364 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 199. Mai 2008
M E D I Z I N
LITERATUR
1. Horn H et al.: Zur Wirksamkeit psychodynamischer Kurzzeitpsycho- therapie bei Kindern und Jugendlichen mit Depressionen. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie 2005; 5: 52–71.
2. Muratori F et al.: Efficacy of brief psychotherapy for children with emotional disorders. Psychother Psychosom 2002; 71: 28–38.
3. Trowell J et al.: Childhood depression: a place for psychotherapy: an outcome study comparing individual psychodynamic psychotherapy and family therapy. Eur Child Adolesc Psychiatry 2007; 10: 584 ff.
Dr. phil. Eberhard Windaus Länderweg 45
60599 Frankfurt am Main
Interessenkonflikt
Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des Inter- national Committee of Medical Journal Editors besteht.
Schlusswort
Dem Hinweis von Calia ist inhaltlich voll zuzustim- men. Die Differenzialdiagnose und die Beachtung von Komorbiditäten sind gerade bei der altersabhängig unterschiedlichen Symptomrepräsentation depressi- ver Störungen im Kindes- und Jugendalter besonders wichtig. Klinisch tätige Kinder- und Jugendpsychiater teilen die positive Erfahrung mit einer sorgfältig aus- gewählten und überwachten Pharmakotherapie insbe- sondere bei Kindern und Jugendlichen.
Zur Anmerkung von Windaus ist anzuführen, dass die genannten Studien maximal einen Evidenzgrad III ergeben für die psychodynamische Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter bei depressiven Störungen.
Prinzipiell ist zur Qualität einiger der benannten Un- tersuchungen unter anderem kritisch zu bemerken, dass sie eine große Bandbreite verschiedenster Dia- gnosen und oft nur anteilig Depressionen, häufig auch
„nur“ Dysthymien, sowie eine hohe Zahl komorbider
Störungen einschließen. Ferner ist zu kritisieren, dass das „Primary-Outcome“ nicht hinreichend definiert wurde und kaum depressionsspezifische Skalen ver- wendet worden sind. Somit erscheinen die Aussagen zur störungsspezifischen Wirksamkeit eingeschränkt.
Wenn man die Ergebnisse von (1) und (2) berück- sichtigt, muss man ohnehin kritisch ins Kalkül ziehen, dass hohe Spontanremissionsraten sowie die Tatsa- che, dass auch unspezifische Beratung einen Effekt bei Depressionen bewirken kann und die Placebo-Re- sponse-Rate auf 30 bis 60 % eingestuft wird, auf die Studienergebnisse aller Behandlungsverfahren kon- fundierend wirken können. Hier kann man die Schwierigkeit erkennen, die die Beurteilung mono- kausaler Wirksamkeit einzelner Therapiestrategien darstellt. Der Evidenzgrad bedeutet ohnehin nicht, dass bestimmte Therapieformen im Einzelfall Wirk- samkeit beziehungsweise Nichtwirksamkeit aufwei- sen. Insofern regt der Beitrag von Windaus nur dazu an, auf diesem Gebiet verstärkt zu forschen.
DOI: 10.3238/arztebl.2008.0364
LITERATUR
1. Goodyer et al.: Selective serotonin reuptake inhibitors (SSRIs) and routine specialist care with and without cognitive behaviour thera- py in adolescents with major depression: randomised controlled tri- al. BMJ 2007; 21; 335: 142
2. Wilkinson und Goodyer: The effects of cognitive-behavioural thera- py on mood-related ruminative response style in depressed adole- scents. Child Adolesc Psychiatr Mental Health 2008; 2: 3.
Prof. Dr. med. Claudia Mehler-Wex Dr. med. Michael Kölch
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie Steinhövelstraße 5, 89075 Ulm
Interessenkonflikt
Die Autoren erklären, das kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des In- ternational Committee of Medical Journal Editors besteht.
REFERIERT
Probiotika erhöhen das Risiko einer Darm-Ischämie bei akuter Pankreatitis
Probiotika eignen sich nicht zur Behandlung von akuter Pankreatitis. Sie sind mit einem erhöhten Risiko für eine tödliche Darm-Ischämie assozi- iert. Zu diesem Ergebnis kommt die niederländische doppelblinde, place- bokontrollierte Studie „PRObiotic in PAnkratitis TRIAl“ (PROPATRIA).
Bei akuter Pankreatitis treten häufig Darminfektionen auf, die mit einer hohen Letalität (10–30 %) assoziiert sind. Da die prophylaktische Antibioti- kagabe bisher erfolglos war, erhofften sich Marc Besselink und Kollegen, dass Probiotika die Darmflora stabilisieren und das Infektionsrisiko senken können. Probiotika sind Mikroorganismen, die die Gesundheit ihres Wirtes positiv beeinflussen. In dieser Studie wurden Lactobacillus- und Bifibacteri- um-Stämme verwendet, die sich im Darm ansiedeln und das Wachstum pa- thogener Stämme hemmen. Für die Studie wurde 298 Patienten mit akuter Pankreatitis 28 Tage lang ein Probiotikapräparat (n = 153) oder ein Placebo
(n = 145) verabreicht. Beendet wurde die Studie bei infektiösen oder ge- sundheitlichen Komplikationen, aber spätestens 90 Tage nach der letzten Einnahme. Es gab keinen signifikanten Unterschied bei der Anzahl infektiö- ser Komplikationen zwischen den Probiotika-behandelten Patienten (46 Probanden, 30 %) und der Kontrollgruppe (41 Probanden, 28 %). Ein pro- phylaktischer Effekt durch Probiotika konnte somit nicht gezeigt werden.
Allerdings gab es signifikant mehr Todesfälle in der Probiotika-Grup- pe (24 Todesfälle, 16%) als in der Kontrollgruppe (9 Todesfälle, 6 %, RR 2,35, 95-%-Konfidenzintervall von 1,22 bis 5,25). Verantwortlich für die zusätzlichen Todesfälle sind Darm-Ischämien, die neun der Probiotika- Patienten innerhalb der ersten 14 Behandlungstage erlitten. Nur einer dieser Patienten überlebte. In der Kontrollgruppe gab es keinen Fall einer Darm-Ischämie. Die Autoren raten ab, Probiotika bei akuter Pankreatitis zu verabreichen, solange der Pathomechanismus der auftretenden
Darm-Ischämien ungeklärt ist. mei
Besselnik MGH, van Santvoort HC, Buskens E: Probiotic prophylaxis in predicted severe acute pancreatitis: a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet 2008; 371: 651–9.