• Keine Ergebnisse gefunden

Die waldbauliche Behandlung wichtiger Waldgesellschaften der Schweiz

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Die waldbauliche Behandlung wichtiger Waldgesellschaften der Schweiz"

Copied!
75
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Oxf.: 187: 22: 228.0: 23 : (494)

HANS LEIBUNDGUT

em. o. Professor für Waldbau an der Eidg. Techn. Hochschule in Zürich

Die waldbauliche Behandlung wichtiger Waldgesellschaften der Schweiz

Manuskript eingereicht am 28. April 1982

HERAUSGEBER DR.W.BOSSHARD

DIREKTOR DER EIDGENÖSSISCHEN ANSTALT FÜR DAS FORSTLICHE VERSUCHSWESEN

Bd./Vol. 59 Heft/Fasc.1 1983

(2)

Adresse: Eidg. Anstalt für das forstliche Versuchswesen Adresse: Institut föderal de recherches forestieres Indirizzo: Istituto federale di ricerche forestali Address: Swiss Federal Institute of Forestry Research

Zitierung:

CH-8903 Birmensdorf ZH (01) 7371411

Druck: Konkordia, Druck- und Verlags-AG

Winterthur Eidg. Anst. forstl. Versuchswes., Mitt.

Die Hefte sind einzeln käuflich bei

On peut acheter chaque fascicule separement aupres dela maison

Si puo comprare ogni fascicolo separatamente alla casa editrice

Each number may be purchased separately from

F. Flück-Wirth, Internat. Buchhandlung für Botanik und Naturwissenschaften, CH-9053 Teufen Preis: sFr. 25.-

(3)

Abstracts

Die waldbauliche Behandlung wichtiger Waldgesellschaften der Schweiz

Die Arbeit befaßt sich mit den Grundlagen für die waldbauliche Zielsetzung. Für die in der Schweiz wichtigen natürlichen Waldgesellschaften werden die Möglichkeiten der Baumartenwahl und die zweckmäßigen Verjüngungsverfahren dargestellt. Ertragskund- liche Erhebungen erlauben Angaben über die Ertragsfähigkeit der verschiedenen Wald- standorte.

Le traitement sylvicole des principales associations vegetalesforestieres de la Suisse Ce travail traite des donnees fondamentales qui servent a fixer les buts de la sylvicul- ture. Les differentes possibilites dans le choix des essences, ainsi que les modes de rajeu- nissement les plus appropries, sont exposes pour chacune des principales associations vegetales forestieres de la Suisse. Des analyses de production permettent de formuler des indications concernant la productivite des differentes stations sylvicoles.

Il trattamento selvicolturale delle associazioniforestali importanti in Svizzera Questa pubblicazione vuol essere un contributo al miglioramento delle basi per la defi- nizione degli obiettivi selvicolturali. Vengono esposte, relativamente alle associazioni forestali naturali importanti in Svizzera, le possibilita di scelta delle specie e le rispettive tecniche di rinnovazione. Si e ricorso ad indagini auxometriche onde indicare la produtti- vita potenziale di diverse stazioni forestali.

Silvicultural treatment of the mainforest communities of Switzerland

This study deals with fundamental principles for the setting of silvicultural objectives.

Various suitable species combinations and appropriate propagation methods are descri- bed. Data on yelds give information on the potential yields of different sites.

(4)

Inhalt

Abstracts . . . . . . . . . . . . . . 5

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Grundlagen der waldbaulichen Zielsetzung . . . . 11

11 Die Erfassung der Standortseigenschaften . . . . . . . 11

12 Das Wirtschaftsziel . . . . . . . . . . . 12

2 Natürlicher Aufbau und Lebensablauf der Wälder . . . 15

21 Die Waldsukzessionen . . . . . . . . . . . 15

22, Dernatürliche Waldaufbau . . . . . . . . . . . 16

23 Dernatürliche Lebensablauf des Waldes . . . 18

24 Die geographische Verbreitung unserernatürlichen Waldgesellschaften . . . 22

25 Die wissenschaftliche Bezeichnung der Gesellschaftseinheiten . . . 26

3 Grundlagen zur Wahl der Baumarten und Betriebsarten . . . 2 7 31 Ertragskundliche Grundlagen . . . . . . . 27

3 2 Allgemeines zur Wahl der Baumarten und Betriebsarten . . . . . . . 30

4 Eigenschaften und waldbauliche Behandlung wichtiger Waldgesellschaften . . . 34

41 Laubwälder ohne vorherrschende Buche . . . 34

411 Die Auenwälder . . . . . . . . . 34

412 DieErlenbruchwälder . . . . . . . 35

413 DieEschenwälder . . . . . . . 36

414 DieBergahornwälder . . . . . . . . . . . . 39

415 Die Traubeneichen-Mischwälder und Flaumeichenwälder . . . 3 9 416 Die insubrischen Eschen- und Eichenmischwälder mit Edelkastanie . . . 40

417 Die Hainbuchen-Mischwälder . . . . . . 41

418 Die Lindenmischwälder . . . . . . . . . . . 41

419 Der Hopfenbuchenwald . . . . . . . . . . . 42

42 Laubwälder mit vorherrschender Buche . . . . . . . 43

421 Allgemeines . . . 43

422 DieKalk-Buchenwälder . . . 44

423 Die Sauerhumus-Buchenwälder . . . . . . . 45

424 DieBraunerde-Buchenwälder . . . . . . . . . . . 47

425 Die trockenen Steilhang-Buchenwälder . . . 51

426 Der Bergahorn-Buchenwald . . . . . . . 53

43 DieTannen-Buchenwälder . . . . . . . 53

431 Allgemeines über die Tannen-Buchenwälder . . . . . . . 53

432 UntergesellschaftenderTannen-Buchenwälder . . . 54

44 Die Fichten-Tannenwälder . . . 56

441 AllgemeinesüberdieFichten-Tannenwälder . . . 56

442 Gesellschaften und Untergesellschaften der Fichten-Tannenwälder . . . 57

45 DieFichtenwälder . . . . . . . . . . 59

451 Allgemeines über die Fichtenwälder . . . . . . . 59

452 Gesellschaften und Untergesellschaften der Fichtenwälder . . . 60

453 Die Verjüngung der Fichtenwälder . . . 62

46 DieFöhrenwälder . . . . . . . 64

461 Allgemeines über die Föhrenwälder . . . 64

462 Die Föhrenwaldgesellschaften . . . 65

(5)

47 DieLärchen-Arvenwälder . . . . . . . . . . 69

4 71 Allgemeines über die Lärchen-Arvenwälder . . . . . . . 69

4 72 Die Behandlung der Lärchen-Arvenwälder . . . . . . . . . . . . 70

5 Schlußbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . 73

Resume: Le traitement sylvicole des principales associations vegetales forestieres de la Suisse ... ·. . . . 74

Riassunto: II trattamento selvicolturale delle associazioni forestali importanti in Svizzera 7 5 Summary: Silvicultural treatment of the main forest communities of Switzerland . . . 7 6 7 Zitierte Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

(6)

Vorwort

Die beiden Auflagen der Schrift «Aufbau und waldbauliche Bedeutung der wichtigsten natürlichen Waldgesellschaften in der Schweiz» wurden von der Eidg. Inspektion für Forstwesen herausgegeben und befassen sich auch mit den vegetations- und bodenkund- lichen Grundlagen. Für die dritte Auflage wurde nun eine Trennung in drei selbständige Veröffentlichungen vorgesehen:

HEINZ ELLENBERG und FRANK KLÖTZLI haben die 1972 von der Eidg. Anstalt für das forstliche Versuchswesen veröffentlichte vegetationskundliche Bearbeitung der «Waldge- sellschaften und Waldstandorte der Schweiz» übernommen. FELIX RICHARD bearbeitet den bodenkundlichen Teil, wovon 1978 und 1981 die beiden ersten Bände unter dem Titel

«Physikalische Eigenschaften von Böden der Schweiz» ebenfalls von der forstlichen Ver- suchsanstalt herausgegeben wurden.

Dem Verfasser der vorliegenden Arbeit bleibt die Aufgabe, die Ertragsfähigkeit und zweckmäßige waldbauliche Behandlung der wichtigsten Waldgesellschaften darzustellen.

Dies dürfte um so mehr einem Bedürfnis der forstlichen Praxis entsprechen, als ELLEN- BERG und KLÖTZLI zahlreiche Waldgesellschaften neu aufgestellt, anders abgegrenzt, auf geteilt oder zusammengefaßt haben. Dem Praktiker ist es zudem heute kaum mehr möglich, sich in der neueren Literatur zurechtzufinden, da die Verfasser die Waldgesell- schaften großenteils verschieden umschreiben, benennen und systematisch ordnen.

Eine umfassende Übersicht über die wichtigste Literatur gibt MAYER (1974) in seinem Werk über die «Wälder des Ostalpenraumes». Die Zuordnung der von ihm erwähnten über 140 Einheiten zu den 71 Grundeinheiten von ELLENBERG und KLÖTZLI geht aus einer Zusammenstellung in der erwähnten Arbeit hervor, und ebenso gibt diese Auf- schluß über die von ANTONIETTI, BRAUN-BLANQUET, ETTER, FREHNER, KUOCH, MOOR, REHDER, RICHARD, STAMM, TREPP, ZOLLER u. a. beschriebenen und anders benannten Gesellschaften. Auf diese Hinweise und auf Literaturangaben wird daher in der vorlie- genden Arbeit weitgehend verzichtet. Sie verfolgt den Zweck, im Anschluß an die Veröf- fentlichungen von ELLENBERG/KLÖTZLI (1972) und RICHARD (1978, 1981) vor allem dem waldbaulichen Praktiker und Studierenden brauchbare Hinweise für die Wahl der Baumarten, Verjüngungsverfahren und Betriebsarten zu geben. Außerdem sollen Grund- lagen für die Schätzung der Ertragsfähigkeit der den einzelnen Waldgesellschaften ent- sprechenden Standorte vermittelt werden. Zu diesem Zweck wurden in typischen Bestän- den der wichtigen Waldgesellschaften aller Regionen der Schweiz rund 35 000 Baumhö- hen gemessen.

Die Beschreibung der Aufnahmeflächen, die ausgeführten Messungen und die statisti- sche Verarbeitung des umfangreichen Zahlenmaterials verdanke ich zum größten Teil Frau Forsting. J. Bernadzka, Prof. Dr. E. Bernadzki, den Forstingenieuren Th. Burger, Dr. J. Grilz, Dr. D. Rubli, Dr. J.P. Sorg, H. Matter, Dr. N. Kuhn und den Revi~rförstern Ch. Guler, H.P. Lüthy und K. Rahm. Die Programmierung für die statistischen Auswer- tungen übernahm Forsting. H. Matter, der auch deren Ausführung mit großer Sach- kenntnis leitete. Ohne diese zuverlässige und mit Interesse geleistete Hilfe aller Beteiligten

(7)

wären die vorliegenden Erhebungen nicht durchführbar gewesen. Frau L. Launer ist die Mitarbeit bei der zahlenmäßigen Auswertung der Aufnahmen und die Abschrift des Manuskriptes zu verdanken.

Die vollständige Neubearbeitung wäre dem Verfasser ohne die Zusammenarbeit mit seinen verstorbenen Freunden Jos. Braun-Blanquet, Walo Koch, Hans Pallmann und Emil Hess nicht möglich gewesen. Sie haben entscheidend mitgeholfen, den Weg für einen naturnahen Waldbau in der Schweiz vorzubereiten.

Dem Direktor der Eidg. Anstalt für das forstliche Versuchswesen, Dr. Walter Boss- hard, bin ich dankbar dafür, daß die vorliegende Arbeit von seiner Anstalt herausgegeben wird und damit alle schweizerischen Forstleute erreicht. Sie möge mithelfen, die Ertrags- fähigkeit unserer Waldstandorte auf dem Wege eines naturnahen Waldbaues bestmöglich auszunützen!

Zürich, im Herbst 1982 Hans Leibundgut

(8)

1 Grundlagen der waldbaulichen Zielsetzung

11 Die Erfassung der Standortseigenschaften

Die natürliche Artenzusammensetzung (Bestandesart), der Bestandesaufbau (Bestan- desform), der Lebenshaushalt und der Lebenslauf des Waldes sind abhängig vom Klima, von der Bodengestalt; den physikalischen, chemischen und biotischen Bodenfaktoren und der gegenseitigen Beeinflussung der Lebewesen, wobei die unüb,ersehbare Fülle all dieser Einzelfaktoren als Gesamtkomplex in Erscheinung tritt, den wir «Standort;; nennen. Die Analyse einzelner Standortsfaktoren führt leicht zu falschen Vorstellungen und Schlüs- sen, weil schwer erfaßbare Wechselwirkungen (ökologische Interferenz) und gegenseitige Ersetzbarkeit die Einzelwirkungen innerhalb der extremen Grenzen verwischen können.

Wir vereinigen daher die gesamten, an einem bestimmten Wuchsort wirksamen Lebens- bedingungen im Begriff «Standort» und versuchen diesen nach seinen Wirkungen als Gesamtheit zu erfassen. Handelt es sich beispielsweise um Lebensbedingungen, welche besonders der Esche zusagen, sprechen wir von einem «Eschenstandort». Viel besser als durch eine einzelne Art gelangt jedoch die standörtliche Gesamtwirkung durch die ganze örtliche Pflanzenkombination, die natürliche Pflanzengesellschaft, zum Ausdruck. Dabei ist hervorzuheben, daß Einzelfaktoren bei verschiedenen, der gleichen Pflanzengesell- schaft entsprechenden Standorten nicht übereinstimmen müssen, weil sich entscheidende Standortsfaktoren teilweise gegenseitig ersetzen können, wie die folgenden Beispiele zeigen:

Klimatische Faktoren gleicher Wirkung kühl-humides Allgemeinklima

warm-trockenes Allgemeinklima hohe Niederschläge

geringe Niederschläge hohe Temperatur

schattige Schluchtlage geschützte Südlage hohe Luftfeuchtigkeit trockene Winde geringe Niederschläge und geringe Luftfeuchtigkeit Klimatische und edaphische Faktoren gleicher Wirkung

hohe Niederschläge trockene Winde

großes Wasserverhaltevermögen und geringe Durchlässigkeit des Bodens große Durchlässigkeit des Bodens Bodeneigenschaften gleicher Wirkung

hoher Tongehalt hohe Wasserkapazität geringe Wasserkapazität großer Nährstoffgehalt

hoher Humusgehalt Grundwassereinfluß Flachgründigkeit Tief gründigkeit

(9)

Die Bodenvegetation kennzeichnet vor allem die Eigenschaften der obersten Boden- schichten. Da aber Waldbäume im allgemeinen viel tiefer wurzeln als Gräser und Kräu- ter, bringt die natürliche Pflanzengesellschaft allein die forstlich wichtigen Standorts- eigenschaften in vielen Fällen nicht genügend zum Ausdruck. Zur sorgfältigen Erfassung eines Standortes ist daher angezeigt, neben der Abklärung der natürlichen Vegetations- verhältnisse auch den Boden zu untersuchen. Die Bodenuntersuchung erlangt namentlich überall dort eine besondere Bedeutung, wo die natürliche Vegetation durch menschliche Einflüsse, wie die Schaffung standortsfremder Bestandesarten, weitgehend verändert wurde. Da aber eingehende Bodenuntersuchungen zeitraubend und mühsam sind, wird der Praktiker die Standortsverhältnisse in erster Linie nach der Vegetation, den örtlichen geologisch-petrographischen Verhältnissen, der Ortslage, der Geländeform und der Wuchsleistung der einzelnen Baumarten beurteilen. Regional geben diese Merkmale gewöhnlich bereits hinreichende Anhaltspunkte für die waldbaulichen Entscheide. Wir müssen uns aber bewußt sein, daß die standörtliche Ertragsfähigkeit bestimmter Waldge- sellschaften je nach Gebiet erhebliche Unterschiede aufweisen kann. Innerhalb bestimm- ter Regionen kann eine Standortskarte auf pflanzensoziologischer Grundlage für den Waldbau und die Forsteinrichtung beste Dienste leisten. Sie umgrenzt die waldbauliche Entscheidungsfreiheit, vor allem in der Baumartenwahl, bildet eine wesentliche Voraus- setzung für zweckmäßige Abteilungsbildung und damit eine Grundvoraussetzung für die Erfassung der Ertragsfähigkeit und den Vergleich ertragskundlicher Erhebungen.

Die einfache Umschreibung eines Standortes durch seine natürliche Pflanzengesell- schaft vermag dem Praktiker mehr Einzelheiten und Zusammenhänge aufzudecken als umfangreiche Standortsbeschreibungen. Die folgenden waldbaulichen und ertragskundli- chen Ausführungen gehen daher in erster Linie von den natürlichen Waldgesellschaften aus. Dem Praktiker muß dabei bewußt bleiben, daß im Grunde jeder Waldstandort und jeder Waldbestand etwas Einziges und Einmaliges darstellen. Die Zuordnung der Wald-

standorte zu bestimmten Pflanzengesellschaften soll die Übersicht über die standörtliche Vielfalt erleichtern, wesentliche Grundzüge für waldbauliche Entscheide ermöglichen, auf keinen Fall aber schematischen Zielsetzungen und Maßnahmen Vorschub leisten. In jedem Fall geht es darum, die örtlich entscheidenden Standortsfaktoren zu ermitteln. Die Pflanzensoziologie soll Dienerin des Waldbaues bleiben und die Grenzen der Freiheit und Möglichkeiten aufzeigen. In diesem Sinne vermag sie dem Waldbauer wertvollere Dienste zu leisten als die Analyse von Einzelfaktoren.

12 Das Wirtschaftsziel

Die allgemeine Aufgabe des Waldbaues besteht darin, sinnvoll alle organischen Vor- gänge im Wald derart zu lenken, daß sowohl die Bedürfnisse der Gegenwart als auch mutmaßliche Ansprüche der Zukunft bestmöglich befriedigt werden. Diese Bedürfnisse sind teils materieller, teils ökologisch-funktioneller Art. Es handelt sich somit darum, ökonomische und ökologische Optimierungsprobleme gesamthaft zu lösen, wobei stets solche der Gegenwart als auch solche der Zukunft in alle Überlegungen und Entscheide einzubeziehen sind.

(10)

Die außergewöhnlich langen Produktionszeiträume der Waldwirtschaft und die über- aus langfristigen Auswirkungen waldbaulicher Maßnahmen haben zur Folge, daß der Waldbau wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen nur sehr langsam oder über- haupt nicht zu folgen vermag. Richtungsbestimmend für den Waldbau können daher nicht allein die augenblicklichen Ansprüche sein, vielmehr ist deren mutmaßliche zukünf- tige Entwicklung für alle sich langfristig auswirkenden Maßnahmen entscheidend.

Obwohl sich alle wirtschaftlichen und technischen Voraussetzungen der Forstwirt- schaft zukünftig noch rascher wandeln dürften als in der Vergangenheit, sind dennoch die Auswirkungen auf eine sinnvolle waldbauliche Zielsetzung unverkennbar: Die allgemeine Erfahrung lehrt, daß die auf den Wald gerichteten Bedürfnisse nicht nur in jeder Hinsicht fortwährend anwachsen, sondern zugleich auch vielgestaltiger werden. Zur Funktion der Rohstofferzeugung des Waldes und seiner Einkommensfunktion kommen mehr und mehr auch Sozialfunktionen verschiedener Art. Mit zunehmender Industrialisierung und Technisierung wachsen progressiv auch die landeskulturellen und volksgesundheitlichen Aufgaben des Waldes, seine «Dienstleistungsfunktionen». Die Holzerzeugung wird aber deswegen nicht zur bloßen Nebenfunktion des Waldes. Trotz der Verdrängung des Hol- zes als Werkstoff durch Kunststoffe auf manchen Gebieten und durch Beton und Eisen im Bauwesen, wächst der Holzbedarf zunehmend. Dabei darf auch nicht übersehen wer- den, daß alle Ersatzstoffe für Holz bei der Gewinnung oder Herstellung mit einem großen Energieverbrauch und zumeist auch mit einer beträchtlichen Umweltbelastung verbun- den sind. Während die benützten Energiequellen und Rohstoffe großenteils beschränkt sind, kann Holz nachhaltig neu erzeugt werden. Bei der ständigen Zunahme der Welt- bevölkerung und dem fortwährend steigenden Rohstoff- und Energiebedarf steht eine wachsende Bedeutung des Rohstoffes Holz außer Zweifel.

Diese Entwicklungsprognosen lassen als wegleitende und allgemein gültige Gesichts- punkte für die langfristige forstliche Zielsetzung deutlich die Erfüllung der folgenden drei Forderungen erkennen:

nachhaltig höchstmögliche Werterzeugung größtmögliche Gemeinnützigkeit

sinnvolle Wirtschaftlichkeit

Dieses Wirtschaftsziel setzt dauernd leistungsfähige, möglichst stabile und durch eine hohe Fähigkeit zur Selbstregulierung ausgezeichnete Waldökosysteme voraus. Solche Ökosysteme müssen naturnah sein, denn gegenüber naturfremden Kunstwäldern weisen sie die folgenden Vorteile auf:

die Nachhaltigkeit aller sozialen und wirtschaftlichen Waldleistungen ist besser sicher- gestellt;

die kostenlos wirksamen Produktionsfaktoren werden selbsttätig bestmöglich ausge- nützt;

der Arbeitsaufwand kann sich ausschließlich auf wertsteigernde Pflegemaßnahmen beschränken;

Risiken biologischer und wirtschaftlicher Art sind weitgehend ausgeschaltet.

(11)

Naturnaher und zugleich wirtschaftlich zweckmäßiger Waldbau setzt die Erfassung der Standortseigenschaften, der dadurch gegebenen Möglichkeiten der Zielsetzungen und der rationellen Wege zur Erreichung eines festgelegten Zieles voraus. Dazu unerläßlich ist die grundlegende Kenntnis des Aufbaues und Lebensablaufes natürlicher Wälder.

(12)

2 Natürlicher Aufbau und Lebensablauf der Wälder

21 Die Waldsukzessionen

Die Vegetationskunde bezeichnet den durch die Entwicklung des Standortes verur- sachten Wechsel der Pflanzengesellschaften als «Sukzession». Eine solche Sukzession erfolgt von der Besiedlung eines Rohbodens durch Waldbäume und -Sträucher bis zum klimatisch oder durch die Bodeneigenschaften bedingten Endglied der Waldentwicklung.

Wir sprechen von Anfangs-, Übergangs- und Schlußwäldern .

Anfangswälder (Pionierwälder) entstehen unter extremen Standortsbedingungen überall dort, wo Waldbäume überhaupt zu gedeihen vermögen. Es kann sich um Roh- böden handeln, die durch Flußanschwemmungen, Rutschungen oder Bodenabtrag ent- standen sind, um trockene, flachgründige Felsstandorte, um Lawinenzüge, Brandflächen, ständig vernäßte Flächen, Frostmulden usw. Hier vermögen nur Baumarten Fuß zu fas- sen, welche je nach den örtlichen Bedingungen geringe Ansprüche an den Nährstoffge- halt des Bodens stellen, Trockenheit oder ständige Nässe ertragen, unter starker Sonnen- strahlung nicht leiden, durch Fröste nicht geschädigt werden oder sonstwie extreme Standortsbedingungen auszuhalten vermögen. Es handelt sich bei diesen Baumarten, wie bei der Bodenvegetation, um eigentliche Spezialisten. Wir sprechen daher auch von

«Spezialisten-Assoziationen». Baumarten solcher Anfangswälder können beispielsweise Birken, Aspen, Weiß- und Schwarzerlen, Weidenarten, Föhren, Lärchen und andere Lichtbaumarten sein. Alle diese Baumarten gedeihen auf weniger extremen, günstigeren Standorten sogar besser, werden dort aber durch zwar anspruchsvollere, aber konkur- renzkräftigere verdrängt.

Wo die extremen Standortsbedingungen dauernd bestehen bleiben und eine normale Weiterentwicklung der Pioniergesellschaften verhindern, bilden Dauergesellschaften das Schlußglied der Vegetationsentwicklung. Im forstlichen Sprachgebrauch empfiehlt sich jedoch eher, die Bezeichnung «dauerhafter Anfangswald» zu verwenden, da unter Dauer- wald etwas durchaus anderes verstanden wird, nämlich ein durchwegs ungleichalteriger, sich in einem dauerhaften Gleichgewichtszustand befindender Wald. In der Regel ist ein solcher Dauerwald ein Schlußwald, also ein aus Baumarten des klimatisch bedingten Endgliedes der Vegetationsentwicklung zusammengesetzter Wald.

Normalerweise stellt der Anfangswald nur das Anfangsglied einer als progressive Sukzession bezeichneten Waldentwicklung dar. Diese Entwicklung äußert sich vorerst darin, daß in den Anfangswald zunehmend anspruchsvollere Bodenpflanzen, Sträucher und Bäume einwandern. Es entstehen Übergangsgesellschaften, welche sowohl noch Arten der Anfangswälder als auch bereits solche des klimatisch bedingten Schlußwaldes enthalten. Schlußglied einer solchen Entwicklung kann eine Dauergesellschaft sein, in der Regel aber das als Klimax bezeichnete Endglied der klimatisch bedingten Sukzession: ein S chlußwald.

Die Kenntnis der natürlichen Sukzessionen spielt nicht allein bei Aufforstungen eine wesentliche Rolle, sondern bietet auch bei der Zielsetzung im Wirtschaftswald ein Inter-

(13)

esse. Die Klimax-Waldgesellschaften sind durchaus nicht immer die ertragreichsten, da wertvolle Lichtbaumarten wie Lärche und Föhre sich unter den Schattenbaumarten der Schlußwälder nicht anzusammeln vermögen und ausscheiden. Klimax-Waldgesellschaf- ten mit beigemischten Lichtbaumarten entstehen nur dort, wo die klimatischen Verhält- nisse wie im Lärchen-Arvenwald der oberen subalpinen Stufe der Zentralalpen die Ent- stehung dicht ge,schlossener Bestände auf großer Fläche nicht erlauben. Der Waldbau wird daher namentlich im Areal der reinen Buchen- oder Fichtenwälder durch geeignete Verjüngungsverfahren und Pflegemaßnahmen dafür besorgt sein, daß wertvolle Licht- baumarten dauernd beigemischt bleiben.

In vielen Fällen hat es der Wirtschafter nicht mehr mit ursprünglichen Waldgesell- schaften zu tun, sondern mit Sekundärgesellschaften, die durch wirtschaftliche Einflüsse und Maßnahmen entstanden sind, wie Anbau standortsfremder Baumarten, Entwässe- rung, Beweidung, Kahlhiebe usw. Auch solche Sekundärwälder lassen sich gewöhnlich vegetations- oder bodenkundlich noch den Standorten der ursprünglichen natürlichen Schlußgesellschaften zuordnen. Wenn die Ursachen der Entstehung der Sekundärwälder während langer Zeit ausbleiben, entwickeln sich diese in einer neuen Entwicklungsfolge allmählich wieder zu den ursprünglichen natürlichen Waldgesellschaften zurück, sofern inzwischen nicht irreversible Änderungen des Standortes, insbesondere des Bodens, erfolgt sind.

22 Der natürliche Waldautbau

Unter bestimmten Standortsbedingungen ergeben sich aus der ungestörten natürli- chen Waldentwicklung sowohl in ihrer Horizontal- und Vertikalgliederung als auch in der inneren Zusammensetzung typische Aufbauformen des Waldes. Diese ((Bestandestypen»

sind einerseits gekennzeichnet durch die Zusammensetzung nach Baumarten (Mischungsart) und deren Häufungsweise (Mischungsform), also die Bestandesart, anderseits durch den Vertikalaufbau, also die Bestandes/arm. Dabei stehen Bestandesart und Bestandesform im Naturwald in engem Zusammenhang. Reine Bestände sind gewöhnlich wenig geschichtet. Ihre häufigste Schlußform ist der Horizontalschluß.

Gemischte Bestände weisen dagegen dauernd oder wenigstens in gewissen Phasen ihres Lebensablaufes eine deutliche Bestandesschichtung auf, seltener in der Form des Verti- kalschlusses (zum Beispiel Eichen-Hagebuchenwald), häufiger im Stufenschluß (zum Beispiel Tannen-Buchenwälder höherer Lage). Der Naturwald zeigt sowohl alle Bestan- desformen als auch alle Mischungsformen, je nach Baumarten, Standorten, Entstehungs- art und Entwicklungsphase.

Reine Bestände beruhen gewöhnlich auf einer der folgenden Ursachen:

1. exklusive, nur einer bestimmten Baumart zusagende Standortsbedingungen 2. Art der Bestandesentstehung

3. hohe Wettbewerbskraft einer bestimmten Baumart

(14)

Exklusive Standortsbedingungen führen namentlich in folgenden Fällen zu natürli- chen Reinbeständen:

a) unter extremen klimatischen Verhältnissen (zum Beispiel Standorte der Fichte, Arve, Bergföhre im Gebirge, der Föhre im mittleren W allis, der Bergföhre und Fichte in Frostmulden des Jura usw.)

b) auf extremen Böden (zum Beispiel Schwarzerlenbruch im Mittelland, Moorkiefern- wald im Jura und in den Alpen, Waldföhrenwälder auf Bergsturzgebieten, Molasse- köpfen, Schliff elsen usw.)

c) unter besonderen orographischen Bedingungen (zum Beispiel Legföhren bestände und Grünerlengebüsch in Lawinenzügen)

Die Art der Bestandesentstehung vermag dagegen nur vorübergehend reine Bestände zu verursachen. Nach Kahlhieben oder waldvernichtenden Katastrophen, wie Windwür- fen, Waldbränden, Lawinenschäden, Insektenkalamitäten, ist oft den lichtbedürftigen, frostharten Baumarten ermöglicht, reine Pionierwälder zu bilden (zum Beispiel Birken, Lärchen, Aspen, Föhren usw.). Viel weiter verbreitet sind die durch hohe bestandesbil- dende Kraft einzelner Baumarten verursachten Reinbestände. Namentlich die Buche, die Fichte und in gewissen Lagen auch die Tanne zeichnen sich in ihrem Optimumgebiet durch eine hervorragende soziologische Kraft aus. Die typischen Buchenwälder unserer Voralpen und des Jura und ebenso die Fichtenwälder der subalpinen Stufe sind aus dieser Ursache nahezu ohne jede Beimischung anderer Baumarten.

Hervorzuheben ist, daß auch der natürliche Reinbestand verhältnismäßig stark gefährdet ist, wozu seine Neigung zur Gleichförmigkeit noch wesentlich beiträgt (Insek- tenkalamitäten, Schneedruck- und Windfallschäden, Waldbrände usw.). Dadurch wird im Urwald oft ein periodischer Baumartenwechsel eingeleitet, den folgendes Schema ver- anschaulicht:

Reinbestand aus Schattenbaumarten (Schlußwald) zunehmende Neigung zur Gleichförmigkeit und damit

Gefährdung durch Katastrophen aller Art: Feuer, Sturm, Schnee, Insekten, Pilze, +

Vernichtung des Reinbestandes auf großer Fläche durch Katastrophen, +

Anflug von Lichtbaumarten, +

Entstehung ziemlich gleichaltriger Bestände aus Lichtbaumarten (Anfangswald), +

Anflug von Schattenbaumarten, +

Entstehung vorübergehender Mischbestände mit ausschließlichem Nachwuchs der Schattenbaumarten (Übergangswald),

+

Reinbestand aus Schattenbaumarten (Schlußwald).

(15)

Zur Entstehung und dauernden Erhaltung von Mischbeständen müssen folgende Vor- aussetzungen erfüllt sein:

1. Das natürliche Verbreitungsgebiet mehrerer Baumarten überschneidet sich.

2. Die lokalen Standortsbedingungen entsprechen mehreren der spontanen Baumarten.

3. Verschiedene Baumarten vermögen sich in den Lebensraum zu teilen, so daß dauernd oder vorübergehend ein Konkurrenzgleichgewicht entsteht (dauernde oder vorüberge- hende Mischung).

Das gegenseitige Verhalten der einzelnen Baumarten ist von Standort zu Standort verschieden, so daß die Zahl der möglichen Mischungsarten und Mischungsformen prak- tisch unendlich wird. Jeder Mischbestand ist daher etwas Einziges und Einmaliges mit ausgeprägter Individualität und eigener Lebensgeschichte. Der Begriff «Bestandestyp»

umfaßt demnach bloß ähnliche Waldbestände und ist selbst abstrakter Art. Eine Norma- lisierung und Schematisierung der waldbaulichen Maßnahmen läßt sich daher auch auf der Grundlage der Waldsoziologie nicht durchführen.

Entsprechend der Baumartenzusammensetzung und des Verjüngungsganges finden wir die verschiedensten Bestandes/armen des Naturwaldes:

1. Gleichförmige Bestände

a) gleichalterige Bestände infolge Verjüngung auf Großflächen

b) ungleichalterige, jedoch gleichförmige Bestände infolge des Aufbaues aus Baum- arten der gleichen Höhenklasse und natürlicher Alterung (zum Beispiel Misch- bestände aus Lärche und Fichte in den Alpen)

2. Ungleichförmige Bestände

a) mehrschichtige Bestände aus Baumarten verschiedener Höhenklassen und ver- schiedenen Lichtbedürfnisses (zum Beispiel im Eichen-Hagebuchen-Wald)

b) stufige Bestände in der Verjüngungsphase bei horst- und gruppenförmiger Verjün- gung oder bei ununterbrochener Verjüngung aufgelöster Bestände

c) dauernd schwachstufige Mischbestände aus Baumarten mit verschiedenem Licht- bedarf (zum Beispiel Mischbestände aus Buche, Fichte und Tanne) und vorwie- gend horst- und gruppenförmiger Verjüngung

23 Der natürliche Lebensablauf des Waldes

Der natürliche Waldbestand befindet sich nur vorübergehend in einem scheinbaren Gleichgewichtszustand. Er läßt stets mehr oder weniger deutlich einen bestimmten, ganz spezifischen und eigenen Lebensablauf erkennen. Jedes augenblickliche Bestandesbild stellt bloß ein Stadium dar, und lückenlos reihen sich die einzelnen Stadien aneinander zu einer ruhigen, stetigen Entwicklung, wo diese nicht durch irgendwelche Störungen gehemmt oder durch Katastrophen unterbrochen wird. Dieser Lebensablauf des Bestan- des kann sich einschalten in die natürliche Vegetations- und Bodenentwicklung (Sukzes- sion). In der Regel vollzieht er sich aber im Rahmen einer Schlußgesellschaft ohne weitere

(16)

Änderung der standortsbedingten Pflanzengesellschaft und des Bodens. Es handelt sich grundsätzlich um die gleiche Erscheinung wie bei der periodischen Erneuerung und Ver- jüngung der gesamten Vegetation. Die lange Lebensdauer unserer Waldbäume läßt die- sen Vorgang lediglich zeitlich stark ausgedehnt und in deutliche Stadien gegliedert erscheinen. Wie beim einzelnen Baum naturgegeben auf die Jugend die Reife und schließ- lich das Altern folgt, ist auch bei der kleinsten selbständigen ökologischen Einheit des Waldes, dem Bestand oder ausnahmsweise schon der Gruppe und dem Horst, ein Jugendzustand, ein Zustand der Vollkraft und ein Zeitabschnitt des Alterns zu erkennen.

In der Gesamtheit des Waldes verschwindet diese Erscheinung gewöhnlich, und wie ein ganzes Volk bietet er das Bild der Beständigkeit und Ausgeglichenheit. Es geht jedoch daraus hervor, daß für den Einzelbestand des Naturwaldes weder «Normalaufbau» noch

«Normalvorrat» angegeben werden können.

Beim Generationenwechsel überlagern sich im Walde folgende drei Erscheinungen:

1. die säkulare Sukzession als einmalige, in ihren tieferen Ursachen unabgeklärte Wand- lung aller Zustände im Verlaufe der Erdzeitalter

2. die rezente Sukzession als relativ rasch verlaufende Abstimmung des Vegetationsgefü- ges und der Bodenbildung auf die herrschenden Umweltsbedingungen

3. der natürliche oder gestörte Lebensablauf des gegenwärtigen Bestandes

Die säkularen Sukzessionen, also die im Verlaufe ganzer geologischer Zeitalter sich abspielenden Wandlungen der Vegetation, dürfen wir waldbaulich übersehen, wissen wir doch, daß beispielsweise der jüngste Abschnitt der säkularen Sukzession, die nacheiszeit- liche Vegetationsentwicklung mit ihrer Folge vom Birken- und Föhrenwald bis zu den heutigen Wäldern, einen Zeitraum von vielleic~t 10 000 Jahren umfaßt. Für Zeitabschnit- te, wie sie unserem Denken zugrunde liegen, spielen die durch geologische Revolutionen und bedeutende Klimaschwankungen ausgelösten Änderungen in der Pflanzendecke der Erde keine Rolle. Im Verlaufe einiger Jahrhunderte verändert sich das Klima nur so lang- sam, daß es als weitgehend konstanter und dominierender Faktorenkomplex gelten darf.

Die rezenten Sukzessionen greifen dagegen beim Anfangs- und Übergangswald stark in den Vorgang des Generationenwechsels hinein. Vor allem spielt die Kampfkraft der Baumarten eine entscheidende Rolle.

Die nachhaltige Kampfkraft der verschiedenen Baumarten ist vor allem durch ihre Größe, ihre Lebensdauer und namentlich die Fähigkeit, Schatten zu ertragen und selbst Schatten zu werfen, bedingt. Während die Bestände der Birken, Föhren und Lärchen durch ihre Beschattung den Anflug der späteren Konkurrenten nicht zu verhindern ver- mögen, kann sich unter dem dichten Schatten des Buchen- oder Tannenwaldes höchstens die Eibe halten, und im Dämmerlicht reiner Fichten- und Tannenbestände vermögen überhaupt nur noch Moose und wenige Farne zu gedeihen. Aufgrund solcher Eigenschaf- ten und insbesondere der Wettbewerbskraft werden örtlich typische Baumarten des Anfangs- und des Schlußwaldes unterschieden. Eine allgemeine Einteilung auf dieser Grundlage erscheint jedoch ausgeschlossen, weil außer einigen allgemein typischen Pio- nieren, wie Weiden und Weißerlen, und kennzeichnenden Arten der klimatisch bedingten

(17)

Endstadien, wie Arve und Tanne, Charakter und Kampfwert der einzelnen Baumarten und ihrer Rassen stark durch den Standort bedingt sind. Die Fichte ist in höheren Lagen beispielsweise ausgeprägt schutzbedürftig; in tieferen Lagen dagegen besiedelt sie als Pio- nier verlassene Weideflächen und spielt die Rolle als Schutzbaumart für Buche und Weiß- tanne. Der Wettbewerb führt bei der Wandlung vom Anfangswald zum Schlußwald nicht allein zu einer Änderung der Bestandesformen, sondern auch zu einem Wechsel der Baumarten. Und zwar erfolgt dieser Wechsel um so rascher,je weiter entfernt vom natur- bedingten Endzustand sich der Wald noch befindet. In den Anfangsstadien lösen sich die einzelnen Baumarten verhältnismäßig rasch ab. In den Endstadien dagegen bleibt die Bestandeszusammensetzung lange Zeit weitgehend unverändert. Neue Wandlungen wer- den im Schlußwald gewöhnlich erst durch gewaltsame Einwirkungen und Katastrophen eingeleitet.

Schwere Störungen im Lebenshaushalt des Waldes gehen sowohl auf Einflüsse der unbelebten Welt (abiotische Faktoren) zurück, wie Feuer, Sturm, Frost, Schnee, Hitze und Lawinen, als auch auf Einwirkungen von Tieren, Bakterien, Pilzen und höheren Pflanzen (biotische Faktoren). Dabei unterscheiden wir Störungen, welche neu und von außen her auf den Wald einwirken (exogene Störungen), wie Klimaänderungen, Grund- wasserabsenkungen, Sturm, Feuer oder Einwanderung neuer Schädlinge. Ein solches Beispiel liegt vor bei der Vernichtung vieler junger Weißtannenbestände im Mittelland durch die eingeschleppte Tannentrieblaus (Dreyfusia nüsslini). In vielen Fällen geht die Störung jedoch aus der Lebensgemeinschaft selbst hervor ( endogene Störung), wie bei der Massenvermehrung schädlicher Insekten infolge der übermäßigen Zunahme einer einzelnen, besonders konkurrenzfähigen Baumart. Sturmschäden und Insektenbefall rei- ner Fichtenwälder beruhen nicht selten auf dieser Ursache. Es gibt auch im Naturwald Massenerkrankungen (Epidemien), welche zur Vernichtung ausgedehnter Wälder führen.

Häufiger sind aber die bloß auf einzelne Individuen beschränkten, verstreut (sporadisch) auftretenden Krankheitserscheinungen. Eine natürliche Auslese führt dadurch auf jedem Standort fortgesetzt zur Ausmerzung jener Individuen, welche sich durch geringe Lebensenergie und dementsprechende hohe Krankheitsbereitschaft auszeichnen. Die Standortsrassen unserer Waldbäume sind daher nicht nur ernährungsphysiologisch und in ihrem Entwicklungsrhythmus, sondern auch im Hinblick auf die von alters her im Gebiet heimischen Seuchen der Umgebung angepaßt. Eine Verpflanzung in andere Gebiete wirkt sich demnach pathologisch in doppelter Hinsicht ungünstig aus, einerseits durch die Unfähigkeit einer Anpassung an die neuen Standortsverhältnisse und damit eine Verminderung der Vitalität, anderseits durch das Auftreten neuer oder intensiver wirkender Krankheiten.

Auch in der ungestörten natürlichen Lebensgemeinschaft des Waldes herrscht infolge ständiger Gleichgewichtsstörungen ununterbrochen Bewegung. Jede Störung löst jedoch gleichzeitig Gegenkräfte aus, so daß gewöhnlich die Fähigkeit zur Selbstregelung aus- reicht, um störende Einwirkungen auszugleichen. Jede übermäßige Vermehrung einer bestimmten Baumart, eines Insektes oder höheren Tieres bewirkt nachfolgend eine ebenso einseitige Vermehrung der natürlichen Feinde. Mit zunehmender Artenzahl einer Lebensgemeinschaft nimmt allgemein auch deren Fähigkeit zur Selbstregelung zu. Hoch-

(18)

organisierte Laubmischwälder befinden sich daher in einem stabileren Gleichgewicht als artenarme Nadelwälder.

Altern und Krankheit führen im Walde immer wieder zur Erneuerung und Verjün- gung.

Die Fähigkeit der Selbstverjüngung ist bei den einzelnen Waldgesellschaften höchst verschieden. Am einfachsten sind die Verhältnisse bei den infolge extremer Standorts- bedingungen dauernd wenig geschlossenen Wäldern, wie an der klimatischen Waldgrenze im Gebirge und Norden oder auf sehr nährstoffarmen, trockenen Böden. Hier gelangt stellenweise so viel Licht auf den Boden, daß jederzeit da und dort Ansamung und damit mehr oder weniger ununterbrochen eine Verjüngung ermöglicht wird. Dicht geschlossene Schlußwälder mit bloß zeitweiser Verjüngungsmöglichkeit bilden jedoch die Regel. Hier werden die Vorgänge der Verjüngung um so unübersichtlicher, je verwickelter sich ihr Aufbau und damit ihre ökologische Differenzierung gestaltet. Bei einer vielfältigen Zusammensetzung des Waldes hinsichtlich Baumarten, Schichtung und Lebensformen und bei engen gegenseitigen Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Gesellschafts- gliedern ist der Generationenwechsel stark von Zufälligkeiten abhängig, wenig gesetz- mäßig und jedenfalls überaus verwickelt. Während beispielsweise im Laubmischwald der Hügelstufe und der Tieflagen die Verjüngung der herrschenden Baumarten in der Regel auf das Vorhandensein rasch entstandener und größerer Lücken angewiesen ist und daher nur in sehr langen, unregelmäßigen Zeitabständen erfolgt, sind die schattenertra- genden Arten des Unterbestandes größtenteils schon auf kleinen Flächen und unter Schirm zu einer ziemlich ununterbrochenen Verjüngung befähigt. Dafür zeichnen sich die herrschenden Bäume dieser Wälder durch Langlebigkeit und einen zwar unregelmäßige- ren, aber viel langsameren Generationenwechsel aus. Das Ineinandergreifen verschieden langer Lebens- und Verjüngungszeiträume bewirkt bei diesen hochorganisierten Wäldern ein verhältnismäßig stabiles Gefüge und einen kleineren Schwankungsbereich des Auf- -baues als bei den einfacher aufgebauten Waldgesellschaften mit wenigen, meist schatten- ertragenden und stark konkurrenzfähigen Baumarten. Das natürliche Mosaik im Aufbau der Mischwälder verwischt die häufige Erscheinung des örtlichen Wechsels der Baumar- ten oft vollständig und läßt sie weitgehend in einem harmonischen Gleichgewicht erschei- nen. In jenen Fällen dagegen, wo nur eine kleine Zahl und zudem in ihren Lebensansprü- chen und Lebensformen nahe übereinstimmender Baumarten oder überhaupt nur eine einzige Art den Bestand bildet, entstehen vorwiegend einschichtige, dicht geschlossene Bestände mit einem mehr oder weniger scharf abgegrenzten Generationenwechsel. Hier zeigt der Bestand als Ganzes die Entwicklungsfolge von Jugend, Reife und Alter, und nicht selten wird der Zusammenbruch in kurzer Zeit durch Feuer, Sturm, Insekten oder Pilze verursacht. Damit erfolgt aber auch eine rückläufige Entwicklung von Boden und Vegetation, bis ein sekundärer Anfangswald eine neue Waldsukzession einzuleiten ver- mag.

Der Lebensablauf des Naturwaldbestandes ist je nach Bestandesart und örtlichen Bedingungen mehr oder weniger ausgeprägt. Wir können im wesentlichen folgende Hauptformen des Verjüngungsverlaufes feststellen:

(19)

a) die ununterbrochene Verjüngung in Beständen, wo dauernd der Kronenschluß infolge extremer Standortsbedingungen oder äußerer Einwirkungen unterbrochen bleibt (zum Beispiel natürliche Waldgrenze im Gebirge und Norden, extrem trockene und magere Standorte)

b) die horst- und gruppenförmige Verjüngung. Diese Verjüngungsform bildet die Regel in allen mehr oder weniger gleichförmigen, geschlossenen Beständen, welche infolge Überalterung allmählich verlichten und zerfallen (zum Beispiel in Buchenwäldern und Mischbeständen aus Buche, Tanne und Fichte sowie in Laubmischwäldern und Föh- renwäldern)

c) die Verjüngung auf Großflächen nach Katastrophen (Waldbrand, Sturm, Lawinen, Insektenkalamitäten usw.), vor allem in ausgedehnten, reinen Nadelbaumbeständen des Nordens und des Gebirges

Der Generationenwechsel unterliegt im Urwald also keiner festen Norm. Dem natürli- chen Streben nach gewissen standortsbedingten Gleichgewichten wirken zeitliche Umwelteinflüsse und die Alterung der Bestände entgegen, so daß die Lebensgemein- schaft des Waldes niemals stationär bleibt.

Es ist nun aber keineswegs gesagt, daß die natürlichen Entwicklungstendenzen und der ungestörte Lebensablauf eines Naturwaldes unseren waldbaulichen Anforderungen entsprechen. Unsere Aufgabe besteht vielmehr darin, durch zweckmäßige Eingriffe jene Formen des Waldaufbaues und Generationenwechsels zu erwirken, welche den wirt- schaftlichen Anforderungen nachhaltig gerecht zu werden vermögen. Dazu ist jedoch eine genaue Kenntnis der natürlichen Voraussetzungen unumgänglich.

24 Die geographische Verbreitung unserer natürlichen Waldgesellschaften Standortskartierungen, welche eine genaue Bestimmung des Flächenanteils und der Verbreitung der einzelnen natürlichen Waldgesellschaften der Schweiz erlauben, liegen erst für Teilgebiete vor. Die folgenden Angaben über den Flächenanteil einzelner Wald- gesellschaften beruhen daher bloß auf der Planimetrierung von Vegetationskarten im gro- ßen Maßstab und auf Schätzungen.

Während in anderen Ländern oft auf weiten Strecken eintönige Wälder das Land- schaftsbild beherrschen, zeigt vor allem unser Mittelland eine solche Mannigfaltigkeit, daß eine Gesamtübersicht fast unmöglich erscheint. Bei näherer Prüfung ergeben sich jedoch klare Gesetzmäßigkeiten, die vorerst einmal ihren Ausdruck finden in der ausge- prägten, klimatisch bedingten Höhenstufung. Wärme und Niederschlag sind die dabei in erster Linie maßgebenden Faktoren. Mit zunehmender Höhe nehmen die Niederschlags- mengen bedeutend zu, während die Wärme sinkt. Die Neigung zur Auswaschung und Versauerung des Bodens verstärkt sich dementsprechend vom Mittelland gegen das Hochgebirge. Großflächig betrachtet, sind die Zusammenhänge zwischen Klima, Boden und Vegetation in unserem Lande infolge der großen Höhenunterschiede besonders deut- lich zu erkennen. Ebenso deutlich ist jedoch auch zu beobachten, wie die Einflüsse der

(20)

reichen Geländegliederung, des Ortsklimas, des Gesteins, der Wasserverhältnisse und des verschiedenen Alters der Böden die großen waldgeographischen Zusammenhänge örtlich verwischen, gleitende Übergänge bewirken oder die natürlichen Waldgesellschaften als buntes Mosaik erscheinen lassen.

Zwischen dem Jura und den Vorbergen zieht sich die durchschnittlich etwa 20-35 km breite Laubmischwaldregion (kolline Stufe) vorn Genfersee auf einer Länge von nahezu 300 km bis zum Bodensee durch das ganze Mittelland. Das feuchtternperierte, humide Klima mit 80-120 cm jährlicher Niederschlagsmenge und 8,5-9,5 °C mittlerer Jahres- temperatur führt bei der Verwitterung der anstehenden Molasse, des Moränenmaterials und der zwischen- und nacheiszeitlichen Bildungen zur Braunerde als vorherrschendem Bodentypus. Das vorwiegend ebene oder nur wenig geneigte Gelände mit geringer nach- schaffender Hangwirkung und dementsprechend verhältnismäßig rascher Alterung der Böden begünstigt die mäßige Auswaschung der oberen Bodenschichten. Die Vegetation zeigt Entwicklungstendenzen zu verschiedenen Laubmischwäldern und Buchenwäldern mit beigemischten anderen Laubbaumarten. Längs des schroff ansteigenden Juragebir- ges ist ihre Grenze gegen das reine Buchenwaldareal ziemlich scharf und deutlich. Im Innern der Juratäler und im Tafeljura erscheinen Laubmischwälder nur inselartig, vorn Buchenwald oft allseitig umschlossen. Der nur langsame Anstieg gegen die Vorberge läßt dagegen die Grenze der Laubmischwälder und der gemischten Buchenwälder im Süden stark verzahnt und verwischt erscheinen. Sie greifen tief in die Täler der nördlichen Alpenflüsse hinauf, während anderseits der reine Buchenwald weit über die Molasserük- ken ins Mittelland vorstößt. Bergahorn und Esche treten in diesem Grenzgebiet vielfach an die Stelle der Eichen und der ihnen dienenden Begleitbaumarten.

Die Tannen-Buchenwälder (montane Stufe) des Jura, der Vorberge und Voralpen sind gekennzeichnet durch ein kühleres, feuchteres und ausgeglicheneres Klima. Die Hänge sind gewöhnlich stärker geneigt, und durch die nachschaffende Hangwirkung wird die Bodenreifung trotz erhöhter Humidität oft gebremst. Auf sedimentären Mischgesteinen führt die Bodenentwicklung zu Typen der Braunerdeserie, auf Kalkunterlage zu Karbo- natböden. Die Vegetation zeigt Entwicklungstendenz zu verschiedenen Buchenwald- gesellschaften mit beigemischten Tannen und Fichten, in den zentralalpinen Trocken- tälern zum Föhrenwald. In den kühleren, feuchteren Lagen der Bergstufe tritt dagegen die Weißtanne stärker hervor, meist begleitet von der Fichte.

In Höhenlagen von 900 bis 1400 rn kommt es auf den ausgedehnten Plateaus der Vor- alpen, im Flyschgebiet und auf wasserzügigern Hangschutt, lokal auch im Jura zur Aus- bildung eigentlicher Tannenwälder.

Die Nadelwaldregion (subalpine Stufe) umfaßt das ausgedehnte Waldgebiet über dem Tannen-Buchenwald bis zur klimatischen Waldgrenze. Höhere Niederschläge und geringere Temperatursummen verursachen eine starke Auswaschung der Böden, unter- stützt durch die Wirkung der Nadelwälder. Auf kalkarmer Unterlage (Silikatgesteine) sind die Auslaugeeff ekte besonders deutlich (Podsolböden). Bei hohem Kalkvorrat dage- gen ist die Auswaschung verlangsamt (Hurnuskarbonatbodenserie). Die Vegetationsent- wicklung findet ihren Abschluß in Fichtenwäldern, in der obersten Waldstufe der inne- ren, stark kontinental getönten Zentralalpen im Lärchen-Arvenwald.

(21)

Von ganz besonderer Art sind die Vegetationsverhältnisse im unteren Tessin, im Wal- lis und in einigen Föhntälern.

Das insubrische Gebiet des Tessins und Puschlavs nimmt mit seinen bis über 200 cm ansteigenden Jahresniederschlägen, der hohen Sonnenscheindauer und Wärme (Jahres- mittel etwa 12 °C) klimatisch eine Ausnahmestellung ein. Das milde Klima ermöglicht einer reichen südlichen Flora das Gedeihen. Arten aus dem Mittelmeergebiet mischen sich mit solchen aus den Alpen. Feigenbaum (Ficus Carica), Olive (Olea europaea) und Edelkastanie (Castanea sativa) gedeihen oft nahe bei Fichten und Lärchen. Die insubri- schen Böden zeigen gewisse Anklänge an die Bodentypen der feuchtwarmen, aber som- mertrockenen Roterdegebiete der Mittelmeergegenden. In der montanen und namentlich in der subalpinen Stufe entsprechen die Boden- und Waldverhältnisse wieder weitgehend denjenigen vergleichbarer Höhenlagen anderer Gebiete der Schweiz. Über dem kasta- nienreichen Eichen-Birkenwald folgt der insubrische Buchenwald, der sich manchenorts durch Reste der tertiären Alpenflora auszeichnet und bis zur klimatischen Waldgrenze reicht.

Auf flachgründigen Humuskarbonatböden des unteren Tessins stocken·· in warmen Lagen Flaumeichen- und Hopfenbuchenwälder.

Im Trockengebiet des mittleren Wallis ist das Klima dagegen relativ kontinental.

Hohe Wärme (Jahresmittel etwa 9,5 °C) und geringe Feuchtigkeit (Jahresmittel 53 bis 65 cm) verursachen an den Trockenhängen sogar steppenartige, xerische (trockenertra- gende) Pflanzengesellschaften und eine aride Bodenbildung. Der Talriegel von Martigny bildet klimatisch und pflanzengeographisch eine deutliche Grenze zwischen dem atlan- tisch getönten Unterwallis und dem zentralalpin-kontinentalen Mittelwallis. Von besonde- rem waldbaulichem Interesse ist der Umstand, daß in dieser Grenzzone das zentralalpine Lärchenverbreitungsgebiet rasch ausklingt, während andererseits vom Genfersee her der Buchenwald ebenfalls nur bis in dieses Gebiet vorstößt. In den wesentlichen Zügen ent- spricht die Höhenstufung sonst auch im Unterwallis derjenigen des mittleren Wallis. Das Areal des Flaumeichen- und Föhrenwaldes umfaßt die warmen, trockenen Südlagen bis etwas über die Weinbaustufe (800-900 m), oft durchbrochen durch waldfreie Flächen mit einer steppenartigen Vegetation. Darüber und in etwas weniger trockenen Lagen fin- den wir bis auf etwa 1200 m Mischlaubgehölze, welche dem von Braun-Blanquet beschriebenen Corylo-Populetum Graubündens ähnlich sind mit Esche, Aspe, Birke, viel Hasel und gelegentlich etwas Linde. Oft tritt der Erika-Föhrenwald an die Stelle der Mischlaubgehölze. Der Fichtenwald der montanen Stufe, am Nordhang nicht selten lokal mit starkem Tannenanteil, reicht auf der rechten Talseite bis auf wenigstens 1300-1400 m hinauf. Ausgedehnte subalpine Fichtenwälder bestocken am Südhang die höheren Lagen bis zur Waldgrenze. Im Gegensatz zu anderen subalpinen Fichtenwäldern sind im Wallis oft die Podsolierungsvorgänge des Bodens weniger fortgeschritten. In verschiedener Beziehung bestehen zwischen den subalpinen Fichtenwäldern des Unter- wallis und dem Fichtenwald der südlichen Alpentäler auffallende Ähnlichkeiten. Am Nordhang und auch in schattigen Lokallagen des Südhanges stocken über dem Fichten- wald bis zur klimatischen Waldgrenze (2200-2350 m) schön ausgebildete Lärchen- Arvenwälder.

(22)

Im unteren Rhonetal und am Genfersee bringen die günstigen Wärme- und Feuchtig- keitsverhältnisse (9 ,5 °C mittlere Jahrestemperatur; 85-120 cm Jahresniederschlag) eine besonders reiche Durchdringung des Laubmischwaldes mit Elementen aus dem wärme- ren Süden hervor. Neben den Laubmischwaldarten gedeihen Kastanien, Kornelkirsche, schneeballblättriger Ahorn usw.

Ebenso bildet die Seen- und Föhnzone nördlich der Alpen klimatische Oasen mit Lin- denmischwäldern und vielen wärmeliebenden Arten.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß besondere Standortsverhältnisse in allen Regionen lokal beschränkte Vorkommen anderer Waldgesellschaften bedingen, wie der Schwarzerlenwälder in wasserstauenden Mulden, der Auenwälder längs der Flüsse, der Moorkiefernwälder auf Hochmooren der Alpen und des Jura, der Sauerhumus-Buchen- wälder auf den sauersten Böden der Deckenschotter in der Nordschweiz, der Föhrenwäl- der in Trockenlagen, aufMolassekuppen, Mergelzonen, frischen Alluvionen usw.

Das heutige Waldareal der Schweiz verteilt sich ungefähr wie folgt auf die Areale ver- schiedener Waldgesellschaften:

Laubmischwald und Buchenmischwald 23% 230000 ha

Eichen-Birkenwald 1% 10000 ha

Wälder mit Edelkastanie 1% lOOOOha

Tannen-Buchenwald und Tannenwald 35% 350000 ha

Fichtenwald 20% 200000ha

Arven-, Lärchen- und Bergföhrenwald 14% 140000 ha

Föhrenwald 4% 40000 ha

Andere Waldgesellschaften und

Grünerlen- und Legföhren-Buschwälder 2% 20000ha

100% 1 OOOOOOha

Die außerordentliche Vielgestaltigkeit unserer Naturwälder vermag den Waldbau zwar zu erschweren, bewahrt ihn aber vor der Gefahr bloßer handwerksmäßiger Gewandtheit und einer gefährlichen Vereinheitlichung der Verfahren. Außerdem birgt sie den großen Vorteil weitester Möglichkeiten des Waldbaues in sich.

Im folgenden werden nur jene Waldgesellschaften behandelt, welche größeres wald- bauliches Interesse bieten. Wo verschiedene Gebiete gleichwertige Parallelassoziationen aufweisen, wird nur ein typischer Vertreter erwähnt, und ebenso werden waldbaulich ähn- liche Gesellschaften zusammengefaßt. Die nachstehenden Ausführungen sollen die wesentlichen Typen unserer Naturwälder und deren waldbauliche Merkmale darstellen und damit zu einer noch stärkeren Differenzierung der örtlichen Waldbautechnik beitra- gen. Die Hinweise auf die systematische Ordnung der Waldgesellschaften soll lediglich dem Verständnis der den deutschen Namen jeweils beigefügten lateinischen Bezeichnun- gen dienen.

(23)

25 Die wissenschaftliche Bezeichnung der Gesellschaftseinheiten

In der Pflanzensoziologie erfolgt die systematische Ordnung der Pflanzengesellschaf- ten aufgrund einer kennzeichnenden Artenkombination. Zur Ausscheidung der grund- legenden Gesellschaftseinheiten werden die wesentlichen floristischen Merkmale zahlrei- cher ähnlicher Einzelbestände zum abstrakten Typus, der Assoziation, zusammengefaßt.

Die ziemlich große Variationsbreite der Assoziation läßt das Bedürfnis nach einer fei- neren Gliederung entstehen, welche die Individualität des Einzelbestandes stärker berücksichtigt. Die Gesellschaften (Assoziationen) werden daher nötigenfalls in Unter- gesellschaften (Subassoziationen) zerlegt, welche außer den allgemeinen Charakterarten der Assoziation durch die ihre besonderen Eigenheiten zum Ausdruck bringenden Diffe- rentialarten gekennzeichnet sind. Diese brauchen keineswegs für die betreff ende Subas- soziation beschränkt zu sein, sondern weisen lediglich auf bestimmte standörtliche Son- dereigenschaften hin, wie Feuchtigkeit, Trockenheit, Säuregrad des Bodens usw. Für Subassoziationen der höher gelegenen Buchenwälder können beispielsweise Arten des Fichtenwaldes, für solche der tiefen Lagen Arten aus dem Laubmischwald die ökologi- sche Sonderstellung innerhalb der Assoziation beleuchten.

Zur Förderung der Übersicht und Kennzeichnung ökologischer Zusammenhänge werden die floristisch und ökologisch nächstverwandten Assoziationen zusammengefaßt zum Verband, verwandte Verbände zur Ordnung und verwandte Ordnungen zur Klasse.

Als Charakterarten (Assoziations-, Verbands-, Ordnungscharakterarten) werden jene Arten bezeichnet, welche besonders eng an bestimmte Assoziationen, Verbände und Ord- nungen gebunden sind.

Die Endungen der lateinischen Bezeichnungen geben eindeutig Aufschluß über die systematische Einheit. Es bedeuten:

... etalia: Ordnung (z.B. Fagetalia) ... ion: Verband(z.B.Fagion)

... etum: Assoziation (z.B. Abieto-Fagetum) ... etosum: Subassoziation (z.B. Fagetum allietosum)

Für die waldbauliche Praxis spielen vor allem die niederen Vegetationseinheiten eine Rolle, also Assoziationen und Subassoziationen.

Systematisch fernstehende Gesellschaften können unter Umständen waldbaulich manche Ähnlichkeit aufweisen, während anderseits verschiedene Subassoziationen für die Baumartenwahl und die Verjüngungsverfahren oft erhebliche Unterschiede aufwei- sen. Die folgenden Ausführungen fassen daher Gesellschaften und Untergesellschaften ohne Rücksicht auf ihre systematische Stellung zusammen, soweit diese für den Waldbau übereinstimmende Merkmale aufweisen. In erster Linie wird dabei der natürliche Wald- aufbau nach Baumarten berücksichtigt.

(24)

3 Grundlagen zur Wahl der Baumarten und Betriebsarten

31 Ertragskundliche Grundlagen

AssMANN (1961) stellt in seiner Waldertragskunde fest: «Die Vernachlässigung der standörtlichen Besonderheiten bei der bisherigen, fast ausschließlich auf die Höhenboni- tät gestutzten Ertragsschätzung muß einer sorgfältigen Berücksichtigung aller ertrags- wichtigen Standortseigenschaften Platz machen.» Es stellt sich daher die Frage, ob die vegetationskundliche Umschreibung eines Standortes alle ertragswichtigen Standortsfak- toren hinreichend zu erfassen vermag. Diese Frage ließe sich nur aufgrund langjähriger Untersuchungen über die Wuchsleistungen der einzelnen Baumarten aufpflanzensoziolo- gisch genau umschriebenen Standorten beantworten. Solche Untersuchungen stehen jedoch nicht zur Verfügung.

Aufschlußreich können aber auch Vergleiche der Höhenbonität einzelner Baumarten auf pflanzensoziologisch umschriebenen Standorten sein. Obwohl die Höhenbonität die Wuchsleistung nicht absolut zuverlässig erfaßt, hat sie sich doch als brauchbares Hilf s- mittel für deren Schätzung erwiesen.

Wir haben daher in 44 verschiedenen und möglichst über ihr ganzes schweizerisches Areal verteilten Waldgesellschaften rund 1000 Probeflächen ausgewählt und dort die überhöhen der einzelnen Baumarten bestimmt. Dazu wurden 80- bis IOOjährige Be- stände gewählt. Durch Bohrungen wurde jeweils das genaue Alter der Probebäume bestimmt, und mit Hilfe von Ertragstafeln wurden die Baumhöhen einheitlich auf das Alter 90 und 50 umgerechnet. Diese Umrechnung beruhte auf der Annahme, daß der Höhenwachstumsgang der Bestände mit dem den Ertragstafeln zugrunde gelegten eini- germaßen übereinstimmt. Da die Umrechnung auf das Alter 90 nur Verschiebungen von wenigen Jahren verlangte, dürften sich dabei keine nennenswerten Fehler ergeben. Die Reduktion auf das Alter 50 ist dagegen zweifellos mit Unsicherheiten behaftet. Die über- höhen wurden anstelle der für die Bonitierung oft verwendeten Mittelhöhen deshalb gewählt, weil diese durch die Art der Pflegeeingriffe stark beeinflusst werden. Aus diesem Grund beziehen sich auch die von der Eidg. Anstalt für das forstliche Versuchswesen auf- gestellten Ertragstafeln auf die überhöhen der Bestände. Bei Waldgesellschaften, welche in verschiedenen Regionen der Schweiz vorkommen, wurden die überhöhen getrennt berechnet, soweit sich nennenswerte Unterschiede ergaben.

Die Ergebnisse der Höhenmessungen sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.

Wo die Ergebnisse nach Regionen auseinandergehalten werden, sind diese wie folgt bezeichnet:

Jura Mittelland

J M nördliche Voralpen NA

Alpen A

Zentralalpen Z südliche Alpentäler SA

(25)

N 00

Nr.

2 3 6 7 8 9 10 11 121 12NA 13 141 14M 151 15M 16 171 17M 181 18NA 19 201

überhöhen im Alter von 90 Jahren

Numerierung und Benennung der Gesellschaften nach Ellenberg/Klötzli - = keine Messungen

Gesellschaft Fi Ta BFö Arve Bu Ei

Typischer Waldsimsen-Buchenwald ... 33,0 30,4 30,9 35,2 28,7 Waldsimsen-Buchenwald mit Weißmoos .... 33,7 (28,6) 31,1 29,4 26,2

Typischer Schneesimsen-Buchenwald .... : . - - 22,6

Waldmeister-Buchenwald mit Hainsimse .... 34,8 34,8 31,6 36,5 - 32,7 Typischer Waldmeister-Buchenwald ... 36,9 35,8 30,3 36,3 - 34,8 Waldhirsen-Buchenwald ... .... . 36,2 36,0 - 37,5 34,2 Typischer Lungenkraut-Buchenwald ... 34,6 34,0 29,9 35,2 - 31,8 Lungenkraut-Buchenwald mit lmmenblatt ... 29,2 - 26,7 32,2 29,6 Aronstab-Buchenmischwald . . . . . . . . . . . . 36 ,9 37,2 26,8 34,7 - 33,3 Typischer Zahnwurz-Buchenwald . . . . . . . . . 29 ,3 30,7 29,4 25,1 Typischer Zahnwurz-Buchenwald ... 26,7 27,0 - 31,7 - 28,2

Linden-Zahnwurz-Buchenwald ... - 27,5

Typischer Weißseggen-~uchenwald ... 24,2 20,3 26,7

Typischer Weißseggen-Buchenwald ... 23,5 - 24,0

Bergseggen-Buchenwald . . . . . . . . . . . . . . . 27 ,1 22,1 22,3 24,4 19,8 Bergseggen-Buchenwald . . . . . . . . . . . . . . . 31,8 32,6 27,5 32,4 30,2 22,4 Blaugras-Buchenwald . . . . . . . . . . . . . . . . . 18,8 14,3 21,9

Eiben-Buchenwald ... . ... 26,3

Eiben-Buchenwald . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 ,5 - 24,5 -

Typischer Tannen-Buchenwald ... 32,1 30,2 24,6

Typischer Tannen-Buchenwald . . . . . . 28 ,9 25,7 - 26,8 - Tannen-Buchenwald mit Waldsimse . . . . . . . 29 ,0 27,9 28,3 Farnreicher Tannen-Buchenwald . . . . . . . . . 28,7 20,7 - - 22,4

Es BAh BUl SEr Ca

31,0 28,9 31,9 31,2 31,3 29,2 30,6 31,2 26,1 34,0 29,5 28,9 28,5 25,9 23,4 26,6 27,2 28,2

28,5 25,2

23,7 25,6 24,0

18,4 26,4 25,1 26,5 28,9 24,3

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

landes. An diese schließen sich Gesellschaften zunehmend basenreicher Standorte 605.. Dann werden verwandte, Gesellschaften der montanen und subalpinen Stufen

Все деревья (черный цв.) и поврежденные низовыми пожарами (серый цв.); (Gradel et al. Das deutet, insbesondere für die Birken, auf eine womöglich

Der Einsatz der derzeit gebräuch- lichen Freisprechanlagen scheint das Risiko nicht zu reduzieren.» Wenn das Problem nicht bei den freien Händen, sondern bei der Aufmerksamkeit

Cavo M, Tacchetti P, Patriarca F, et al.: Bortezomib with thalidomide plus dexamet- hasone compared with thalidomide plus dexamethasone as induction therapy before, and consolidation

Auch für sie kann eine Aufbauthera- pie mit Laktobazillen sinnvoll sein – genauso wie für Patien- tinnen mit einem geschwächten Immunsystem oder einer chro- nischen

Utipro® plus enthält eine Kombination aus Gelatine und Xylog- lucan (Hemicellulose), Propolis und Hibiscus sabdariffa. Das Medi- zinprodukt wird angewendet zur Kon trolle und

Manchmal wachsen einzelne Haare ein oder die rasierte Haut reagiert mit Juckreiz und

Generell gilt es als Erstes herauszufinden, ob es sich um eine unkomplizierte oder eine schwere Form der Malaria handelt, um den Patienten entweder ambulant behandeln zu können oder