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Archiv "Bayern: Seehofers Reform kommt bestimmt" (30.10.1992)

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Bayern: Seehofers Reform

mingm, Agg kommt bestimmt

Sanft im Ton und hart in der Sa- che hat Bayerns Sozialminister Dr.

phil. Gebhard Glück beim 45. Baye- rischen Ärztetag in Passau das Ge- sundheits-Strukturgesetz seines Par- teifreundes Horst Seehofer gegen- über allen Angriffen verteidigt.

Glück ließ keinerlei Zweifel daran, daß dieses Gesetz, wie es jetzt nach dem Lahnsteiner Kompromiß konzi- piert ist, mit Hilfe der SPD durchge- bracht werden wird. Horst Seehofer und die CSU wurden zwar in Glücks Rede nicht erwähnt, doch wurde of- fenbar, daß die CSU zusammenhält und ihren Minister in Bonn deckt.

Glück war es darum zu tun, nach den Unruhen der letzten Wochen wieder Ruhe einkehren zu lassen.

Die Ärztekammern und Kassenärzt- lichen Vereinigungen erinnerte der Minister daran, daß der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts „Grenzen des Agierens" set- ze. Der Bayerischen Landesärzte- kammer und der KV Bayerns be- scheinigte er, die Interessen der Ärz- teschaft auch ohne spektakuläre Öf- fentlichkeitsaktionen mit Nachdruck und korrekt vertreten zu haben.

Den Löwenanteil der Reform werden diesmal, erläuterte Minister Glück den Ärzten, die Leistungser- bringer zu tragen haben. Wörtlich:

„Das erscheint gerechtfertigt, denn während das Gesundheits-Reform- gesetz 1989 in den die Leistungser- bringer betreffenden Teilen bei wei- tem noch nicht voll umgesetzt wurde, haben die Versicherten mit ihren sich direkt aus dem Gesetz ergeben- den Zuzahlungen bereits eine be- trächtliche Vorleistung erbracht."

Die in Passau versammelten Ärztevertreter machten sich ob des parlamentarischen Erfolgs der See- hofer-Reform keinerlei Illusionen.

Bayerns Kammerpräsident, Dr.

Hans Hege: Eine große Koalition auf dem Gebiet des Gesundheitswesens habe sich gebildet, „die im Besitz der gesetzgeberischen Macht — den Ärzten deutlich zeigt, daß die Zeit des Dialogs weitgehend vorbei ist".

Hege konzentrierte sich folglich dar- auf, eine längerfristige Perspektive aufzuzeigen. Jeder rede davon, daß die Kosten gesenkt werden müssen, während sich niemand an die An- sprüche heranwage. Hier aber sieht Dr. Hege den Kern des Problems:

„Kostenstabilisierung ohne Lei- stungsbeschränkung ist Illusion. Alle bisherigen Maßnahmen haben den Trend der im Verhältnis zur Ein- kommensentwicklung überpropor- tionalen Steigerung der Gesamtaus- gaben im Gesundheitswesen nicht verändert." Hege forderte präzise Definitionen für die Begriffe „aus- reichend", „notwendig" und „wirt- schaftlich". Die Leistungspflicht der Krankenkassen, der Anspruch der Versicherten, sei heute nahezu un- begrenzt ausdehnbar, „wenn er denn nur subjektiv erhoben und hartnäk- kig genug verfolgt wird". Das Spar- ziel der Politik lasse sich dauerhaft nur durch Anspruchsbegrenzung er- reichen. Die aber sei schwer durch- zusetzen. „Zu lange haben wir im Westen uns an die ihrem Wesen nach unerfüllbaren, jedenfalls mit dem Grundsatz der Beitragssatzsta- bilität in eklatantem Widerspruch stehenden Leistungsversprechen der Sozialgesetzgebung gewöhnt."

„Massiver Eingriff in die Berufsfreiheit"

In einem Grußwort artikulierte der Vorsitzende der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung, Dr. Ulrich Oesingmann, „eine tiefe Enttäu- schung und Empörung über die jetzt zwischen Koalition und Opposition erreichten Verhandlungsergebnisse von Lahnstein". Die SPD habe sich in den Verhandlungen durchgesetzt.

Oesingmann kritisierte vor allem den Trend zur Regionalisierung aller Vertragsabschlüsse. Er sieht darin letztlich die Gleichschaltung aller Krankenkassen auf regionaler Ebe- ne. Mit der „Regionalisierung"

sprach Oesingmann direkt Minister

Glück an; dieser ist ein bekannter Verfechter einer solchen Politik.

Glück vermied in seiner Ansprache freilich das Thema.

Dr. Oesingmann wie auch später der Präsident der Bundesärztekam- mer, Dr. Karsten Vilmar, bedauer- ten, daß die Gesundheitspolitiker die Bereitschaft der Ärzte, konstruk- tiv an einer Reform mitzuwirken, in den Wind geschlagen haben. Die Gespräche mit den Politikern seien einseitige „Verkündigungsgesprä- che" (Vilmar) gewesen. Man habe

„völlig faktenresistent und arrogant in Koalition mit der SPD das durch- gesetzt, was jahrelang schon das Ziel der SPD war". Dr. Vilmar erneuerte den Vorwurf, jetzt sei eine „Wei- chenstellung des Gesundheitswesens zur Verstaatlichung, zur Einführung einer Einheitsversicherung und zur Beseitigung der Freiberuflichkeit"

erfolgt.

Dennoch rief Dr. Vilmar die Ärzte dazu auf, trotz der sehr einen- genden Bestimmungen, die Pflichten als Ärzte zu erfüllen und nicht zu re- signieren („weil wir sonst unser Be- mühen um eine möglichst gute Ver- sorgung der Patienten aufgeben wür- den").

Der Bayerische Ärztetag äußer- te sich in einer Entschließung kri- tisch zu der Seehofer-Reform. Nach einer heftigen Debatte lehnten die Delegierten des 45. Bayerischen Ärztetages in Passau die vom Ge- setzgeber geplanten Zulassungsbe- schränkungen zur kassenärztlichen Tätigkeit aufgrund von Verhältnis- zahlen ab. Eine solche Regelung be- deute einen massiven Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit. Die gesamte nachwachsende Generation werde davon betroffen. Die baye- rische Staatsregierung wurde aufge- fordert, dem Gesundheits-Struktur- gesetz im Bundesrat die Zustim- mung zu verweigern, falls der Ge- setzentwurf eine solche Zulassungs- beschränkung enthalte. Staatsmini- ster Glück hatte freilich zuvor in sei- nem Referat gerade diesen Punkt der Seehofer-Reform nachdrücklich verteidigt. Die steigende Arztzahl sei der Treibsatz für die

Kostenexpansi-

on.

Die am tatsächlichen Bedarf aus- gerichtete Beschränkung der Zulas- sung müsse daher kommen NJ Dt. Ärztebl. 89, Heft 44, 30. Oktober 1992 (19) A1-3631

Referenzen

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