in Klammern gesetzten Ziffern beziehen sich auf das Litera- turverzeichnis im Sonderdruck, zu beziehen über die Verfasser)

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Thomas Böttger Chirurgische Klinik

des Krankenhauses Nordwest Steinbacher Hohl 2-26 6000 Frankfurt am Main 90 A-140 (38) Dt. Ärztebl. 84, Heft 4, 21. Januar 1987

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